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Kinder werden viel zu häufig als „Waisen der Medizin“ gesehen. Der Grund hierfür liegt darin, dass Forschung an pädiatrischen selten Erkrankungen und die Fortentwicklung deren Therapieoptionen unter anderem auf Grund der internationalen Diskrepanz der Gesetze und der Vulnerabilität der Kinder, fehlende einheitliche Sprache und uneinheitlicher Bewertung der Ethikanträge dramatisch erschwert wird. Da signifikante Ergebnisse allerdings nur bei multizentrischer Forschung an seltenen Erkrankungen zu erwarten sind, ist eine internationale Kollaboration der Forschung dringend nötig und muss gefördert werden.
Aktuell gibt es bisher noch kein EU-weit geltendes einheitliches Regelwerk für die Forschung, die Lagerung und den Austausch von Proben, an dem sich Forscher orientieren können. Da viele Forscher durch die ethischen Bestimmungen an der Forschung behindert werden und Kinder jedoch ein Recht auf ein Fortschreiten der Medizin und der Therapieoptionen auch bei seltenen Erkrankungen haben, ist eine Vereinheitlichung der Ethikkommissionen hinsichtlich Forschung an seltenen Erkrankungen unumgänglich.
Diese Arbeit wurde von der Europäischen Union gefördert, um den aktuellen Stand der Situation zu beleuchten und Empfehlungen für ein Regelwerk zu erarbeiten, damit Forschung in Zukunft auch multizentrisch inklusiv der Lagerung und der Wiederverwendung von Proben möglich werden kann. Hierfür wurden eine systematische Literaturanalyse und mehrere Fragebögen entwickelt. In einem anderen Teil der Arbeit wurden vor allem auf die Prozess-Hindernisse und die optimale Vorgehensweise bei der Antragsstellung eingegangen. Dieser Teil der Arbeit dokumentiert die Literaturanalyse und rundet die Empfehlungen mit der Patientenbefragung ab.
In der Literatur zeigte sich eine sehr große Bandbreite vorhandener Literatur, meist aber von niedrigem Evidenzlevel, Studien gab es zu diesem Thema nur selten, auch wenig systematische Übersichtsarbeiten. Die Arbeit zeigte sich sehr herausfordernd, unter anderem da eine Einengung des Interessenbereiches nur schwer möglich war, aber auch, da sich regionale Unterschiede bezüglich der geltenden Gesetze und Verordnungen herausstellten. Ein EU-weites Regelwerk, das die Lagerung, Wiederverwendung und den Austausch von kindlichen Proben regelt, ist bisher nicht definiert.
Nachdem die Ergebnisse des Test-Antrags (Morbus Behçet), der Telefoninterviews und der Befragung der klinischen Forscher mit den Ergebnissen der Literatur verglichen, diskutiert und ausgewertet wurden, entstanden im Rahmen der Arbeitsgruppe SHARE WP7 die Empfehlungen, um die identifizierten Hürden in Zukunft zu bewältigen. Diese wurden primär in Form eines Patientenfragebogens überprüft, um somit auch insbesondere auf die Vorstellungen, Wünsche und Ideen der Patienten einzugehen. Hierbei zeigte sich vorwiegend eine deutliche Zustimmung und ein zufriedenes Annehmen der Empfehlungen.
In der Zusammenschau der Ergebnisse aus beiden Teilen der Doktorarbeit wurden Hindernisse identifiziert und Empfehlungen, diese zu bewältigen ausgearbeitet. Anschließend wurden die Empfehlungen mit ethischen Experten überarbeitet und durch einen Juristen auf Legalität im europäischen Rahmen überprüft.
Letztendlich wurden über die Empfehlungen im Rahmen der SHARE Mitglieder diskutiert und abgestimmt. Die endgültigen Empfehlungen setzen sich aus folgenden Themengebieten zusammen:
• Grundlegendes Prinzip (Leitgedanke, Leitmotiv) (drei Empfehlungen)
• Empfehlungen für die Ethikkommission (vier Empfehlungen)
• Pädiatrische Prinzipien (zwei Empfehlungen)
• Einverständnis zu pädiatrischer Forschung (fünf Empfehlungen)
• Pädiatrische Daten- und Biobanken (zwei Empfehlungen)
• Austausch von Daten und Proben (drei Empfehlungen)
• Kommerzialisierung und Zugriff dritter Parteien (zwei Empfehlungen)
Da bisher keine EU-weite Empfehlungen für multizentrische Forschungsprojekte mit internationalen Daten- und Probenaustausch existieren, sind dies die ersten ihrer Art. Ein einheitliches Regelwerk bezüglich legaler und ethischer Aspekte ist unabdingbar, ebenso wie eine evidenzbasierte Implementierung dieser.
Nur so kann vermieden werden, dass Kinder, insbesondere bei seltenen Erkrankungen, weiterhin als „Waisen der Medizin“ behandelt werden. Die Tür in eine Zukunft mit neuen, lebensverändernden Entdeckungen und neuartigen therapeutische Optionen kann geöffnet werden. |
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