Inhaltszusammenfassung:
Ausgewachsene Patienten mit schweren Fehlbissen werden heute routinemäßig kombiniert kieferorthopädisch und MKG-chirurgisch therapiert. Zu kleine oder zu große Kiefer können so interdisziplinär in sagittaler und vertikaler Richtung zueinander in Normstellung gebracht werden. Wenig Beachtung hat bisher die Behandlung des in der Transversalebene zu schmalen Oberkiefers gefunden, der ein- oder beidseitig zum Kreuzbiss führt. Als eine Methode kommt hier die transversale Oberkieferdistraktion in Betracht. In der vorliegenden Arbeit sollten die Langzeitergebnisse zwischen Ausmaß der Distraktion und Vergrößerung des Zahnbogens und der knöchernen Basis untersucht werden.
Bei 71 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 30 Jahren und einem Geschlechtsverhältnis von 59% weiblich zu 41% männlich wurde nach vollständiger Le- Fort-I-Osteotomie ohne down fracture mit paramedianer beidseitiger sagittaler Osteotomie der schmale Oberkiefer mit einer zahnverankerten Hyrax-Dehnapparatur schrittweise parallel distrahiert. Der Distraktor verblieb zur Retention sechs Monate in situ. Über einen Zeitraum von 18 Monaten wurden präoperativ (t0), vor Distraktionsbeginn (t1), nach Distraktionsende (t2) sowie nach Abschluss der kieferorthopädischen Behandlung (t3) Gipsmodelle der Kiefer, Schädel p.a. Aufnahmen und Fernröntgenseitenbilder (FRS) angefertigt und nach standardisierten Methoden ausgewertet.
Es konnte eine statistisch signifikante transversale Weitung und Korrelation des Zahnbogens und des knöchernen Oberkiefers erreicht werden. Die transversale Weitung des Zahnbogens verlief nicht parallel, wie auf Grund der verwendeten Apparatur zu erwarten gewesen wäre, sondern sie verlief V-förmig. Die vordere Zahnbogenbreite nahm um die gemessene Weitung an der Hyrax-Dehnapparatur zu. Die hintere Zahnbogenbreite weitete sich in geringerem Ausmaß. Eine Rezidivneigung lag nicht vor.
Neben den Eigenschaften der Hyrax-Dehnapparatur sind vor allem das OP-Verfahren und die entsprechenden Osteotomien für das Ausmaß der transversalen Weitung ausschlaggebend. Ursächlich für die geringere Weitung der hinteren Zahnbogenbreite scheint der erhöhte knöcherne Widerstand im Tuberbereich zu sein. Die pterygomaxilläre Verbindung wurde bei der Operation zwar osteotomiert, aber nicht zusätzlich mobilisiert. Wir gehen davon aus, dass eine solche umfangreiche Lösung des mobilisierten Oberkiefers, wie wir es von der down fracture her kennen, das Ausmaß der transversalen Dehnung auch im hinteren Anteil verbessern und dem V-förmigen Öffnen der Segmente entgegenwirken würde. Neben der knöchernen Weitung des Oberkiefers konnte durch die kieferorthopädische Behandlung auch das distraktionsbedingte mediane Diastema geschlossen und ggf. die Korrektur einer Proklination erzielt werden. Die gleichzeitige kieferorthopädische Ausformung des Unterkieferzahnbogens ermöglicht eine Kongruenz beider Zahnbögen, die bei Bedarf in einem zweiten Schritt in sagittaler und vertikaler Richtung durch bignathe Osteotomie in Normalstellung gebracht werden können.