Inhaltszusammenfassung:
Die Therapie einer Hyperthyreose geht häufig mit einer Gewichtszunahme
einher, welche vor allem durch den Übergang von der Hyper- in die angestrebte
Euthyreose zustande kommt. Nicht alle Patienten nehmen jedoch nach Beseitigung
der Hyperthyreose zu. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich deshalb
mit der Frage, ob es außer dem Einfluss der Schilddrüsenhormone weitere
Faktoren gibt, die nach der Therapie einer Hyperthyreose eine Änderung des
Körpergewichts bewirken. Als Hauptfragestellung steht dabei im Fokus, ob die
Autoimmunität bei M. Basedow ein solcher Faktor sein kann und ob dieser
unabhängig von weiteren Einflüssen ist.
Dazu wurde retrospektiv ein Patientenkollektiv (n = 350) ausgewertet, das
aufgrund einer benignen Schilddrüsenerkrankung eine RIT erhalten hatte. Zur
Beantwortung der Hauptfragestellung wurden Patienten mit M. Basedow (n
= 90) und funktioneller Autonomie (n = 260) gegenübergestellt und die BMIund
Gewichtszunahme sowohl im 3-Monats-, als auch im 1-Jahres-Follow-up
verglichen. Zusätzlich wurde im Rahmen von Nebenfragestellungen untersucht,
ob das Geschlecht, das Alter, die Ausprägung der Hyperthyreose und das bestehende
Gewicht bei RIT einen Einfluss auf die BMI- und Gewichtsentwicklung
hatten.
Im 3-Monats-Follow-up sind sowohl hinsichtlich der Haupt-, als auch der Nebenfragestellungen
kaum hormonunabhängige Effekte auf das Körpergewicht
nachweisbar. Die Regressionsanalyse identifiziert jedoch ein niedriges Gewicht
vor RIT, Diuretika- oder Thyreostatikaeinnahme vor RIT als voneinander unabhängige
Prädiktoren für eine Gewichtszunahme.
Im 1-Jahres-Follow-up hingegen kann ein Unterschied zwischen der Patientengruppe
mit M. Basedow und jener mit funktioneller Autonomie festgestellt
werden. Patienten mit M. Basedow nehmen signifikant mehr (M.B.: +2,25 kg/
+0,9 kg/m²; f.A.: +1 kg/ +0,33 kg/m²; jeweils p = .001) und häufiger zu (Gewichtszunahme
M.B.: 73,2 %; f.A.: 54,6 %; p = .007). Dieser Effekt ist weder
vom Schilddrüsenhormonstatus noch von weiteren Einflussfaktoren wie Alter,
Geschlecht, Gewicht vor RIT, Medikamenteneinnahme, Ausprägung der Hyperthyreose
und vorherigen Schilddrüsentherapien abhängig, sodass er auf die
unterschiedliche Pathogenese der Erkrankungen zurückgeführt werden könnte.
Außerdem nehmen Patienten mit manifester Ausprägung der Hyperthyreose
nach RIT mehr und häufiger zu, als jene mit latenter Ausprägung (manifest: +2
kg/ +0,75 kg/m²; latent: +1 kg/ +0,33 kg/m²; jeweils p = .004; Häufigkeit
Gewichtszunahme manifest: 67,5 %; latent: 54,1 %; p < .001). Zusätzlich zu den beschriebenen Parametern sind ein hohes Gewicht vor Beginn der RIT
und das Fehlen einer vorangegangenen Schilddrüsentherapie unabhängige
Prädiktoren für eine Gewichtszunahme.
Um herauszufinden, ob auch schon während der Hyperthyreose hormonunabhängige
Faktoren wirken, wurde die BMI- und Gewichtsentwicklung einer
Patientengruppe mit iatrogener Hyperthyreose (nach RIT und erfolgreicher
Therapie eines Schilddrüsenmalignoms, n = 54) mit einer Gruppe von Patienten
mit intrinsischer Hyperthyreose (vor RIT, n = 180) verglichen. Diese
Untersuchung ergibt jedoch keinen Hinweis auf spezielle Faktoren.
Zusammenfassend legt die Arbeit nahe, dass es einen hormonunabhängigen
Faktor gibt, der mit der Basedow Erkrankung zusammenhängt und zu einer
verstärkten Gewichtszunahme nach der RIT führt.