Inhaltszusammenfassung:
Der Nachweis klonaler Immunglobulingen-Umlagerungen (IGH-Rearrangements) mittels PCR und anschließender Fragmentanalyse ist ein Standardverfahren der molekularpathologischen Lymphomdiagnostik. Die etablierten Techniken sind jedoch für kleine extranodale Biopsien, sowie Liquor- und Glaskörperaspirate oft problematisch, da aufgrund des geringen Lymphozytengehalts und somit in der DNA-Probe nachweisbaren eingeschränkten Repertoires an IGH-Rearrangements hier oft pseudoklonale Amplifikate auftreten, die zu falsch positiven Befunden führen können. Ziel der vorliegenden Arbeit war die Etablierung eines Verfahrens, bei dem mittels PCR amplifizierte IGH-Rearrangements mittels „Next Generation Sequencing“ (NGS) zum B-Zell-Klonalitätsnachweis analysiert werden sollten. Dieses sollte insbesondere für Proben mit erhöhter Frequenz falsch positiver oder nicht interpretierbarer Ergebnisse bei Standardtechnik angewandt und damit eine Verbesserung der molekularen Lymphomdiagnostik und der Bestimmung von Minimal Residual Disease (MRD) erreicht werden.
Das hier erprobte Verfahren basierte auf einem zweistufigen PCR-Ansatz, in dem zunächst die Amplifikation des IGH-Repertoires einer Lymphomprobe mittels BIOMED-2 Framework Region 1 und 2 Primersets erfolgte und in einem zweiten Schritt Fluidigm Barcode Primer für die massiv parallele Sequenzierung mit der Illumina MiSeq-Plattform eingesetzt wurden. Die NGS-Daten wurden mit dem Online-Tool IMGT/HighV-Quest untersucht, das die Detektion und Analyse von IGHRearrangements in NGS-Datensätzen, sowie deren statistische Auswertung ermöglicht.
Zunächst wurden anhand von Verdünnungsreihen von Lymphomzelllinien-DNA in DNA einer polyklonalen Lymphozytenpopulation die optimalen PCR-Bedingungen für BIOMED-2 Primersets und die Nachweisgrenze des NGS etabliert. Anschließend wurden verschiedene Patientenkollektive untersucht, um die Tauglichkeit der Methode anhand von 15 Proben mit hohem Lymphomzellgehalt sowie an 18 Verlaufsproben, jeweils drei, im Verlauf der Erkrankung von sechs Patienten gewonnen, zu testen. Schließlich wurden drei Glaskörperaspirate bei intraokulärer Lymphommanifestation untersucht, um Vorteile der Anwendung von NGS bei Proben mit geringer Zellzahl zu ermitteln.
Anhand der Verdünnungsreihen ließ sich mittels NGS ein überproportionaler Anteil des IGH-Rearrangements der Lymphomzelllinie am Gesamtrepertoire der Proben darstellen, der mit sinkender Ausgangskonzentration der Lymphom-DNA abnahm. Auch in Verdünnungen bis 1:1.000 konnte das IGH-Rearrangement der Lymphomzelllinie durch NGS detektiert werden. In Patientenproben ließen sich primär mittels Sanger-Sequenzierung bestimmte IGH-Rearrangements eines malignen Klons durch NGS detektieren. Auch in einigen Fällen, in denen keine Sanger-Sequenzierung gelungen war, konnten durch NGS überrepräsentierte IGH-Rearrangements erkannt und als klonal interpretiert werden. In Verlaufsproben gelang mittels NGS die Detektion und Nachverfolgung einzelner Lymphozytenpopulationen anhand ihres jeweiligen IGH-Rearrangements. In schwer interpretierbaren Glaskörperaspiraten konnten mittels NGS zusätzliche Informationen über das zugrundeliegende IGH-Repertoire der Probe gewonnen werden. Als limitierende Faktoren der Sensitivität des in der vorliegenden Arbeit praktizierten Vorgehens zeigten sich insbesondere vorbeschriebene Schwächen der BIOMED-2 Assays an Proben aus Formalin-fixiertem Paraffin-eingebettetem Gewebe sowie die Schwierigkeit, Sequenzvarianten eindeutig als biologisch bedingt oder als Artefakt der Fixierung, des Amplifikations- oder Sequenzierprozesses einzuordnen.
Die Analyse amplifizierter IGH-Rearrangements mittels NGS liefert folglich eine Aussage über das Vorliegen von Klonalität. Darüber hinaus ermöglicht die Methode die spezifische Detektion und Nachverfolgung einzelner Lymphozytenpopulationen, beispielsweise zum Zweck der MRD-Untersuchung. Durch eine detaillierte Charakterisierung des IGH-Repertoires von Proben mit geringem Zellgehalt kann die Methode zur Interpretation problematischer Proben beitragen.