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19. Alamannen stürmen den Limes
Im Jahre 233 n. Chr. durchbrechen die Alamannen den obergermanisch-rätischen Limes und stoßen weit in die römische Provinz vor. Die Nachricht vom Vorstoß der Alamannen erreicht den mit Truppen der Rhein- und Donauarmee gegen die Perser kämpfenden Kaiser Severus Alexander (222—235 n. Chr.) in Syrien. Die an Rhein und Donau beheimateten Soldaten seiner Armee fordern den Kaiser auf, sofort gegen die Eindringlinge vorzugehen. Severus Alexander muß den Perserkrieg abbrechen. Er läßt das Euphratufer durch Kastelle sichern und bricht mit einem Teil der Soldaten von Syrien an den Rhein auf.
Anfangs 235 n. Chr. läßt Severus Alexander bei Mainz/ Mogontiacum eine große Angriffsarmee bereitstellen, zu der Teile der 2., 4., 7. Legion sowie Päonier vom Balkan, osrhoenische Bogenschützen von Mesopotamien, Mauren und Perser gehören. Als der Kaiser mit den Alamannen verhandelt anstatt zu kämpfen, kommt es zur Militärrevolte: die Soldaten ermorden Severus Alexander und seine Mutter Julia Mamaea am 18. oder 19. März 235 n. Chr. in der Nähe von Mainz/Mogontiacum und rufen den General Maximinus Thrax zum Kaiser aus.
Im Frühling 236 n. Chr. eröffnet Maximinus Thrax (235—238 n. Chr.) die von den Soldaten geforderte Gegenoffensive über den Rhein. Bei dieser Gegenoffensive sind die beiden Brüder Aurelius Saluda und Aurelius Regrethus in einer Schlacht gegen die Alamannen bei Cannstatt gefallen. Sie waren im Heer des Severus Alexander 234 n. Chr. als Angehörige der Ala nova Firma milliaria catafractaria, der neuen Ala der Festen, der Panzerreiter an den Rhein gekommen. Ihr Bruder Aurelius Aurelianus Abdetathus ließ ihnen den Grabstein auf dem römischen Friedhof östlich des heutigen Wilhelmsplatzes (in der Seelbergstraße) in Cannstatt aufstellen.
Zeichnung: Grabbau des L Poblicius, 14,5 m hoch. -FO: Köln. 1.Jhd n.Chr.
68 Reitergrabstein
der beiden Brüder Aurelius Saluda und Aurelius Regrethus, Reiter der AIa nova Firma milliaria catafractaria (Abb. 124).
Stubensandstein. – H. 1,63 m. Br. 0,70 m. T. 0,23 m. - Inv. R L 426. - FO: Stuttgart-Bad Cannstatt, östlich des Wilhelmsplatzes, Seelbergstraße 7
Inschrift
D(is) M(anibus) / AVRELIS SALVDA ET / REGRETHO FRATRIB(US) / QVOND(am) EQVITIBVS / N(ovae) ALAE FIRM(ae) CATAFR(actariae) /AVR(elius ?) AVREL(ianus ?) ABDETAT/HVS FRATER / (H)E(res) F(aciendum) C(uravit)
Übersetzung
Den guten Göttern. Dem Aurelius Saluda und dem (Aurelius) Regrethus, seinen Brüdern, einst Reitern der neuen Ala, der Festen, Panzerreitertruppe, hat Aurelius Aurelianus Abdetathus der Bruder als Erbe den Grabstein aufstellen lassen.
Panzerreiter
Auf einem langsam nach rechts schreitenden Pferde sitzt ein Reiter mit Helm. Von seiner Tracht und Bewaffnung ist nichts mehr zu erkennen. Er hält die Zügel in der Rechten. Am Sattel scheint hinten eine Tasche befestigt zu sein.
Der Gentilname Aurelius besagt, daß die beiden Brüder infolge der Constitutio Antoniniana von 212 n. Chr., römische Bürger waren. Sie dienten in der Ala nova firma milliaria catafractaria, die wahrscheinlich erst im 3. Jhd. n.Chr. im Orient aufgestellt wurde und mit Alexander Severus im Jahre 234 n. Chr. zur Bekämpfung der im Jahre 233 n. Chr. in das Limesgebiet eingefallenen Alamannen nach Württemberg kam.
Von Cannstatt nach Bostra - Ala nova Firma milliaria catafractaria
„Nova“ bedeutet, daß die ALa wahrscheinlich als Ersatz für eine aufgeriebene Formation aufgestellt wurde. „Firma“ und „catafractaria“ weisen darauf hin, daß Reiter und Pferd vollständig gepanzert waren. „Die AIa nova Firma milliaria catafractaria wird 238 n. Chr. in Italien gegen die Senatskaiser gekämpft haben, nach dem Ende des Bürgerkrieges nach Pannonien geschickt, 242 n. Chr. von Gordian III, als er durch die Donauländer in den Perserkrieg zog, in diesen mitgenommen und nach dem Friedensschluß 244 n. Chr. von Philippus Arabs in Bostra (Provincia Arabia) stationiert worden sein".
Lit.: P. Goessler, Neue römische Funde aus Cannstatt. Ein Beitrag zu den Alamannenkämpfen des dritten Jahrhunderts n.Chr., in: Germania 15. 1931. 6 ff. - E.Ritterling - E. Stein. Die Kaiserlichen Beamten 1932, 128 - R. Christlein. Die Alamannen. Archaologie eines lebendigen Volkes (Stuttgart 1978)
Abb. 124 Reitergrabstein der bei Cannstatt gefallenen persischen Panzerreiter Aurelius Saluda und Regrethus |
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