Inhaltszusammenfassung:
Komplikationen in der Orthopädie und Unfallchirurgie gehen in vielerlei Hinsicht
mit negativen Konsequenzen für das Gesundheitskapital, den Patienten und den Behandler einher. Es ist daher aus vielen Perspektiven erstrebenswert, Komplikationen zu vermeiden. Um Komplikationen besser zu verstehen, vorhersagen und letztlich vermeiden zu können, ist die Kenntnis ihrer Risikofaktoren unerlässlich.
Im Rahmen der vorliegenden retrospektiven Studie wurden N=1838 Patientendatensätze von stationären Behandlungen an der Orthopädie und Unfallchirurgie der BGU Tübingen aus Arztbriefen aufgenommen. Für jeden Patienten wurden demographische und klinische Risikofaktoren, soziale Faktoren sowie Lifestyle-Faktoren und Komorbiditäten betrachtet. Die aufgetretenen Komplikationen wurden nach Schweregrad in Major-Komplikation und Minor-Komplikation sowie nach Phase in intraoperativ, postoperativ und poststationär kategorisiert.
Anschließend wurde die Korrelation der Risikofaktoren und Schweregrad der Komplikationen zunächst in einer univariaten und danach in einer multivariaten Analyse untersucht.
Als Ergebnis der multivariaten Analyse sind Mangelernährung (NRS ≥ 3), komplikationsbedingte Aufnahme, operatives statt konservativem Vorgehen sowie
rheumatologische Erkrankungen Risikofaktoren für das Auftreten von Minor-Komplikationen. Das Vorliegen einer psychischen Erkrankung verringert die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer oder mehrerer Minor-Komplikationen signifikant. Die Risikofaktoren Mangelernährung (NRS ≥ 3), Anzahl vorausgegangener Operationen, komplikationsbedingte Aufnahme, operatives statt konservativem Vorgehen, Herzrhythmusstörungen und Diabetes mellitus erhöhen die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Major-Komplikationen. In der
multivariaten Analyse sind weder Übergewicht (BMI) noch Rauchen signifikante Risikofaktoren für das Auftreten von Komplikationen.
In der abschließenden Analyse für die im endgültigen Regressionsmodell ermittelten
Risikofaktoren für Major-Komplikationen, konnte gezeigt werden, dass für alle oben genannten Risikofaktoren mit Ausnahme des Risikofaktors Herzrhythmusstörungen insbesondere postoperative und poststationäre Wundkomplikationen auftreten.
Im zukünftigen klinischen Alltag sowie Folgestudien sollte neben den bereits bekannten
Risikofaktoren Mangelernährung und Diabetes insbesondere der Anzahl vorausgegangener Operationen und der komplikationsbedingten Aufnahme besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, um das Risiko für schwerwiegende Major-Komplikationen zu verringern.