4.2 Wachstum und Circumnutationen
der Hypokotyle von Arabidopsis thaliana und Cardaminopsis arenosa
Arabidopsis thaliana
und Cardaminopsis arenosa
sind eng verwandte Arten. Das Arabidopsis
-Genom besteht aus fünf Chromosomen, während Cardaminopsis
acht Chromosomen besitzt. Allotetraploide Hybriden beider Arten
sind möglich (COMAI et
al., 2000). SCHUSTER (1996) benutzte
bei vielen Versuchen Keimlinge von Cardaminopsis
arenosa, die er für Arabidopsis
thaliana hielt[1].
Dies stellte sich bei der Nachzucht von Samen heraus, die er verwendet
hatte. Seine Klassifizierung der Periodenlängen von Circumnutationen
in USPN, SPN und LPN bezieht sich auf Cardaminopsis
arenosa.
Bei Cardaminopsis
arenosa sind 40 bis 50 Zellen embryonal
angelegt, während es bei Arabidopsis
etwa 20 sind. Die Keimlinge von Cardaminopsis
arenosa werden wesentlich größer.
Cardaminopsis arenosa
ist somit aus experimenteller Hinsicht das bessere Objekt, insbesondere
wenn Substanzen lokal appliziert werden sollen. Um den räumlichen
Verlauf und die Ausbreitung von Circumnutationen zu untersuchen,
ist ein längeres Hypokotyl ebenfalls von Vorteil. Besonders
für die Untersuchung circadianer Phänomene ist ein möglichst
langer Beobachtungszeitraum wünschenswert. Außerdem sollten
gute Zeiger vorhanden sein, an denen der Gang der inneren Uhr abgelesen
werden kann. Nach diesen Gesichtspunkten wurde das tagesperiodische
Wachstum von Arabidopsis
thaliana und Cardaminopsis
arenosa untersucht und verglichen.
Arabidopsis
C24 besitzt den Vorteil, Wachstumsschübe aufzuweisen, die klar
von schwingungs- und wachstumsfreien Phasen abgegrenzt sind. Deshalb
war es bei Arabidopsis thaliana
einfacher, die Periodenlänge der circadianen Rhythmik zu bestimmen.
Dafür ist die Gesamtdauer des Hypokotylwachstums bei Cardaminopsis
im Schwachlicht[2] um etwa drei
Tage länger als bei Arabidopsis.
Bei Cardaminopsis
waren im Schwachlicht auch in den Phasen geringen Wachstums häufig
Circumnutationen zu beobachten, was bei Arabidopsis
sehr selten vorkam.
Beide Arten reagieren auf unterschiedliche
Beleuchtungsstärken ähnlich. Im schwachen Weißlicht
um 2 µmol m-2 s-1 war das von SCHUSTER (1996) beschriebene
Schwingungsspektrum zu beobachten. Dabei traten kurzperiodische
Schwingungen (USPN und SPN) hauptsächlich kurz nach der Keimung
auf. Mit zunehmendem Alter der Keimlinge verlängerte sich die
durchschnittliche Periodendauer der Schwingungen. Auswerteprogramme,
mit denen die Änderung der Periodenlängen über die
Zeit und in Abhängigkeit von der Wachstumsgeschwindigkeit ermittelt
werden kann, ist noch in Planung.
Der von SCHUSTER (1996) beschriebene
Übergang von langperiodischen zu kurzperiodischen Schwingungen[3]
wurde nur sehr selten beobachtet. Dies kann unter anderem daran
liegen, dass Schuster seine Versuche in geschlossenen Küvetten
bei höherer Luftfeuchtigkeit durchführte. Das Datenmaterial
wurde im Hinblick auf Änderungen der Periodenlängen auch
nicht gründlich ausgewertet, da dies kein Schwerpunkt der Arbeit
darstellte.
Im stärkeren Weißlicht um
20 µmol m-2 s-1 zeigten beide Arten meist wenige langperiodische
Schwingungszüge pro Tag. Die circadiane Komponente, die bei
Cardaminopsis arenosa
im Schwachlicht weniger deutlich ausgeprägt war als bei Arabidopsis,
trat im stärkeren Licht deutlich hervor (Abbildung 3-4 und
3-5).
GENDREAU et
al. (1997) hatten bei Arabidopsis
thaliana beobachtet, dass sich
während des Hypokotylwachstums im Dunkeln zunächst die
untersten und nach und nach die darüber liegenden Zellen strecken.
Sie beschrieben bereits die frühen Vorgänge nach dem Embryonalstadium.
Bei uns wurde der Wachstumsverlauf von Cardaminopsis
arenosa im schwachen Weißlicht
(2 µmol m-2 s-1) zunächst mit Hilfe von kleinen Glaskügelchen,
die als Markierungen am Hypokotyl angebracht waren, untersucht.
Die Registrierung war bei dieser Methode jedoch erst ab dem zweiten
Tag möglich, nachdem sich der Plumulahaken geöffnet hatte.
Zu diesem Zeitpunkt streckte sich bereits fast das gesamte Hypokotyl.
Es ist also durchaus möglich, dass auch bei Cardaminopsis
das Wachstum bei den untersten Zellen zuerst einsetzt. Auffällig
war, dass die Keimlinge mit zunehmendem Alter zunächst in den
unteren Bereichen des Hypokotyls das Wachstum einstellten. Nach
und nach kam es dann auch weiter oben zum Stillstand (Abbildung
3-11). Das Ende des Wachstums in den einzelnen Hypokotylzellen von
Cardaminopsis arenosa
scheint also je nach Lage dieser Zellen auf dem Hypokotyl in irgend
einer Weise zeitlich determiniert zu sein. Möglicherweise ist
eine asymmetrische Auxinverteilung im Hypokotyl daran beteiligt,
die auf basipetalem Transport basiert. SANCHEZ-BRAVO
et al. (1992) beschrieben, dass
die Transportgeschwindigkeit und die Stärke des basipetalen
Transports von IES in Hypokotylen von Lupinus albus vom Apex zur
Basis abnahm.
Bei späteren Versuchen, wo statt
Glaskügelchen Unregelmäßigkeiten auf den Hypokotylen
als Markierung dienten, ergab sich für Arabidopsis
und Cardaminopsis
grundsätzlich der gleiche Wachstumsverlauf.
SHINKLE
et al., (1992) beschrieben, dass
bei Gurkenkeimlingen im Dunkeln die Wachstumsgeschwindigkeit vom
Apex zur Basis abnahm. Im schwachen Rotlicht war ein solcher Gradient
jedoch nicht zu beobachten. Möglicherweise treten auch bei
Cardaminopsis arenosa
Unterschiede zwischen Wachstum im schwachen Weißlicht und
im Dauerdunkel auf. Vorversuche mit Cardaminopsis
im Dunkeln wurden durchgeführt. Die Keimlinge wuchsen dabei
meist extrem schräg oder liegend, so dass sie nicht registriert
werden konnten. Weitere Versuche hierzu sind geplant.
Die von GENDREAU et
al. (1997) beschriebene etwa 10-fache
Verlängerung des Hypokotyls von Arabidopsis thaliana im Dauerdunkel
gegenüber Starklicht trifft auch auf Cardaminopsis
zu. Anders als im Dunkeln öffnet sich im Schwachlicht jedoch
bei beiden Arten der Plumulahaken.
Arabidopsis
und Cardaminopsis
war auch gemeinsam, dass maximal elongierte und nicht wachsende
Hypokotyle nicht mehr in der Lage waren, gravitrop oder phototrop
zu reagieren. Die gravitrope und phototrope Reaktion der Hypokotyle
war auf die Wachstumszone beschränkt. Wurden halb ausgewachsene
Keimlinge bis zum Ende des Wachstums gekippt oder kontinuierlich
von der Seite beleuchtet, entstand ein Knick, den sie dauerhaft
beibehielten.
Circumnutationen fanden nur in den wachsenden
Bereichen im oberen Teil des Hypokotyls statt. Weiter unten liegende
Hypokotylbereiche, in denen kein Wachstum mehr zu beobachten war,
zeigten auch keine Circumnutationen.
GENDREAU
et al. (1997) hatten beschrieben,
dass Zellen von Arabidopsis,
die zunächst im Dunkeln gehalten worden waren, ihre Differenzierungsfähigkeit
zum Licht-Typ beibehielten (vgl. Abschnitt 1.2). Umgekehrt scheint
dies jedoch nicht der Fall zu sein. Bei Keimlingen von Arabidopsis
und Cardaminopsis,
die im Schwachlicht gehalten wurden, verringerte sich die Wachstumsgeschwindigkeit
durch einstündige Starklichtbehandlung drastisch und stieg
nach Ende des Starklichtpulses nicht wieder an.
Mit Hilfe des Atari-Systems und des Frequenzanalyseprogramms
"arab"
konnte die bereits von SCHUSTER (1996) beschriebene Verlängerung
der Schwingungsperioden mit zunehmendem Alter der Keimlinge bestätigt
werden. Die Periodenverlängerung betraf sowohl SPN als auch
LPN, wobei die relative Periodenänderung bei den SPN stärker
ausgeprägt war als bei den LPN. Das von SCHUSTER (1996) beschriebene
abwechselnde Auftreten von SPN und LPN, das bei seinen Versuchen
gelegentlich vorkam, konnte nicht beobachtet werden. Dies könnte
unter anderem an unterschiedlichen Registrierbedingungen liegen
(höhere Luftfeuchtigkeit und Temperatur bei den Versuchen von
Schuster). Eine niedrigere Temperatur wurde von mir gewählt,
um im Hinblick auf circadiane Phänomene eine längere Versuchsdauer
zu erreichen. Bei stärkerer Beleuchtung (ca. 20 µmol
m-2 s-1) traten die Schwingungen in der Regel in tagesperiodischen
Schüben auf und regelmäßige LPN waren häufiger
zu beobachten. Im Schwachlicht (ca. 2 µmol m-2 s-1) überwogen
SPN im Spektrum der Schwingungen. Die circadiane Komponente war
hier weniger deutlich. Bei der Registrierung von oben konnte die
Wachstumsgeschwindigkeit der Keimlinge nicht gemessen werden. Eine
systematische Korrelation von Periodenlänge und Wachstumsgeschwindigkeit
wäre in diesem Zusammenhang wünschenswert. Diese könnte
an Hand von seitlichen Registrierungen mit den Verfahreinheiten
durchgeführt werden. An einer entsprechenden Auswertungssoftware
wird noch gearbeitet. Weiterhin wäre es interessant, die Periodenlänge
der Schwingungen mit dem Auxingehalt der Keimlinge zu vergleichen.
[1] Siehe
Kapitel 1.3.1 Arabidopsis thaliana
[2] vier
bis fünf Tage bei Arabidopsis thaliana, etwa sieben Tage bei Cardaminopsis
arenosa
[3] beispielsweise
in Abbildung 3-29 in der Arbeit von Schuster
|