Dissertation ist gesperrt bis 29.03.2024 !
Histondeacetylasen (HDACs) sind verantwortlich für die Deacetylierung von Nε-Acetyllysinresten von Histonen und Nicht-Histonproteinen mittels zinkabhängiger Lewis-Säurekatalyse. Indem sie den Acetylierungsstatus des Chromatins beeinflussen, regulieren HDACs eine Vielzahl zellulärer Funktionen auf der Ebene der Transkriptionskontrolle. Veränderungen der HDAC-Aktivität werden mit Krebs und neurodegenerativen Erkrankungen in Verbindung gebracht. Um diese Krankheiten zu behandeln wurden HDAC-Inhibitoren entwickelt. Für eine Verbesserung der Spezifität von HDAC-Inhibitoren ist jedoch ein detailliertes Verständnis der Substratselektivität von HDACs erforderlich. Die Substratselektivität endogener HDAC-Komplexe kann mit Affinitätssonden untersucht werden, die eine Inhibitoreinheit enthalten, welche in synthetische Peptide engebettet ist, die sich von bekannten Acetylierungsstellen von Substratproteinen ableiten.
In dieser Arbeit wurden Strategien entwickelt um neue und spezifische peptidbasierte Affinitätssonden für HDACs zu etablieren. Zu diesem Zweck wurde der Einfluss verschiedener zinkbindender funktioneller Gruppen und Peptidsequenzkontexte auf die Rekrutierung von HDACs untersucht.
Basierend auf Hydroxamsäure-, 2-Aminophenylamid- und Keton-HDAC-Inhibitoren wurden Syntheserouten für geschützte Aminosäurebausteine entworfen, die diese Strukturelemente als zinkbindende Gruppen enthalten. Durch das Einbetten der jeweiligen Bausteine in Peptidsonden mit einem minimalen Sequenzkontext wurden neue Werkzeuge geschaffen um endogene HDACs aus zellulären Lysaten zu isolieren. Verglichen mit Kontrollsonden, die entweder eine Hydroxamsäure mit breiter Spezifität oder unmodifiziertes Lysin enthielten, zeigte die 2-Aminophenylamid-Sonde in Pulldown-Experimenten eine ausgeprägte Selektivität für die Klasse-I-HDACs 1, 2 und 3. Die Keton-Sonde konnte im Vergleich zur Hydroxamsäure-Sonde HDAC1 der Klasse I effektiver gegenüber der Lysin-Kontrolle anreichern als HDAC6 der Klasse II. Die Untersuchungen wurden dann auf eine proteomweite Ebene ausgedehnt und die Interaktome ausgewählter Sonden bestimmt. Gegenüber der Hydroxamsäure-Kontrolle konnte dabei der HDAC3-NCoR /SMRT-Komplex an der 2-Aminopheylamid-Sonde signifikant angereichert werden, was die Fähigkeit peptidbasierter Affinitätssonden aufzeigt HDAC-Komplexe spezifisch adressieren zu können.
Das Design der HDAC-Affinitätssonden wurde anschließend im Hinblick auf Hochdurchsatzverfahren optimiert, die notwendig sind, um die Substratspezifität von HDACs in einem proteomweiten Umfang zu untersuchen. Zu diesem Zweck wurde ein Hochdurchsatz-Assay entwickelt, der auf dem Format von 96-Well-Platten basiert. Ein Sondendesign wurde entworfen, das es ermöglicht vollständig synthetisierte Peptide selektiv aus einem rohen Produktgemisch mittels eines N-terminalen Thiol-Ankers zu isolieren und somit eine zeitaufwendige Reinigung zu umgehen. Der neu entwickelte 96-Well-Assay wurde dann angewendet, um den Einfluss von Peptidsequenzkontexten auf die Selektivität von HDACs zu bewerten. Dazu wurden potentielle Substrate von HDAC6 untersucht, die in Zellen mit verminderter HDAC6-Aktivität identifiziert wurden. Die Mehrheit der getesteten Sequenzen war dabei in der Lage HDAC6 an den entsprechenden Hydroxamsäure-Sonden gegenüber den Lysin-Kontrollen anzureichern, während HDAC1 unspezifisch oder nur schwach rekrutiert wurde. Ausgewählte Sequenzkontextsonden wurden im Detail mittels MS-gestützter Proteomik charakterisiert, was es ermöglichte spezifische Interaktionsprofile der jeweiligen Sonden mit potentiellen HDAC6-Bindingspartnern zu ermitteln, die an vielfältigen biologischen Prozessen beteiligt sind, wie Transkriptionsfaktoren, Proteine des Cytoskeletts oder Komponenten des Ubiquitin-Proteasom-Systems. Abschließend konnte mittels eines MALDI-MS-basierten, kinetischen Assays und Acetyllysin-Substraten gezeigt werden, dass der jeweilige Peptidsequenzkontext einen fein abgestuften Einfluss auf die Geschwindigkeit der durch HDAC6 katalysierten Deacetylierungsreaktion ausübt.