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Auch wenn sich das Überleben von Patienten mit einem metastasierten Nierenzellkarzinom in den letzten Jahren durch den deutlichen Fortschritt in der Systemtherapie durch Aufnahme von Kombinationstherapien aus TKI und ICI bzw. dualer ICI in die Leitlinien verbessert hat, sprechen nicht alle Patienten auf die Therapie an, die Entwicklung von Resistenzen ist häufig zu beobachten und die Therapie ist doch immer mit Toxizität für den Patienten verbunden.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden Daten von 105 Patienten, die zwischen 2003 und 2013 an der Universitätsklinik für Urologie Tübingen eine Metastasenresektion, Systemtherapie und/oder Radiotherapie bei synchron oder metachron metastasiertem Nierenzellkarzinom erhalten haben, retrospektiv ausgewertet.
Ein Ziel dieser Arbeit war es, den Einfluss der Metastasenresektion auf das progressionsfreie Überleben und das Gesamtüberleben in Abgrenzung zur alleinigen Systemtherapie zu untersuchen. Die Datenerhebung zeigte ein medianes progressionsfreies Überleben des Gesamtkollektivs nach der ersten Therapie in der metastasierten Situation von 11,3 Monaten. Patienten, die sich einer kurativ intendierten Metastasenresektion unterzogen, zeigten ein längeres medianes progressionsfreies Überleben von 13,9 Monaten im Vergleich zu Patienten mit alleiniger Systemtherapie (medianes progressionsfreies Überleben: 9,2 Monate). Für das Gesamtkollektiv betrug das Gesamtüberleben 36,9 Monate mit einer 5-JÜR von 36,6%. Auch hier zeigte sich ein Vorteil der Metastasenresektion (Gesamtüberleben: 58 Monate, 5-JÜR: 47,7%) im Vergleich zur alleinigen Systemtherapie (Gesamtüberleben: 24,4 Monate, 5-JÜR: 17,3%).
Ein weiteres Ziel der Arbeit beschäftigte sich mit der Identifikation von prognostischen Determinanten, die das Überleben von Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom signifikant beeinflussen. Als positive prognostische Faktoren für das Gesamtüberleben aller Patienten wurden die metachrone Metastasierung und die Metastasenresektion als erste Therapie in der metastasierten Situation, als negative Faktoren eine palliative Radiotherapie und die Einteilung in die schlechte MSKCC-Gruppe identifiziert. Die ersten beiden Determinanten konnten in der multivariaten Analyse bestätigt werden. In Bezug auf das Gesamtüberleben der Subgruppe von metastasenresezierten Patienten ergaben die Analysen das Vorhandensein eines positiven Resektionsrandes und die Durchführung einer Radiotherapie als signifikante negative Kovariate. Des Weiteren traf auch auf unser Patientenkollektiv die Prognoseeinschätzung gemäß der Einteilung in den MSKCC-Prognosescore zu. Patienten, die wir gemäß der Klassifizierung der guten MSKCC-Gruppe zuteilten, zeigten mit 58 Monaten das längste mediane Gesamtüberleben, gefolgt von Patienten der intermediären (medianes Gesamtüberleben: 31,2 Monate) und der schlechten (medianes Gesamtüberleben: 20,1 Monate) Gruppe. Zwar waren viele dieser Einflussfaktoren bereits bekannt, doch können wir diese in unserer Arbeit, im Vergleich zu älteren Studien, die häufig aus der Interferon- oder Interleukin-Ära stammen, im Zeitalter der TKI- und mTOR-Inhibitoren einordnen.
So zeigen auch unsere Daten, dass in der Ära der zielgerichteten Systemtherapien, deren Verfügbarkeit und stete Weiterentwicklung zu einer deutlichen Verbesserung des progressionsfreien Überlebens und des Gesamtüberlebens mit metastasiertem Nierenzellkarzinom geführt hat, die Metastasenresektion allerdings weiterhin eine erfolgreiche Therapieoption für eine Subgruppe von Patienten mit einem metastasierten Nierenzellkarzinom darstellt. Auch wenn es ungewiss ist, ob eine Metastasenresektion zur Heilung des Krebsleidens führen kann, so zeigt sich besonders in den verbesserten Überlebensraten, dass diese ein wichtiger Behandlungspfeiler mit relevantem Einfluss auf die Therapie und das Überleben von Patienten mit einem metastasierten Nierenzellkarzinom hat. Durch die chirurgische Resektion als erste Therapie in der metastasierten Situation besteht außerdem die Möglichkeit den Beginn einer Systemtherapie hinauszuzögern. Des Weiteren ist auch die symptomatische palliative Metastasenresektion ein wichtiger Bestandteil der multimodalen Therapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms, da sie die tumorbedingten Krankheitssymptome lindern kann. Folglich sollte bei jedem Patienten mit einem metastasierten Nierenzellkarzinom die Indikation für eine Metastasenresektion interdisziplinär und abhängig vom individuellen Krankheitsverlauf und Allgemeinzustand geprüft werden, bevor eine Systemtherapie begonnen wird. Es gilt, dass die R0-Resektion den wichtigsten prognostischen Faktor im Rahmen der Metastasenresektion darstellt.
Obwohl zahlreiche retrospektive Studien vorliegen, bleiben zum Teil wesentliche Fragen offen. Aufgrund dessen werden prospektive und randomisierte Studien in der Zukunft benötigt, um bisher vorliegende Ergebnisse zu bestätigen und individuellere Therapieansätze zu ermöglichen. Endpunkte dieser Studien sollten u.a. der Vergleich der Metastasenresektion zur bestmöglichen Standardsystemtherapie für die Erstlinientherapie in der metastasierten Situation als auch deren Einfluss auf die Gesamttherapie sein.
Auch für die Zukunft gilt: Entscheidend sind und bleiben beim metastasierten Nierenzellkarzinom die multimodalen Therapieansätze. Die bisher viel gelobte TKI-Ära wird aktuell großteils von der neuen ICI-Ära ergänzt bzw. teilweise „abgelöst“. Genau dieses Zusammenspiel aus Immuntherapie und Metastasenchirurgie könnte eine vielversprechende neue Chance bieten. |
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