Inhaltszusammenfassung:
FRAGESTELLUNG:
Das Endometriumkarzinom (EC) stellt den häufigsten Tumor des weiblichen Genitaltrakts dar. Der häufigste Subtyp, das endometrioide EC wächst östrogenabhängig und zeigt in der Regel milde Verläufe. Demgegenüber stehen EC seröser, klarzelliger oder gemischter Histologie, welche hormonunabhängig entstehen und eine deutlich schlechtere Prognose haben. Die Therapie des EC erfolgt abhängig von histologischem Subtyp, Differenzierungsgrad und FIGO-Stadium. Der histopathologische Befund nimmt somit eine zentrale Rolle in der Risikoklassifizierung und Festlegung therapeutischer Schritte in der Behandlung von Patientinnen mit EC ein.
Das Ziel der vorliegenden Studie war es, eine spezialisierte gynäkopathologische Zweitbegutachtung an einem großen Kollektiv durchzuführen und ihren Stellenwert in der Behandlung des EC zu ermitteln.
MATERIAL UND METHODEN: Alle in den Jahren 2003-2013 an der Universitätsfrauenklinik Tübingen behandelten EC wurden identifiziert, klinische Daten und pathologische Befunde gesichtet und Tumorblöcke und Schnittpräparate der befundenden Pathologien akquiriert. Die Zweibegutachtung wurde von drei gynäkopathologisch spezialisierten Pathologen durchgeführt. Die Diagnostik des histologischen Typs erfolgte dabei nach WHO 2014, der Differenzierungsgrad und das Stadium wurde nach FIGO 2009 bestimmt. Risikogruppen wurden nach ESMO-ESGO-Leitlinien von 2013 zugeteilt.
ERGEBNISSE: Im Zeitraum von 2003-2013 wurden insgesamt 745 Pat behandelt, davon konnten n= 565 in diese Studie aufgenommen werden. Nach spezialisierter histopathologischer Zweitbegutachtung wurde in 55/565 (9,7%) Fällen eine major-Diskrepanz mit potentiell klinischer Relevanz beschrieben. In 38/55 Fällen kam es aufgrund einer Änderung des histologischen Typs (n=24), des Differenzierungsgrads (n=10) oder der Myoinvasion (n=4) zu einer gegenüber der Originalbefundung abweichenden Risikoklassifikation. In den übrigen 17 Fällen wurde die Diagnose „Endometriumkarzinom“ durch die Zweitbegutachtung nicht bestätigt (atypische Endometriumhyperplasie, n=10; Karzinosarkom des Uterus, n=4; neuroendokrines Karzinom, n=1; Leiomyosarkom, n=1; atypisches polypoides Adenomyom, n=1). Minor-Diskrepanzen ohne Einfluss auf die Risikoklassifizierung wurden in 214 Fällen gefunden, hauptsächlich im Bereich der low grade Karzinome zwischen G1 und G2 (n=184).
DISKUSSION: Fehler in der histopathologischen Diagnostik des EC können zu Unter- oder Übertherapie führen und damit das Outcome von Patientinnen negativ beeinflussen. Während Abweichungen des Differenzierungsgrads häufig keinen Einfluss auf die Risikoklassifizierung eines ECs haben, führen Diskrepanzen in den Bereichen Myoinvasion und vor allem histologischer Subtyp meistens zu einer veränderten Risikoklassifikation und können so entscheidenden Einfluss auf operative und adjuvante Therapiestrategien haben. Die meisten Diskrepanzen mit potentiell klinischer Bedeutung ergaben sich im Bereich der schlecht differenzierten EC, hier können immunhistochemische Marker in der Differentialdiagnostik endometrioid/serös und zur Abgrenzung gegenüber anderen Tumorentitäten helfen. Außerdem ergeben sich Schwierigkeiten in der Abgrenzung von hochdifferenzierten EC zur Vorstufe „Atypische Hyperplasie“, dies hat vor allem für junge Patientinnen eine wichtige Bedeutung, wenn eine fertilitätserhaltende Therapie erwogen werden kann.
SCHLUSSFOLGERUNGEN:
Eine spezialisierte Zweitbegutachtung durch ein Konsensuspanel aus gynäkopathologischen Experten kann dazu beitragen, Diskrepanzen in der histopathologischen Diagnostik des EC zu vermeiden und so einen wichtigen Beitrag zu einer optimalen Patientenversorgung leisten.