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8. Bewaffnung der Hilfstruppen (auxilia)
Im rechtsrheinischen Limesgebiet waren ausschließlich Hilfstruppen (auxilia) stationiert: Infanterie- (cohortes peditatae), Kavallerieeinheiten (alae) sowie gemischte Verbände (cohortes equitatae — Infanterie mit Kavallerie) von 500 (quingenariae) oder 1000 Mann (milliariae). Am Anfang des 2.Jh. n. Chr. kommen kleinere Aufklärungs- und Beobachtungsabteilungen hinzu: Numeri und Exploratores.
Die Hilfstruppen rekrutierten sich aus den verschiedensten Gebieten des römischen Imperiums — von Britannien bis Nordafrika, von Spanien bis Kleinasien.
A Reguläre Auxiliareinheiten
I Infanterie
1. Cohors quingenaria peditata
Stärke
480 Mann = 6 Centurien a 80 Mann und Stab
Infanterist:
Miles
Führer der Centurie: Centurio
Kommandant
der Kohorte: Praefectus, Praepositus
Kastellgröße etwa
1,4 bis 2,5 ha
2. Cohors milliaria peditata
Stärke
nicht gesichert.
10 Centurien und Stab
Kommandant
der Kohorte: Tribunus
II Kavallerie
3. Ala quingenaria
Stärke: 480 Reiter = 16 Turmen (Reiterzüge) a 30 Reiter
Reiter: Eques
Führer der Turma: Decurio (Rittmeister)
Kommandant der Ala: Praefectus
4. Ala milliaria
Stärke: 1008 Reiter = 24 Turmen a 42 Reiter und Stab
Kommandant der Ala: Praefectus
III Gemischte Verbände aus Infanterie und Kavallerie
5. Cohors quingenaria equitata
Stärke nichrt gesichert. 6 Centurien und 6 Turmen sowie Stab
Kommandant der Kohorte: Praefectus
6. Cohors milliaria equitata
Stärke: 800 Infanteristen und 240 Reiter = 10 Centurien a 80 Mann und 10
Turmen a 24
Reiter und Stab.
Kommandant der Kohorte: Tribunus
IV Wach-, Beobachtungs- und Aufklärungsabteilungen
seit Anfang des 2.Jh. n. Chr.
7. Numeri
Stärke: Nach den neuesten Ausgrabungen von D.
Baatz im Kastell Hesselbach im Odenwald
war die Sollstärke des Hesselbacher Numerus
etwa 150 Mann.
Die Numeri waren nicht numeriert.
Gliederung, in Centurien und Turmen
Kommandant des Numerus Praepositus. Im 3.Jhd.n.Chr. Praefectus oder
Tribunus
Kastellgröße 0,6 bis 0,8 ha
8. Exploratores
B Irreguläre Auxiliareinheiten
1. Tumultuarische Aufgebote
In Kriegen aufgestellte Volksaufgebote, Stammesverbände in nationaler
Bewaffnung
unter dem Kommando eines Adeligen des jeweiligen Stammes
2. Provinzialmiliz
Polizeitruppe der Gaue (civitates)
Benennung
Die Auxiliareinheiten können benannt sein nach:
1. dem Volksstamm, aus dem sie gebildet sind: cohors Raetorum
2. der Provinz, in der die Truppe liegt: cohors Germanica
3. dem Namen eines Offiziers, z. B. Longinus: ala Longiniana
4. dem Kaiser: ala Flavia
5. einem durch Verdienst erworbenen Ehrennamen:
victrix (siegreiche), pia fidelis (zuverlässige, getreue), torquata (mit Torques, Halsring, ausgezeichnete)
6. der Bewaffnung: cohors sagittariorum (Bogenschützen), cohors scutata (mit Schilden ausgerüstete)
Offiziere
Kohortenkommandeure
Die Kohortenkommandeure werden von dem Statthalter der jeweiligen Provinz ernannt. Im 2.Jh. n. Chr. werden gelegentlich auch ältere Legionscenturionen und Decurionen (Rittmeister) von den Legionslagern Mainz/Mogontiacum und Straßburg/Argentorate als Kommandanten der Cohortes quingenariae in das rechtsrheinische Limesgebiet abkommandiert. Sie führen gewöhnlich den Titel ‚Praepositus‘.
Alenpraefecten
Die Alenpraefecten ernennt der Kaiser in Rom. Sie gehören dem Ritterstande an (ordo equester). Die kaiserliche Kanzlei ab epistolis (zur Führung der amtlichen Korrespondenz des Kaisers) hat das Offlzierspatent auszustellen. Sie absolvieren seit Claudius (41-54 n. Chr.) eine reguläre Offlzierslaufbahn - tres militiae - drei Rangstufen:
1. die Praefectur einer Auxiliarkohorte von 500 Mann (praefectus cohortis quingenariae). -
2. das Militärtribunat (tribunus militum legionis) oder das Tribunat einer Auxiliarkohorte von 1000 Mann (tribunus cohortis mlliariae).
3. die Praefectur einer Ala quingenaria von 500 Reitern (praefectus alae quingenariae).
4. Die Rangstufe des Praefectus alae milliariae, einer Ala von 1000 Reitern, ist seit der Mitte des 2.Jh. n. Chr. die Endstufe der quarta militia equestris, der vierfachen Ritterkarriere.
Später werden die praefecti alae milliariae meist Procuratoren - mit der Finanzverwaltung der Provinz beauftragte Beamte, die man nach der Höhe ihres Gehaltes unterscheidet: procuratores sexagenarii, centenarii, ducenarii, trecenarii —mit 60000, 100 000, 200 000 und 300 000 Sesterzen Jahresgehalt.
Der praefectus alae hat als Kommandant eines selbständigen Heerkörpers ein Officium (Kanzlei), das dem des legatus legionis (Legionskommandeur) in allen Stücken entspricht: cornicularius (Sekretär), actarius (Kanzleibeamte), strator (Reitknecht), stator (Gerichtsoffizial), beneficiarius (zur besonderen Verwendung), librarius (Schreiber), optio, vexillarius, singularis: Stabsreiter.
Die Offiziere der Alen und Kohorten (decuriones, centuriones) sind entweder Italiker oder unter den Soldaten der jeweiligen Einheit ausgewählte Einheimische, die bei ihrer Ernennung das römische Bürgerrecht erhalten.
Rekrutierung
Die Auxiliarsoldaten werden allgemein in ihrem 20. bis 23. Lebensjahr rekrutiert, manchmal auch früher. Die aus einem Stamm ausgehobenen Einheiten erhalten fortlaufende Nummern (z. B. cohortes Asturum I-VI. Hierzu 8, 1).
In den gallisch-germanischen und spanischen Provinzen ist die Rekrutierung der Auxiliareinheiten Aufgabe der Selbstverwaltung der Civitates (Gaue). Ein Vertrag (foedus) der jeweiligen Civitas mit Rom regelt Aufstellung und Ergänzung der Einheiten. Im Gegensatz dazu überläßt man in den Donauprovinzen in vorflavischer Zeit den Einheimischen die zivile und militärische Verwaltung nicht selbst. Vorsteher der donauländischen Civitates sind römische Offiziere, die den Dilectus (Aushebung) durchführen, ‚wodurch Kinder von ihren Eltern, Brüder von ihren Brüdern wie zum letztenmal im Leben getrennt werden‘ (Tacitus, Hist IV 14). So heben römische Offiziere nach der Eroberung Rätiens und Vindeliciens im Jahre 15 v. Chr. durch Drusus und Tiberius mindestens 8 Räter- und 4 Vindelicerkohorten aus der Jugend des unterworfenen Volkes aus und verschicken diese an den Rhein (8,3). In ähnlicher Weise verfährt man in Pannonien und Thrakien. Auch hier heben römische Offiziere nach der Niederwerfung des pannonischen Aufstandes im Jahre 9 n. Chr. die Jugendlichen für den Militärdienst aus (dilectus) und entfernen sie aus ihrer Heimat (8,2), um neuen Unruhen vorzubeugen.
Polizeidienst in der Heimat
Die Einheiten zuverlässiger Civitates können in ihrer Heimat verwendet werden, wo sie mit Land und Leuten vertraut sind. Allerdings werden auch sie auf entfernten Kriegsschauplätzen eingesetzt, wenn die strategische Lage es erfordert (8,1). In der Provinz Rätien stehen im Jahre 69 n. Chr. reguläre einheimische Auxiliarverbände (Tacitus, Hist. I 67,68). Analog den Verhältnissen am Rheinlimes wird man diese Cohortes Raetorum am rätischen Donaulimes erwarten dürfen, in den Kastellen: Oberstimm, Burghöfe, Aislingen, Unterkirchberg, Rißtissen, Emerkingen, Tuttlingen. Im Kastell Hüfingen ist sehr wahrscheinlich eine helvetische Miliz stationiert (Tacitus, Hist.I 67-70).
Ergänzung
In julisch-claudischer Zeit werden die Alen und Kohorten noch aus ihren Aufstellungsgebieten ergänzt. Aber bereits in flavisch-traianischer Zeit gibt es in den Auxiliareinheiten viele Soldaten, die nicht mehr aus den ursprünglichen Rekrutierungsbezirken stammen. Im 2. und 3.Jhd. n. Chr. ergänzen sich die Auxilia hauptsächlich aus der Bevölkerung ihrer Standortprovinz.
Rechtliche Stellung der Auxiliarsoldaten
Die meisten Soldaten sind im 1.Jh n Chr. noch Peregrini (ohne römisches Bürgerrecht, z. B. 8, 1-4). Seit der Mitte des 1.Jh. n. Chr. wird ihnen nach 25jähriger Dienstzeit das römische Bürgerrecht (civitas Romana) und das Eherecht (ius conubii) in Form eines Diploms verliehen. (Vitrine 17). Viele Soldaten haben eine Familie, die durch dieses Diplom legitimiert wird. Die legitimierte Frau heißt uxor; die nicht legitimierte Frau coniux. Im 2.Jhd.n.Chr. gibt es in den Auxiliareinheiten nur noch wenige Peregrini und im 3.Jh. n. Chr. sind wohl alle Auxiliarsoldaten römische Bürger (cives Romani).
Taktische Verwendung der Auxilia
Taktisch gehören die Alen und Kohorten in julisch-claudischer Zeit zu den Legionen und sind in den Legionslagern oder deren nächster Nähe konzentriert.
Wenn in der Schlacht im Wiehengebirge (nördlich Osnabrück) im Jahre 9 n.Chr. mit der 17., 18. und 19. Legion 3 Alen und 6 Kohorten untergehen, so darf daraus allerdings nicht auf die Anzahl der am Niederrhein in augusteischer Zeit stationierten Auxiliareinheiten geschlossen werden. Sehr wahrscheinlich sind nicht alle Auxilia des unteren Heeres mit Varus in das rechtsrheinische Sommerlager (castra aestiva) abmarschiert.
Während des Feldzuges fungieren die Hilfstruppen entweder als Auxilia der Legionen oder sie operieren selbständig, häufig in größeren Auxiliarverbänden zusammengefaßt. Gegen Ende des 1.Jh.n.Chr. lockert sich ihre Verbindung zu den Legionen, als sie infolge der defensiven Politik mit der ständigen Bewachung des Limes beauftragt werden. Jede Ala und Kohorte erhält nun einen zu überwachenden Limesabschnitt. Ihre Kastelle entwickeln sich als Mittelpunkte der jeweiligen Limesstrecken zu selbständigen Garnisonen, die auf die Zusammenarbeit untereinander angewiesen sind. Die Anzahl der Auxiliarformationen in Nieder-, Obergermanien und Rätien gibt folgende Ubersicht:
Anzahl der Auxiliarformationen
An dem 320 km langen niedergermanischen Limes vom Vinxtbach (bei Remagen) bis zur Nordsee stehen zur Zeit des Tiberius (14-37 n. Chr.)
etwa 8 Alen und etwa 30 Kohorten = ungefähr 20 000 Auxiliarsoldaten. Hinzu kommen 4 Legionen mit etwa 22 000 Legionaren.
Vor dem Jahre 69 n. Chr.
mindestens 8 Alen und mindestens 11 bis 12 Kohorten = 10 000 Auxiliarsoldaten und 4 Legionen mit etwa 22 000 Legionaren.
Um die Mitte des 2.Jh.n.Chr.
etwa 5 Alen und etwa 13 Kohorten = ungefähr 9 500 Auxiliarsoldaten und 2 Legionen mit etwa 12 000 Legionaren (Abb. 50).
Vor
dem Jahre 70 n. Chr. etwa
8 Alen und 19 Kohorten = etwa 14 000 Auxiliarsoldaten. Die Zahl
dürfte jedoch größer gewesen sein. Hinzu kommen 4
Legionen mit 22 000 Legionaren. Um
die Mitte des 2.Jh.n.Chr. stehen an dem 382 km langen
obergermanischen Limes 3 Alen und 22
Kohorten = etwa 13 000 Auxiliarsoldaten und etwa 5 000 Soldaten der
Numeri. Hinzu kommen 2 Legionen mit etwa 12 000 Legionaren. Um
die Mitte des 2.Jh.n.Chr. schützen den 166 km langen rätischen
Limes 4
Alen und 14 Kohorten = etwa 11 000 Auxiliarsoldaten. Zu
Ende des 1.Jh. n. Chr. und anfangs des 2.Jh.n. Chr. werden Numeri,
kleinere Aufklärungs- und Beobachtungsabteilungen, neu
aufgestellt. Sie haben die Aufgabe, die Alen und Kohorten in ihrem
Wachdienst am Limes, vor allem in schwer zugänglichen
Waldgegenden, zu entlasten, so z. B. in den Kastellen Kemel und
kleiner Feldberg im Taunus und in den Kastellen Vielbrunn und Eulbach
u. a. im Odenwald. Im Gegensatz zu den Alen und Kohorten bleiben die
Numeri immer in der gleichen Provinz und werden ständig an der
gleichen Stelle eingesetzt, da sie zur Erfüllung ihres Auftrages
mit der jeweiligen Gegend eng vertraut sein müssen. Die
Numerussoldaten sind Peregrini (Fremde, ohne römisches
Bürgerrecht). Sie rangieren unterhalb der Alen- und
Kohortensoldaten. Erst zu Ende des 2.Jh.n.Chr. und im 3.Jh.n.Chr.
erhalten sie allmählich das römische Bürgerrecht. Numeri
werden nach Flüssen und Quellen benannt Am
obergermanischen Limes begegnen Numeri inschriftlich zum ersten Male
in Bauinschriften der Jahre 145 und 146 n. Chr. Der Numerus Brittonum
Elantiensium ist nach dem rechtsneckarischen Nebenflüßchen
Elz benannt. Die Einheit hat im Jahre 145 n. Chr. das Ostkastell von
Neckarburken erbaut. Der im Kastell Schlossau stationierte Numerus
Brittonum Elantiensium - benannt wohl nach einem ‚Dreiborn‘
im Odenwald - hat in den Jahren 145 und 146 n. Chr. im Odenwald
Wachttürme errichtet. Früher
war man der Meinung, die Brittonen seien von dem Statthalter Q.
Lollius Urbicus nach dessen Feldzug im nördlichen Britannien
141/142 n. Chr. an den obergermanischen Limes verschickt worden.
Neuere Ausgrabungen von Dietwulf Baatz am Odenwaldlimes haben jedoch
ergeben, daß zumindest das von einem Numerus Brittonum besetzte
Kastell Hesselbach bereits gegen Ende des 1.Jh. n. Chr. existierte. Taktische
Verwendung Taktisch
unterstehen die Numeri einer in der Nachbarschaft stationierten Ala
oder Kohorte — so z. B. der Numerus Brittonum Triputiensium dem
Kommando der im Kastell Oberscheidental stationierten Cohors I
Sequanorum et Rauracorum. Als diese Einheit um die Mitte des 2.Jh. n.
Chr. nach Miltenberg vorverlegt wird, folgt ihr auch der Numerus
Brittonum Triputiensium. In Miltenberg wird die Einheit inschriftlich
als Exploratio — exploratores Triputienses — bezeichnet,
womit ihr Charakter als Aufklärungsabteilung unterstrichen wird. Volksaufgebote Seit
der frühen Kaiserzeit sind auch irreguläre
Auxiliareinheiten (Volksaufgebote) dem römischen Oberbefehl
unterstellt, so z. B. die Cheruskereinheiten, die unter Arminius
anfangs — vor 9 n. Chr. — auf Seiten der Römer in
Germanien kämpften. Die Aufstellung dieser Einheiten erfolgte
wahrscheinlich aufgrund eines Foedus (Vertrages) des jeweiligen
Stammes mit Rom. Die Krieger kämpften in nationaler Bewaffnung,
nach nationaler Taktik und wurden von einem Adeligen ihres Stammes
angeführt. Irreguläre
Einheiten sind u. a. auch rätische Verbände, die im Jahre
69 n.Chr. an der Seite der regulären Räterkohorten den
Helvetieraufstand in der Schweiz unter dem Oberbefehl des Legaten
Caecina niederschlugen. Milizeinheiten Zu
erwähnen sind schließlich noch Milizeinheiten,
Einheimische, die von den Civitates (Gauen) als Polizeitruppe
aufgestellt und in einheimischer Währung besoldet werden. Das
einzige bis jetzt im Limesgebiet bekannt gewordene Milizkastell hat
Paul Revellio bei Hüfingen (Schwarzwald-Baar-Kreis)
ausgegraben, wo mit großer Wahrscheinlichkeit eine helvetische
Milizeinheit um die Mitte des 1 .Jh. n. Chr. stationiert war. Der
Grabungsplan von Revellio konnte durch zahlreiche Luftbildaufnahmen
1961 ff. bestätigt werden. Lit.: E.
Ritterling, Zur Geschichte des römischen Heeres in Gallien unter
Augustus, in: Bonner Jahrb. 114/115, 1906, 159ff. — E.
Ritterling — E. Stein, Beamte 1932. — H. Nesselhauf,
Umrisse einer Geschichte des obergermanischen Heeres, in: Jahrb. RGZM
7, 1960, 151ff. — Ph. Filtzinger, Wehranlagen am Donaulimes in
Baden-Württemberg im Luftbild, in: Fundber. aus Schwaben 18/1,
1967, 106ff. — ders., Kastell Hüflngen im Luftbild, in:
Bad. Fundber.23, 1967, 107ff. — ders., Römische
Straßenstation bei Sigmaringen, in: Fundber. aus Schwaben 19,
1971, 175ff.— H. Callies, Die fremden Truppen im römischen
Heer des Principats und die sogenannten nationalen Numeri. Beiträge
zur Geschichte des römischen Heeres, in: BRGK 45,1964, 130ff.—
H. v. Petrikovits, Die römischen Streitkräfte am
Niederrhein. Führer des Rheinischen Landesmus. Bonn 13
(Düsseldorf 1967). — H. Freis, Die cohortes urbanae.
Epigraphische Studien 2 (Köln-Graz 1967) — H.-J. Kellner,
Zwei neue raetische Militärdiplome, in: Bayer.
Vorgeschichtsblätter 33, 1968, 92ff. — G. Alföldy,
Die Hilfstruppen in der römischen Provinz Germania inferior.
Epigraphische Studien Bd. 6 (Düsseldorf 1968). — D. Baatz,
Das Numeruskastell Hesselbach (Odenwald), in: Saalburg Jahrb. 25,
1968, 185ff. — C. B. Rüger, Germania inferior. Beih.
d. Bonner Jahrb. 30 (Köln 1968).- D. Baatz, Kastell Hesselbach.
Limesforschungen Bd. 12 (1973). —J. E. Bogaers und C. B. Rüger,
Der niedergermanische Limes. Materialien zu seiner Geschichte (Köln
1974). Führer des Rheinischen Landesmus. Bonn Nr. 50. — H.
Gabelmann, Die Typen der römischen Grabstellen am Rhein, in:
BonnerJahrb. 172, 1972, 65ff. - ders., Römische Grabmonumente
mit Reiterkampfszenen im Rheingebiet. Mit einem epigraphischen
Beitrag von Geza Alföldy, in: Bonner Jahrb. 173, 1973, 132ff. Fotos:
Soldatengrabsteine Einen
wirklichkeitsnahen Eindruck vom Aussehen der Auxiliarsoldaten
vermitteln die fast lebensgroßen Bildnisse auf ihren
Grabsteinen. Der Steinmetz hat die Soldaten, die er darstellte,
gekannt und täglich gesehen. So ist es zu verstehen, daß
er ihre Kleidung und Bewaffnung bis ins einzelne auf den Grabsteinen
festgehalten hat. In
Baden-Württemberg sind figürliche Soldatengrabsteine
selten. Ein in Stuttgart-Bad Cannstatt ausgegrabener Reitergrabstein
der Ala nova Firma milliaria catafractaria aus dem 3.Jh. n. Chr. ist
im Erdgeschoß aufgestellt (EG 68). Wir sind also, wenn wir uns
ein Bild dieser Grabsteine machen wollen auf Nachbildungen (EG 5,6)
und Fotos von Soldatengrabsteinen angewiesen, die am Rhein gefunden
wurden. Die aus Spanien, Dalmatien, Rätien, Noricum und Gallien
stammenden Infanteristen und Kavalleristen (8, 1-5) waren am Rhein,
fern ihrer Heimat stationiert. Sie sind während ihrer Dienstzeit
gestorben. Ihre Kommilitonen haben sie bestattet. Eine erbberechtigte
Familie hatten sie nicht. Ihre Verwandten lebten in entfernt
liegenden Provinzen. Ein in der Heimat stationierter und verstorbener
Auxiliarsoldat wird von seinen in unmittelbarer Nähe des
Standortes der Truppe lebenden Angehörigen bestattet. Bei den
Einheimischen ist es aber nicht Brauch, einen Grabstein mit
lateinischer Inschrift aufzustellen. Das erklärt das Fehlen von
Grabsteinen der namentlich seit dem 2.Jh. n. Chr. in ihrer Heimat
stationierten Auxiliarsoldaten. Foto:
Grabstein des Pintaius, Feldzeichenträger der Cohors V Asturum
aus Spanien. Kalkstein.
- H. 1,37 m. - FO: Bonn. -AO: Rheinisches Landesmus. Bonn. - Mitte
1.Jh. Cbr. (Abb. 51). Inschrift PINTAIVS
PEDELICI / F(ilius) ASTVR TRANS/MONTANVS CASTEL(L)O/INTERCATIA
SIGNIFER / C(o)HO(rtis) V ASTVRVM / ANNO(rum) XXX STIP(endiorum)
VI[I] / H(eres) EX T(estamento) F(aciendum) C(uravit) Ubersetzung Pintaius,
Sohn des Pedilicus, geboren in dem Kastell Intercatia in Asturien
hinter dem Gebirge, Feldzeichenträger der 5. Asturerkohorte, war
30 Jahre alt und hatte 7 Dienstjahre. Sein Erbe hat (den Grabstein)
gemäß des Testamentes aufstellen lassen. Pintaius
in Tunica, Lederpanzer und Bärenfell hat den Bärenschädel
mit aufgeklapptem Rachen über den Metallhelm gezogen und die
Vorderpranken kreuzweise auf der Brust befestigt, um auf den Gegner
besonders furchterregend zu wirken. An je einem Gürtel
(cingulum) trägt er links das Schwert (gladius) und rechts den
Dolch (pugio). Die linke Hand hat er auf den Schwertknauf gelegt. In
der Rechten hält er ein Feldzeichen (signum) mit Lanzenspitze,
darunter folgen: Kranz, Querholz, Phalera, auffliegender Adler
mit Blitzbündel in den Fängen, Halbmond, Zierquaste,
Handhabe und Eisenschuh. Die
Cohors V Asturum wird zusammen mit 5 weiteren Kohorten im
Gerichtsbezirk (conventus) von Asturica Augusta (Astorga) in
Nordwestspanien (Provincia Hispania citerior) zu Anfang des 1.Jh. n.
Chr. ausgehoben und wahrscheinlich nach der Varuskatastrophe 9 n.
Chr. an den Niederrhein verlegt. Um die Mitte des 1.Jh.n.Chr. ist die
Cohors V Asturum in Bonn stationiert. Wahrscheinlich ist die Einheit
im Bataverkrieg 70 n. Chr. untergegangen. Lit.: H.
v. Petrikovits, Führer des Rheinischen Landesmuseums in Bonn Nr.
9 (Düsseldorf 1963) 35 Nr. 2. — E.Ritterling— E.
Stein, Beamte 1932, 163ff.— G.Alföldy,
Hilfstruppen 1968, 44 Nr. 2 — P. A. Holder, Studies in the
Auxilia of the Roman Army from Augustus to Trajan. British
Archaeological Reports.International Series 70 (Oxford 1980). Foto:
Grabstein des Annaius, Soldat der Cohors IIII Delmatarum aus
Dalmatien. Kalkstein.
- H. 1,52 m. - FO: Bingerbrück. - AO: Museum Kreuznach. - Mitte
1.Jh. n. Chr. (Abb. 52). ANNAIVS
PRAVAI F(ilius) DAVERZVS / MIL(es)EX COH(orte) IIII DELMATARVM /
ANN(orum) XXXVI STIPEND(iorum) XV / H(ic) S(itus) E(st) H(eres)
P(osuit) Ubersetzung Annaius,
Sohn des Pravaius, aus dem Volksstamm der Daverzer, Soldat der Cohors
IV Delmatarum. Er war 36 Jahre alt und hatte 15 Dienstjahre. Hier
liegt er begraben. Sein Erbe hat (den Grabstein) aufstellen lassen.
Annaius
in Tunica und Sagum trägt an dem zweifach um den Leib
geschlungenen, mit Zierblechen beschlagenen Gürtel rechts das
Schwert in reichverzierter Scheide und links den Dolch, dessen
Scheide mit 2 Metallplättchen beschlagen ist. Am Gürtel
hängt vorne in der Mitte zum Schutze des Unterleibes ein
Riemenschurz aus 8 mit Metallplättchen beschlagenen Riemchen,
die in Metallanhängern enden. Darüber steckt in dem Gürtel
eine rechteckige Platte. In der Rechten hält er 2 Lanzen
(hastae). Nach
der Niederwerfung des dalmatisch-pannonischen Aufstandes im Jahre 9
n. Chr. werden aus der Urbevölkerung der Provinz Dalmatia 7
Cohortes Dalmatarum quingenariae aufgestellt, von denen die Cohortes
I-V an den Rhein verlegt werden. Die Daverzi (oder Daversi) sind ein
Volksstamm in Dalmatien. Die
Cohors IV Delmatarum ist in julisch-claudischer Zeit in Bingerbrück
stationiert. Sie wird unter Claudius oder Nero nach Britannien
verlegt. Lit.: H.
Schoppa, Die Kunst der Römerzeit in Gallien, Germanien und
Britannien (München/Berlin 1957) Taf. 51. — E. Ritterling,
Bonner Jahrb. 114/115, 1906, 159ff. 184.- H. Lehner, Die antiken
Steindenkmäler des Provinzialmuseums in Bonn (Bonn 1918) 264 Nr.
658.— G. Alföldy, Hilfstruppen 1968, 56 Nr. 12. —
Ritterling — Stein, Beamte 1932, 186. Foto:
Grabstein des Firmus, Soldat der Cohors Raetorum aus Rätien
(Oberschwaben, Bayern). Kalkstein. - H. 1,44 m. - FO: Andernach. -
AO:Rhein. Landesmuseum Bonn. - Mitte 1.Jh. n. Chr. (Abb. 53). Inschrift [F]IRMVS
/ ECCONIS F(ilius) / MIL(es) EX COH(orte) / RAETORVM / NATIONE
M/ONTANVS /
ANN(orum) XXXVI / STIP(endiorum) X..ll / HERES [E]X TES(tamento) /
PO[sui]T Ubersetzung Firmus,
Sohn des Ecco, Soldat der Cohors Raetorum aus dem Stamm der Montani
war 36 Jahre alt und hatte 12 (?) Dienstjahre. Sein Erbe hat gemäß
des Testamentes (den Grabstein) aufstellen lassen. Firmus
ist bekleidet mit Tunica, Lederpanzer und Paenula (keltischer
Kapuzenmantel). Er trägt rechts das Schwert und links den Dolch
an je einem Gürtel, an dem vorne ein Riemenschurz aus 6
metallbeschlagenen Lederriemchen hängt. Im Gürtel steckt
eine rechteckige Platte. In der Rechten hält er zwei Lanzen. In
der Linken hält er den Schild. Rechts: Mann in Toga, vermutlich
der Erbe. Links: der Sklave Fuscus in Ärmelrock und Paenula, mit
Tasche. Beide Figuren sind kleiner dargestellt, weil von
untergeordneter Bedeutung. Räterkohorten
am Rhein Grabsteine
von Soldaten der Räter- und Vindelicercohorten gehören zu
den ältesten am Rhein gefundenen Grabdenkmälem von
Kohortensoldaten. Rätische und vindelicische Kohorten nahmen an
der Schlacht bei Idistaviso im Jahre 16 n. Chr. in Germanien teil. Im
Jahre 69 n. Chr. ergriffen die an der oberen Donau stationierten
Cohortes Raetorum Partei für Vitellius. Zusammen mit der Legio
XXI rapax von Vindonissa und Vexillationen der beiden Mainzer
Legionen (legio IV Macedonica und legio XXII Primigenia) schlagen sie
den Aufstand der Helvetier in der Schweiz nieder. Den
römischen Gegenstoß im Bataverkrieg eröffnen durch
Rätien kommende Auxiliarkohorten im Jahre 70 n. Chr. mit
Schwung. Vermutlich gehören zu diesen Truppen auch rätische
Kohorten, die zur Niederwerfung des Bataveraufstandes im Jahre 70 n.
Chr. neu aufgestellt wurden. Im
2.Jh. n. Chr. ist die Cohors I Raetorum als Besatzung des Kastells
Schirenhof bei Schwäbisch Gmünd durch Ziegelstempel
nachgewiesen. Vielleicht lag die Einheit zuvor im Kastell Donnstetten
auf der Schwäbischen Alb. Eine Cohors I Raetorum ist auch in der
Provinz Cappadocia im 2./3.Jh. n. Chr. bezeugt. Lit.: H.
Lehner, Steindenkmäler 1918, 269 Nr. 665.—
Ritterling-Stein, Beamte 1932, 204ff. — B. Overbeck, Chiron 11,
1981, 265ff. Foto:
Grabstein des Vonatorix, Reiter der Ala Longiniana aus Gallien. Kalkstein.
- H. 1,20 m. - FO: Bonn. - AO: Rhein. Landesmuseum Bonn. - Vor 70 n.
Chr. (Abb. 54). Inschrift VONATORIX
DV/CONIS F(ilius) EQVES ALA / LONGINIANA AN/NORVM XLV STIPEN / DIORVM
XVII H(ic) S(itus) E(st) Ubersetzung Vonatorix,
Sohn des Duco, Reiter der Ala Longiniana, 45 Jahre alt, mit 17
Dienstjahren liegt hier begraben.
Vonatorix,
barhäuptig, in kurzärmliger Tunica und Schuppenpanzer mit
metallenen Schulterklappen galoppiert mit hocherhobener Stoßlanze
nach rechts. Am Gürtel hängt an 2 Riemen rechts das
Langschwert (spatha). In der Linken hält er einen länglichen
Schild. Der
Sattel liegt auf einer Satteldecke mit Fransen. Er zeigt vorne und
hinten eine Erhöhung und wird durch einen Bauchgurt sowie vor
der Brust und unter dem Schwanz des Pferdes verlaufende Riemen
festgehalten. Die Riemen verbinden Metallscheiben (phalerae), von
denen lose Riemenenden herabhängen. Auch am Kopfgestell werden
Kopf-, Backen-, Stirn- und Nasenriemen durch Metallscheiben
zusammengehalten.
Ala
benannt nach ihrem Kommandeur Longinus Die
Ala Longiniana wird zu Anfang des 1.Jh.n.Chr. aus gallischen Reitern
aufgestellt und nach ihrem Kommandeur Longinus benannt. Sie liegt
zunächst sehr wahrscheinlich in Chalons-sur-Saone in der
Provincia Gallia Lugdunensis, von wo sie vielleicht während der
Vorbereitungen zum Caligulafeldzug in der Wetterau 39/40 n. Chr. oder
zum Britannienfeldzug 43 n. Chr. nach Niedergermanien in das
Legionslager Bonn/Bonna abkommandiert wird. Ihr weiteres Schicksal
ist unbekannt. Es wird vermutet, daß die Ala mit den Truppen
des Vitellius über die Alpen nach Italien zog. Sie scheint im
Bürgerkrieg 69/70 n. Chr. untergegangen zu sein. Lit.:
H. v. Petrikovits, Führer des Rheinischen Landesmuseums in Bonn
Nr. 9 (Düsseldorf 1963) 43 Nr. 7. — G. Alföldv,
Hilfstruppen 1968. 21 Nr. 8.
Foto:
Grabstein des Titus Flavius Bassus, Reiter der Ala Noricorum aus
Thrakien (Abb. 6). Kalkstein.
- H. 1,22 m. - FO: Köln. - AO: Römisch-Germanisches Museum
Köln. - Ende 1.Jh. n. Chr. T(itus)
FLAVIVS BASSVS MVCALAE / F(ilius) DANSALA EQ(ues) ALAE NORI/CORV(m)
TVR(ma) FABI PVDENTIS / AN(norum) XXXXVI STIP(endiorum) XXVI H(eres)
F(aciendum) C(uravit) Ubersetzung Titus
Flavius Bassus, Sohn des Mucala, ein Dansaler (Volksstamm in
Thrakien), Reiter der Ala Noricorum, in dem Reiterzug des Fabius
Pudens war 46 Jahre alt und hatte 26 Dienstjahre. Sein Erbe hat
(den Grabstein) aufstellen lassen. T.
Flavius Bassus mit Helm, Ovalschild und Lederpanzer sprengt mit
erhobener Lanze über einen am Boden liegenden Feind mit
Ovalschild hinweg. An der rechten Seite trägt er das Langschwert
an schmalem Gürtel. Das Pferdegeschirr ist mit Fransen, Lunulae
(mondförmige Anhänger) und Phalerae (Bronzescheiben) reich
verziert. Auf dem Kopf des Pferdes ist eine nach vorne fallende
Quaste befestigt. Der Sattel ist vorne und hinten erhöht. Im
Hintergrund steht ein junger Mann mit zwei Lanzen und einem
Qvalschild. T.
Flavius Bassus ist römischer Bürger T.
Flavius Bassus gehört dem in Thrakien wohnenden Volksstamm der
Dansaler an. Da die Ala Noricorum bis zum Bataveraufstand (70 n.
Chr.) wahrscheinlich hauptsächlich aus Norikern bestand, wurde
der Thraker T. Flavius Bassus vermutlich erst nach 70 n. Chr.
ausgehoben. Aufgrund
des Nomen gentile (Familiennamen) „Flavius“ hat er nach
25jähriger Dienstzeit das römische Bürgerrecht
(civitas Romana) noch in flavischer Zeit (69-96 n. Chr.) durch
Verleihung eines Diploms erhalten. Demnach dürfte er um 70 n.
Chr. ausgehoben worden sein. Er starb wahrscheinlich um 96 n. Chr. Lit.:
F. Fremersdorf, Urkunden zur Kölner Stadtgeschichte aus
römischer Zeit, in: Die Denkmäler des römischen Köln
Bd. 2 (Köln 1963) 55 Taf. 86 und 87. — G. Alföldy,
Hilfstruppen 1968, 25 Nr. 10, 181 Nr. 47.— H. Gabelmann,
Römische Grabmonumente mit Reiterkampfszenen im Rheingebiet, in:
Bonner Jahrb. 173, 1973, 132ff.
Abb. 50 Der Niedergermanische Limes (NL) von Claudius bis 260 n.Chr. (nach Chr. Rüger).
Obergermanien
Ratien
Numeri
- Aufklärungs- und Beobachtungsabteilungen
Irreguläre
Auxiliareinheiten
Abb. 51 Grabstein des Pintaius, Feldzeichenträger der Cohors V Asturum aus Spanien. FO und AO: Bonn. Mitte 1.Jh. n.Chr.
Inschrift
Inschrift
Waffen und Geräte der Auxilia-Hilfstruppen
Die Soldatengrabsteine zeigen, daß die Bewaffnung der regulären Auxiliarformationen im großen und ganzen die gleiche ist wie die der Legion. Allerdings werden die Lanze (hasta) und - namentlich von den Reitern – ein leichterer Oval- oder Rundschild (parma) sowie das Langschwert (spatha) bevorzugt. Ein im Jahre 1962 im Kastell Künzing/Quintana (Kr. Vilshofen, Niederbayern) ausgegrabener Depotfund mit 14 Kurzschwertern, 51 Dolchen, 35 Lanzenspitzen, 32 Kreuzhauen, 12 Hacken, 7 Pionieräxten, 34 Haumessern u. a. m. gibt einen guten Einblick in die Bewaffnung und Ausrüstung der römischen Auxiliareinheiten um die Mitte des 3.Jh. n. Chr. Die Waffen und Geräte sind bei der Zerstörung des Kastells Künzing 242/244 n. Chr. vergraben worden. F.-R. Herrmann hat den Eisenhortfund aus dem Kastell Künzing/Quintana in der Reihe Limesmuseum Aalen 8, 1972 veröffentlicht.
Unter den Auxilia gibt es auch Spezialeinheiten, die sich durch ihre Sonderbewaffnung unterscheiden:
Bogenschützen (sagitarii), Schleuderer (funditores), Lanzenträger (contarii), mit schwerem Wurfspieß Bewaffnete (gaesati), Panzerreiter (catafractarii), Kohorten mit schwerem Rechteckschild (scutati) etc. Die irregulären nationalen Verbände kämpfen in ihrer nationalen Bewaffnung (Abb. 55).
Lit.: G. Ulbert, Bewaffrnmg, in: Hoops Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 2. Aufl. Bd. 2 (1976) 416 ff. - J. Benes, Auxilia Romana in Moesia atque in Dacia (Praha 1978).
Vitrine 6
1. Reiterhelm, Bronze, Eisen ergänzt. — H. 23,5 cm. —Inv. R. 63,2. - FO: Faurndau, Kr. Göppingen. - Ende 2./1. Hälfte 3.Jh. n. Chr. (Abb. 56).
Im Jahre 1955 wurden bei Faurndau Teile eines romischen Reiterhelms gefunden: 1. Stirnband mit Ansatz des rechten Ohrenschutzes. -2. Traggriff mit Beschlagplatte vom Nackenschutz. - 3. Randeinfassung des Nackenschutzes. Die Einzelteile erlauben eine Rekonstruktion des Helmes. Das Stirnband aus goldfarbenem Bronzeblech ist mit einem eingepunzten Eichenkranz verziert, der vorne in der Mitte Platz läßt für einen von ovalem Kranz umgebenen Adler mit kranzartigem Gebilde im Schnabel. Der Adler wird rechts und links flankiert von je einer Victoria im Chiton mit Kranz in der vorgestreckten Rechten und einem Palmzweig in der gesenkten Linken. Als Traggriff dienen zwei Delphine aus Bronze, die mit ihrem Maul eine Kugel zwischen sich halten. In ihre zurückgebogenen Schwänze ist je ein bronzener Splint eingehängt, mit denen der Henkel auf einer Tabula ansata aus goldgelbem, von einem geperlten Kupferdraht eingefaßten Bronzeblech beweglich befestigt war. In der Mitte der Tabula ansata (Tafel mit seitlichen, trapezförmigen ‚Henkeln‘) ist ein Tropaion (Siegeszeichen) eingepunzt: Helm, darunter Gewand und zwei gekreuzte Beinschienen; links und rechts davon je ein Ovalschild und Lanze. Unter dem Tropaion sitzen Gefangene: links eine vorgebeugte Frau mit langem Gewand und fliegendem Haar, rechts ein nackter Mann, der den Kopf in die Hände stützt. Auf den Trapezflächen der Ansae (Griffe, Handhaben) sind weibliche Masken dargestellt. Der breite Nackenschutz des Helmes wird von einem geperlten Kupferdraht eingefaßt.
Lit.: H. Klumbach, Bruchstücke eines römischen Helmes von Faurndau (Kr. Göppingen), in: Fundber. aus Schwaben 14, 1957, 107ff.
2. Reste eines Kettenpanzers (lorica hamata). - Eisenringe. — H. 35 cm. — Inv. R 149,41. — FO: Öhringen, Hohenlohekreis.
3. Langschwert (spatha). - Eisen. L. 67,5 cm. - Inv.53,135. - FO: Hepsisau, Kr. Nürtingen. -
4. Dosenortband. - Eisen, beiderseits messingtauschiert. - Dm 7,2 cm. Klingenausschnitt 4,15 cm. -Inv.R 7,1. - FO: Hofstett a. St. bei Geislingen, Kr. Göppingen. - 2./3.Jh.n.Chr. (Abb. 57).
Das Ortband (unterer Abschluß der Scheide) ist beiderseits leicht gewölbt. Auf der Vorderseite ist die Fläche durch zwei im rechten Winkel sich kreuzende Bänder in 4 Felder aufgeteilt. In jedem Feld ist im Winkel von 45 Grad ein nach außen geöffnetes birnenförmiges Gebilde und links und rechts davon je ein kleineres, ähnliches, nach innen geöffnetes Gebilde zu sehen. Ihre Innenflächen sind mit Rankenwerk und je einem Kleeblatt gefüllt. Um die Mitte der Rückseite gruppieren sich vier eierstabähnliche, nach außen geöffnete Halbbögen, die sich an einen Kreis anlehnen. Das gleiche Motiv wiederholt sich am Rande. Die Innenflächen der ’Eierstäbe‘ sind je mit Rankenwerk und Kleeblatt und die Zwickel der vier inneren Halbbögen imt einer Ranke ausgefüllt.
Lit.: H.-J. Hundt, Die spätrömischen eisernen Dosenortbänder, in: Saalburg Jahrb. 12,1953, 66ff. - L Raddatz, Anhänger in Form von Ringknaufschwertern, in: Saalburg Jahrb. 12, 1953, 60ff. – H.-J. Kellner, Zu den römischen Ringknaufschwertern und Dosenortbändern in Bayern, in: Jahrb. RGZM 13,1966,190ff.- Ph. Filtzinger, Römische Straßenstation bei Sigmaringen, in: Fundber. aus Schwaben 19, 1971, 175ff.; 13, 1955, 58ff.
5. Dolch (pugio) (N), - Eisen. - L. 36,5 cm. - Inv. R120,8. - FO: Mainhardt, Kr. Schwäbisch Hall. - 2./3.Jh.n.Chr.
6. Ortband, Bronze. — L. 6,7 cm. — Inv.R 55,10. —FO: Birkenfeld-Gräfenhausen, Enzkreis. - 2.Jh. n. Chr.
7. Schildbuckel (umbo). — Bronzeblech. - Dm. 19 cm. - Inv.R 130,15. - FQ: Mochenwangen, Gem. Wolpertswende, Kr. Ravensburg.
8. Schildfessel (ansa). — Eisen. — L. 95,5 cm. — Inv.R 149,40. - FO: Öhringen, Hohenlohekreis.
9. Messer, Eisen. — L. 18,5 cm. — Inv.R 209,5. — FO: Böbingen, Ostalbkreis.
10. 4 Lanzenspitzen. — Eisen. — L. 19 bis 23 cm. —Inv.R 190,242; R 25,8; A 2117. — FO: Cannstatt; Rainau-Buch, Ostalbkreis; Burladingen, Zollernalbkreis.
11. 5 Zeltheringe, Eisen (N). L. 28,4 cm. - FO: Windisch/Vindonissa.
12. Spatentasche mit Holzkern. — Eisen. — Br. 20 cm. - Inv.R 190,551. - FO: Stuttgart-Bad Cannstatt.
13. 11 Fibeln. — Bronze. — L. 4,5 bis 8,8 an. — Inv.R 170,17; R 42,1; R 190,8; R 164,29; R 170,14; R 130,30; R 164,5; R 111,2. - FO: Rottenburg, Kr. Tübingen; Eriskirch, Bodenseekreis; Stuttgart-Bad Cannstatt; Rißtissen, Alb-Donau-Kreis; Mochenwangen, Kr. Ravensburg; Laupheim, Ostalbkreis.
Vitrine 7
1. Gesichtshelm. — Eisen, Bronze. — H. 22,5 cm. —Inv.R 190,548. — FO: Cannstatt. — 1. Hälfte 3.Jh. n. Chr.
Im Jahre 1909 waren in Cannstatt/Steig, westlich des Kastells der Ala I Scubulorum Teile eines Gesichtshelmes gefunden worden, die H. Klumbach 1961 in den Werkstätten des RGZM in Mainz ergänzen ließ. Dabei ist es ihm gelungen, die Helmmaske zu rekonstruieren. Die Maske ist aus Eisenblech getrieben. Die Stirnpartie der Haare und der Backenbart sind mit sehr dünnem Bronzeblech belegt, das über die bereits modellierte Eisenmaske gehämmert und durch kleine Bronzenieten befestigt ist.
Lit.: H. Klumbach, Römischer Gesichtshelm aus Stuttgart-Bad Cannstatt, in: Fundber. aus Schwaben 16, 1962, 163ff.
2. Langschwert (spatha). - Eisen. - L. 56 cm. - Inv.R 73, 3345. - FO: Sulz, Kr. Rottweil.
3. Ortband.-Bein.-Br. 8 cm.-Inv.R80,304.-FO: Rainau-Buch, Ostalbkreis.
4. Dolch (pugio). - Eisen (N). - L. 43,5 cm. - FO: Köln - AO: Mus. Köln. - 1.Jh. n.Chr.
5. Schildbuckel (umbo). - Eisen. - Dm. 19 cm. -Inv.R 70,1. - FO: Öhringen, Hohenlohekreis.
6. 3 Geschoßspitzen. - Eisen. - L. 7 bis 8,5 cm. -FO: Rainau-Buch, Qstalbkreis.
7. 4 Bruchstücke von Bogenverstärkern. — Bein. —L. 12 bis 17 cm. — Inv.R 80,304. — FO:
Rainau-Buch, Ostalbkreis.
8. 3 Lanzenspitzen. — Eisen. — L. 20 bis 33 cm. —Inv.R 79,264. - FO: Rainau-Buch; Essingen, Ostalbkreis.
9. 2 Trensen. — Eisen. — Br. 16 cm. — Inv.R 205; R 55,5. - FO: Gräfenhausen, Kr. Calw.
10. 4 Sattelbeschläge. — Bronzeblech. — Inv.R 171,56. -FO: Rottweil.
Lit.: Fundber. aus Schwaben 12. 1938—1951, 80f.
11. Brandstempel mit der Zahl VI — Eisen. - L. 21 cm. - Inv.R. 87,3. - FO: Illingen, Enzkreis.
12. Hufeisen. - L. 11 cm. - FO: unbekannt
13. Hufschuh. - Eisen. - L. 20 cm. - Lnv.R 190,482. FO: Stuttgart-Bad Cannstatt.
14. 2 Sporen (calcaria). — Kupferlegierung (N). — L. 9 cm. — FO: Neuss/Novaesium. — AO: Mus. Neuss. —Vor 69/70 n. Chr. An den beiden Enden sind rechteckige Ösen für den Sporenriemen angebracht. Der Eisendorn ist hinten aufgenietet.
Lit.: H.v. Petrikovits, Novaesium 1957. 70 Nr. 5.
15. Fußfessel mit Schloß. — Eisen. - L. 27 cm. -Inv.R 129.1. - FO: Mittelstadt, Kr. Reutlingen.
16. Handfessel. - Eisen. - Dm. 18 cm. - Inv.R FU 229. - FO: unbekannt.
Abb.58 Gesichtshelm, Eisen, Bronze. – FO: Welzheim, Rems-Murr-Kreis. 2./3. Jhd.n.Chr. |
Vitrine 8
Bewaffnung der Auxilia-Hilfstruppen
1. Gesichtshelm. - Eisen, Bronze. - H. 25 cm. -Inv.R 81. - FO: Welzheim, Rems-Murr-Kreis (Abb. 58).
2. 17 Bruchstücke eines Schienenpanzers (lorica segmentata). — Eisen, Bronze. — Haken, Schnallen, Scharniere. - Inv.R 68,22.1. - FO: Rißtissen, Alb-Donau-Kreis.
3. Kurzschwert (gladius). - Eisen. - L. noch 40 cm. -Inv.R 79,282. - FO: Köngen, Kr. Esslingen
4. Gürtelschnalle. - Bronze. - Dm. 3,5 cm. - Inv.R 190,501. - FO: Stuttgart-Bad Cannstatt
5. 4 Gürtelbeschläge. - Bronze (N). - L. 4 bis 4,5 cm. - FO: Windisch/Vindonissa.
6. Schwertgriff. - Bein. - L. 14 cm. - Inv.R 190,504. -FO: Stuttgart-Bad Cannstatt.
7. 2 Riemenhalter. - Bein. L. 9 und 11,5 cm. - mv. R L 190,102.. - FO: Stuttgart-Bad Cannstatt
8. Pfeife. - Bein. - L. 10 cm. - Inv.R 177,1. - FO: Schirenhof bei Schwäbisch Gmünd, Ostalbkreis.
9. Stilus (Schreibgriffel). - Eisen. — L. 9,8 cm. - Inv.R 164,236. - FO: Rißtissen, Alb-Donau-Kreis.
10. 2 Pilumspitzen. - Eisen. - L. 45 und 75 cm. -Inv.R 79,5.7.2; R 70,41.64. — FO: Bad Wimpfen; Neuhausen, Kr. Esslingen.
11. Lanzenschuh. - Eisen. - L. 11,5 cm. - Inv.R 73,568. - FO: Sulz, Kr. Rottweil.
12. 5 Lanzenspitzen. - Eisen. - L. 14 bis 21 cm. -Inv.R 190,26; F 57,45; R 219,11; R 69,570.7; R 190,74.- FO: Stuttgart-Bad Cannstatt; Walheim, Kr. Ludwigsburg; Waiblingen, Rems-Murr-Kreis.
13. 3 Geschoßspitzen. — Eisen. — L. 7,5 bis 13 cm. —Inv.R FU 79,2. - FO: unbekannt.
14. 3 Messer. — Eisen. — L. 14 bis 15 cm. Inv.R 149,17; R 73,687; R 190,74. — FO: Öhringen, Hohenlohekreis; Sulz, Kr. Rottweil; Stuttgart-Bad Cannstatt
15. Axt - Eisen. - L. 25,5 cm. - Inv.F 58,5. — FO: Heilbronn-Böckingen.
16. Hacke. - Eisen. - L. 17,5 cm. - Inv.R 190,21. -FO: Stuttgart-Bad Cannstatt.
17. Spatentasche. - Eisen. - L. 23,5 cm. - Inv.R FU 79,1.— FO: unbekannt.
18. Helmbügel — Eisen. — L. 17 cm. — Inv.R 149,17. —FO: Öhringen, Hohenlohekreis.
19. Ring — Bronze. — Dm. 2,6 cm. — Inv.R 25,5. —FO: Rainau-Buch, Ostalbkreis.
20. 3 Anhänger mit Phallus (Amulette). - Bronze.—L.4,6,Sund3,8cm. lnv.R FU96,3;
R 226,29.—FO: Welzheim, Rems-Murr-Kreis.
21. Anhänger, durchbrochen. - Bronze. - L. 4,3 cm. Inv.R FU 96,1. - FO: unbekannt.
22. Beschläg in Form einer Beneficiarierlanze. - Bronze. — L. 10,8 cm. — Inv.R 25,5. — FO: Rainau Buch, Ostalbkreis.
23. 2 Ortbänder.-Bronze.-L.l6 und 5cm.-Inv.R 226.30. - FO: Köngen, Kr. Esslingen; Welzheim.
24. Messer. - Eisen. - L. 22 cm. Inv.R 70,2. FO: Rainau-Buch.
Lit.: G Ulbert, Gaius Antonius der Meister des silbertauschierten Dolches von Oberammergau, in: Bayer. Vorgeschichtsbl. 36, 1971,44ff.- B. Dobson, The Army of Hadrian‘s wall (Newcastle 976).- T. Capelle, Erkenntnismöglichkeiten ur- und frühgeschichtlicher Bewaffnungsformen. Zum Problem von Waffen aus organischem Material, in: Bonner Jahrb. 182, 1982, 265ff.
Abb.59 Profil der Contravallationslinie vor Alesia (nach Kromayer-Veith, Heerwesen 1928 Taf. 50, 141) |
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