Inhaltszusammenfassung:
Tumorbedingte Obstruktionen im linksseitigen Hemikolon und Rektum können zu einem chirurgischen Notfall werden. Notfalloperationen sind mit einem hohen Risiko für postoperative Komplikationen vergesellschaftet. Neben der Notfalltumorresektion stehen zum Management der Notfallsituation verschiedene Bridging-Verfahren zur Verfügung, welche eine frühelektive oder elektive Tumorresektion ermöglichen.
In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, ob sich die Rate, Art und der Schweregrad postoperativer Komplikationen nach frühelektiven Resektionen in der Folge eines Bridgingverfahrens oder nach Notfalltumorresektionen im Vergleich zu elektiven Resektionen unterscheiden. Darüber hinaus sollen unabhängige Risikofaktoren für postoperative Komplikationen identifiziert werden.
Es erfolgte eine retrospektive Analyse aller Patienten, welche zwischen 2004 und 2008 am Universitätsklinikum Tübingen der Resektion eines primären Karzinoms im linken Hemikolon oder Rektum unterzogen wurden. Des Weiteren wurde ein Follow-up der Patienten hinsichtlich des postoperativen Verlaufs durchgeführt. Die Wertung postoperativer Komplikationen erfolgte entsprechend der Accordion Severity Classification of Complications (ASC).
Insgesamt wurde bei 377 Patienten eine Tumorresektion durchgeführt [133 Frauen (35,3%), 244 Männer (64,7%)]. Elektiv reseziert wurden hiervon 349 Patienten (92,6%). 28 Patienten (7,4%) präsentierten sich mit einer akuten Tumorobstruktion und erhielten eine Notfallintervention [Bridging-Verfahren: 25 Patienten (89,3%), Notfalltumorresektion: 3 Patienten (10,7%)]. Als Bridging-Verfahren wurden Stomaanlagen (9 Patienten) und endoskopische Dekompressionen (Stent-Implantation: 9 Patienten, Dekompressionssonde: 7 Patienten) angewandt.
Die Gesamtkomplikationsrate war bei Patienten mit Notfallinterventionen ver-glichen mit elektiv resezierten Patienten signifikant höher (64,3% vs. 44,1%, p = 0,048). Bei Notfallpatienten traten in der Folge der Resektion verglichen mit elektiv resezierten Patienten häufiger leichte (21,4% vs. 11,5%), moderate (25% vs. 17,8%) und schwere Komplikationen (17,9% vs. 12,9%) auf. Hierbei zeigten Notfallpatienten häufiger transfusionspflichtige Anämien, Wundinfekte, Darmatonien/Ileus sowie intraabdominelle Abszesse. Kein Notfallpatient verstarb nach der Tumorresektion.
Sowohl nach Notfalltumorresektionen (100%) als auch nach Resektionen in der Folge endoskopischer Bridgingverfahren (68,8%) lag die Komplikationsrate höher als nach elektiven Operationen (44,1%). Die Raten der beiden endoskopischen Verfahren unterschieden sich nicht voneinander. Patienten mit einer Stoma-Anlage als Bridgingverfahren (44.4%) wiesen nach der Tumorresektion die gleiche Komplikationsrate wie elektiv resezierte Patienten auf (44,1%). Nach Notfalltumorresektion traten lediglich leichtgradige Wundinfektionen auf. Nach Resektionen in der Folge von Bridgingverfahren traten, verglichen mit elektiven Resektionen, häufiger moderate (28% versus 17,8%) und schwere Komplikationen (20% vs. 12,9%) auf. Resektionen nach endoskopischer Dekompression, verglichen mit Stomaanlagen hatten häufiger leichte (18,8% vs. 0%) oder moderate Komplikationen (31,3% vs. 22,2%) zur Folge. Schwere Komplikationen waren bei beiden Bridgingverfahren vergleichbar (Endoskopie: 18,8% vs. Stoma: 22,2%). In der multivariaten Analyse waren ein hö-herer BMI (OR 1,075, 95 % CI 1,009 – 1,144) und eine perioperative Bluttransfusion (OR 4,072, 95% CI 2, 130 - 7,783) signifikante, unabhängige Risikofaktoren für postoperative Komplikationen.
Nach Notfalltumorresektion oder frühelektiven Resektion in der Folge eines Bridging-Verfahrens treten im Vergleich zu elektiven Tumorresektionen häufiger Komplikationen auf, jedoch meist mit leichter oder moderater Ausprägung. In der Folge von Stoma-Anlagen war die Komplikationsrate geringer als nach endoskopischen Dekompressionen.