Inhaltszusammenfassung:
Aminopolyphosphonate (APPs) sind starke Chelatbildner innerhalb der Gruppe der anthropogenen
Organophosphorverbindungen und werden zunehmend in verschiedenen Industrie–
und Haushaltsanwendungen eingesetzt, z.B. als Entkalkungsmittel oder Bleichstabilisatoren.
Aufgrund der unvollständigen Entfernung in Kläranlagen werden zunehmende Emissionen
in die Umwelt und damit verbundene potenzielle (öko–)toxikologischen Risiken vorhergesagt.
Allerdings ist das Wissen über den Verbleib von APPs in der Umwelt spärlich, was
eine umfassende Bewertung der Umweltrisiken erschwert. Während angenommen wird,
dass APPs hauptsächlich durch Sorption aus der wässrigen Phase entfernt werden, weißt der
Nachweis ihrer Transformationsprodukte im Abwasser von Kläranlagen darauf hin, dass sie
unter umweltrelevanten Bedingungen ebenfalls oxidiert werden. Prozesse, die wahrscheinlich
zur Oxidation von APPs in technischen und Umweltsystemen beitragen, sind die homogene
Mn(II)–katalysierte Oxidation durch molekularen Sauerstoff und die heterogene Oxidation an
Mangandioxid–Oberflächen (MnO2). Die Untersuchung dieser Prozesse allein durch Konzentrationsanalyse
wird jedoch dadurch erschwert, dass die bei der Oxidation von APPs gebildeten
Transformationsprodukte teilweise sowohl für verschiedene Vorläuferverbindungen als auch
für verschiedene Oxidationsprozesse unspezifisch sind. In solchen Fällen können Isotopenuntersuchungen
mittels substanzspezifischer Kohlenstoffisotopenanalyse (engl.: compound–specific
carbon isotope analysis, carbon CSIA) als wertvolles ergänzendes Instrument dienen, da sie es
ermöglichen, Informationen über den Verbleib organischer Schadstoffe in der Umwelt auf der
Grundlage der Isotopenzusammensetzung der Vorläufersubstanz zu gewinnen.
Das erste Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung einer Flüssigchromatographie/ Isotopenverhältnis–
Massenspektrometrie–Methode (LC–IRMS) für weit verbreitete (A)PPs. Die chromatographische
Trennung von 1–Hydroxyethan–1,1–diphosphonat (HEDP), Aminotrismethylenphosphonat
(ATMP) und Ethylendiamintetramethylenphosphonat (EDTMP) wurde
auf einer Anionenaustauschersäule unter sauren Bedingungen erzielt. Die untersuchten APPs
wurden innerhalb der LC–IRMS–Schnittstelle quantitativ oxidiert, wobei die instrumententypischen
Grenzen der präzisen Isotopenanalyse (etwa 200 ng Kohlenstoff auf der Säule) erzielt
wurden. In Batch–Experimenten zeigten wir, dass die Gleichgewichtssorption der Modellverbindung
ATMP an Goethit keinen Isotopeneffekt verursachte. Die Mangan(II)–katalysierte
Oxidation von ATMP durch molekularen Sauerstoff war jedoch mit einem kinetischen Isotopeneffekt
verbunden, der zu einer Anreicherung von 13C führt. Folglich ist die Kohlenstoff–CSIA
ein vielversprechender Ansatz, um Transformationsprozesse von APPs in wässrigen Systemen
zu untersuchen und somit ein umfassenderes Verständnis ihres Verbleibs in der Umwelt zu
erhalten.
Im zweiten Teil der Arbeit wurde eine detaillierte Untersuchung der homogenen Mangan(II)–
katalysierten Oxidation von ATMP durch gelösten Sauerstoff durchgeführt, um ein besseres
Verständnis der Rolle potenzieller Mn(III)ATMP–Intermediate zu gewinnen. Hierfür wurde
die Abhängigkeit der kinetischen Kohlenstoffisotopenfraktionierung (ausgedrückt als Kohlenstoffisotopenanreicherungsfaktor
εC) und der Mn(II)ATMP–normalisierten Reaktionsgeschwindigkeit
von der komplexierte ATMP Fraktion in Batch–Experimenten untersucht. Da die
ATMP–Oxidation ausschließlich durch Zerfall des Komplexes die abnehmenden normalisierten
Reaktionsraten und εC–Werte mit der komplexierten ATMP–Fraktion nicht erklären konnten,
wurde eine Transformation von ATMP über zwei konkurrierende Reaktionswege postuliert:
Oxidation von freiem ATMP durch Mn(III)ATMP–Intermediate bei niedrigen komplexierten
Fraktionen und Zerfall des Komplexes bei niedrigen Konzentrationen von freiem ATMP. Dieser
zuvor nicht bekannte Reaktionsweg, an dem Mn(III)ATMP als Oxidationsmittel beteiligt ist,
hat erhebliche Auswirkungen auf das Umweltverhalten von APPs. In natürlichen Gewässern
werden Mn(III)APP–Intermediate wahrscheinlich von natürliche Reduktionsmittel (z.B. natürlichem
organischen Material), die in höheren Konzentrationen als die APPs vorhanden sind, zu
Mn(II)APP reduziert. Dies hat ein vermindertes Potenzial der Mn(II)–katalysierten Oxidation
für deren Transformation zur Folge.
Neben der homogenen Mn(II)–katalysierten Oxidation wurde die heterogene Umwandlung an
MnO2–Oberflächen als potenziell relevanter Entfernungsprozess für APPs postuliert. Bisher
fehlen Studien, die diesen Prozess im Hinblick auf seine Umweltrelevanz und die zugrunde liegenden
Reaktionsmechanismen untersuchen. Um diese Wissenslücke zu schließen, wurde im
dritten Teil dieser Arbeit die Umwandlung der Modellverbindung Iminodimethylenphosphonat
(IDMP) an MnO2 unter variierenden Umweltbedingungen (MnO2–Mineralogie, pH–Wert)
untersucht. Eine Reaktionskinetik erster Ordnung sowie relativ niedrige εC–Werte deuteten auf
Elektronentransfer von der Mineraloberfläche auf das IDMP als den geschwindigkeitsbestimmenden
Schritt in der Gesamtreaktion hin und nicht die Sorption oder die Bindungsspaltung.
Geringfügig, aber statistisch signifikant niedrigere εC–Werte (größere zu beobachtende kinetische
Isotopeneffekte) bei saurem pH–Wert und Mn(III)–angereichertem MnO2 deuten jedoch
auf einen beschleunigten Elektronentransfer unter diesen Bedingungen hin. Während also
ein qualitativer Nachweis der IDMP–Oxidation an MnO2 durch Kohlenstoff–CSIA unter allen
getesteten Versuchsbedingungen möglich war, erschwert die Variabilität der εC–Werte eine
eindeutige Identifizierung des zugrunde liegenden Prozesses.
Diese Arbeit zeigt das Potenzial der Kohlenstoff–CSIA als wertvolles Instrument um die Quellen
und den Verbleib von APPs in technischen und Umweltsystemen zu untersuchen. Erste
Anwendungen der Methode führten zu einem verbesserten Verständnis der homogenen und
heterogenen Mangan–getriebenen Oxidation von APPs und somit der Rolle dieser Prozesse
für das Umweltverhalten von APPs. In zukünftigen Studien kann die entwickelte Methode
eingesetzt werden um weiterer Sorptions– und Umwandlungsprozesse zu untersuchen. Diese
Erkenntnisse tragen zu einem umfassenderen Verständnis der Umweltchemie von APPs bei.
Abstract:
Aminopolyphosphonates (APPs) are strong chelating agents within the group of anthropogenic
organophosphorus compounds and are increasingly used in various industrial and household
applications e.g., as antiscaling agents or bleaching stabilizers. Due to an incomplete removal in
wastewater treatment plants, increasing emissions into the environment along with potential
(eco–)toxicological risks are predicted. However, knowledge on the environmental fate of
APPs is scarce, hampering a comprehensive environmental risk assessment. While APPs are
believed to be mainly removed from the aqueous phase via sorption, the detection of their
transformation products in the effluent of wastewater treatment plants indicates that they are
also oxidized under environmentally relevant conditions. Processes likely contributing to the
oxidation of APPs in technical and environmental systems are homogeneous Mn(II)–catalyzed
oxidation by molecular oxygen and heterogeneous oxidation at manganese dioxide surfaces
(MnO2). The investigation of these processes solely by concentration analysis is hampered
because the transformation products formed by oxidation of APPs are partially unspecific for
different precursor substances as well as processes. In such cases, isotopic investigations by
compound–specific carbon isotope analysis (carbon CSIA) can serve as valuable complementary
tools, as they allow to gain information on the environmental fate of organic contaminants
based on the isotopic composition of the precursor substance only.
The first goal of this work was the development of a liquid chromatography/ isotope ratio mass
spectrometry (LC–IRMS) method for widely used (A)PPs. The chromatographic separation of
1–hydroxyethane 1,1–diphosphonate (HEDP), aminotrismethylene phosphonate (ATMP) and
ethylenediaminetetramethylene phosphonate (EDTMP) was achieved on an anion exchange
column under acidic conditions. The investigated APPs were quantitatively oxidized within the
LC–IRMS interface with instrument typical limits of precise isotope analysis (around 200 ng
carbon on column). In batch experiments we showed that equilibrium sorption of the model
compound ATMP onto goethite did not cause a significant isotope effect. The manganese(II)–
catalyzed oxidation of ATMP by molecular oxygen however, was associated with a kinetic
isotope effect, leading to an enrichment in 13C. Consequently, carbon CSIA is a promising
approach to study transformation processes of APPs in aqueous system and thus get a more
comprehensive understanding on their environmental fate.
In the second part of the work, a detailed investigation of the homogeneous manganese(II)–
catalyzed oxidation of ATMP by dissolved oxygen was conducted to gain a better understanding
of the role of potential Mn(III)ATMP intermediates. Therefore, the dependency of the
kinetic carbon isotope fractionation (expressed as carbon isotope enrichment factor εC) and
Mn(II)ATMP–normalized reaction rate on the complexed ATMP fraction was investigated
in batch experiments. As ATMP oxidation only by complex self–decomposition could not
explain the decreasing normalized reaction rates and εC–values with the complexed ATMP
fraction, transformation via two competing reaction pathways was hypothesized: oxidation
of free ATMP by Mn(III)ATMP–intermediates at low complexed fractions and complex self–
decomposition for low concentrations of free ATMP. This so far not known reaction pathway
involving Mn(III)ATMP as oxidant has significant implications for the environmental fate of
APPs. In naturalwaters, Mn(III)APP–intermediates are likely reduced to Mn(II)APP by natural
reductants (e.g., natural organic matter) present at higher concentrations than the APPs. This
entails to a diminished potential of Mn(II)–catalyzed oxidation for the transformation of APPs.
Besides homogeneous Mn(II)–catalyzed oxidation, the heterogeneous transformation at MnO2
surfaces was proposed as potentially relevant removal process for APPs. So far, studies investigating
this process in terms of environmental relevance as well as underlying reaction
mechanisms are lacking. In order to narrow this knowledge gap, the transformation of the
model compound iminodimethylene phosphonate (IDMP) at MnO2 was studied under varying
environmental conditions (MnO2 mineralogy, pH) in part three of this work. First–order
reaction kinetics, as well as the relatively low εC–values indicated electron transfer from the
mineral surface to the IDMP as rate–limiting step in the overall reaction, rather than sorption or
bond cleavage. However, slightly but statistically significant lower εC–values (more pronounced
observable kinetic isotope effects) at acidic pH and Mn(III)–enriched MnO2, implied facilitated
electron transfer under these conditions. Thus, while a qualitative proof of IDMP oxidation at
MnO2 by carbon CSIA was feasible under all tested experimental conditions, the variability of
the εC–values hampers a clear identification of the underlying process.
Thiswork demonstrates the potential of carbon CSIA as a valuable tool to study sources and fate
of APPs in technical and environmental systems. First applications of the method resulted in an
improved understanding of homogeneous and heterogeneous manganese–driven oxidation of
APPs and subsequently the role of these processes for the environmental fate of APPs. In future
studies, the developed method can be applied to investigate further relevant sorption and
transformation processes. These findings contribute to a more comprehensive understanding
of the environmental chemistry of APPs.