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9. Festungskrieg


Eine feindliche Festung wird entweder im Angriff (repentina oppugnatio) gestürmt oder eingeschlossen (obsidio, obsessio) und ausgehungert oder mit Belagerungswerkzeugen erobert (longinqua oppugnatio).



Belagerung von Numantia und Alesia


Scipio ließ Numantia (Nordspanien, am Oberlauf des Duero) mit einer 8,9 km langen Einschließungslinie umgeben und belagerte die Stadt mit 60 000 Soldaten 8 Monate lang. Numantia fällt durch Hunger 133 v. Chr.

Die Circumvallationslinie Caesars bei der Belagerung von Alesia (Oppidum der Mandubii in Gallien, heute Alise-Sainte-Reine) im Jahre 52 v. Chr. ist 16 km lang, und die Contravallationslinie, die er gegen die zu erwartenden Angriffe des gallischen Entsatzheeres anlegen läßt - Caesar muß nach 2 Seiten kämpfen - ist 21 km lang:



Plan: Einschließungslinie aus Wall mit Türmen, Gräben sowie einer Zone mit

Annäherungshindernissen: Verhaue (cippi), Pfahlgruben (lilia), Fußangeln

(stimuli). Alesia wird etwa einen Monat lang belagert. Die Entscheidungsschlacht dauert 5 Tage (Abb. 59).



Belagerung von Jerusalem und Masada


Während des großen jüdischen Aufstandes (66—73 n.Chr.) läßt Titus bei der Belagerung von Jerusalem im Jahre 70 n. Chr. eine 7,2 km lange Circumvallationslinie mit 13 Kastellen und 3 großen Lagern bauen. Für die Konstruktion der Aggeres soll damals die Umgebung von Jerusalem in einem Umkreis von 18,5 km völlig abgeholzt worden sein.

Nach dem Fall von Jerusalem flüchten die wenigen Überlebenden in die Festung Masada am Ostrand der judäischen Wüste.



Plan: Den Felsen von Masada, dessen Ostflanke zum Toten Meer hin 400 m in die Tiefe stürzt, hatte Herodes der Große in den Jahren 36-30 v. Chr. als Festung ausbauen lassen. Von der Felsenfestung Masada aus überfallen die jüdischen Patrioten unter dem Kommando von Eleazar ben Yair zwei Jahre lang immer wieder die Römer — bis der Statthalter Flavius Silva beschließt, das Widerstandsnest auszuheben. Silva läßt den Berg von einem 2 m breiten Wall umgeben und den Wall im östlichen Teil durch 12 Türme in Abständen von 80 bis 100 m verstärken. Um den Fuß des Berges herum stationiert er eine Belagerungsarmee von 15000 Soldaten mit der Legio X Fretensis als Kerntruppe in 8 Lagern.



Plan: Am westlichen Abhang läßt Silva mit Steinen und Sand eine Erdrampe (agger) - die heute noch erhalten ist - bis zur Mauer der Festung bauen (Abb. 60).




Flavius Josephus schildert die Eroberung


Der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus (ca. 37-100 n. Chr.) beschreibt in seinem ‚Jüdischen Krieg‘ den heldenhaften Widerstand der jüdischen Freiheitskämpfer in der eingeschlossenen Festung.



Zeichnung: Die römischen Soldaten schieben unter dem Feuerschutz der Pfeil- und Schleudergeschütze den Belagerungsturm (turris ambulatoria) auf der Rampe (agger) bis zur Mauer vor und rammen mit dem Rammbock (aries) eine Bresche in die Mauer. Die Belagerten schließen die Bresche in der Mauer mit einer ‚Holzerdemauer‘. Silva läßt die Holzerdemauer mit Fackeln in Brand schießen. Am letzten Abend ist das Feuer nicht mehr einzudämmen: Die Römer kehren in ihre Lager zurück, um sich für den Sturmangriff am darauffolgenden Tag vorzubereiten.




Die Belagerten töten sich selbst


In der Nacht vor dem Sturmangriff schlägt Eleazar den Belagerten vor, den Tod der Sklaverei vorzuziehen. Es wird beschlossen: jeder Mann tötet seine Familienangehörigen. Durch das Los werden zehn Männer ausgewählt, die alle übrigen töten. Schließlich entscheidet das Los, wer von den zehn Männern die anderen neun töten und sich selbst, nachdem er Feuer gelegt hat, ins Schwert stürzen soll.

Als die Römer am Morgen angreifen, finden sie 960 tote Männer, Frauen und Kinder. Eine alte Frau, eine Verwandte des Eleazar, die sich mit 5 Kindern in einem unterirdischen Gemach der Festung verborgen haben, schildern den verblüfften Römern, was sich in der Nacht zugetragen hat.

Yigael Yadin von der hebräischen Universität Jerusalem, der in den Jahren 1963—1965 die Felsenfestung Masada ausgrub, schildert fesselnd die Geschichte dieses letzten Bollwerks der jüdischen Freiheit gegen die Römer.


Lit.: Yigael Yadin, Masada. Der letzte Kampf um die Festung des Herodes. 4.Auflage (Hamburg 1972).






Abb.60 Masada, Festung des Herodes (40-4 v.Chr.). Circumvallationslinie des Statthalters Flavius Silva 73 n.Chr. (nach Yigael Yadin, Masada 1972)


Die Reliefs der Traianssäule zeigen mehrfach die Eroberung dakischer Festungen:


Foto: Römische Soldaten stürmen eine dakische Festung im Gebirge (Abb. 61)


Die Daker, von den Römern in einem Gefecht geschlagen, sind auf der Flucht und suchen Unterschlupf in einer von Mauern und Zinnen umgebenen dakischen Festung. Die Römer haben sich zum Angriff formiert und stürmen unter einem Schilddach (testudo) in 5 Reihen von je 5 Mann gegen die Festung vor. Die linken Flügelmänner halten das Scutum seitwärts, die übrigen halten es so über dem Kopfe, daß jeweils der vordere Rand des Schildes auf dem Schilde des Vordermanns aufliegt. Die Soldaten der vordersten Reihe halten die Schilde direkt vor den Körper. Von der Mauer herab stoßen 3 Daker mit (zu ergänzenden) Lanzen auf die angreifenden Römer ein.


Lt.: C. Cichorius, Traianssäule Taf 50. 51 Nr. 180 und 181.



Foto: Sturm der Römer auf die dakische Königsstadt Sarmizegetusa im Jahr 106 n. Chr. (Abb. 62)



Das römische Heer hat ein großes Feldlager in der Nähe von Sarmizegetusa aufgeschlagen. Legionare, Auxiliarsoldaten und Schleuderer (funditores) stürmen gegen die aus großen, unregelmäßigen, aufeinandergeschichteten Steinblöcken bestehende Mauer eines Vorwerks der Königsstadt Sarmizegetusa. Zwei Auxiliarsoldaten schaffen große Holzleitem herbei. Einer von ihnen hat bereits die Mauer erreicht und legt unter dem Schutz eines Bogenschützen und Speerwerfers (beide Waffen sind zu ergänzen) die Leiter an die Mauer an. Von der Mauer herab schleudern die Daker riesige Felsblöcke auf die Angreifer und schießen mit Pfeil und Bogen.


Lit.: C. Cichorius, Traianssaule Taf. 83.84. Nr. 301.302.




Abb.61 Die Römer stürmen unter einem Schilddach (testudo) eine dakische Festung. Traianssäule


Kampf der Verteidiger


Die Verteidiger bekämpfen die Annäherung der Feinde mit auf der Mauer aufgestellten Geschützen. Sie schießen Steine, Wurfbalken mit Eisenspitzen (asseres) und

Pfeile auf die Angreifer. Die auf Leitern an der Mauer Hinaufsteigenden umfassen sie mit Zangen (forfices, lupi) und ziehen sie an einem Kran (tolleno) in die Stadt. Die an die Mauer angelehnten Leitern stoßen sie mit zweizackigen Gabeln (furcae) um. Auf die Schilddächer (testudines) der Angreifer schütten sie geschmolzenes Blei, siedendes Öl und Pech, schleudern Brandfackeln, brennende Pechkränze, Wergballen und schwere Steine von der Stadtmauer herab. Widder und Mauerbohrer zerstören sie mit Steinlawinen. Mit Brandpfeilen (malleoli) und Brandgeschossen (phalacriae) schießen sie Agger, Wandeltürme und Brechhütten der Angreifer in Brand.


Lit.: Liebenam, RE VI Festungskrieg 2236 ff.


Abb.62 Eroberung der Königsstadt Sarmizegetusa. Es werden u.a. Holzleitern herbeigebracht. Traianssäule.
Abb.63 Sog. Pila muralia, Holz. – FO: in einem Brunnen im Ostkastell Welzheim.



Vitrine 10


Festungskrieg


1. 3 Pila muralia. — Holz. — L. 151, 162, 183 cm. —Inv.R 81, 235.213.230. — FO: Brunnen im Ostkastell Welzheim, Rems-Murr-Kreis (Abb. 63).

Möglicherweise dienten die Pila muralia als Annäherungshindernisse. In dem Legionslager Oberaden (an der Lippe) wurden 70 hölzerne Pila mit Centurien-Inschriften gefunden. Diese sog. Pila muralia besitzen beiderseits eine Spitze und in der Mitte eine Handhabe. Sie könnten als Wurfgeschosse oder vielleicht auch als am Wall oder Graben befestigte Abwehrwaffe gedient haben.


Lit.: J. Beeser, Pilum murale ? in: Fundber. a. Baden-Württemberg 4, 1979, 133ff.



2. 9 Geschützkugeln Sandstein. - Dm. 9 bis 29 cm. - Inv.R 81,1.256. FO: Welzheim, Rems-Murrkreis.


3. Pfeil (sagitta) und Bogen (arcus). - Eisen, Holz, Bein (N). - L. 81 cm. 1,24 m.

In Mainz und Carnuntum wurden Bogenversteifungen aus Bein (Vitrine 7,7) gefunden, die zu über 1,10 m großen Reflexbögen gehörten. Die Beinversteifungen waren an den beiden Bogenenden paarweise angebracht, um das Holz vor der Sehne zu schützen.

Im Heer der Republik dienen als Bogenschützen (sagitarii) ausschließlich fremde Söldner: Kreter, Libyer, Syrer. Auch in der Kaiserzeit rekrutieren sich die Bogenschützeneinheiten vornehmlich aus Bewohnern der östlichen Reichshälfte: Kreter, Syrer, Palmyrener. Es gab Bogenschützenformationen zu Pferde und zu Fuß (alae, cohortes und numeri sagittariorum). Auf Soldatengrabsteinen und der Traianssäule sind Bogenschützen mit Reflexbögen dargestellt. In den Limeskastellen wurden zahlreiche Pfeilspitzen gefunden.


Lit.: Fiebiger, RE 1 A Sagittarius 1743ff.- J. Werner, Bogenfragmente aus Carnuntum und von der unteren Wolga, in: Eurasia Septentrionalis Antiqua 7, 1932, 33ff. - W. v. Pfeffer, Mainzer Zeitschr. 54, 1959, 41 Nr. 1.




Artillerie - Geschütze


Die Geschütze der Römer sind Torsionsgeschütze, d. h. die bewegende Kraft beruht auf der Anwendung der Torsionselastizität: die Sehnenbündel (nervi) werden schraubenförmig (torquere - drehen) mit dem Spannbolzen (cuneolus ferreus) gespannt. Deswegen werden die Geschütze als ‚Tormenta‘ bezeichnet.

Während man beim einfachen Handbogen die Elastizität von Holz, Fischbein oder Hörnern nutzt, bezieht man bei den Geschützen die Spannkraft aus der Torsionselastizität von Nacken- und Sprunggelenksehnen von Stieren, Hirschen und von mit Öl getränkten Frauenhaaren.

Das Torsionsgeschütz ist die Erfindung eines Griechen um 400 v. Chr. in Syracus (Sizilien). Die Römer übernehmen das Torsionsgeschütz von den Griechen. Aber erst seit den punischen Kriegen (3.Jhd. v. Chr.) werden bei den Römern Geschütze erwähnt. Man unterscheidet einarmige und zweiarmige Torsionsgeschütze. Das einarmige Torsionsgeschütz ist ein Schleudergeschütz (Onager). Die zweiarmigen Torsionsgeschütze sind entweder Pfeilgeschütze (euthytona) oder Wurfgeschütze (palintona) — eine Unterscheidungsbezeichnung, die von der Benennung des einmal gekrümmten (euthytonon) und doppelt gekrümmten Handbogens (palintonon) übernommen wird.

Euthytona sind direkt richtende Pfeilgeschütze. Palintona schleudern im indirekten Beschuß Steine und Balken gegen Ziele, die sich z. B. hinter einer Deckung befinden. Die Römer nennen die Palintona ‚Ballistae‘ und die Euthytona ‚Catapultae’.




Vitrine 11


Festungskrieg


4 Modelle



Pfeilgeschütz - Catapulta M 1:1


1. Pfeilgeschütz - Catapulta nach Vitruv, wegen der Ähnlichkeit mit einem Skorpion auch Scorpio genannt- M 1:10 (Abb. 64).



Sehnenbündel - Spannbolzen


Die Catapulta hat etwa das Aussehen einer großen Armbrust auf einem Dreifuß. Die Sehnenbündel (nervi) sind in einem Spannrahmen untergebracht, der aus 2 horizontalen, durchbohrten Schwellen (peritreti) besteht, in die 2 Seitenständer (parastatae) und ein breiter Mittelständer (parastas media) durch Zapfen eingelassen sind. Dadurch entstehen 2 seitliche Fächer, in denen die Sehnenbündel untergebracht werden. Im Mittelständer ist ein Durchlaß für den Pfeil ausgeschnitten. Die Peritreti haben oben und unten Nuten, in die Buchsen (modioli) mit ringförmigen Zapfen eingreifen. Quer über den Buchsen liegt oben und unten je ein eiserner Spannbolzen (cuneolus ferreus). Über die Spannbolzen wird das Sehnenbündel gelegt. In der Mitte des Sehnenbündels ist der Geschützarm (brachium) so eingeschoben, daß er mit seinem dicken Ende an den Mittelständer des Spannrahmens anlehnt. Die Enden der Arme sind durch die Sehne verbunden. Die Sehnenbündel werden mit den Spannbolzen gespannt.





Spannen der Sehne


An dem Spannrahmen ist die ‚Pfeife‘ (canaliculus) befestigt. Sie hat oben eine schwalbenschwanzförmige Nute, in der sich der ‚Schieber‘ (canalis fundi) mit in die

Nute passender Feder hin und her bewegen läßt. Der ‚Schieber‘ hat oben eine Rinne zur Aufnahme des Pfeiles. Am Ende des ‚Schiebers‘ ist eine in Zapfenlagern befestigte, gespaltene Klaue (epitoxis) angebracht, welche die Sehne festhält. Die Klaue wird durch den Abzug (manucla) gesichert.

Die Sehne liegt dicht am Schieber. Sie ist rund und greift in die Kerbe des Pfeiles ein. In eine Öse am Ende ‚Schiebers‘ faßt ein Haken, der an einem Tau befestigt ist, das über eine am Ende der ‚Pfeife‘ montierte Haspel (sucula) mit Handspeichen (scutulae) läuft. Beim Spannen der Sehne wird der ‚Schieber‘ mit der Haspel zurückgezogen, wobei eine am ‚Schieber‘ befestigte Sperrklinke in jeder gewünschten Spannstellung in eine Zahnstange auf der ‚Pfeife‘ einrastet. Wird der Abzug zurückgezogen, dann gibt die Klaue die Sehne frei. Der Pfeil schnellt nach vorne.



Abb.64 Pfeilgeschütz (catapulta), Wurfgeschütz (ballista), Schleudergeschütz (onager), Geschützkugeln aus Stein.
Abb. 64b
Abb. 64c
Abb. 64d
Abb. 64e

Richten des Geschützes


Das auf einer Säule (columella) mit Drehkopf montierte Geschütz kann beim Richten nach allen Seiten gedreht werden. Die Säule steht in einem Dreifuß (capreoli). Eine von dem oberen Ende der Säule auf den Boden reichende schräge Strebe (subiecto) dient beim Spannen der Sehne als Auflage für eine an der ‚Pfeife‘ befestigte, umklappbare Stütze (minor columna).



Kaliber der Geschütze


Das Kaliber eines Geschützes ist gleich dem Bohrungsdurchmesser der Spannlöcher der Peritreten. Dieser Durchmesser ist wiederum gleich dem neunten Teil der Länge des zu verschießenden Pfeiles. In Ampurias (Spanien) wurde das Capitulum (Hauptteil) einer Catapulta des 2.Jh. v. Chr. gefunden, dessen Peritreten Spannlöcher mit einem Bohrungsdurchmesser von 7,9 cm (= 1 Kaliber) besitzen. Demnach wurden mit diesem Geschütz Pfeile von 71,1 cm Länge (7,9 cmX9) verschossen.

In der Feldschlacht war das dreispithamige Pfeilgeschütz (attische Spanne = 22,18 cm) üblich, das 66,54 cm lange Pfeile verschoß. Für Carroballistae fanden zweispithamige Pfeilgeschütze mit einer Pfeillänge von 44,36 cm Verwendung. Das größte Geschütz war das achtspithamige Pfeilgeschütz mit einer Pfeillänge von 177,44 cm.



Ballista - Wurfgeschütz


Die Ballistae (palintona) sind ähnlich konstruiert wie die Catapultae. Sie verschießen Steinkugeln, nach deren Gewicht sie benannt werden: 10minige (= 4,32 kg), 2pfündige (= 655 g) Ballista etc. Die Sehne der Ballista ist gürtelartig und so montiert, daß sie den Stein in der Mitte faßt. Die Torsionsgeschütze schossen 300 bis 400 m weit (Abb. 64).



2. Schleudergeschütz - Onager nach Ammianus Marcellinus (Abb. 64).

Die Soldaten nennen diese große Schleuder onager = Wildesel, weil sie wie dieser nach hinten ausschlägt. M1:10.


Das einarmige Torsionsgeschütz hat Ammianus Marcellinus (geb. ca. 330 n. Chr. in Antiochia) beschrieben:

Zwei starke waagerechte Balken werden — gewissermaßen als Peritreten - durch Querhölzer fest miteinander verbunden. Sie schwellen in der Mitte buckelartig an. An diesen Stellen sind sie für das aufzunehmende horizontale Nervenbündel mit den Spannbolzen durchbohrt. Durch die Mitte des Nervenbündels ist ein Arm aus Holz gesteckt, der sich heben und senken läßt. An seinem oberen Ende ist eine Schleuder aus Hanf oder Leder mit einer Öse befestigt. Die zweite Öse der Schleuder ist lose über das sorgfältig geglättete Ende des Armes geschoben.



Eine Winde spannt den Schleuderarm


Der Schleuderarm wird mit einer Winde zurückgezogen und in dieser Stellung durch einen vorgeschobenen Riegel gesichert Dadurch wird das bereits gespannte Nervenbündel überspannt. In die Schleuder wird ein Stein eingelegt. Wird der Riegel zurückgestoßen, dann reißt das freigelassene Nervenbündel den durchgesteckten Arm nach oben. Dieser schlägt an ein Widerlager, das durch ein Kissen gegen den Anprall geschützt ist Der in die Schleuder gelegte Stein zieht die obere Öse infolge der Zentrifugalkraft vom Stocke ab und saust in hohem Bogen auf sein Ziel.



Römische Artillerie


Im römischen Heer gibt es weder ausgebildete Artilleristen noch einen Artilleriekommandeur. Jeder Legionssoldat muß in der Lage sein, ein Geschütz zu bedienen.

Nach Flavius Vegetius Renatus (Epitoma rei militaris - Abriß der Kriegskunde. 4.Jh. n Chr.) haben die Legionskohorten 1 bis 10 je einen Onager und 5 Carroballistae mit je 11 Mann Geschützbedienung (= 66 Mann).



Carroballistae - Geschütze auf Wagen


Die Reliefs der Traianssäule zeigen in 7 Bildern Pfeilgeschütze gleicher Konstruktion in Feuerstellung auf Wällen oder mit Maultierbespannung. Da diese Geschütze in einem Wagen (carrus, i. m) fortbewegt werden, nennt man sie ‚Carroballistae‘. Sie werden von

Maultieren gezogen, während die Onagri Ochsengespanne haben (Abb. 65 und 66).



Lit.: Rud. Schneider, RE VII Geschütze 1297ff.- E. Schramm, Die antiken Geschütze der Saalburg. Nachdruck der Ausgabe von 1918 mit einer Einführung von Dietwulf Baatz (Bad Homburg v. d. H. 1980).- D. Baatz, Zur Geschützbewaffnung römischer Auxiliartruppen in der frühen und mittleren Kaiserzeit, in: Bonner Jabrb. 166, 1966, 194ff.- C. Cichorius, Traianssäule

Taf. 47 Nr. 165 und 166; Taf. 31 Nr. 104.



Abb.65 Caroballistae greifen in eine Schlacht ein. Zwei Maulesel ziehen das Geschütz. Traianssäule.
Abb.66 Römische Geschützstellung zwischen zwei Holzstößen. Traianssäule.



Eroberung einer Stadt - Bau eines Agger


Als erstes planieren die Soldaten das Gelände vor der feindlichen Stadtmauer bis auf deren Höhe durch eine mit Erde, Rasenziegeln, Flechtwerk und Faschinen verkleidete Holzterrasse (agger). Die Soldaten bauen den Agger unter dem Schutze von mit Fellen behangenen Schirmen aus Weidengeflecht (plutei), Lauben (vineae) und Schüttschildkröten (testudines) - Holzhütten auf Rollen oder Rädern, deren Dächer aus Brettern, Weidengeflecht, Fellen und nassen Kissen bestehen.



3. Wandelturm - turris ambulatoria.. M 1:20


Wenn der Agger fertiggestellt ist, werden auf ihm bis zu 20 m hohe Wandeltürme (turres ambulatoriae) mit bis zu 10 Stockwerken auf Rollen an die Stadtmauer herangeschoben. Der Agger von Avaricum war 100 m breit. Auf ihm ließ Caesar 2 Wandeltürme aufstellen.

In den obersten Stockwerken der Wandeltürme sind Geschütze aufgestellt und Fallbrücken (sambucae) angebracht, die auf die feindliche Mauer herabgelassen werden. In den unteren Stockwerken eingebaute Widder (arietes) dienen zum Einreißen der Mauer.



4. Widder - aries. M 1:20


Der Widder (aries), ein starker Balken mit eisenbeschlagenem Kopfe, kann auch unter einer Hütte auf Rollen (testudo arieta) an die Mauer herangebracht werden. An seinem hinteren Ende sind Stricke befestigt, an denen die Soldaten unter dem Schutze des Daches den Rammbalken in Bewegung setzen. Ähnlich ist der Musculus, ein bis zu 17 m langer und 0,50 m dicker Balken, konstruiert.

Unter dem Schutze der Brechhütten versuchen die Soldaten mit Mauersicheln (falces murales) oder Mauerbohrern (terebrae), die an langen Schwebebalken befestigt sind, Steine aus der Mauer zu reißen oder ein Loch in die Mauer zu bohren. Gelegentlich untergraben sie die Mauer und reißen mit Maueräxten (dolobrae) und Brechstangen (vectes) das Fundament ein oder bauen eine Mine (cuniculus, specus) unter der Mauer hindurch in das Innere der Stadt.







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