Inhaltszusammenfassung:
Die Chronisch Lymphatische Leukämie (CLL) stellt die häufigste Form der Leukämie in westlichen Nationen dar und ist zum aktuellen Zeitpunkt medikamentös in der Regel nicht heilbar. In der Behandlung kommen neben etablierten Therapieschemata konventioneller Chemotherapeutika seit 2014 zielgerichtete Medikamente (small molecule inhibitors) zum Einsatz. Diese Arbeit legt ihren Fokus auf Ibrutinib und Idelalisib, Vertreter der Gruppe der Tyrosinkinaseinhibitoren (TKIs). Infolge der durch Ibrutinib und Idelalisib verursachten Blockade der entsprechenden Zielenzyme Bruton-Tyrosinkinase (BTK) bzw. Phosphatidyl-Inositol-3-Kinase (PI3K), welche zentrale Schnittstellen im B Zell-Rezeptor Signalweg bilden, wird das Zusammenspiel zwischen leukämischer Zelle und ihrem protektiven umgebenden Mikromilieu gestört, was das Überleben der entarteten B Zellen deutlich reduziert.
Insbesondere in der Behandlung von Patientengruppen mit molekularem Risikoprofil konnten durch Einführung dieser neuartigen Substanzen im Rahmen mehrerer klinischer Studien beachtliche Erfolge erzielt werden. Nichtsdestotrotz kommt es im Verlauf der Behandlung zu einer Einschränkung des Therapieansprechens. Die für die bereits beobachteten Resistenzen verantwortlichen Mechanismen sind bisher nur unvollständig verstanden.
Die vorliegende Arbeit untersucht die Rolle des physiologisch vor allem von myeloischen Zellen produzierten und in der Entwicklung und Differenzierung von B Zellen involvierten Tumornekrosefaktor (TNF)-Familienmitglieds B cell activating factor (BAFF), welches als zentrales Molekül im Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen und B Zell-Malignomen beschrieben wurde. Die im Rahmen dieser Dissertation erarbeiteten Ergebnisse legen nahe, dass BAFF die Wirkung von Ibrutinib und Idelalisib auf CLL-Zellen einschränkt. Messungen intrazellulärer ATP-Level legten eine BAFF-vermittelte Steigerung um etwa 35% nahe und zeigten damit eine praktisch vollständige Aufhebung der therapeutischen Wirkung beider TKIs. Es konnte weiterhin gezeigt werden, dass Belimumab, ein monoklonaler Antikörper mit BAFF-neutralisierender Wirkung, welcher seit 2011 zur Behandlung des Systemischen Lupus Erythematodes (SLE) zugelassen ist, die durch BAFF vermittelte Resistenz von CLL-Zellen gegenüber beiden Therapeutika aufhebt. Auf Grundlage von Untersuchungen intrazellulärer ATP-Level sowie durchflusszytometrischer Analysen des mitochondrialen Membranpotentials sowie der Caspase-3-Aktivität bei Anwesenheit von BAFF wurde durch Hinzugabe von Belimumab eine Zunahme der TKI-vermittelten Effekte um durchschnittlich 10 bis 35% ermittelt. Diese präklinischen Ergebnisse sprechen für einen kombinierten Einsatzes der TKIs und dem therapeutischen Antikörper Belimumab und bilden die Grundlage für eine gegenwärtig in Vorbereitung befindliche klinische Studie, in welcher diese Therapiekombination evaluiert werden soll.