Prädiktiver Wert einer oralen Expositionstestung mit Kofaktoren bei Anstrengungsinduzierter Weizenallergie (WDEIA)

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URI: http://hdl.handle.net/10900/118799
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1187998
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-60173
Dokumentart: PhDThesis
Date: 2021-09-10
Language: German
Faculty: 4 Medizinische Fakultät
Department: Medizin
Advisor: Eigentler, Thomas (Prof. Dr.)
Day of Oral Examination: 2021-05-04
DDC Classifikation: 610 - Medicine and health
License: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Weizen zählt weltweit zu den am häufigsten konsumierten Nahrungsmittelprodukten. Darüber hinaus stellt Weizen eine häufige Quelle von Allergien dar. Obwohl das Krankheitsbild WDEIA in den letzten Jahren zunehmend untersucht wurde, ist der exakte Pathomechanismus hinter der Erkrankung bislang noch nicht abschließend erklärbar. WDEIA zählt zu den Summationsanaphylaxien. Demnach wird eine Überempfindlichkeitsreaktion vom Soforttyp im Zusammenhang von Weizenverzehr mit Augmentationsfaktoren, meist körperlicher Anstrengung, hervorgerufen. Symptome äußern sich in Form von Urtikaria oder Angioödem und können bis hin zu lebensbedrohlichen Kreislauf- und Atemdysregulationen progredieren. Die orale Expositionstestung unter stationären Bedingungen gilt als Goldstandard in der Diagnostik und wird trotz erheblicher Risiken am häufigsten hinzugezogen. Hierbei zeigen sich jedoch häufig falsch- negative Ergebnisse. In der labortechnischen Ermittlung von WDEIA gilt Omega- 5 Gliadin als Hauptallergenstruktur. Im Rahmen dieser Arbeit wurde der prädiktive Wert der oralen Provokationstestung mittels retrospektiver Analyse untersucht. Die Reaktionsbereitschaft unter stationären Bedingungen wurde evaluiert und mit anamnestischen Ereignissen verglichen. Dabei spielte die Verteilung der Augmentationsfaktoren nur eine untergeordnete Rolle. Außerdem sollte mittels Fragebogen untersucht werden, welche Auswirkungen WDEIA auf das Ernährungsverhalten, sowie auf die gesundheitsbezogene LQ der Patienten im Alltag hat. Insgesamt wurden 113 Fälle analysiert, bei denen der dringende Verdacht auf WDEIA bestand. An Hand der Ergebnisse der Expositionstestung sollte überprüft werden, wie sich anamnestische Angaben von den Ergebnissen der Testung unter stationären Bedingungen unterscheiden, indem die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse erhoben wurde. Die Expositionsprotokolle repräsentieren empirisch generierte Schemata, welche kritischer Prüfung bedürfen. Da die Ergebnisse der Expositionstestungen als Vorhersage für die empirischen Diätempfehlungen genutzt werden, sollten diese als Gegenstand überprüfen, ob Therapieempfehlungen für WDEIA Patienten gerechtfertigt und sicher genug sind. Somit sollte herausgefunden werden, ob eine Strategie der Allergenkarenz von WDEIA- Patienten im Alltag umgesetzt wird und wie erfolgreich diese in Bezug auf die Allergie- Prävention nach Diagnosestellung ist. Die Ergebnisse der Expositionstestung verdeutlichen, dass eine Diskrepanz zwischen Anamnese und Ergebnissen unter stationären Bedingungen besteht. Das Krankheitsbild WDEIA ist sehr komplex und eine Reprovokation ist selbst bei eindeutiger Anamnese nicht immer möglich. Im Falle der Provokation unter stationären Bedingungen lagen Symptome meist unter der zuvor beschriebenen Reaktionssymptomatik. Patienten erhielten während der Expositionstestungen Weizenprodukte mit supraphysiologische Dosen von Gluten oder ASS, zeigten jedoch in einigen Fällen darauf keine Reaktionen, während zuvor im Alltag deutlich geringere Dosen zu Überempfindlichkeitsreaktionen führten. Wohlmöglich gibt es Faktoren im Anaphylaxieprozess, die die Reaktionsschwelle auf noch unerklärliche Weise beeinflussen und die Provokationstestung erschweren. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf für die Zukunft um die einzelne Faktoren zu verstehen. Prinzipiell stellt die orale Expositionstestung ein geeignetes Verfahren in der Diagnostik von WDEIA dar. Dennoch ist das Ergebnis nur eingeschränkt verwertbar und sollte die Diagnose WDEIA nicht alleine, sondern in Zusammenschau mit anderen allergologischen Testverfahren bestätigen oder widerlegen. Für die finale Diagnosestellung sollte neben der labortechnischen Bestimmung von spezifischen IgE- Ak zusätzliche Testmethoden integriert werden. In-vivo Methoden wie der Prick- und Intrakutantest können als standardisiertes Instrument zum Screening bei WDEIA etabliert und involviert werden. In der standardisierten Diagnostik stellt unter anderem der SPT mit Gliadinmehl eine Maßnahme dar. Hierdurch könnten die Sensitivität und Spezifität in der Diagnostik von WDEIA ebenfalls gesteigert werden. Obwohl die orale Provokationstestung als Goldstandard in der Diagnostik von WDEIA gilt, sind Ergebnisse oft nur annähernd reproduzierbar. Eine Anpassung der verwendeten Glutenprodukte, beispielsweise durch Fertigprodukte, könnte die verminderte Reaktionsbereitschaft herabsetzen. Eine methodische Optimierung könnte in weiteren Studien untersucht werden, ist jedoch mit einem hohen Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Da die Ergebnisse der Provokationstestung als Grundlage zur Diätberatung dienen wurde die Strategie der Allergiediät und der Einfluss auf den Lebensalltag mit Hilfe von zwei Fragebögen analysiert. Die Fragebögen zeigten insgesamt eine Minderung der gesundheitsbezogenen LQ durch WDEIA, entsprechend einer mittleren Beeinträchtigung. Im Vergleich zu klassischen NMA stellt WDEIA jedoch für Betroffene eine überdurchschnittliche Belastung dar. Im Gegensatz zu klassischen NMA, wie beispielsweise der Erdnussallergie, stellen WDEIA Ereignisse meist keine vitale Bedrohung dar. Dennoch ist die Belastung groß, da ein voranschreiten der Symptomatik möglich ist und Ereignisse unberechenbar sind. Der Großteil der Patienten befolgte die vorgegebene Diätumstellung, ein Teil sogar striktere Maßnahmen als empfohlen, dennoch kam es auch hierunter weiterhin zu rezidivierenden allergischen Reaktionen. Somit geht der Trend bei WDEIA zu einer höheren Belastungssituation durch die Erkrankung. Trotz beachtlicher Nachteile scheint die Provokationstestung zum jetzigen Zeitpunkt unvermeidbar, insbesondere zur Identifikation der Augmentationsfaktoren. Die Ergebnisse der Provokationstestung stellen eine Annäherung als Grundlage der Diätempfehlung für Allergiker dar und sollten nicht als Hauptgegenstand der Diätberatung verwendet werden. Aufgrund der Ergebnisse der Expositionstestung und Untersuchungen dieser Arbeit sollten die Resultate zur Diätberatung nur als Tendenz angesehen werden und bedürfen weiterer Untersuchungen. Darüber hinaus wurde der Einfluss von WDEIA auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität untersucht. Bezüglich der anamnestischen Ergebnisse, die durch die Fragebögen erhoben wurden, stellte sich insgesamt eine Minderung der Lebensqualität dar. Diese stimmte mit den Ergebnissen beider Fragebögen überein. Die Beeinträchtigung der LQ legt nahe, dass bei Patienten aus dem Tübinger Raum weiterer Bedarf bei der Ernährungsberatung und Krankheitsbewältigung von WDEIA besteht. Die situative Karenz in Form von Weizenverzicht in direktem Zusammenhang mit Augmentationsfaktoren, sowie die Umstellung herkömmlicher Weizenprodukte auf alternative Vollkorn- und Mischgetreideprodukte, stellt weiterhin die wichtigste Maßnahme bei Patienten mit Reaktionen von WDEIA dar, da Reaktionen bei mangelndem Diätverhalten in jedem Fall auftreten. Um die Einschränkung der LQ zu minimieren, muss jedoch ein kompletter Weizenverzicht nicht zwingend eingehalten werden und Patienten sollte bei weniger ausgeprägten Formen von WDEIA von einer glutenfreien Kost abgeraten werden.

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