Inhaltszusammenfassung:
Ausgangspunkt des hier vorgestellten Projekts sind die anhaltenden gesellschaftlichen Auseinandersetzungen mit Schwangerschaftsabbrüchen. Deren Auswirkungen auf ungewollt Schwangere zeigen sich etwa in einer regional immer weiter dezimierten
Versorgungsinfrastruktur von Abbruchskliniken und -praxen, einer schwer zugänglichen medizinisch korrekten und neutralen Informationslage, einem mangelnden Erfahrungsaustausch untereinander und nicht zuletzt und besonders eindrücklich im fehlenden
Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch.
Das im Sommer 2020 gestartete und hier vorgestellte Praxisforschungsprojekt mit neun Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen aus der Region Stuttgart in Kooperation mit der Universität Tübingen beschäftigt sich mit zwei zentralen Fragen: Einerseits geht es um die soziale Unterstützung
von ungewollt Schwangeren sowie um ihre Möglichkeiten der Artikulation von Scham und Schuld in diesen Zusammenhängen vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Stigmatisierung und Tabuisierung. Andererseits wurde der Informationsstand und die Informationsaneignung von ungewollt schwangeren
Frauen betrachtet. Das fehlende Wissen zu diesen beiden Themenbereichen wurden zu Beginn des durchgängig partizipativ gestalteten Forschungsprozess als die zentralen Praxisprobleme bzw. Handlungsziele erarbeitet. Mittels zweier verschiedener Fragebögen wurden die Frauen, die an einem
Beratungsgespräch in der Schwangerschaftskonfliktberatung teilgenommen haben, sowie andererseits die Berater*innen befragt, die Angaben zum je konkreten Beratungsgespräch machen konnten.
Insgesamt machen die erhobenen Daten deutlich, dass nicht nur die ungewollte Schwangerschaft, sondern insbesondere auch der Zeitraum zwischen dem Bekanntwerden der Schwangerschaft und der Akzeptanz bzw. dem Abbruch der Schwangerschaft kontextabhängig zu betrachten ist. In dieser sehr
sensitiven Phase der Entscheidungsfindung haben die Rückgriffsmöglichkeiten auf ein Unterstützungsnetzwerk und der Zugriff auf verständliche Informationen eine besondere Relevanz, sind gleichzeitig jedoch nicht für alle ungewollt Schwangeren in gleicher Weise zugänglich.
Das Projekt schließt damit zentrale Forschungslücken zum Erleben von ungewollten Schwangerenschwangerschaften im Schnittfeld von individueller Entscheidungsfindung und professioneller Unterstützung in der Schwangerschaftskonfliktberatung und bietet ferner zahlreiche Anknüpfungspunkte für das beraterische Handeln.