Inhaltszusammenfassung:
Anders als bei syndromalen Formen der Kraniosynostose, konnte die Frage nach
relevanten intrakraniellen Druckerhöhungen und einer folglich möglichen
Beeinträchtigungen der kindlichen Gehirnentwicklung bei monosuturalen
Kraniosynostosen bislang nicht suffizient beantwortet werden (Massimi et al.,
2012; Tamburrini et al., 2005). Dies kann die Entscheidungsfindung hinsichtlich
einer operativen Korrektur im klinischen Alltag erschweren und entsprechende
Fragen von Eltern können im Beratungsgespräch nicht mit Daten belegt
beantwortet werden.
Um dieser Frage nachzugehen wurden im Rahmen einer prospektiven singlecenter
Querschnittsstudie über 3 Jahre 35 Kinder zwischen 5 und 18 Monaten
mit bislang unbehandelter nicht-syndromaler Kraniosynostose, bei denen
aufgrund einer als signifikant empfundenen Schädelfehlform eine
Operationsindikation gestellt wurde, untersucht. Es erfolgte während des
planmäßigen Eingriffs die zweimalige Messung von intrakraniellem Druck und
kortikaler Perfusion über epidural eingebrachte Sonden für je 20 Minuten.
Bei insgesamt 61,3 % der Kinder ergaben sich eindeutig pathologisch erhöhte
ICP-Werte (> 15 mmHg) und nur bei 6,5 % eindeutig normale Werte (< 10 mmHg)
vor Dekompression. Kinder mit Sagittalnahtsynostose waren signifikant häufiger
betroffen indem ca. 80% der Kinder pathologisch erhöhte ICP Werte zeigten
(p < 0,001). Postoperativ kam es zu einer deutlichen Reduktion der ICP-Werte,
welche für die Gruppe der Sagittalnahtsynostosen ebenfalls signifikant war
(p < 0,001). Die Messung der regionalen Durchblutung zeigte eine signifikante
Verbesserung der relativen Flussgeschwindigkeit sowie einen Trend für eine
Zunahme der Mikroperfusion in der Gesamtgruppe nach Dekompression.
Der Anteil an Kindern mit erhöhtem intrakraniellen Druck ist in dieser homogen
gewählten Altersgruppe zum Zeitpunkt des maximalen Hirnwachstums
wesentlich höher als dies aus bisherigen Berichten der Literatur (Arnaud et al.,
1995; Renier et al., 1982; Thompson et al., 1995b), mit größtenteils inhomogenen
Patientenpopulationen, hervorgeht. Die präsentierten Daten geben Hinweise für eine, wenn auch nicht kritische, Einschränkung der Autoregulation bei diesen
Patienten zusätzlich zu den erhöhten ICP Werten. Entwicklungsdefizite, welche
bei Kindern mit Monosynostosen in den vereinzelt vorhandenen Studien häufiger
auftraten (Shipster et al., 2003) oder bei späterem OP-Zeitpunkt häufiger waren
(Bellew et al., 2019), könnten, analog zu einer verminderten Reservekapazität
bei Moyamoya oder Hydrocephalus die Folge sein (Baek et al., 2014; Zielińska
et al., 2017).
Eine Fortführung der Studie um diese ersten Resultate zu bestätigen, erscheint
sinnvoll, da diese Ergebnisse eines grundsätzlich erhöhten intrakraniellen
Druckes bei Kindern mit Monosynostosen, insbesondere bei Sagittalnahtsynostosen, einen Paradigmenwechsel darstellen, der auch einen
Einfluss auf die Stellung der OP-Indikation haben kann und deshalb an einem
großen Kollektiv abgesichert werden sollte.