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Schlaf hat einen positiven Einfluss auf die Konsolidierung von Gedächtnisinhalten. Diese Erkenntnis basiert überwiegend auf Studien, bei denen simple Assoziationen zwischen wenigen Elementen gelernt und abgefragt werden. Im Alltag formen wir jedoch häufig komplexe Assoziationen zwischen mehreren Elementen, die als Events zusammengefasst werden können. Eine Kernfunktion des Hippocampus, die sog. „Mustervervollständigung“ (engl. „Pattern Completion“) erlaubt es uns, auf Basis eines einzigen Hinweises das gesamte Event zu erinnern. Welche Rolle Schlaf bei diesem Prozess spielt, ist jedoch unklar. In der vorliegenden Arbeit haben wir untersucht, welche Rolle Schlaf bei Mustervervollständigung und damit verbundener Abstraktion von Gedächtnisinhalten spielt, die dafür nützlich sein könnte, auch nicht direkt miteinander enkodierte Assoziationen zu stärken. Um diese Fragestellung zu beantworten, haben wir gesunde Probanden in jeweils zwei Bedingungen (Schlafbedingung und Wachbedingung) Wortpaare lernen lassen und diese vor und nach einer Nacht Schlaf bzw. Schlafdeprivation plus einer Erholungsnacht abgefragt. Dabei bildeten je 4 Wörter ein Event. Diese Wörter wurden beim Lernvorgang durch verschiedene Anzeigehäufigkeiten unterschiedlich stark miteinander verknüpft. Dabei gab es Paare, die stark enkodiert wurden, Paare, die schwach enkodiert wurden, sowie Wörter, die nicht direkt miteinander enkodiert wurden und eine abstrakte Transferleistung unter Einbezug des gelernten Wissens erforderten. Diese Aufgabe erlaubt uns außerdem eine Aussage über die Schlafabhängigkeit verschieden stark enkodierter Assoziationen zu treffen. Starke Assoziationen wurden besser erinnert als schwache Assoziationen und schwache Assoziationen wurden besser erinnert als nicht-enkodierte Assoziationen. Dies zeigte sich auch in der Reaktionszeit, der Erinnern/Wissen/Raten-Selbsteinschätzung und der Konfidenz der Probanden. Außerdem erinnerten die Probanden nach der Schlafbedingung im Vergleich zur Wachbedingung signifikant mehr schwache sowie nicht-enkodierte Wortpaare, während es für die stark enkodierten Assoziationen zwischen den Bedingungen keinen Unterschied gab. Des Weiteren haben wir eine stärkere Abhängigkeit (als ein Maß für Mustervervollständigung) zwischen den einzelnenElementen der Events nach Schlaf feststellen können. Die Leistungsdichte von Schlafspindeln korrelierte positiv mit der Veränderung von schwach enkodierten Assoziationen sowie der Abhängigkeit der Event-Elemente vom Abruf vor dem Schlaf zum Abruf nach dem Schlaf. Diese Befunde erweitern nicht nur unser Verständnis zur Rolle von Schlaf bei der Gedächtnisbildung, sondern sind auch im Alltag nützlich, um komplexe Sachverhalte (wie z. B. ganze Themenkomplexe oder zusammenhängende Geschichten) erinnern zu können. Außerdem können neugebildete Assoziationen zwischen nicht direkt miteinander enkodierten Elementen evolutionär von Bedeutung sein, indem sie ermöglichen, aufgrund bestimmter Hinweise (z. B. dem Geruch eines Fressfeindes an einem bestimmten Ort) auf mögliche Gefahren zu schließen (z. B. auf die Gegenwart eines Fressfeindes), ohne dass zuvor eine direkte Verbindung zwischen diesen bestand (z. B. wurde an diesem Ort zuvor nie ein Fressfeind gesehen). Unsere Befunde könnten auch im klinischen Alltag, beispielsweise in der Verhaltenstherapie nützlich sein, um neue Verknüpfungen besser zu verfestigen. |
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