Inhaltszusammenfassung:
Eine lange prodromale Phase ist typisch für das IPS, das zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen der Welt gehört. Die klinische Diagnose kann durch typische motorische Symptomatik oftmals erst gestellt werden, wenn 50-60% der dopaminergen Neurone der Substantia nigra zerstört sind. Besonders im Hinblick auf die mögliche Entwicklung neuroprotektiver Substanzen in der Zukunft nimmt die Bedeutung einer frühzeitigen Diagnose zur günstigen Beeinflussung des Krankheitsverlaufs immer weiter zu.
Vor allem REM-Schlafstörung, Hyposmie und Depression / depressive Phasen zeigen einen Zusammenhang mit gehäuftem Auftreten eines IPS und können deshalb als Prodromalmarker gelten.
In dieser Arbeit wurde mittels eines hochsensitiven Drucksensor Q-Motor (MINI-40, ATI Industrial Automation, Apex, NC, USA) die Feinmotorik der unteren Extremität mittels Fuß-Tapping untersucht. Hierfür wurden die Kohorten mit Prodromalmarkern untereinander und mit der Kontroll-Kohorte sowie der IPS-Kohorte verglichen. Die Probanden wurden aufgefordert, so schnell und so gleichmäßig wie möglich zu tappen. Ausgewertet wurden jeweils Parameter für Geschwindigkeit: IPI mean (die Zeit zwischen den jeweils größten Ausschlägen als Marker für die Schnelligkeit), IPI SD (die Standardabweichung der Zeit zwischen den jeweils größten Ausschlägen und somit ein Marker für die Rhythmizität) und Parameter für Kraft: TF mean (die Kraft, die für den jeweiligen Tap aufgewendet wurde) und TF CoV (der Änderungskoeffizient der aufgebrachten Kraft (TF) und somit ein Marker für die Gleichmäßigkeit des Kraftaufwands).
Eine signifikant langsamere Tapping-Geschwindigkeit der IPS-Kohorte oder bei Kohorten mit Prodromalmarkern, möglicherweise hinweisend auf eine (subtile) Akinese, konnte in dieser Arbeit nicht dargestellt werden. Auch ergaben sich keine Auffälligkeiten in Bezug auf die aufgewendete Kraft der Bewegung.
Im Gegensatz dazu lieferten die Berechnungen interessante Daten bezüglich der Rhythmizität des Tappings (IPI SD). Vorrangig die Hyposmie-Kohorte und die Hyp/RBD-Kohorten tappten signifikant unregelmäßiger als die Kontroll-Kohorte. Innerhalb der Lateralitätsuntersuchungen konnte bei der Hyp/RBD-Kohorte ein höherer Seitenunterschied in der Schnelligkeit und auch der Gleichmäßigkeit des Tappens festgestellt werden.
Somit zeigte sowohl die Hyposmie-Kohorte, als auch die Hyp/RBD-Kohorte die größten Auffälligkeiten in der Feinmotorik der unteren Extremität und einen größeren Seitenunterschied im Vergleich zu Kontrollen. Es ist davon auszugehen, dass nicht nur die Anzahl der Prodromalmarker, sondern auch die spezifische Art der Prodromalmarker (hier v.a. Hyposmie und RBD) von Bedeutung ist.
In zukünftigen Studien sollte daher ein besonderes Augenmerk auf Personen mit Hyposmie und RBD gelegt werden. Sie würden sich möglicherweise im Rahmen von Prodromal-Kohorten für eine Erfassung von Progression mittels Fuß-Tapping in diesem Stadium eignen. Auch scheint die Variabilität in Bewegungsabläufen ein vielversprechender Marker für weitere Untersuchungen in Kohorten mit Prodromalmarkern zu sein.
Es konnte eine positive Korrelation zwischen der Rhythmizität der Bewegung (IPI SD) des Fuß-Tappings und des MDS-UPDRS III Scores festgestellt werden, was für die Validität des Parameters IPI SD des Q-Motor Testsystems spricht. Des Weiteren korrelierte die Geschwindigkeit (IPI mean) des Fuß-Tappings mit dem axial motor subscore. Fuß-Tapping scheint somit nicht nur die Feinmotorik der unteren Extremität (und damit eine mögliche Akinese) abzubilden, sondern auch mit axialer Motorik assoziiert zu sein.
Mittels Q-Motor Testsystem und Erfassung des Fuß-Tappings konnten in dieser Arbeit somit Ansätze für weitere Untersuchungen mit bestimmten Kohorten und potentiell interessante Parameter definiert werden. Interessanterweise fanden sich keine signifikanten Unterschiede zwischen der IPS-Kohorte und der Kontroll-Kohorte, wobei dies a. e. auf die stark unterschiedlichen Kohortengrößen zurückzuführen ist. Aufgrund des longitudinalen Designs der Studie (über 20 Jahre werden die Probanden alle zwei Jahre untersucht) und der alternden Probanden können sich die Kohortengrößen zukünftig angleichen und weitere interessante Daten liefern.