Inhaltszusammenfassung:
Für Patienten mit hämatologischen Neoplasien wie akuten Leukämien stellt eine allogene Blutstammzelltransplantation (allo-SZT) eine kurative Therapieoption dar. Dennoch kommt es im weiteren Verlauf häufig zu Rezidiven, die die häufigste Todesursache nach allo-SZT darstellen. Ein möglicher Ansatz ist die Infusion von Spenderlymphozyten (Spenderlymphozyteninfusionen, DLIs): DLIs können durch potente Transplantat-versus-Leukämie (GVL)-Effekte eine Remission induzieren. Jedoch wird oft kein ausreichendes Ansprechen erreicht. Aufgrund von dosislimitierenden Toxizitäten wie der Transplantat-versus-Host-Erkrankung (GVHD) ist eine Dosiseskalation häufig nicht möglich. Invariante natürliche Killer-T-Zellen (iNKT-Zellen) sind eine kleine Subpopulation der T-Zellen, die an der Tumorkontrolle beteiligt sind, ohne GVHD zu evozieren. In dieser Arbeit wurde deshalb in einem ex vivo Tumorkontrollmodell die Anti-Tumor-Immunität von iNKT-Zellen aus DLIs gegenüber Leukämiezelllinien und primären Leukämiezellen evaluiert.
63 humane DLIs wurden durchflusszytometrisch auf ihre zelluläre Zusammensetzung hin analysiert. iNKT-Zellen wurden dabei mithilfe des PBS57-CD1d Tetramers detektiert. iNKT-Zellen aus DLIs wurden mithilfe eines zweiwöchigen Expansionsprotokolls ex vivo expandiert und mittels magnetisch-aktivierter Zell-Sortierung (MACS) aufgereinigt. Anschließend wurde der dosisabhängige Effekt (spezifische Lyse) der DLI-iNKTs auf die Tumorzellen mittels Durchflusszytometrie quantifiziert. Die Degranulation von DLI-iNKTs wurde in CD107a-Degranulationsassays gemessen und die Zytokinproduktion mithilfe eines Bead-basierten Immunoassay quantifiziert.
In einem Patientenkollektiv von 44 Patienten, die DLIs nach allo-SZT erhalten hatten, litt der Großteil der Patienten (n=25) an einer akuten myeloischen Leukämie (AML, 57 %). DLIs trugen zu einer Konversion von gemischtem Chimärismus zu komplettem Spenderchimärismus und so zur Senkung des Rezidivrisikos bei. Dennoch stellten Rezidiv und Krankheitsprogress die häufigste Todesursache nach DLI-Gabe in unserem Kollektiv dar. iNKT-Zellen kamen in einer Häufigkeit von 0,124 % der T-Zellen in humanen kryokonservierten DLIs vor. Dabei dominierten CD4-/CD8- iNKT-Zellen (71,1 %, Range 35,2-91,7), gefolgt von CD4+/CD8- iNKT-Zellen (18,4 %, Range 0-57,1) und CD4-/CD8+ iNKT-Zellen (9,1 %, Range 0-27,3). Die hier erreichte 281,4-fache Expansion von DLI-iNKTs war grundlegend für weitere Experimente und klinische Anwendungen und erlaubte den Einsatz von DLI-iNKTs in Zytotoxizitätsassays. Dabei beobachteten wir eine effiziente dosisabhängige Lyse von Leukämiezelllinien. Eine Inhibition der CD1d/iNKT-Zell-Rezeptor-(iNKTZR) Interaktion durch Zugabe eines Anti-CD1d-Antikörpers in die Kokultur resultierte in einer verminderten Leukämiezelllyse durch DLI-iNKTs. Die Expression des Degranulationsmarkers CD107a auf DLI-iNKTs war nach Koinkubation mit der Leukämiezelllinie Jurkat signifikant erhöht, während eine Blockade der CD1d/iNKTZR-Interaktion eine verminderte Degranulation von DLI-iNKTs bewirkte. Nach Koinkubation mit Jurkat waren außerdem erhöhte Konzentrationen von zytotoxischen Zytokinen und Effektormolekülen wie IFN-γ, TNF-α, Perforin und sFasL zu beobachten. Primäre Leukämiezellen konnten ebenfalls Dosis- und CD1d-abhängig durch expandierte DLI-iNKTs lysiert werden. Das Glykolipid α-Galactosylceramid (α-GalCer) verstärkte die DLI-iNKT-vermittelte Tumorzelllyse, es wurden jedoch auch ohne Zugabe von α-GalCer robuste Anti-Tumor-Effekte beobachtet.
Die zytotoxischen Fähigkeiten von humanen expandierten DLI-iNKTs gegenüber Leukämiezelllinien und primären AML-Blasten von Patienten legen nahe, dass DLI-iNKTs in der Anti-Tumor-Kontrolle nach allo-SZT eine wichtige Rolle spielen könnten. Die Manipulation der zellulären Zusammensetzung von DLIs durch eine ex vivo Expansion und Anreicherung von iNKT-Zellen in DLIs könnte GVL-Effekte stärken und somit Rezidive verhindern. Durch die Infusion eines Glykolipids könnten diese Effekte weiter verstärkt werden. So könnte durch die Senkung des Rezidivrisikos ohne eine Erhöhung der GVHD-Inzidenz das progressionsfreie- sowie Gesamtüberleben von Patienten mit malignen hämatologischen Erkrankungen nach allo-SZT verbessert werden.