Pilotstudie zum „Tübinger Training für Autismus-Spektrum-Störungen“ – Präsentation und vorläufige Evaluation des Gruppentrainings

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/101708
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1017086
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-43087
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2020-06-22
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Renner, Tobias (Prof. Dr. med.)
Tag der mündl. Prüfung: 2016-11-10
DDC-Klassifikation: 000 - Allgemeines, Wissenschaft
150 - Psychologie
370 - Erziehung, Schul- und Bildungswesen
610 - Medizin, Gesundheit
Schlagworte: Autismus , Training , Intervention , Therapie , Kind , Gruppe , Achtsamkeit , Körperbild , Körpererfahrung , Gefühl , Emotionsregulation , Tübingen
Freie Schlagwörter: TüTASS
Tübinger Training
Autismus-Spektrum-Störungen
Gruppenintervention
Gruppentraining
Körperwahrnehmung
Selbstwahrnehmung
Gefühlsdifferenzierung
children
therapy
treatment
group intervention
body perception
body image
mindfulness
emotion recognition
autism
emotion regulation
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Einführung: Menschen mit Autismus erleben unsere Welt anders als die meisten anderen. Dies ist verbunden mit Defiziten in der sozialen Interaktion und Kommunikation. In letzter Zeit nehmen die Inzidenz von diagnostizierten Autismus-Spektrum-Störungen sowie die wissenschaftliche Forschung zu Autismus zu. Es existieren jedoch kaum Therapieansätze zur Verbesserung der Selbst- und Fremdwahrnehmung. Das neu entwickelte Tübinger Training für Autismus-Spektrum-Störungen (TüTASS) bietet den ersten Ansatz, der die beiden Bereiche Körperwahrnehmung und Gefühlsdifferenzierung vereint. Es handelt sich dabei um ein zwölfwöchiges, ambulantes Gruppentraining für Kinder mit Autismus. Das TüTASS wurde in der vorliegenden Arbeit hinsichtlich seines theoretischen Hintergrundes, des Trainingsrahmens, des inhaltlichen Aufbaus, der Therapiebausteine und -prinzipien und der begleitenden Elternarbeit vorgestellt. Beschrieben wurde auch der Trainingsverlauf in zwei Trainings-Gruppen. Methodik: Zur Evaluation des TüTASS diente eine Pilotstudie, die die Erstanwendung des Trainings wissenschaftlich begleitete. Die untersuchte Stichprobe bestand aus elf Jungen im Alter zwischen 8 und 12 Jahren mit der Diagnose einer ASS. Diese Gruppe präsentierte sich bezüglich Alter, IQ, besuchter Schulart und Komorbiditäten als heterogen. Mittels Erhebungen vor und nach der Trainingsteilnahme mit acht verschiedenen Erhebungsinstrumenten wurden primäre Veränderungen in Körperwahrnehmung und Gefühlsdifferenzierung sowie sekundäre Veränderungen hinsichtlich sozialer Reaktivität, Verhaltensauffälligkeiten, Lebensqualität und Depressivität untersucht. Zudem wurden selbst entwickelte Evaluations-Fragebögen zur Beurteilung des TüTASS und zur Erfassung von Entwicklungsmöglichkeiten eingesetzt. Als Beurteiler dienten die teilnehmenden Kinder, deren Eltern und die Gruppenleiter/innen der Trainingsgruppen. Ergebnisse: Für den Bereich Körperwahrnehmung fanden sich im KBMT-K kaum Hinweise auf Veränderungen zwischen Vor- und Nacherhebung. In zwei Fragebögen zur Gefühlsdifferenzierung (Feel-KJ und SEE) zeigten sich deskriptiv deutliche Verbesserungen, vor allem bezüglich adaptiver Strategien zur Emotions-regulation, und ein diskrepantes Ergebnis in Bezug auf maladaptive Strategien zur Emotionsregulation. Im SRS waren deskriptive Verbesserungen der Sozialen Interaktion und Kommunikation zu verzeichnen. Es zeigte sich eine teilweise signifikante Verringerung von Verhaltensauffälligkeiten in CBCL und SDQ. Die mittleren Werte der Vorerhebung waren dabei als „auffällig“, die der Nacherhebung als „unauffällig“ zu interpretieren. In den Bereichen Lebensqualität (mittels ILK) und Depressivität (mittels DIKJ) zeigten sich in der im Allgemeinen unauffälligen Stichprobe auch deskripitiv kaum Effekte. Es ergab sich hinsichtlich der Ergebnisse also ein gemischtes Bild mit deutlichen Verbesserungen in einigen Bereichen. Diese könnten auf positive Effekte des TüTASS hindeuten, sollten aber vor dem Hintergrund der Limitationen der Studie betrachtet werden. Es fanden sich deskriptiv Hinweise, dass manche Kinder mehr vom TüTASS profitierten als andere. Die Bewertung des Trainings mittels Evaluationsbögen zeigte eine hohe Motivation der teilnehmenden Kinder und eine gute Befindlichkeit in den Stunden. Der Ansatz des TüTASS sowie die einzelnen Stunden erhielten sehr positive Bewertungen. Die Beurteilung des Trainingserfolges war insgesamt positiv. Zwischen den Kinder-, Eltern- und Gruppenleiterbewertungen zeigten sich dabei deutliche Unterschiede. Die Alltagspräsenz und den Transfer der TüTASS-Themen auf das alltägliche Leben schätzten Eltern und Kinder insgesamt als nicht sehr groß ein. Entwicklungsmöglichkeiten des TüTASS fanden sich vor allem in der Überarbeitung bestimmter Stunden, der Erhöhung praktischer Anteile, der inhaltlichen Verknüpfung und in einem Ausbau der begleitenden Elternarbeit. Diskussion: Die Grenzen der Pilot-Studie lagen insbesondere in der kleinen Fallzahl und dem Fehlen einer Kontrollgruppe. Die aktuelle Literatur zeigt, dass Therapieeffekte bei Kindern mit Autismus generell schwer nachzuweisen sind, was unter anderem mit der ausgeprägten Individualität dieser Kinder begründet wird. Der Vergleich des TüTASS mit zwei anderen Gruppeninterventionen für Kinder mit Autismus (KONTAKT und TOMTASS) zeigte Ähnlichkeiten und Überschneidungen hinsichtlich Setting, Aufbau, Therapieprinzipien und Evaluation, aber deutliche Unterschiede im Therapieansatz. Schlussfolgerung: Aus der vorliegenden Arbeit kann zusammenfassend geschlossen werden, dass es sinnvoll ist, das TüTASS in leicht überarbeiteter Form an weiteren Gruppen zu erproben. Die Ergebnisse der Pilotstudie sind als vorläufig zu verstehen und sollten durch eine randomisierte, kontrollierte Studie an einer größeren Fallzahl überprüft werden. Das TüTASS könnte außerdem durch weitere Angebote wie ein begleitendes Elterntraining, ein Aufbau-Training zu sozialen Kompetenzen oder ein zusätzliches Training für Jugendliche ergänzt und ausgebaut werden.

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