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9. Keramikformen datieren Fundschichten
Die Masse der Ausgrabungsfunde sind Tongefäße aller Gattungen und Formen. Meist sind es nur Bruchstücke von Töpfen, Krügen, Flaschen, Amphoren, Schüsseln, Tellern, Näpfen. Gebrannter Ton hat sich über die Jahrhunderte hinweg gut im Boden erhalten. Die Keramikformen waren in hohem Maße der Mode unterworfen. Eine Tatsache, die es dem Archäologen gestattet, typologische Entwicklungen der Formen festzustellen und diese chronologisch zu fixieren. Keramikfunde datieren in vielen Fällen die Fundschicht.
Der Töpfer formt die Gefäße
Der römische Töpfer reinigt den in der Grube gestochenen Ton in einer Einweichgrube mit Wasser. Den „geschlämmten“ Ton „magert“ er mit feinem Sand. Dann mischt er den Ton durch Treten mit den Füßen, schneidet ihn in Fladen und dreht diese auf der Töpferscheibe zu den gewünschten Formen.
Die auf der Scheibe geformten Gefäße läßt der Töpfer an der Luft trocknen, bis sie „lederhart“ sind. Die lederharten Gefäße setzt er in den Töpferofen ein. Nach einem kurzen Vorbrand (dem „Schmauchen“) werden die Gefäße bei 800 bis 900 Grad Celsius gebrannt Die Brennfarbe der Gefäße hängt ab von der chemischen Zusammensetung des Tones und von der Menge an Sauerstoff, der mit bestimmten chemischen Elementen, zum Beispiel Eisen, Verbindungen von besonderer Farbe eingeht.
Grabungsfoto: Römische Töpferöfen
Töpferei Walheim, Kr.Ludwigsburg
Bei Straßenbauarbeiten wurde 1980 in Walheim, Kr. Ludwigsburg eine große römische Töpferei ausgegraben. Deutlich sind die Brennöfen mit durchlöcherter Brenndecke zu erkennen. Die auf der Töpferscheibe gedrehten und an der Luft getrockneten Gefäße wurden auf die durchlöcherte Brenndecke in den Brennraum eingesetzt.
Grabungsfoto: Längsschnitt durch den Brennraum und Feuerrungsraum eines Töpferofens der Töpferei Walheim, Kr. Ludwigsburg.
Töpfereien
Die Versorgung der Truppe und Zivilbevölkerung mit Nahrung, Kleidung, Waffen und Ausrüstung führte zur Bildung von Fabrikationszentren, von denen die Töpfereibetriebe archäologisch besonders gut faßbar sind, denn die Töpfer haben ihre Brennöfen in den Boden gebaut und diese bei Aufgabe mit Töpfereiabfall verfüllt. Das ermöglicht im günstigsten Falle eine relative Chronologie der in der jeweiligen Töpferei hergestellten Keramikformen. Bei jedem Kastell, in jeder Siedlung und in jedem größeren Gutshof gab es kleinere und größere Töpfereibetriebe. So kamen zum Beispiel vor dem rechten Lagertor (porta principalis dextra) des Kastells Cannstatt südlich des Sparrhärmlingweges bisher mehr als 40 Töpferöfen heraus.
Abb. 115 Oben: Töpferofen der Töpferei Waiblingen. Unten: Keramikformen der Töpferei Waiblingen. |
Großtöpferei Waiblingen in Flur „Beim Bildstöckle“(Abb. 115)
Bei Waiblingen entwickelte sich im 2.Jhd. n. Chr. beiderseits der von Cannstatt das Remstal erreichenden römischen Straße eine römische Großtöpferei in Flur „Beim Bildstöckle“. Der hier anstehende Lößlehm, das vorhandene Wasser und vor allem die günstige Verkehrslage haben im 2.Jhd.n.Chr. römische Töpfer angelockt. Ihre Werkstätten gehören zu den bedeutendsten und größten im Limesgebiet. Auf dem bis jetzt untersuchten Töpfereigelände von 40 x 50 m sind nachgewiesen: 27 Töpferöfen, 5 Gebäude, 6 Brunnen und 65 Töpfereiabfallgruben.
Den Schwerpunkt der Produktion bildeten tongrundige Gefäßformen. Die Waiblinger Töpfer verstanden aber auch Überzugsware, bemalte Ware und sowohl glattwandige als auch verzierte Terra Sigillata herzustellen.
E. Neuffer fand 1967 die ersten Waiblinger Bildstempel aus Ton, die zur Herstellung der Terra Sigillata-Formschüsseln dienten: einen Krieger, einen Gladiator, einen Greif und einen auffliegenden Vogel. In der Töpferei Waiblingen arbeiteten die Terra Sigillata-Töpfer: Avetedo, Tertius, Marinus, Reginus, Augustinus u. a.
Lit.: 0. Paret, Die römische Töpferei Waiblingen-Beinstein und H. Ricken. Die Bilderschüsseln der Töpferei von Waiblingen-Beinstein, in: Festschrift für August Oxé (Darmstadt 1938) 57ff. und 64ff. E. Neuffer Die römiche Töpferei von Waiblingen, in: Remstal, die Heimat- und Kulturschrift für den Landkreis Waiblingen 24, 1969, 62ff.- Die Römer in Baden-Württemberg 1976, 547ff.
Vitrine 27
Töpferei Waiblingen
Rechte Seite
I
1. Einhenkelkrug, Fehlbrand, graubraun. H.20 cm. Inv. R 69, 517.1.
2. Faltenbecher, Fehlbrand, grau. H.17,5 cm. Inv. R 69, 538.1.
II
3. Einhenkelkrug, graubraun, weißer Überzug. H. 24 cm. Inv. R 69, 427.3.
4. Bauchiger Becher, rotbraun, Ockerüberzug. –H. 12 cm. Inv. R 69, 427.3.
5. Faltenbecher, grau. H. 17 cm. Inv. R 69, 523.2.
III
6. Bandrandschüssel, grauschwarz. o. ä. Dm. 17 cm. Inv. R 69, 570.2.
Linke Seite
I
7. Bauchige Flasche, rotbraun. Am Gefäßbauch 3 breite umlaufende Rillen. H. 27,5 cm. Inv. R 69,427.48.
II
8. 3 Töpfe, grau. H. 12, 15 und 17 cm. Inv. R 69, 570.1; 660.1; 427.7.
III
9. Einhenkelkrug, graubraun -H.22,5 cm. Inv. R 69, 267.1.
10. Zweihenkliger Napf, rotbraun. o. i. Dm. 16 cm. Inv. R 69, 523.1.
11. Räucherkelch, rotbraun, Ockerüberzug. -H. 7,5 cm. Inv. R 69, 378.1.
Auf dem Vitrinenboden
12. Modell: Ausschnitt der Töpferei Waiblingen/Bildstöckle, Rems-Murr-Kreis. Töpferofen mit zum Brand eingesetzten Töpfen. M 1:20.
Vitrine 28
Töpferei Waiblingen
Linke Seite
I
1. Faltenbecher, grauschwarz. Auf der Schulter und am Gefäßbauch umlaufende Kerbbänder. – H. 17 cm und 18 cm. Inv. R 89, 23; R 216, 128.
II
2. 3 Bandrandschüsseln, rotbraun - o. a. Dm. 17 und 19 cm. Inv. R 69, 61.1; 69, 427.34; 69, 427.4.
III
3. Kragenschüssel mit Ausguß, rotbraun. o. i. Dm.25 cm. Inv. R 69, 427.28.
IV
4. Topf, rotbraun. H. 12,5 cm. Inv. R 69, 427.1.
5. Bandrandschüssel, grau. o. ä. Dm. 17 cm. Inv. R 69, 79.4.
6. Topf, grauschwarz. H. 18 cm. Inv. R 216, 139.
Rechte Seite
I
7. 2 Töpfe, graubraun H. 17,5 und 14,5 cm. Inv. R 69, 103.5; 69, 79.1.
II
8. Bandrandschüssel, braun. o. ä. Dm. 24 cm. Inv. R 69, 427.4().
III
9. Bandrandschüssel, grau. o. i Dm. 24 cm. Inv. R 69, 103.3.
Auf dem Vitrinenboden
10. 5 Teller, graubraun. o. ä. Dm. 17 bis 25 cm. Inv. R 69, 427.12.14.17.18.20.
11. 2 Teller,braun. -o.ä. Dm.l8 und 23cm.-Inv.R 69, 103.11.12.
12. Zweihenkelkrug, rotbraun mit weißem Überzug. H. 40 cm. Inv. R 69, 103.20.
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