Postpartale Schubhäufigkeit rheumatischer Erkrankungen im ersten Jahr nach Entbindung

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/129796
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1297969
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-71158
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2022-07-28
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Henes, Jörg (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2020-10-20
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Freie Schlagwörter: Schwangerschaft
Postpartaler Krankheitsschub
Rheumatische Erkrankung
rheumatic disease
postpartum flare
pregnancy
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

In dieser prospektiven Studie mit ergänzender retrospektiver Fragebogenauswertung wurden 214 Schwangerschaften von 161 Frauen mit entzündlich-rheumatischen Krankheiten analysiert. Diese Patientinnen wurden in der rheumatologischen Risiko-schwangerensprechstunde des Universitätsklinikums Tübingen betreut. Der Fokus dieser Arbeit lag auf der Ermittlung der postpartalen Schubhäufigkeit sowie deren Einflussfaktoren. Weiterhin wurden die Selbsteinschätzung der Krankheitsaktivität der Mütter während der Schwangerschaft, das Entbindungsalter sowie das Stillverhalten ermittelt. Bei 60,7% der Schwangerschaften (n = 130) lag eine Kollagenose vor und bei 29,4% (n = 63) eine rheumatisch-entzündliche Gelenkerkrankung. Neun Fälle (4,2%) hatten autoinflammatorische Syndrome und 3,7% (n = 8) Vaskulitiden. Der Rest von 1,9% litt an anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Die häufigsten spezifischen Erkrankungen waren der SLE (23,4% des Gesamtkollektivs, n = 50), das Sjögren-Syndrom (19,2%, n = 41), SpA (17,8%, n = 38) und die RA (11,7%, n = 25). Das durchschnittliche Entbindungsalter der Kohorte lag bei 32,3 Jahren (SD ± 4,7 Jahre) und war mit dem deutschen Durchschnitt vergleichbar. Die Krankheitsaktivität während der Schwangerschaft bewerteten die Patientinnen insgesamt zu 17,6% als verstärkt, zu 41,4% als gleichbleibend und zu 40% als verringert im Vergleich zu davor. Innerhalb der entzündlich-rheumatischen Gelenkerkrankungen sowie in den Gruppen der RA und der SpA gaben die Mehrheit eine verminderte oder gleichbleibende Krankheitsaktivität an. Bei Fällen mit RA kam es mit 56,5% sogar am häufigsten zu einer Verbesserung. Allerdings wiesen entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankungen gleichzeitig auch die größten Anteile einer Beschwerdezunahme von knapp 30% auf. Die Übergruppe der Kollagenosen, Sjögren-Syndrom- und SLE-Patientinnen gaben nur in weniger als 15% der Fälle eine Aktivitätszunahme in der Schwangerschaft an. Im Vergleich zur Übergruppe „RA, SpA, JIA“ hatten Patientinnen mit Kollagenosen eine 68% niedrigere Wahrscheinlichkeit eine verstärkte Krankheit in der Schwangerschaft zu erfahren. Die Mehrheit der autoinflammatorischen Syndrome wurden von den Schwangeren als gleichbleibend oder verbessert bewertet. Ein Anteil von 22,2% gab eine Verschlechterung an. Ein Viertel der Schwangeren mit Vaskulitiden gab eine verstärkte Krankheitsaktivität in der Schwangerschaft an und drei Viertel ein Gleichbleiben. Bei anderen spezifischen Erkrankungen vermerkten nur 11,7% der Fälle eine Verschlechterung. Bei rund einem Drittel aller Fälle trat im ersten Jahr nach der Entbindung ein Krankheitsschub auf, der eine Medikationsanpassung erforderlich machte. Mehr als die Hälfte aller Schübe erfolgten innerhalb der ersten drei Monate. Folgende Schubwahrscheinlichkeiten für den Zeitraum der ersten zwölf postpartalen Monate wurden ermittelt: 50,9% bei der Übergruppe „RA, SpA, JIA“, 42,9% bei autoinflammatorischen Syndromen, 26,2% bei Kollagenosen, 14,3% bei Vaskulitiden, 54,5% bei Fällen mit RA, 48,5% bei SpA, 33,8% bei SLE, 18,4% bei Sjögren-Syndromen sowie 23,9% bei anderen spezifischen Erkrankungen. Insgesamt 78,8% der Mütter gaben an, ihr Kind gestillt zu haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass drei bzw. sechs Monate gestillt wurde, betrug 64% bzw. 48%. Dies ist mit den Stillraten der Allgemeinbevölkerung im Rahmen einer bayerischen Studie gut vergleichbar. Das Stillen und das Entbindungsalter der Mutter hatten keinen signifikanten Einfluss auf das Schubrisiko. Verglichen mit der Übergruppe der entzündlich-rheumatischen Gelenkerkrankungen „RA, SpA, JIA“ hatten Kollagenosen ein signifikantes 0,4-fach niedrigeres Risiko für einen postpartalen Schub. Innerhalb der spezifischen Erkrankungsgruppen wiesen Fälle mit Sjögren-Syndromen bzw. die Gruppe „andere“ signifikant niedrigere Schubrisiken um das 0,27-fache bzw. das 0,35-fache im Vergleich zur RA auf. Bei der multivariablen Analyse ergab sich allerdings knapp keine Signifikanz mehr für die Gruppe „andere“. Im Vergleich zu Fällen, bei denen eine gleichbleibende Krankheitsaktivität in der Schwangerschaft angegeben wurde, war das Schubrisiko bei einer veränderten Aktivität signifikant höher. Bei einer Verstärkung war es in der multivariablen Analyse um das 3,33-fache und bei einer Verbesserung um das 2,23-fache erhöht. Diese Studie zeigte somit, dass entzündlich-rheumatische Krankheitsschübe im ersten Jahr nach der Entbindung keine Seltenheit sind. Insbesondere wenn sich die Krankheitsaktivität während der Schwangerschaft verändert oder beim Vorliegen einer entzündlich-rheumatischen Gelenkerkrankung, muss häufiger mit postpartalen Schüben gerechnet werden. Daher ist vor allem in den ersten drei Monaten nach der Entbindung eine engmaschige rheumatologische Betreuung sinnvoll, deren Intensität anhand der vorliegenden Einflussfaktoren auf postpartale Schübe bestimmt werden kann.

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