Inhaltszusammenfassung:
Hintergrund: Altersbedingte Makuladegeneration (AMD) führt zur Einschränkung der Lesefähigkeit, der Lebensqualität und in der Folge häufig zu einer sekundären Depressi-on. In einer vorausgehenden Studie (Mielke et al., 2013) konnte gezeigt werden, dass die Anpassung von vergrößernden Sehhilfen zu einer Verbesserung der Lesegeschwindigkeit, des kognitiven Status und der Lebensqualität geführt hat. In dieser Studie soll nun über-prüft werden, ob ein zusätzliches Lesetraining nach Adaptation an vergrößernde Sehhil-fen zu einer weiteren Verbesserung der visuellen Rehabilitation führt.
Material und Methoden: Patienten mit trockener AMD wurden in 2 Gruppen randomi-siert: In die primäre Lesetrainingsgruppe (P-RTG, n = 25), welche das Lesen eines Textes mittels schneller Einzel-Wortpräsentation (RSVP) am Laptop übte und in eine Kontroll-gruppe (CG, n = 12), welche zuerst ein Plazebotraining (Kreuzworträtsel lösen) absol-vierte und erst im Anschluss das Lesetraining erhielt. Zusammengenommen ergeben sich somit 37 Patienten, die ein Lesetraining erhielten. Jede Gruppe trainierte Zuhause für 6 Wochen. Die Lesegeschwindigkeit wurde anhand laut vorgelesener, gedruckter Texte in unserer Ambulanz erfasst. Mittels Scanning Laser Ophthalmoscope (SLO) wurde die Fixationsstabilität (FSI) und die zum Fixieren eines Optotypen präferierte exzentrische Retinastelle (preferred retinal locus; PRL) erfasst. Wir erhoben den kognitiven Status mittels des Demenz-Detektions-Tests (DemTect), den emotionalen Status mittels der Montgomery–Åsberg Depression Rating Scale (MADRS) und die Lebensqualität mittels „Impact of Vision Impairment“-Fragebogen (IVI). Der Visus wurde mittels Early Treat-ment Diabetic Retinopathy Study-Tafeln (EDTRS-Tafeln) und der Vergrößerungsbedarf mittels Zeiss-Leseproben erhoben.
Ergebnisse: Die Probanden der P-RTG steigerten signifikant ihre Lesegeschwindigkeit während des Lesetrainings. Dies Verbesserung der Lesegeschwindigkeit blieb bis zum Follow-Up-Termin bestehen. Hingegen konnte in der Kontrollgruppe keine Verbesserung der Lesegeschwindigkeit festgestellt werden. Die Fixationsstabilität eines Optotypen veränderte sich zu keinem Zeitpunkt. Der gemessene Grad an Depressivität nahm in der P-RTG während des Lesetrainings signifikant ab und zeigte zwischen den beiden Stu-diengruppen eine signifikante Differenz der Veränderung des MADRS-Punktewertes. Der gesamt IVI-Score und damit die gemessene Lebensqualität verbesserte sich signifi-kant während des Lesetrainings für die gesamte Lesetrainingsgruppe und blieb bis zum Follow-Up stabil.
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen, dass Patienten mit AMD zusätzlich zur An-passung von vergrößernden Sehhilfen von einem Lesetraining profitieren. Die Lesefä-higkeit kann weiter verbessert und es kann präventiv gegen sekundäre Depressionen ein-gesetzt werden und die Lebensqualität steigern.