Inhaltszusammenfassung:
Einleitung
Das Internet u.a. moderne Informationskanäle führen zu einer Vielfalt an Informationsmöglichkeiten für Patientinnen und Patienten. Daraus entstehen neue Anforderungen an Behandelnde im Gespräch mit Patientinnen und Patienten, welche sich hierüber vor dem Arztbesuch umfassend über Symptome, Erkrankung oder Therapie informiert haben. Ziel dieses Projekts war es, die Lücke zwischen Anforderungen an Ärztinnen und Ärzte und der gegenwärtig fehlen-den Vorbereitung darauf zu schließen. Zu diesem Zweck wurde eine Kommunikationsschulung inklusive Simulationstraining mit Schauspielpatientinnen und -patienten (SP) zum Umgang mit vorinformierten Patientinnen und Patienten für Medizinstudierende entworfen und an einer Stichprobe getestet.
1. Lässt sich durch eine Kommunikationsschulung eine Verbesserung der Gesprächsführung und Verhaltensweise von Medizinstudierenden im Umgang mit vorinformierten Patientinnen und Patienten erzielen?
2. Hat das Simulationstraining mit den SP eine Verminderung der Herzratenvariabilität (HRV) der Studierenden als Indikator für eine erhöhte Stressbelastung zur Folge?
Methoden
Medizinstudierende aus dem fünften und sechsten Studienjahr führten im Rahmen dieser randomisiert kontrollierten Cross-over-Studie drei Arzt-Patienten-Gespräche mit den SP an drei Messzeitpunkten T0, T1 und T2. Die Studienteilnahme war freiwillig. Das Kommunikationstraining im Blended-Learning-Format erhielten die Studierenden je nach Zugehörigkeit zur Studien-gruppe, in welche sie randomisiert eingeteilt wurden: Early-Intervention- (EI) und Late-Intervention-Gruppe (LI). Die Patientenfälle waren permutiert und die SP im Hinblick auf Messzeitpunkt und Gruppenzugehörigkeit verblindet. Die Gespräche wurden auf Video aufgenommen und durch zwei verblindete Expertinnen anhand einer binären 25-Punkte-Checkliste bewertet. Die HRV-Messung erfolgte in Form von 5-minütigen Sequenzen in Ruhe vor und unter Belastung im Gespräch mit den SP.
Ergebnisse
N = 46 Datensätze wurden in die Auswertung eingeschlossen. In der Videoauswertung verbesserten sich beide Gruppen nach der Kommunikationsschulung in ihrer Gesprächsführung und Verhaltensweise signifikant (EI: MT0 = 9,75 ± 2,51 vs. MT1 = 16,60 ± 2,80; LI: MT0 = 8,70 ± 2,14 vs. MT2 = 15,20 ± 2,84; je p < 0,001 [71]). Zum Messzeitpunkt T1 unterschied sich die geschulte (EI) signifikant von der noch nicht geschulten Gruppe (LI) (EI: MT1 = 16,60 ± 2,80 vs. LI: MT1 = 9,90 ± 2,22; p < 0,001 [71]). Beim Ver-gleich der LF/HF-Ratio zur Detektion der Sympathikusaktivierung ließen sich unabhängig von Studiengruppe und Messzeitpunkt keine signifikanten Unter-schiede feststellen (p > 0,05). Über 90 % der Teilnehmenden befürworteten eine Übernahme der Kommunikationsschulung in das Curriculum.
Diskussion
Im Rahmen dieser Studie wurde gezeigt, dass sich Gesprächsführung und Ver-haltensweise von Medizinstudierenden im Gespräch mit vorinformierten Patientinnen und Patienten durch eine Kommunikationsschulung im Blended-Learning-Format verbessern lassen. Die HRV der Studierenden hingegen wurde durch die Simulationstrainings mit den SP nicht maßgeblich beeinflusst. Eine Verbesserung der Leistung der Medizinstudierenden durch den Wiederholungseffekt ist nicht auszuschließen. Weiterhin ist die Generalisierbarkeit der vorliegenden Daten limitiert, da die Studie nur an einer medizinischen Fakultät durchgeführt worden ist und die freiwillige Studienteilnahme ein Selektionsbias zur Folge gehabt haben könnte. Der Effekt des Kommunikationstrainings war über die Studiendauer hinweg zu erkennen. In einer weiteren Studie sollte überprüft werden, ob dieser Effekt auch langfristig Bestand hat.
Schlussfolgerung
Das Kommunikationstraining im Blended-Learning-Format bietet die Basis für eine effektive Vorbereitung auf den Kontakt mit vorinformierten Patientinnen und Patienten im Klinikalltag. Von einer erhöhten Stressbelastung der Studierenden in Simulationstrainings mit Schauspielpatientinnen und -patienten ist aufgrund der Ergebnisse dieser Studie nicht auszugehen.