Inhaltszusammenfassung:
Ironie wird üblicherweise definiert als Widerspruch zwischen dem, was wörtlich gesagt und was inhaltlich gemeint wird. Dieser Widerspruch wird vom Sprecher gezielt eingesetzt, um beispielsweise eine Aussage in ihrer Wirkung abzuschwächen oder zu verstärken und soll vom Adressaten implizit als solcher erkannt und im Sinne der Sprecherintention verstanden werden. Ein Ironieeindruck wird beim Empfänger von Kommunikationssignalen häufig durch eine Inkongruenz zwischen Aussage und Kontext erzeugt, jedoch ist dieser Effekt abhängig von kulturellen Bedingungen und Lerneffekten. In neueren Studien konnte gezeigt werden, dass bereits eine Inkongruenz zwischen verbalen und nonverbalen Signalen einen Ironieeindruck im soziotypischen Adressaten auslösen kann. In der zwischenmenschlichen Kommunikation, jedoch auch in Film und Literatur, kommt Ironie häufig vor. Ein vermindertes Verständnis ironischer Sprecherintentionen, wie es beispielsweise bei Patienten mit Autismus beschrieben ist, führt daher zu erheblichen Einschränkungen der sozialen Interaktion.
Als Autismus-Spektrum-Störungen wird eine heterogene Gruppe von Krankheiten bezeichnet, die durch die Kombination von Störungen in der sozialen Kommunikation mit dem Auftreten von repetitiven, stereotypen Verhaltensmustern gekennzeichnet ist. ASD werden hauptsächlich durch genetische Faktoren verursacht und betreffen zwischen 1 und 1,5% der Bevölkerung, wobei Männer häufiger betroffen sind als Frauen. Der Begriff des Spektrums deutet an, dass interindividuell eine breite Variabilität in der Symptomausprägung auftritt.
Ziel dieser Studie war die Untersuchung autistischer Erwachsener im Vergleich mit einer in Alter und Bildungsstand gematchten soziotypischen Kontrollgruppe bezüglich der Tendenz, die Inkongruenz verbaler und nonverbaler emotionaler Kommunikationssignale als ironisch zu empfinden. Hierzu wurden den Probanden kurze Videos präsentiert, in denen die Sprecher verbal und nonverbal Informationen über ihren aktuellen emotionalen Zustand vermitteln. Hierbei waren verbaler und nonverbaler Ausdruck entweder kongruent oder inkongruent zueinander. Sowohl Autisten als auch Soziotypiker empfanden bei inkongruenten Stimuli häufiger einen Ironieeindruck als bei kongruenten Stimuli, wobei stärker inkongruente Stimuli häufiger einen Ironieeindruck auslösten als schwächer inkongruente Stimuli. Autisten empfanden die inkongruenten Stimuli jedoch signifikant seltener als ironisch als die Soziotypiker, wobei das Ausmaß der autistischen Symptomatik (gemessen mit dem Autismus-Quotienten AQ) und auch die emotionale Intelligenz (gemessen mit dem Mayer-Salovey-Caruso-Test der emotionalen Intelligenz MSCEIT) keine relevante Assoziation mit dem Ausmaß des Ironieeindrucks hatten. Dies könnte stattdessen mit der Tendenz von Personen mit Autismus zusammenhängen, bei der Kommunikation einfachere Ebenen von Mentalisierungsprozessen einzusetzen als soziotypische Personen.