Inhaltszusammenfassung:
Subklinische sensible Ausfälle bei Parkinsonpatienten sind häufig. Betroffen sind die distalen kutanen Nervenendigungen mitsamt mechanisch-sensorischer Transduktion. Die elektrophysiologische Routinediagnostik liefert oft Normalbefunde. In der hier vorgestellten Arbeit wird die weiter distale Stimulation, sowohl mit distal-eletrischen SEP, als auch mittels taktiler Stimulation von Mechanorezeptoren durch mechanischen Impuls, Vibrationsreize, Bestreichen der Haut und passive Lageänderung (propriozeptive SEP) mit Ableitung von kortikalen SEPs der elektrischen Messung von Medianus- bzw. Tibialis-SEPs gegenübergestellt.
Eingeschlossen wurden 35 Probanden mit idiopathischem Parkinsonsyndrom ohne klinische oder elektrophysiologische Zeichen einer peripheren Neuropathie (unauffällige Neurographie als Einschlusskriterium). Alle Studienteilnehmer durchliefen ein Messprotokol bestehend aus Tibialis- und Medianus SEP nach üblicher Methodik. Außerdem erfolgte die Ableitung von kortikalen SEP nach distal-eletrischer Stimulation der Nn. per. prof. und der Nn. plant. med., sowie ebenfalls nach taktiler Stimulation von distalen Mechanorezeptoren an Daumen und Großzehe mit laborspezifischen Reizgebern. Für die Reizqualitäten Impuls, Vibration und Bestreichen standen bereits laborspez. Normwerte zur Verfügung. Die Etablierung von Normwerten für die propriozeptive Reizung war Teil dieser Arbeit. Die Normwertstudie umfasste 37 gesunde Probanden. Parameter mit der geringsten Streuung waren N01 und N02, beide waren alters- und körpergrößenunabhängig.
Parkinsonpatienten mit subklinischen sensiblen Defiziten und unauffälligen Neurographien zeigten im Vergleich zur gebräuchlichen Ableitung von Medianus- bzw. Tibialis-SEPs signifikant häufiger pathologische Befunde bei Ableitung von mechanischen SEPs oder distalen elektrischen SEP. Innerhalb der mechanischen Messungen war die Vibrationsstimulation das Testverfahren mit der höchsten Sensitivität für obere und untere Extremität.
Anhand von bestimmten klinischen Konstellationen (Erkrankungsdauer, Stadium nach Hoehn und Yahr, Vorhandensein von Sensibilitätsstörungen, Parkinsontyp) wurde der prognostisch-diagnostische Zusatznutzen der hier vorgestellten elektrophysiologischen Zusatzdiagnostik herausgearbeitet.
Die elektrophysiologische Darstellung von sensiblen Defiziten bei Parkinsonpatienten war unabhängig von der Mitarbeit des Probanden möglich. Die mechanischen SEP wurden allesamt als „angenehm“ empfunden; in keinem Fall wurde von den Studienteilnehmern – im Gegensatz zu der üblichen elektrischen Reizung - Schmerzen oder unangenehme Empfindungen geäußert. Die direkte Stimulation der Mechanorezeptoren, die bei etablierter Elektrophysiologie nicht mit erfasst werden, ermöglicht die Mitbeurteilung des distalen Nervenfaserverlaufs, der Funktion der jeweiligen Mechanorezeptoren und deren Afferenzen.