Inhaltszusammenfassung:
Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich mit dem Thema der klassischen Kon-textabhängigkeit des Gedächtnisses im Rahmen von Lernprozessen. Sie ver-bessert die Gedächtnisleistung einer lernenden Person bei übereinstimmenden Kontextfaktoren während Enkodierung und Abruf. Eine Übereinstimmung bedeutet, dass der lernenden Person der Kontext bereits vertraut ist. Grundlegend für eine Verbesserung der Gedächtnisleistung sind Matching-Prozesse im Hippocampus, die durch eine assoziative Gedächtnisrepräsentation dort ermöglicht werden. Solche Matching-Prozesse können bei der Übereinstimmung verschiedener Kontextkategorien stattfinden. Die Theorie der klassischen Kontextabhängigkeit bezieht sich konkret auf die Kategorie externaler Kontextfaktoren, auch Umgebungskontexte beim Lernen genannt. Unklarheit besteht darin, ob externale Kontexte auch neues Lernen beeinflussen können. Das Interesse an einem solchen Einfluss auf neues Lernen rührt daher, dass sich durch Erkenntnisse diesbezüglich neue Lernstrategien ergeben könnten. Die Intention der vorliegenden Arbeit war es, sich mit diesem Forschungsdefizit zu befassen.
Dazu kombinierte das Versuchsdesign dieser Arbeit das Lernen neuer deklarativer Inhalte mit vertrauten oder nicht vertrauten externalen Kontexten. Das Ziel der Arbeit war, herauszufinden, wie sich die Enkodierleistungen der Probanden in den verschiedenen Kontextbedingungen verändern, um dadurch Rückschlüsse auf ihre Einflussnahme zu erschließen. Die Probanden lernten hierzu am selben Tag morgens und abends jeweils eine ihnen unbekannte Wortpaarliste, die unmittelbar nach der Enkodierung auch abgerufen wurde. Abends waren die Probanden im vertrauten Kontext von morgens oder vollzogen einen Kontextwechsel. Es fand kein erneuter Abruf der Wortpaare vom Morgen statt.
Die Versuchsergebnisse zeigten eine signifikante Verbesserung der Enkodier-leistungen im vertrauten Kontext am Abend im Vergleich zum Morgen, womit die klassische Kontextabhängigkeit des Gedächtnisses bei neuem Lernen be-stätigt wird. Da trotz neuer Lerninhalte ein Einfluss externaler Kontexte detek-tiert werden konnte, unterstützt diese Arbeit die Annahme, dass Enkodierung und Abruf durch vertraute externale Kontextfaktoren optimiert werden können. Im nicht vertrauten Kontext am Abend konnte dagegen eine Verschlechterung der Enkodierleistung beobachtet werden. Insgesamt sollte der hier erstmals aufgestellte Befund der klassischen Kontextabhängigkeit bei neuem Lernen in zukünftigen Studien validiert werden, um herauszufinden, inwiefern externale Kontextfaktoren tatsächlich ursächlich für die Verbesserungen der Enkodierleistung waren und wie verlässlich dieser externale Kontexteffekt bei neuem Lernen letztendlich ist. Außerdem ist von Interesse, wie der Einfluss eines externalen Kontextes im Gedächtnis genau zustande kommt. Die nicht erwartete Verschlechterung der Enkodierleistung im nicht vertrauten Kontext sollte in diesem Zusammenhang ebenfalls Gegenstand zukünftiger Forschungen sein.