Inhaltszusammenfassung:
Schlaf fördert die Konsolidierung neu erlernter Informationen. Einer gut belegten Theorie nach geschieht die langfristige Speicherung durch einen Informationsfluss zwischen Hippocampus und Neokortex, der durch verdeckte Reaktivierungen im Tiefschlaf angetrieben wird. Weil nicht alle neuen Inhalte während des Schlafs reaktiviert und damit konsolidiert werden können, stellt sich die Frage, wie Selektionsprozesse in der Gedächtnisverarbeitung ablaufen und unter welchen Bedingungen Inhalte bevorzugt gefestigt werden. In dieser Studie wird gezeigt, wie sich extern getriggerte Reaktivierungen im Tiefschlaf auf die Konsolidierung zukunftsrelevanter Inhalte nach wenigen Stunden und einer Woche auswirken. 38 gesunde, junge Versuchspersonen lernten unter Geruchsstimulation in Erwartung einer monetären Belohnung zwei räumlich-visuelle Gedächtnisaufgaben, von denen eine im Nachhinein als relevant und eine als irrelevant deklariert wurde. Es folgte ein ca. 45-minütiges Schlafintervall ohne REM-Schlaf unter EEG-Überwachung, für die eine Hälfte der Probanden mit erneuter Geruchsdarbietung (n=20) während SWS, für die andere Hälfte ohne (n=18). Eine halbe Stunde nach dem Aufwecken fand ein Interferenzlernen statt, das die beiden Original-Sets mit dem zweiten Bild an anderer Position (A-B-A-C) präsentierte, bevor sowohl das relevante als auch das irrelevante Original-Memory abgefragt wurde. Die Behaltensleistung der als relevant deklarierten Aufgabe war bei allen Versuchspersonen im Schnitt besser als die der irrelevanten. Außerdem konnte mit Relevantem Interferierendes schlechter gelernt werden. Interessanterweise hatten die extern getriggerten Reaktivierungen durch Geruch keinen signifikanten Effekt; weder auf die Behaltensleistung an sich noch auf die Konsolidierung relevanter Informationen noch auf die Anfälligkeit für Interferenz. Bei einer erneuten Testung nach einer Woche waren die beiden Effekte ebenfalls zu sehen, die relevante Aufgabe wurde immer noch besser erinnert als die irrelevante, zwischen Geruchs- und Placebogruppe gab es keinen signifikanten Unterschied. Die Ergebnisse zeigen, dass das Wissen über die zukünftige Relevanz eines Inhalts und die damit einhergehenden verstärkten verdeckten Reaktivierungen während SWS-abhängiger Selektionsprozesse die Konsolidierung stärker zu beeinflussen scheinen als extern getriggerte Reaktivierungen, wenn sie in Konkurrenz zueinander stehen.