Einfluss der Antidepressiva Citalopram und Venlafaxin auf Biomarker und das Verhalten der Bachforelle (Salmo trutta f. fario)

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/118569
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1185694
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-59943
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2021-09-03
Sprache: Deutsch
Fakultät: 7 Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Fachbereich: Biologie
Gutachter: Triebskorn, Rita (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2021-07-23
DDC-Klassifikation: 570 - Biowissenschaften, Biologie
Schlagworte: Fische , Forelle , Arzneimittel , Depression , Verhalten , Biomarker , Histologie
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Weltweit steigen die Zahlen der an Depressionen erkrankter Menschen seit Jahren an. Zur Behandlung dieser Erkrankung werden im großen Umfang Antidepressiva verschieben. Damit einhergehend nahmen in den letzten Jahrzehnten auch die Verschreibungszahlen dieser Pharmazeutikagruppe zu. Durch ihre häufige Verwendung und dadurch, dass diese Stoffe teilweise unverändert ausgeschieden und über Abwassersysteme in Kläranlagen gelangen, in denen sie nicht vollständig eliminiert werden, werden diese Antidepressiva immer häufiger und in höheren Konzentrationen in Oberflächengewässern nachgewiesen. Da diese Substanzen mit der Hemmung der Wiederaufnahme von Neurotransmittern wie Serotonin und/oder Noradrenalin einen sehr konservierten Wirkmechanismus haben, können diese Stoffe auch auf Nicht-Zielorganismen in der aquatischen Umwelt wirken. Die beiden in Deutschland am häufigsten verschriebenen Antidepressiva sind Citalopram und Venlafaxin. Sie gehören zu der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer bzw. der Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer. Beide Substanzen werden weltweit in Oberflächengewässern nachgewiesen. Zudem belegen verschiedene Studien, dass Citalopram und Venlafaxin das Verhalten von Fischen beeinflussen. Die vorliegende Arbeit ist in das Verbundprojekt Effekt-Net eingebettet, welches die Effekte häufig konsumierter Substanzen und Medikamente, wie Antidiabetika, Antidepressiva und Zuckerersatzstoffe untersucht. Auf der Basis der Projekergebnisse sollen Leitlinien für gesellschaftliche und politische Entscheidungen erstellt werden, die das Konsumverhalten von Menschen ändern sowie den Eintrag dieser Substanzen in die Umwelt vermindern sollen. Um Effekte der Stoffe auf aquatische Organismen abschätzen zu können, wurden Bachforellen in unterschiedlichen Lebensstadien (larval und juvenil) gegenüber umweltrelevanten und höheren Konzentrationen der Antidepressiva Venlafaxin und Citalopram exponiert und Effekte auf Verhalten, Wachstum, Entwicklung sowie verschiedene strukturelle und biochemische Biomarker erfasst. Es zeigte sich, dass sowohl Citalopram als auch Venlafaxin negative Auswirkungen auf das Verhalten und Wachstum von Bachforellen hatten. Bachforellen, die gegenüber hohen Konzentrationen der beiden Antidepressiva exponiert waren, zeigten während des Versuchs einen vermehrten Aufenthalt in der oberen Aquarienhälfte. Zudem war die Aktivität der Fische unter Stress verringert. Beides konnte unter anderem auf die angsthemmende Wirkung der Stoffe zurückgeführt werden. Citalopram führte bei hohen Konzentrationen zu einem verringerten Wachstum von Bachforellenlarven und juvenilen Tieren. Venlafaxin dagegen zeigte diesen Effekt nur bei exponierten Larven. Es konnte ein Trend zu erhöhter Mortalität bei gegenüber 1000 μg/L Venlafaxin exponierten Bachforellenlarven gezeigt werden. Citalopram dagegen hatte keine Auswirkungen auf die Mortalität der Tiere. Weiterhin konnte für Citalopram ein leberschädigender Effekt ab 100 μg/L sowie eine Verringerung des Glykogengehalts in der Leber ab 1000 μg/L nachgewiesen werden. Venlafaxin zeigte dagegen keine Effekte auf den Gewebezustand der Leber. Bereits ab 10 μg/L Venlafaxin kam es zu einer Erhöhung der Superoxiddismutase-Aktivität, einem Marker für oxidativen Stress. Beide Stoffe zeigten keine Effekte auf die Schlupf- und Herzschlagrate exponierter Bachforellenlarven. Auch die B-Esterasen-Aktivität (Marker für Neurotoxizität) sowie das Hsp70-Level (Marker für Proteotoxizität) und der Cortisolgehalt (Marker für Stress) wurden durch die Exposition gegenüber Citalopram und Venlafaxin nicht verändert. Insgesamt konnte für beide Antidepressiva eine angsthemmende Wirkung bei Bachforellen nachgewiesen werden. Zudem können alle gezeigten Effekte auf Wirkungen und Nebenwirkungen, die bereits beim Menschen für beide Antidepressiva bekannt sind, zurückgeführt werden. Zudem waren die auftretenden Effekte bei Bachforellenlarven stärker ausgeprägt, was nicht eindeutig auf die Expositionszeit, die Temperatur oder das Lebensstadium zurückzuführen war. Zusammenfassend lassen diese Ergebnisse den Schluss zu, dass die Antidepressiva Citalopram und Venlafaxin starke Auswirkungen auf Nicht-Zielorganismen wie Bachforellen haben können und ein Umweltrisiko durch beide Substanzen nicht ausgeschlossen werden kann.

Abstract:

Since the 1990 years, there is a worldwide increase in diagnosed depressions. Accompanied with this, the prescription rates of pharmaceuticals treating depression is raising. These antidepressants are partly excreted unchanged and enter wastewater treatment plants via the sewage system. Here, antidepressants are not eliminated completely and can therefore enter surface waters. In the last decades, antidepressants are found frequently in surface waters with increasing concentrations. These groups of pharmaceuticals have a very conserved mode of action, namely inhibiting the reuptake of neurotransmitter like serotonin and/or noradrenalin, which makes influences of antidepressants on exposed aquatic organisms highly probable. In Germany, citalopram and venlafaxine are the most prescribed antidepressants and belong to the groups of selective serotonin or serotonin and noradrenalin reuptake inhibitors, respectively. Both substances were frequently found in populated areas all around the word. Furthermore, in several studies, both antidepressants showed adverse effects in aquatic species, including behavioural changes in fish. The work in hand is embedded in the project Effect-Net, which investigates the effects of high consumption chemicals such as antidiabetics, antidepressants and artificial sweeteners in aquatic species. The results aim at having repercussions on political and cultural discussions and, as a consequence, at reducing the discharge of these chemicals into the environment. To provide information on antidepressant-related effects in feral fish, in the present work brown trout were exposed against environmentally relevant up to explicitly higher concentrations of the antidepressants citalopram and venlafaxin in two different life stages. Possible impact on behaviour, growth, development, health and different biochemical biomarkers were assessed. It became apparent that citalopram and venlafaxine both affected behaviour and growth of fish. When exposed to high concentrations of either citalopram or venlafaxine fish stayed longer time in the upper part of the aquaria near the water surface during the exposure. In addition, the overall activity of exposed fish was decreased in a stressful environment setup. Both can be attributed to the anti-anxiety effect of the two pharmaceuticals. Citalopram led to a decreased growth in fish exposed to 1000 μg/L. Similarly, venlafaxine exposure resulted in a reduced growth of exposed brown trout larvae but not juvenile brown trout. However, a trend to increased mortality in brown trout larvae exposed to 1000 μg/L venlafaxine could be shown, whilst citalopram did not affect mortality. Histopathological examination of livers of brown trout exposed to at least 100 μg/L citalopram showed a decreased health of fish. An exposure to 1000 μg/L citalopram led to a reduction in liver glycogen content. Venlafaxine did not result in any histological alterations in the liver. Though, venlafaxine exposed brown trout showed an increased superoxide dismutase activity, which is a marker for oxidative stress. Both substances did not have any effect on the hatching rate and heart rate of exposed brown trout larvae. Likewise, neither citalopram nor venlafaxine did alter the B-esterase activity (marker for neurotoxicity), the Hsp70 level (marker for proteotoxicity) or the muscle- and kidney tissue cortisol (marker for stress) content of brow trout. Altogether, for both antidepressants an anti-anxiety effect in brown trout could be shown. All observed effects can be related to effects and side-effects known for humans. Likewise, the differences between the substances can be explained. All shown effects were stronger in brown trout larvae; however, the effects could not be attributed to particularly to the exposure time, the temperature or the life stage. Summarising, the effects support the conclusion, that the antidepressants citalopram and venlafaxine have effects on non-target organisms like brown trout. Furthermore, comparing the results with environmental concentrations and applying safety factors, an environmental risk posed by either citalopram or venlafaxine cannot be excluded.

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