Inhaltszusammenfassung:
Epoxyketon-Proteasom-Inhibitoren haben sich in den letzten Jahren als therapeutische Strategie insbesondere in der Krebschemotherapie herauskristallisiert und damit großes Interesse auf sich gezogen. Ihr einzigartiges α', β'-Epoxyketon-Pharmakophor ermöglicht die Bindung an die katalytischen β-Untereinheiten des Proteasoms mit auffallender Besonderheit. Die dadurch bedingte Proteasom-Hemmung hat somit wichtige Auswirkungen auf zahlreiche entzündliche und maligne Erkrankungen. Filamentösen Actinobakterien produzieren eine Reihe von Metaboliten, die auf das Proteasom abzielen, wie die beiden Peptidyl-Epoxyketon-Naturstoffe, Epoxomicin und Eponemycin. Kürzlich wurden die ersten Biosynthesegencluster der beiden Verbindungen identifiziert und charakterisiert. Sie bestehen aus multifunktionalen Enzymen der hybriden nicht-ribosomalen Peptidsynthetase/Polyketidsynthase (NRPS/PKS), welche den Aufbau einer kurzen Peptidkernstruktur mit einem terminalen C3-verlängerten Leucin katalysieren. Zudem wird die Bildung des α', β'-Epoxyketons durch Acyl-CoA-Dehydrogenase (ACAD)-ähnliche Enzyme vermittelt. Mit der Aussicht analoge Biosynthesewege zu neuen Proteasom-Inhibitoren in anderen Bakterien zu identifizieren, wurde eine spezifische Sonde für das „Genome-Mining“ verwendet. Der erste Teil dieser Dissertation beschreibt die Identifizierung und Analyse von drei homologen „orphan“ Genclustern zur möglichen Bildung neuer Epoxyketon-Proteasome-Inhibitoren, aus Streptomyces pyridomyceticus NRRL B-2517, Streptomyces sp. NRRL S-1022 und Streptomyces sp. NRRL S-646. Die heterologe Expression der drei Gencluster b-2517, s-1022 und s-646 in Streptomyces albus J1074 ergab keine eindeutige Verbindung, welche auf ein entsprechendes Epoxyketon-Derivate hindeutete. Auch die Verwendung des „MS Molecular Networking“ für einen neuen Ansatz der vergleichenden Metabolomik in einem heterologen System führte nicht zur Entdeckung einer Reihe mutmaßlicher Epoxyketon-Derivate. Die klonierten Gencluster werden unter unseren Kulturbedingungen wahrscheinlich nicht transkribiert oder sind stillgelegt. Die Inaktivierung aller regulatorischen Gene im b-2517-Gencluster und s-646-Gencluster, sowie das Einbringen eines induzierbaren tcp830-Promotors in das s-1022-Gencluster zur möglichen Aktivierung der stillen Cluster, brachten keine neuen Stoffwechselprofile mit sich. Durch die Expression der Gencluster in den Wirtsstamm S. albus J1074 werden zwar eine Reihe von Verbindungen produziert, die bislang nicht weiter charakterisiert werden können. Zusammenfassend lieferten die verschiedenen Analysemethoden der drei „orphan“ Biosynthesegencluster aus Streptomyces-Spezien keine Einblicke in die Bildung eines neuen bioaktiven Epoxyketon-Derivats. Abschließende Proteasom-Inhibitor-Assays lieferten erste Aufschlüsse über die Hemmungen der Proteasomaktivität durch die einzelnen Kulturextrakte. Unterschiedliche inhibitorische Aktivitäten konnten innerhalb der Kulturextrakte der Wildtyp-Produzenten S. pyridomyceticus NRRL B-2517, S. sp. NRRL S-646 und S. sp. NRRL S-1022, sowie innerhalb der einzelnen Mutantenstämmen S. albus J1074/epnAB06(1,2), S. albus J1074/epnAB10(1,2), S. albus J1074/epnAB11(1,2), S. albus J1074/epnAB12(1,2) und S. albus J1074/epnAB13(1,2) festgestellt werden. Eine zukünftige Kombination aus wiederholenden Bioassays und 1H-NMR gesteuerten Fraktionen könnte zur Isolierung und Strukturaufklärung von möglichen aktiven neuen Verbindungen führen, die das 20S-Proteasom hemmen.
Phosphoramidon und sein Stereoisomer Talopeptin wurden aus Streptomyces-Kulturen isoliert und gehören zur Gruppe wirksamer Metalloendopeptidasen-Inhibitoren. Ihre Hemmaktivität wurde den metallchelatierenden Eigenschaften einer Phosphoramidateinheit zugeschrieben, die einen Desoxyzucker eindeutig mit dem N-Terminus eines L-Leu-L-Trp-Dipeptids verknüpft. Solche besonderen Eigenschaften machen sie zu nützlichen Werkzeugen mit klinischer Verwendung. Der zweite Teil dieser Arbeit beschreibt die Identifizierung eines minimalen Genclusters, unter Verwendung einer spezifischen „Genome-Mining“-Sonde, für die Biosynthese von Phosphoramidat-Metalloprotease-Hemmern aus Streptomyces mozunensis MK-23, und dessen detaillierte Charakterisierung. Die heterologe Expression des Talopeptin-Genclusters in Streptomyces sp. MK730-62F2, ein bekannter Produzent der dTDP-L-Rhamnose, führte zur Produktion des Metalloprotease-Inhibitors Phosphoramidon. Eine Reihe von Gendeletionen bildete die Grenzen des tal-Clusters. Die Inaktivierung von talC, talD und talE führte zu einem offensichtlichen Produktionsrückgang von Phosphoramidon. Die Rolle des ATP-grasp-Enzyms TalD, als Dipeptidsynthetase, konnte durch chemische Komplementierung in der Phosphoramidon- und Talopeptin-Biosynthese bestätigt werden. Durch in vitro-Experimente und Strukturaufklärung mittels 1D- und 2D-NMR-Analysen konnte gezeigt werden, dass TalE das erste Enzym in der Naturstoffbiosynthese darstellt, das durch einfache Phosphorylierung eines Amins ein Phosphoramidatmolekül erzeugt. Untersuchungen zur Substratflexibilität der TalE-Kinase gegen verschiedene Dipeptide legte nahe, dass TalE unterschiedliche Dipeptide zur Bildung einer N–P-Bindung akzeptiert. Biochemische Untersuchungen belegten, dass TalC als eine Glycosyltransferase fungiert, welche die Desoxyzuckereinheit durch Phosphoester-Verbindung installiert und P-Leu-Trp als echtes Zwischenprodukt in der Biosynthese von Phosphoramidon etabliert ist. Der enzymatische Einbau einer L-Rhamnoseeinheit zum Phosphoramidat von P-Leu-Trp stellt eine bis dato unbekannte Reaktion in der Naturstoffbiochemie dar und fügt TalE als einzigartigen Biokatalysator zur Familie der 6-Desoxyzuckertransferasen hinzu. Die heterologe Co-Expression des tal-Genclusters mit dem Zuckerplasmid pRHAM ermöglichte zudem die Gewinnung von intaktem Phosphoramidon im etablierten Wirt Streptomyces coelicolor M512. Insgesamt lieferten die vorgestellten Ergebnisse erste Einblicke in die detaillierte Biosynthese, sowie in Enzymmechanismen der beiden Phosphoramidat-Metalloprotease-Hemmer Phosphoramidon und Talopeptin, und eröffnen weitere Perspektiven, die auf die Erzeugung neuer oder verbesserter biologisch aktiver Metalloprotease-Inhibitoren abzielen.