Inhaltszusammenfassung:
Die transfemorale TAVI hat sich in den vergangenen Jahren zur Standardtherapie der AS entwickelt. Das minimalinvasive Verfahren bietet bezüglich diverser Risikogruppen Vorteile gegenüber dem chirurgischen Therapieverfahren.
Technische und prozedurale Fortschritte ermöglichten die Durchführung durch ein von Kardiologen geleitetes minimalistisches Herz-Team in lokaler Anästhesie, während für mögliche Komplikationen ein Chirurgie-Team auf Abruf zur Verfügung stand.
Während sich dieses Verfahren an vielen Kliniken etablierte, sieht die Richtlinie des G-BA unter anderem die Infrastruktur und das Personal betreffende Veränderungen der TAVI-Prozedur vor, die seit September 2015 in der Medizinischen Klinik Tübingen umgesetzt wurden. Seitdem wird die Prozedur durch ein erweitertes Herz-Team durchgeführt, in dem zusätzliches ärztliches Personal für Anästhesie und Chirurgie integriert ist.
Im Rahmen dieser monozentrischen, retrospektiven Studie galt es den Einfluss dieses EHT auf die klinischen und ökonomischen Ergebnisse der TAVI-Prozedur zu evaluieren, diese gegeneinander abzuwägen und mit den Ergebnissen bei Durchführung durch das MHT zu vergleichen.
Im Zeitraum von Februar 2014 bis Mai 2017 wurden an der Medizinischen Klinik Tübingen 530 Patienten mit der TAVI therapiert. Für diese Studie wurde schließlich ein Kollektiv aus 341 Patienten mit einer implantierten Edwards SAPIEN 3 Transkatheter-Aortenklappenprothese und vorliegenden Kostendaten aus dem InEK ausgewählt, bei denen auch die periprozeduralen Daten sowie die postoperativen klinischen Ergebnisse der 30-Tage-Follow-Up’s aus den elektronischen Patientenakten des SAP-basierten Krankenhausinformationssystem rekrutiert wurden.
Dazu wurden vergleichbare klinische Daten wie der weltweit angewandte logistische EuroSCORE I und die vom VARC definierten klinischen Endpunkte bezüglich periprozeduraler Komplikationen und erfolgreicher Implantation herangezogen.
Durch die Umsetzungen der Richtlinien seit September 2015 teilte sich das Patientenkollektiv in zwei Kohorten auf: 223 Patienten bekamen zuvor die Prothese mit dem MHT implantiert, während anschließend 118 Patienten unter das EHT fielen.
Bei den präoperativen Parametern stellte sich im MHT mit einem durchschnittlich signifikant höherem EuroSCORE (19,8 % vs. 17,5 %, p = 0,011) ein hinsichtlich der Komplikations- und Mortalitätsrate höherer Risikofaktor heraus. Im EHT war der Anteil der Patienten mit Insuffizienz der AV-Klappen (MI 51,3 % vs. 37,8 %, p = 0,017; TI 34,5 % vs. 23 %, p = 0,024) und einer vorangegangenen perkutanen Koronarintervention (39 % vs. 26,9 %, p = 0,022) signifikant höher.
Intraoperativ ergab sich im EHT-Setting eine höhere Untersuchungszeit (13,1 Min. vs. 10,9 Min.) bei sich nicht wesentlich unterscheidenden Komplikations- und Mortalitätsraten und ähnlich hohen Implantationserfolg (95,8 % im EHT vs. 96,4 % im MHT). Dabei war die Notwendigkeit einer chirurgischen Intervention insgesamt selten (1,2 %). Die 30-Tage-Mortalitätsraten waren in beiden Team-Settings ähnlich gering (4,5 % im EHT vs. 4 % im MHT, p = 1).
Die periprozeduralen Behandlungskosten abzüglich der Prothesenkosten waren unter dem EHT um durchschnittlich 1604 € höher. Die meisten Mehrkosten kamen dabei dem ärztlichen und medizinisch-technischen Personal sowie den Aufwendungen des Ist-Verbrauchs im übrigen medizinischen und operativen Bedarf zu.
Bei Gegenüberstellung der mit anderen, multizentrischen Studien verglichenen ähnlich geringen Häufigkeit an chirurgischen Interventionen sowie dem hinsichtlich der ähnlichen Mortalitätsraten nicht signifikant höherem Nutzen mit den erheblichen Mehrkosten durch den Einfluss des EHT ließ sich für dieses Patientenkollektiv die vom G-BA angestrebte Verbesserung der Prozessqualität nicht eruieren.
Unter diesem Aspekt und auch im Hinblick auf die Veränderungen im Risikoprofil und die Weiterentwicklung in Prozedurerfahrung und materialtechnischen Möglichkeiten stellte sich die Durchführung der TAVI-Prozedur durch das MHT im Hybridoperationssaal mit einem auf Abruf zur Verfügung stehendem Chirurgie-Team als das effizientere Modell heraus.