Inhaltszusammenfassung:
Der Zugang zu sicheren, wirksamen, qualitativ hochwertigen und erschwinglichen Arzneimitteln und Impfstoffen für alle ist Teil des Ziels Nr.3.8 der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen aufgenommen. Trotz erheblicher Anstrengungen ist die Verfügbarkeit von Medikamenten in vielen Ländern noch immer schlecht. Des Weiteren sind laut aktuellen Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bis zu 10.5% der verfügbaren Arzneimittel in Entwicklungsländern minderwertig oder gefälscht. Allerdings basieren diese Aussagen, trotz des immensen Einflusses auf die Gesundheit der betroffenen Menschen, meist auf nur wenigen Studien und für einige Länder oder Regionen gilt die Thematik als faktisch nicht erforscht. Um vergleichbare und belastbare Daten über Preise, Verfügbarkeiten, Erschwinglichkeit und vor allem die Qualität von 13 ausgewählten Arzneimitteln zu liefern, wurde eine Studie in der Republik Togo, sowie eine Studie in der Republik Kamerun und der Demokratischen Republik Kongo durchgeführt. Die 13 untersuchten Medikamente setzten sich dabei aus sieben Antibiotika und sechs Arzneimittel gegen nicht übertragbare Krankheiten zusammen. Im Süden der Republik Togo wurden 94 Arzneimittelproben (Tabletten und Kapseln) bei sechs Apotheken und von sechs informellen Händlern erworben und deren Preise dokumentiert. Anschließend wurden 92 der gesammelten Arzneimittel mittels Methoden aus dem Arzneibuch der Vereinigten Staaten (USP) auf die korrekte Identität des deklarierten Wirkstoffs, den Gehalt und die Wirkstofffreisetzung untersucht. Eine Analyse der Medikamentenpreise zeigte, dass die Arzneimittel in den Apotheken teurer verkauft werden als bei den informellen Händlern. Bei der Untersuchung nach dem USP konnte kein gefälschtes Arzneimittel identifiziert werden. Sieben der untersuchten Proben (8%) zeigten jedoch moderate Abweichungen von den Qualitätsanforderungen des USP, eine Probe sogar erhebliche Abweichungen. Der Anteil minderwertiger Arzneimittel lag mit 13% bei den informellen Händlern höher als bei den Apotheken (5%). Somit sind die Arzneimittel bei informellen Händlern zwar günstiger aber auch von schlechterer Qualität. In der Republik Kamerun und der Demokratischen Republik Kongo wurden insgesamt 506 Arzneimittel von 60 staatlichen Gesundheitseinrichtungen, kirchlichen Gesundheitseinrichtungen, Apotheken und informellen Händlern erworben. Ebenfalls wurden Verfügbarkeit und Preise ausgewertet, sowie die Qualität der Proben auf Identität, Wirkstoffgehalt und Wirkstofffreisetzung untersucht. Zusätzlich führten die afrikanischen Kollaborationspartner Analysen auf Identität und Zerfallszeit der Proben mit dem Global Pharma Health Fund e.v.(GPHF) - Minilab durch. Die durchschnittliche Verfügbarkeit der untersuchten Antibiotika lag in beiden Ländern zwischen 62% und 98% in den verschiedenen Arten von Einrichtungen. Die durchschnittliche Verfügbarkeit von Arzneimitteln gegen nicht übertragbare Krankheiten (NCD) zeigte in beiden Ländern eine höhere Schwankungsbreite, die von 11% bis zu 87% reichte. Die Arzneimittelpreise waren in Kamerun deutlich höher als in der DR Kongo, mit einem Median Price Ratio (MPR) zum internationalen Referenzpreis von 5,69 bzw. 2,17 (p < 0,001). Bezogen auf die mindestens zu zahlenden Tageslöhne in beiden Ländern konnten Behandlungen mit fünf der sieben untersuchten Antibiotika als erschwinglich angesehen werden, während nur eines der fünf untersuchten Medikamente gegen NCDs als erschwinglich angesehen werden konnte. Bereits bei der Analyse mittels Minilab durch die afrikanischen Partner konnten drei der 506 Proben als gefälschte Arzneimittel identifiziert werden. Weitere chemische Untersuchungen mittels Hochleistungsflüssigchromatographie gekoppelt mit hochauflösender Massenspektrometrie (LC-HR-MS/MS), sowie Kernspinresonanzspektroskopie (NMR) zeigten je einen anderen als den deklarierten Wirkstoff in zwei der drei Fälschungen. Insgesamt entsprachen 15% der gesammelten Proben aus der DR Kongo und 17% der Proben aus der Republik Kamerun nicht den Qualitätsanforderungen des USP. Besonders hervorzuheben ist hierbei, dass bisherige Studien zum Großteil ausschließlich den Gehalt der Medikamente untersuchten und nicht deren Wirkstofffreisetzung (Dissolution). Wenn, wie bisher üblich, nur der Gehalt des deklarierten Wirkstoffs bestimmt wurde, wurden 8.5% der untersuchten Arzneimittel als minderwertig oder gefälscht eingestuft. Nachdem zusätzlich auch die Wirkstofffreisetzung untersucht wurde, zeigte sich, dass noch einmal 7.7% der Proben zusätzlich als minderwertig zu bewerten waren. Durch die vorliegende Arbeit konnte somit gezeigt werden, dass der Anteil minderwertiger und gefälschter Medikamente in Entwicklungsländern unter Einbeziehung der Wirkstofffreisetzung tatsächlich um das Doppelte höher liegen könnte als bisher geschätzt.