Dissertation ist gesperrt bis 22.06.2024 !
Atherosklerose ist eine chronische Entzündung der mittelgroßen und großen Arterien mit potenziell tödlichem Ausgang. Sie zeichnet sich durch pathologische Umbildungen der Gefäßwände aus („atherosklerotische Plaques“). Arterielle Gefäßwände bestehen zu großen Teilen aus vaskulären Glattmuskelzellen („vascular smooth muscle cells“, VSMCs). Die Kontraktion und Relaxation von VSMCs ist unverzichtbar für die Regulation von Gefäßtonus und Blutfluss. VSMCs in gesunden Arterien sind ruhende Zellen mit einem stark ausgeprägten Kontraktionsapparat. Werden Gefäße jedoch verletzt oder unterliegen Erkrankungen wie Atherosklerose, verändern VSMCs ihren Phänotyp von einem kontraktilen zu einem modulierten Phänotyp. Modulierte VSMCs besitzen viele Organellen, die an der Proteinsynthese beteiligt sind, exprimieren aber nur geringe Mengen kontraktiler Proteine. Diese Veränderung von einem kontraktilen zu einem modulierten Phänotyp wird als „phänotypische Modulation bezeichnet“ und ist an der Bildung atherosklerotischer Plaques beteiligt.
Atherosklerotische Plaques zeichnen sich durch Anreicherung von Fetten, Immunzellen und modulierten VSMCs unterhalb des Endothels aus. Zum einen stabilisieren VSMCs Plaques, indem sie eine fibrotische Kappe synthetisieren, die reich an extrazellulärer Matrix ist. Zum anderen übernehmen sie Charakteristika anderer Zelltypen (z.B.: Makrophagen, Fibroblasten) und tragen zum Wachstum von Plaques bei. Der sekundäre Botenstoff zyklisches Guanosin-3‘,5‘-Monophosphat (cGMP) spielt eine zentrale Rolle in der (Patho-)Physiologie von VSMCs. Es gibt mehrere Guanylylzyklasen (GCs), die cGMP generieren. NO aktiviert die zytosolische NO-sensitive GC (NO-GC). Atriales natriuretisches Peptid (ANP) und C-Typ natriuretisches Peptid (CNP) hingegen aktivieren membran-gebundene partikuläre GCs. ANP aktiviert GC-A und CNP GC-B. Neben der allgemein anerkannten Funktion von cGMP Glattmuskelzellen zu relaxieren, ist auch beschrieben, dass es die phänotypische Modulation von VSMCs beeinflussen kann. Zum Beispiel wurde mit Hilfe genetisch veränderter Mäuse gezeigt, dass die cGMP-Signalgebung in VSMCs Atherosklerose fördern kann. Es ist bekannt, dass VSMCs in Zellkultur mit der Zeit vom kontraktilen zum modulierten Phänotyp wechseln. In Zellkultur wurde gezeigt, dass VSMCs cGMP erzeugen, wenn sie mit CNP, ANP oder NO stimuliert werden. Das führt zu der Frage, ob dieselbe Glattmuskelzelle auf alle drei Stimuli reagieren kann oder ob sich die cGMP-Antworten einzelner VSMCs aufgrund phänotypischer Modulation verändern und verschiedene Zellen in derselben Kultur schließlich auf verschiedene Stimuli reagieren.
Um die Erzeugung von cGMP in kultivierten VSMCs zu untersuchen, wurden in der vorliegenden Arbeit mit Hilfe des genetisch kodierten Förster-Resonanzenergietransfer (FRET) basierten cGMP-Indikators cGi500 cGMP Messungen durchgeführt. Es wurden VSMCs aus transgenen Mäusen verwendet, die cGi500 entweder global oder selektiv in Glattmuskelzellen exprimieren. NO-, CNP- und ANP-induzierte cGMP Signale wurden in VSMC-Kulturen in Echtzeit mit Einzelzellauflösung gemessen und in Kombination mit Immunfluoreszenzfärbungen und genetischen Ansätzen analysiert. Dadurch konnten wir eine Verbindung zwischen dem Phänotyp von VSMCs und ihren cGMP-Reaktionsmustern aufzeigen. In Kultur haben kontraktile VSMCs stark auf ANP und NO, jedoch nur schwach oder gar nicht auf CNP reagiert. Modulierte VSMCs hingegen haben stark auf CNP, jedoch nur schwach oder gar nicht auf ANP reagiert. Auch die NO-abhängigen cGMP-Antworten waren in diesen Zellen abgeschwächt. Des Weiteren hat ein erhöhtes Alter der Mäuse zu vermehrter Bildung CNP-präferierender VSMCs in Kultur geführt.
Auf Grundlage dieser Entdeckungen haben wir untersucht, ob die Modulation von VSMCs in pathologisch veränderten Arterien die cGMP-Signalgebung auf ähnliche Weise beeinflusst wie in der Zellkultur. Dazu wurden cGMP/FRET-Messungen in isolierten Gefäßen von cGi500-exprimierenden Mäusen durchgeführt. Als Modell für kontraktile bzw. modulierte VSMCs wurden gesunde bzw. atherosklerotische Arterien untersucht. In gesunden Gefäßen wurde die Bildung von cGMP vor allem durch ANP und/oder NO ausgelöst. In atherosklerotischen Arterien wurden zusätzlich deutliche CNP-abhängige cGMP-Signale detektiert. Dies deutet darauf hin, dass sich die cGMP-Erzeugung bei pathologischen Gefäßumbildungen in vivo, ähnlich wie in Zellkultur, abhängig vom VSMC-Phänotyp ändert.
Schließlich haben wir die funktionelle Bedeutung der CNP-abhängigen cGMP-Signalgebung in modulierten VSMCs für die Entwicklung von Atherosklerose in vivo untersucht. Die genetische Deletion des CNP-Rezeptors GC-B in VSMCs von Mäusen hat die Struktur und Zusammensetzung der atherosklerotischen Plaques verändert. Mit Hilfe eines Reporter-basierten Ansatzes haben wir potenziell CNP-reaktive/modulierte VSMCs (Reporter-positive Zellen) in Plaques nachgewiesen. Das Ausschalten von CNP-abhängiger cGMP-Signalgebung in VSMCs hat zu Läsionen geführt, die mit modulierten (Reporter-positiven) Zellen angereichert waren und deren Kernregion eine verringerte α-Glattmuskelaktin (αSMA)-positive Fläche aufwies.
Zusammenfassend deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass die CNP-abhängige cGMP-Signalgebung in VSMCs nicht nur ein neuer Marker für modulierte VSMCs in Kultur, als auch pathologisch veränderten Gefäßen in vivo ist, sondern auch den Beitrag von modulierten VSMCs zur Plaque-Entwicklung einschränkt. Die gezielte Manipulation der CNP-induzierten cGMP-Signalgebung in Plaque-assoziierten VSMCs könnte ein neuer Ansatz zur Therapie atherosklerotischer Erkrankungen sein.