Inhaltszusammenfassung:
Ein zentrales Thema der radioonkologischen Forschung ist, die strahlenbedingten Nebenwirkungen umliegender Organe zu verringern, und damit die Verträglichkeit der Bestrahlung zu verbessern. Zu diesem Zweck wurde ein aus Polyethylenglykol bestehendes Spacergel entwickelt, das zwischen Prostata und Rektum platziert wird und den Abstand zwischen den beiden Organen erhöht.
Durch die größere Entfernung zum Bestrahlungsziel sollen die Strahlenbelastung des Rektums und damit auch die Nebenwirkungen im Bereich des Enddarms vermindert werden. Darüber hinaus wurde die intensitätsmodulierte Radiotherapie zusätzlich zum Spacer mit dem so genannten Coverage-Probability-Konzept kombiniert, dass dem bekannten Problem der Lagevarianz des Rektums Rechnung tragen soll. Ziel der hier vorliegenden Arbeit war es Aufschluss über mögliche Dosiseinsparungen am Rektum durch die Anwendung eines Spacers und die Akut- und Langzeitauswirkungen einer IMRT-Bestrahlung mit Spacer und dem Coverage-Probability-Konzept zu erhalten. Hierzu wurden die Studienpatienten über einen Zeitraum von mehreren Jahren beobachtet und regelmäßig zu Lebensqualität und Strahlungsnebenwirkungen befragt. Zusätzlich wurden mithilfe einer MRT-Bildgebung vor und nach Spaceranlage der erreichte Abstandszugewinn quantifiziert. Um die Dosiseinsparung am Rektum zu ermitteln, wurde für die Studienpatienten zusätzlich zum eigentlichen Bestrahlungsplan jeweils ein herkömmlicher IMRT-Bestrahlungsplan ohne und mit Spacer berechnet, die Dosisverteilung simuliert und miteinander verglichen. Die hier gezeigten Ergebnisse bestätigen andere positive Beurteilungen des Hydrogelspacers in Bezug auf Durchführbarkeit, Dosisreduktion am Risikoorgan, Folgeerscheinungen und Lebensqualität. Beim Ermitteln des Abstandszugewinns durch den Spacer fiel auf, dass die Abstandsdaten vor Spaceranlage nicht normalverteilt waren, nach Spaceranlage hingegen den Kriterien der Normalverteilung entsprachen. Dies stützt die aktuell diskutierte These, dass durch den Spacer extreme Lageabweichungen der Prostata in anterior-posteriorer Richtung ausgeglichen werden können. Der mittlere Abstandszugewinn betrug 10,58 mm und erreichte eine Strahlendosisreduktion an V70 des Rektums von 55,77%. In Vergleich zu den Ergebnissen anderer internationalen Studien ohne Coverage-Probability-Konzept liegen diese Ergebnisse genau im Durchschnitt.
Hinsichtlich des Überlebens nach Therapie hatte die Studie ein prostatakarzinomspezifisches Überleben von 100%. Bei den Akutnebenwirkungen am Rektum wurden keine höhergradigen Nebenwirkungen erfasst. In der Langzeitbeobachtung waren es 4,55% (entspricht einem Patienten), die mit einem Grad 3nach RTOG höhergradige Nebenwirkungen hatten.
Die Ergebnisse dieser Arbeit tragen zum Verständnis der Besonderheiten der Prostatabestrahlung mit Spacer und Coverage-Probability-Konzept bei und sollen zur Reduktion strahlungsbedingter Nebenwirkungen im Kurzzeit- und Langzeitverlauf beitragen.