Dissertation ist gesperrt bis zum 21.03.2023 !!
Aminopolyphosphonate (APPs) sind starke Chelatbildner innerhalb der Gruppe der anthropogenen
Organophosphorverbindungen und werden zunehmend in verschiedenen Industrie–
und Haushaltsanwendungen eingesetzt, z.B. als Entkalkungsmittel oder Bleichstabilisatoren.
Aufgrund der unvollständigen Entfernung in Kläranlagen werden zunehmende Emissionen
in die Umwelt und damit verbundene potenzielle (öko–)toxikologischen Risiken vorhergesagt.
Allerdings ist das Wissen über den Verbleib von APPs in der Umwelt spärlich, was
eine umfassende Bewertung der Umweltrisiken erschwert. Während angenommen wird,
dass APPs hauptsächlich durch Sorption aus der wässrigen Phase entfernt werden, weißt der
Nachweis ihrer Transformationsprodukte im Abwasser von Kläranlagen darauf hin, dass sie
unter umweltrelevanten Bedingungen ebenfalls oxidiert werden. Prozesse, die wahrscheinlich
zur Oxidation von APPs in technischen und Umweltsystemen beitragen, sind die homogene
Mn(II)–katalysierte Oxidation durch molekularen Sauerstoff und die heterogene Oxidation an
Mangandioxid–Oberflächen (MnO2). Die Untersuchung dieser Prozesse allein durch Konzentrationsanalyse
wird jedoch dadurch erschwert, dass die bei der Oxidation von APPs gebildeten
Transformationsprodukte teilweise sowohl für verschiedene Vorläuferverbindungen als auch
für verschiedene Oxidationsprozesse unspezifisch sind. In solchen Fällen können Isotopenuntersuchungen
mittels substanzspezifischer Kohlenstoffisotopenanalyse (engl.: compound–specific
carbon isotope analysis, carbon CSIA) als wertvolles ergänzendes Instrument dienen, da sie es
ermöglichen, Informationen über den Verbleib organischer Schadstoffe in der Umwelt auf der
Grundlage der Isotopenzusammensetzung der Vorläufersubstanz zu gewinnen.
Das erste Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung einer Flüssigchromatographie/ Isotopenverhältnis–
Massenspektrometrie–Methode (LC–IRMS) für weit verbreitete (A)PPs. Die chromatographische
Trennung von 1–Hydroxyethan–1,1–diphosphonat (HEDP), Aminotrismethylenphosphonat
(ATMP) und Ethylendiamintetramethylenphosphonat (EDTMP) wurde
auf einer Anionenaustauschersäule unter sauren Bedingungen erzielt. Die untersuchten APPs
wurden innerhalb der LC–IRMS–Schnittstelle quantitativ oxidiert, wobei die instrumententypischen
Grenzen der präzisen Isotopenanalyse (etwa 200 ng Kohlenstoff auf der Säule) erzielt
wurden. In Batch–Experimenten zeigten wir, dass die Gleichgewichtssorption der Modellverbindung
ATMP an Goethit keinen Isotopeneffekt verursachte. Die Mangan(II)–katalysierte
Oxidation von ATMP durch molekularen Sauerstoff war jedoch mit einem kinetischen Isotopeneffekt
verbunden, der zu einer Anreicherung von 13C führt. Folglich ist die Kohlenstoff–CSIA
ein vielversprechender Ansatz, um Transformationsprozesse von APPs in wässrigen Systemen
zu untersuchen und somit ein umfassenderes Verständnis ihres Verbleibs in der Umwelt zu
erhalten.
Im zweiten Teil der Arbeit wurde eine detaillierte Untersuchung der homogenen Mangan(II)–
katalysierten Oxidation von ATMP durch gelösten Sauerstoff durchgeführt, um ein besseres
Verständnis der Rolle potenzieller Mn(III)ATMP–Intermediate zu gewinnen. Hierfür wurde
die Abhängigkeit der kinetischen Kohlenstoffisotopenfraktionierung (ausgedrückt als Kohlenstoffisotopenanreicherungsfaktor
εC) und der Mn(II)ATMP–normalisierten Reaktionsgeschwindigkeit
von der komplexierte ATMP Fraktion in Batch–Experimenten untersucht. Da die
ATMP–Oxidation ausschließlich durch Zerfall des Komplexes die abnehmenden normalisierten
Reaktionsraten und εC–Werte mit der komplexierten ATMP–Fraktion nicht erklären konnten,
wurde eine Transformation von ATMP über zwei konkurrierende Reaktionswege postuliert:
Oxidation von freiem ATMP durch Mn(III)ATMP–Intermediate bei niedrigen komplexierten
Fraktionen und Zerfall des Komplexes bei niedrigen Konzentrationen von freiem ATMP. Dieser
zuvor nicht bekannte Reaktionsweg, an dem Mn(III)ATMP als Oxidationsmittel beteiligt ist,
hat erhebliche Auswirkungen auf das Umweltverhalten von APPs. In natürlichen Gewässern
werden Mn(III)APP–Intermediate wahrscheinlich von natürliche Reduktionsmittel (z.B. natürlichem
organischen Material), die in höheren Konzentrationen als die APPs vorhanden sind, zu
Mn(II)APP reduziert. Dies hat ein vermindertes Potenzial der Mn(II)–katalysierten Oxidation
für deren Transformation zur Folge.
Neben der homogenen Mn(II)–katalysierten Oxidation wurde die heterogene Umwandlung an
MnO2–Oberflächen als potenziell relevanter Entfernungsprozess für APPs postuliert. Bisher
fehlen Studien, die diesen Prozess im Hinblick auf seine Umweltrelevanz und die zugrunde liegenden
Reaktionsmechanismen untersuchen. Um diese Wissenslücke zu schließen, wurde im
dritten Teil dieser Arbeit die Umwandlung der Modellverbindung Iminodimethylenphosphonat
(IDMP) an MnO2 unter variierenden Umweltbedingungen (MnO2–Mineralogie, pH–Wert)
untersucht. Eine Reaktionskinetik erster Ordnung sowie relativ niedrige εC–Werte deuteten auf
Elektronentransfer von der Mineraloberfläche auf das IDMP als den geschwindigkeitsbestimmenden
Schritt in der Gesamtreaktion hin und nicht die Sorption oder die Bindungsspaltung.
Geringfügig, aber statistisch signifikant niedrigere εC–Werte (größere zu beobachtende kinetische
Isotopeneffekte) bei saurem pH–Wert und Mn(III)–angereichertem MnO2 deuten jedoch
auf einen beschleunigten Elektronentransfer unter diesen Bedingungen hin. Während also
ein qualitativer Nachweis der IDMP–Oxidation an MnO2 durch Kohlenstoff–CSIA unter allen
getesteten Versuchsbedingungen möglich war, erschwert die Variabilität der εC–Werte eine
eindeutige Identifizierung des zugrunde liegenden Prozesses.
Diese Arbeit zeigt das Potenzial der Kohlenstoff–CSIA als wertvolles Instrument um die Quellen
und den Verbleib von APPs in technischen und Umweltsystemen zu untersuchen. Erste
Anwendungen der Methode führten zu einem verbesserten Verständnis der homogenen und
heterogenen Mangan–getriebenen Oxidation von APPs und somit der Rolle dieser Prozesse
für das Umweltverhalten von APPs. In zukünftigen Studien kann die entwickelte Methode
eingesetzt werden um weiterer Sorptions– und Umwandlungsprozesse zu untersuchen. Diese
Erkenntnisse tragen zu einem umfassenderen Verständnis der Umweltchemie von APPs bei.