Bewegungsverhalten bei Patientinnen mit Anorexia nervosa

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/124599
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1245990
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-65963
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2022-02-15
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Teufel, Martin (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2021-11-09
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Freie Schlagwörter: Essstörung
Anorexia nervosa
Bewegungsverhalten
Bewegungssucht
pathologisches Bewegungsverhalten
problematisches Bewegungsverhalten
Anorexia nervosa
physical activity
excessive exercise
exercise addiction
compulsive exercise
driven exercise
Eating disorder
pathological exercise
problematic exercise
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Das Vorliegen eines problematischen Bewegungsverhaltens bei Anorexia nervosa (AN) wird als ein wichtiger Baustein der Pathogenese und Aufrechterhaltung dieser Essstörung angesehen mit weitreichenden Folgen auf Prognose und Therapieverlauf. Problematisches Bewegungsverhalten zeigt sich bei bis zu 80% der Patientinnen mit AN. Die Therapie des problematischen Bewegungsverhaltens wird als eine der größten und bislang unbefriedigend gelösten Herausforderungen in der Therapie von Essstörungen angesehen. Insbesondere für die Untersuchung des Bewegungsverhaltens bei AN im Längsschnitt besteht Forschungsbedarf. Ziel dieser Studie war die Untersuchung der Dynamik des Bewegungsverhaltens bei AN in einer longitudinalen Betrachtungsweise. Hierbei wurden zum einen die Subtypen der AN und zum anderen Probandinnen mit einem hohen (High Exerciser) beziehungsweise niedrigen Bewegungsausmaß (Low Exerciser) gegenübergestellt. Ein weiteres Ziel der Studie war die Analyse der Rahmenbedingungen sowie Schwierigkeiten, die insbesondere bei einem longitudinalen Ansatz auftreten können wie zum Beispiel die Bereitschaft zu einer Messwiederholung beziehungsweise zur Studienteilnahme. Hierzu wurde bei 42 Probandinnen zu Beginn der Therapie und bei 23 Probandinnen vier Wochen nach Beendigung der stationären Therapie das Bewegungsausmaß mittels Akzelerometrie (GT3X+) über jeweils vier Tage erhoben. Zusätzlich erfolgte die Erhebung von Daten mittels Fragebogen zur allgemeinen und essstörungsspezifischen Psychopathologie sowie zu bewegungsassoziierten Aspekten. Zu Beginn der Therapie konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen dem Bewegungsausmaß der Subtypen der AN festgestellt werden. Es konnte jedoch eine Zunahme des Bewegungsausmaßes und des BMI poststationär für den Purging-Typ gezeigt werden, wohingegen beim restriktiven Typ der AN beide Parameter unverändert blieben. Bei den High Exercisern konnte keine Veränderung des Bewegungsausmaßes und des BMI über die stationäre Therapie gezeigt werden. Bei den Low Exercisern konnte eine leichte Zunahme des Bewegungsausmaßes und des BMI poststationär gefunden werden. Im Vergleich zur Normalbevölkerung bewegen sich die Probandinnen der vorliegenden Studie durchschnittlich deutlich mehr. Es konnte eine enge Verknüpfung zwischen Affektregulation sowie emotionalem Wohlbefinden und Bewegung gezeigt werden. Der Purging-Typ zeigte ein signifikant höheres Maß an Schuldgefühlen beim Auslassen von Trainingseinheiten. Das hohe Maß an Ablehnung zur Studienteilnahme sowie Nichtbereitschaft zur Messwiederholung stellte eine zentrale Schwierigkeit dieser Studie dar. Nichtteilnehmer an der Studie zeigten ein höheres Maß an Stress und Ängstlichkeit sowie eine größere Krankheitsschwere als die Teilnehmer. Die Höhe der Ausprägung bestimmter krankheitskennzeichnender Aspekte der AN scheinen zudem relevant für die Ablehnung der Studienteilnahme, wie die „Angst vor dem Erwachsenwerden“, „Misstrauen“, „Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper“ und „Ineffektivität“ (gemessen durch den EDI-2). Die Untersuchung der Rahmenbedingungen konnte zeigen, wie wichtig eine Optimierung der Rekrutierungsphase und Schulung des Rekrutierungspersonal in Bezug auf hierfür relevante krankheitskennzeichnende Aspekte der AN sowie Bedenken der Patientinnen mit AN ist. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die Dynamik des Bewegungsverhaltens bei AN mit dem Therapieprozess und der Gewichtskontrolle verknüpft ist. Sie zeigt aber auch, dass sich das Bewegungsverhalten der High Exerciser durch die Therapie nicht verändert hat und verdeutlicht hierdurch die Notwendigkeit neuer Therapieansätze für diese Patienten. Darüber hinaus zeigte sich aber auch, dass Bewegung ein wesentliches Instrument zur Affektregulation darstellt. Die weitere Erforschung und der Einsatz von Therapieprogrammen, die ein Erlernen gesunden Bewegungsverhaltens und alternativer Methoden zur Affektregulation zum Ziel haben, sollten vorangetrieben werden. Eine einheitliche Definition von problematischem Bewegungsverhalten bei AN wäre wichtig, um eine bessere Vergleichbarkeit der Studien zu diesem Thema zu ermöglichen.

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