Inhaltszusammenfassung:
Nachgeburtsblutungen sind die Hauptursache für Müttersterblichkeit in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Oxytocin und Misoprostol werden zur Prävention und Behandlung von Nachgeburtsblutungen eingesetzt. Beide Medikamente sind jedoch chemisch instabil und empfindlich gegenüber Umwelteinflüssen. Laut Studien ist die Prävalenz von minderwertigen Oxytocin- und Misoprostol-Präparaten vor allem in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen oft hoch, für Malawi und Ruanda lagen bislang jedoch keine Daten vor. Im Rahmen dieser Doktorarbeit wurde daher die Qualität von Oxytocin-Ampullen und Misoprostol-Tabletten untersucht, die in randomisiert ausgewählten Gesundheitseinrichtungen und Apotheken, sowie von Großhändlern in Malawi und Ruanda gesammelt wurden. Die Lagertemperatur von Oxytocin und Misoprostol wurde mithilfe von Temperaturloggern ermittelt. In Malawi wurden zudem auch Daten über die Verfügbarkeit von Oxytocin und Misoprostol, sowie das Wissen des Gesundheitspersonals über die Lageranforderungen und die Anwendung der beiden Medikamente mittels eines Fragebogens erhoben. Zusätzlich wurde die Stabilität von Oxytocin-Ampullen und Misoprostol-Tabletten, die von Großhändlern in Malawi, Ruanda und Europa gekauft wurden, durch beschleunigte Stabilitätsstudien gemäß ICH/WHO-Richtlinien untersucht. Oxytocin-Proben wurden auf Identität, Gehalt und pH-Wert nach United States Pharmacopoeia 40 untersucht. Misoprostol-Proben wurden auf Identität, Gehalt, Wirkstofffreisetzung und verwandte Substanzen gemäß der International Pharmacopoeia 2017 analysiert.
In Malawi war die Verfügbarkeit von Oxytocin ausgezeichnet, jedoch entsprachen die Lagerbedingungen in den Gesundheitseinrichtungen oft nicht den Anforderungen. Sieben von 65 Oxytocin-Proben verfehlten die Anforderungen des Arzneibuchs knapp und enthielten nur 82,2 - 86,8% des angegebenen Oxytocin-Gehalts. Fünf von 30 Misoprostol-Proben waren extrem minderwertig und enthielten nur 12,7 - 30,2% der deklarierten Menge an Misoprostol. Das extrem minderwertige Misoprostol-Präparat wurde den nationalen Behörden und der WHO gemeldet, was in Malawi zu einem sofortigen Rückruf des Präparates führte. Der in Großbritannien ansässige Zwischenhändler dieses Präparates schloss kurz darauf sein Unternehmen.
In Ruanda entsprachen die Lagerbedingungen größtenteils den Anforderungen. Von den 57 Oxytocin-Proben enthielten alle neun Proben derselben Charge eines chinesischen Herstellers zu viel Oxytocin (117,2 - 121,5% des deklarierten Gehalts), während eine andere Charge desselben Herstellers extreme Gehaltsschwankungen des Konservierungsmittels Benzylalkohol aufwies. Von den 25 Misoprostol Proben waren auch hier alle 10 Proben von zwei indischen Herstellern extrem minderwertig mit 42,5 - 48,7% des deklarierten Gehalts. Auch hier wurden die minderwertigen Misoprostol-Präparate von den Rwandischen Behörden landesweit zurückgerufen.
Die Ergebnisse der durchgeführten Stabilitätsuntersuchungen bestätigen im Fall von Oxytocin die auch von der WHO befürwortete Politik "Buy Quality Oxytocin, Keep It Cool".
Außerdem zeigte das Konservierungsmittel Chlorobutanol bei 40 °C und in forcierten Abbaustudien bei 80 °C eine bemerkenswerte stabilisierende Wirkung auf Oxytocin.
Im Falle von Misoprostol konnte die Notwendigkeit einer intakten Primärverpackung für die Stabilität von Misoprostol gezeigt werden.
Sowohl in Malawi als auch in Ruanda war die Oxytocin-Qualität besser als in früheren Studien aus anderen LMICs berichtet. In beiden Ländern wurden extrem minderwertige Misoprostol-Tabletten gefunden, die ein ernsthaftes Risiko für die Gesundheit der Mütter darstellen. Dies zeigt, dass weitere Anstrengungen zur Qualitätssicherung bei der Arzneimittelbeschaffung und -registrierung sowie zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen erforderlich sind.