Inhaltszusammenfassung:
Bei Operationen mit Herz-Lungen-Maschine und anderen Verfahren mit extrakorporaler Zirkulation ist eine systemische Entzündungsreaktion beschrieben. Diese geht mit einer Aktivierung von Leukozyten und der Freisetzung proinflammatorischer Zytokine und Sauerstoffradikale einher. Studien weisen darauf hin, dass das Endothel im Rahmen der Entzündungsreaktion geschädigt wird und eine endotheliale Dysfunktion auftritt.
Die vorliegende Arbeit soll daher zeigen, wie sich die extrakorporale Zirkulation auf die Endothelfunktion auswirkt, wie sie Marker für Inflammation und oxidativen Stress beeinflusst und ob eine Korrelation zwischen den untersuchten Markern und der Endothelfunktion besteht.
Es wurde eine prospektive klinische Studie durchgeführt. Eingeschlossen wurden 20 Patienten mit konventioneller Bypassoperation (ONCAB-Gruppe), 20 Patienten mit Bypassoperation ohne Herz-Lungen-Maschine (OPCAB-Gruppe), 20 gesunde Probanden (Kontrollgruppe), 8 Patienten mit venoarterieller ECMO-Therapie (va-ECMO-Gruppe) und 3 Patienten mit venovenöser ECMO-Therapie (vv-ECMO-Gruppe). Bei allen Probanden wurde die Endothel-abhängige Vasodilatation mit dem EndoPAT-Test (Itamar Medical Ltd., Caesarea, Israel) untersucht. Parallel wurden in Blutproben Leukozyten, Interleukin 6 (IL-6), Tumornekrosefaktor α (TNF-α), Monocyte Chemoattractant Protein 1 (MCP-1), Stromal Cell Derived Factor 1α (SDF-1α), Intercellular Adhesion Molecule 1 (ICAM-1), Vascular Cell Adhesion Molecule 1 (VCAM-1) als Marker für Inflammation und Malondialdehyd (MDA) als Marker für oxidativen Stress bestimmt. Klinische und demografische Informationen wurden der elektronischen Patientenakte entnommen. Die erhobenen Daten wurden auf signifikante Unterschiede zwischen ONCAB-Gruppe, OPCAB-Gruppe und Kontrollgruppe sowie auf Unterschiede im zeitlichen Verlauf hin untersucht. Für den 1. postoperativen Tag wurde ermittelt, ob eine Korrelation zwischen Markern für Inflammation und oxidativen Stress und der Endothelfunktion besteht. Die va-ECMO- und vv-ECMO-Gruppe wurden aufgrund der geringen Fallzahl rein deskriptiv ausgewertet.
Bei Patienten mit Bypassoperation veränderte sich der Reactive Hyperemia Index (RHI) als Maß für die Endothel-abhängige Vasodilatation im zeitlichen Verlauf nicht. Es waren keine signifikanten Unterschiede zwischen ONCAB- und OPCAB-Gruppe nachweisbar. Innerhalb der Gruppen kam es im zeitlichen Verlauf zu einem signifikanten Anstieg der Leukozytenzahl (p < .001) und der Konzentration von IL-6 (p < 0.001), MCP-1 (p = .001), SDF-1α (p < .001) und VCAM-1 (p < .001). Dieser war in der ONCAB-Gruppe nicht stärker ausgeprägt als in der OPCAB-Gruppe. Die Konzentration von TNF-α, ICAM-1 und MDA blieb im zeitlichen Verlauf stabil. Am 1. postoperativen Tag bestand eine moderate negative Korrelation zwischen der Konzentration von VCAM-1 und dem RHI (r = -0.38, p = .021).
Unserer Ergebnisse sprechen dagegen, dass Operationen mit Herz-Lungen-Maschine zu einer systemischen Endotheldysfunktion führen. Es ist jedoch möglich, dass Ischämie-Reperfusions-Schäden eine lokale Funktionsstörung des Endothels in Myokard und Lunge hervorrufen. Dies sollte in weiteren Studien untersucht werden. Die postoperative Entzündungsreaktion scheint nicht oder nur transient durch die extrakorporale Zirkulation beeinflusst zu werden. Eine mögliche Erklärung hierfür ist die technische Weiterentwicklung der Herz-Lungen-Maschine, die eine verbesserte Biokompatibilität mit sich bringt. Eine Zunahme von oxidativem Stress konnte bei Operationen mit und ohne Herz-Lungen-Maschine nicht nachgewiesen werden. Aufgrund der negativen Korrelation von VCAM-1 und Endothel-abhängiger Vasodilatation ist es wahrscheinlich, dass ein Zusammenhang zwischen inflammatorischer Aktivierung des Endothels und gestörter NO-Synthese besteht.
Bei Patienten mit ECMO zeigten sich hohe Marker für Inflammation und oxidativen Stress, die nach Therapiebeginn tendenziell abnahmen oder konstant blieben. Vor allem in den ersten Tagen wurden auch niedrige RHI-Werte von bis unter 1 beobachtet. Dies kann möglicherweise auf die schwere Erkrankung der Patienten zu Therapiebeginn und eine schrittweise Rekonvaleszenz zurückgeführt werden. Die extrakorporale Zirkulation scheint einen geringeren Einfluss zu haben. Aufgrund von methodischen Limitationen sind weitere Studien mit ECMO-Patienten notwendig, um unsere Ergebnisse zu überprüfen.