Inhaltszusammenfassung:
Extreme Phänomene erwecken naturgemäß die Aufmerksamkeit des Betrachters und stellen oft eine besondere Möglichkeit dar, die zugrunde liegenden Prozesse zu erforschen. In den letzten Jahren haben Beobachtungen von schneller und lokal begrenzter Exhumation in den Syntaxen von (Osttibet, China), Nanga Parbat (nördliches Pakistan), and St. Elias (südöstliches Alaska) das Interesse der Forschungsgemeinschaft auf sich gezogen. Während manche die Ursache für diese außergewöhnlichen Phänomene in der starken, konzentrierten Erosion in diesen Gebieten sehen, schreiben andere diese der besonderen, dreidimensional gekrümmten Geometrie der subduzierenden Platten zu. Zum größten Teil bestehen die Subduktionsplattengrenzen der Erde aus langen, geraden bis leicht konkav gekrümmten Abschnitten, die über kürzere, konvex gebogene Plattenecken verbunden werden. An diesen Ecken faltet sich die subduzierende Platte auf, um das Abtauchen dieser sphärisch gekrümmten Platte zu ermöglichen. Dadurch tritt eine Längsversteifung ein, die der Subduktion einen größeren Widerstand darbietet und so die Deformation in der überfahrenden Platte beeinflussen kann.
In dieser Doktorarbeit werden die Deformationsmechanismen in der Oberplatte im Bereich von Plattenecken mit einer solchen Aufwölbungsgeometrie untersucht. Dies geschieht mit Hilfe von dreidimensionalen, thermo-mechanisch vollständig gekoppelten numerischen Modellen. Dafür wurden an dem Modellierungsprogramm DOUAR umfangreiche Erweiterungen und Verbesserungen vorgenommen, darunter neue Geometrievarianten, ein effizienterer Algorithmus zur Berechnung flu- vialer Erosion und ein Modul zur Vorhersage thermochronometrischer Abkühlalter. Dies ermöglicht eine umfassende Untersuchung darüber, wie sich Materialeigenschaften und andere Modellparameter auf die Deformation der Oberplatte auswirken, wobei die Ergebnisse direkt mit gemessenen Abkühlaltern verglichen werden können. Der Einfluss von Erosion wird durch den Vergleich von zwei Arten der Erosion, plan und fluvial, untersucht. Bei planer Erosion wird die Oberfläche dabei stets auf ein Grundniveau zurückgesetzt, was einen unverfälschten Blick auf die tektonischen Prozesse ermöglicht. Im Gegensatz dazu stellt die fluviale Erosion ein realistischeres Modellszenario dar. Insgesamt wurden 43 verschiedene Modellszenarien ausgewertet und besprochen.
Die Modellergebnisse zeigen, wie eine versteifte Auswölbung zu schneller und lokal begrenzter Hebung führen kann: Aufgrund der veränderten Geometrie der abtauchenden Platte ändert sich die Art und Anordnung der Scherzonen, die die Krustenverkürzung aufnehmen. Insbesondere zeigen die Modelle ein décollement oberhalb der Auswölbung, die einen Bereich mit fokussierter Hebung erzeugt und von anderen Scher- und Hebungszonen getrennt ist, welche sich entlang der geraden Plattensegmente ausbilden. Bei der Bildung dieses décollements spielt die Bewegung der Ober- platte relativ zum Subduktionsgraben eine wichtige Rolle: Die Ergebnisse legen nahe, dass ein Vorrücken der Oberplatte benötigt wird, damit die Auswölbung der Unterplatte ihre Wirkung entfalten kann. Bezüglich der Materialeigenschaften wird der Anteil der Zusammenschubs, der von der Scherzone oberhalb der Auswölbung aufgenommen wird, durch eine geringe Bindung der Kruste, also eine verhältnismäßig schwache untere Kruste, eine Festigkeitsreduktion der oberen Kruste bei Verformung, sowie eine schwache Trennschicht zwischen der Ober- und der Unterplatte vergrößert. Darüber hinaus zeigen Modelle mit fluvialer Erosion eine weitere Fokussierung im Hebungsprozess, wo tektonische Hebung mit dem hohen Erosionspotential tief eingeschnittener Täler zusammentrifft. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse konnten Modelle mit angenäherten Plattengeometrien für die Cascadia Subduktionszone und von Südalaska erstellt werden, deren Verteilung von Abkühlaltern weitgehend mit den jeweiligen Beobachtungen übereinstimmen.
Zusammenfassend tragen diese vollständig gekoppelten thermomechanischen Modelle zum weiteren Verständnis der Deformation an Plattenecken bei und identifizieren mehrere Faktoren, die die Entstehung von schneller und lokal begrenzter Exhumation in der Oberplatte befördern. Die Ergebnisse legen dabei den Schluss nahe, dass die besondere Plattengeometrie mit ihrer versteiften Ausbuchtung die eigentliche Ursache darstellt, wobei durch starke Erosion eine darüber hinausge- hende Fokussierung der Hebung stattfindet.
Abstract:
Extreme features naturally draw attention and often provide unique opportunities to study the underlying processes at work. In recent years, the fast and localized exhumation observed at the Namche Barwa (Eastern Tibet, China), Nanga Parbat (Northern Pakistan), and St. Elias (South- East Alaska) orogen syntaxes have enticed scientific interest. While some attribute these exceptional features to the strong and focused erosion at these locations, others see the three-dimensional curved geometry of the subducting plate as the cause. For the most part, Earth’s subduction plate boundaries consist of long, straight to slightly concave segments connected by short, convex bends, the plate corners. At these corners, the folding required to accommodate subduction of the spherical plates creates stiffened indenters that provide more resistance to subduction and thus may affect deformation in the overriding plate.
In this thesis, the mechanics of deformation at plate corners with such an indenter geometry are investigated through three-dimensional, fully coupled thermo-mechanical numerical models. For that, the modeling program DOUAR was enhanced and expanded with additional geometry options, efficient erosion algorithms and thermochronometric age prediction. Thus we created the opportunity to study the effects of various material properties and model configurations on upper plate deformation and directly compare results to observed cooling ages. The effect of erosion is investigated by contrasting flat and fluvial erosion modes. Flat erosion enforces a flat top surface, which allows the isolation of tectonic processes, while fluvial erosion represents a more realistic scenario. Overall, 43 model scenarios are evaluated and discussed.
Model results reveal how a rigid indenter may generate rapid and localized uplift: because of the changed subducting plate’s geometry, the style and pattern of shear zones that accommodate crustal shortening in the overriding plate are changed. More specifically, models show a basal décollement above the indenter that creates an area of focused uplift and is separated from other shear zones and uplift fields forming along the straight-slab segments besides the indenter. The intensity of this isolated uplift depends on the amount of total shortening that is accommodated by the indenter shear zone, which in turn is influenced by several other model parameters. One important factor is the upper plate’s motion relative to the trench: results suggest that some upper plate advance is required to bring the lower plate’s indenter geometry into effect. In regards of material parameters, a low coupling between crust and upper mantle, i.e. a comparatively weak lower crust, strain weakening in the crust, as well as a weak interface layer between overriding and subducting plate increase shear along the basal décollement, which in turn, enhances localized uplift above the indenter apex. Additionally, models with fluvial erosion show an additional focusing of rock uplift where tectonic uplift fields coincide with a strong erosion potential from steeply incised valleys. Based on these findings, we are able to create numerical models with approximated plate geometries of the Cascadia Subduction Zone and the southern Alaska that correspond closely to the distribution of observed cooling ages of these locations.
In summary, the conducted fully coupled thermo-mechanical models contribute to understanding deformation at plate corners and identify several factors that facilitate the formation of rapid and localized uplift in the overriding plate. Results suggest the indenter-type plate geometry as primary driver for rapid and focused rock uplift, while erosion acts on top to focus uplift even further.