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6. Taktische Entwicklung des römischen Heeres (Abb. 36)



Phalanx


Das Heer der frühen Republik (5.Jh. v.Chr.) ist als Phalanx organisiert. Die Phalanx gliedert sich in 3 Treffen nach Altersklassen: Hastati, Principes, Triarii - im Verhältnis 1:1:1/2. Die Soldaten der einzelnen Treffen tragen wahrscheinlich verschiedene Waffen. Leichtbewaffnete (velites) eröffnen den Angriff. Sie sind außerdem für Plänklerdienste bestimmt.



Manipularlegion


Die nur wie ein Stab bewegliche Phalanx wird bald durch Querteilung beweglicher gemacht, d. h. man bildet kleinere taktische Einheiten, indem man innerhalb der Treffen jeweils 2 Centurien (Hundertschaften) zu einer neuen taktischen Einheit, dem Manipel (manipulus) zusammenfaßt. Die Manipel werden innerhalb der Treffen von 1 bis 10 durchnumeriert (1 bis 10 Hastaten-, Principes- und Triariermanipel) und die Centurien innerhalb des Manipels als 1. und 2. Centurie (z. B. des 4. Hastatenmanipels) bezeichnet.



Aufstellung


In den Manipeln stehen die 2 Centurien nebeneinander:

Hastati und Principes wahrscheinlich 6 Mann tief, die Triarii 3 Mann tief gestaffelt. Zwischen den Manipeln (Manipelbreite etwa 18 m; Manipeltiefe nicht ganz 6 m bzw. 3 m) werden regelmäßige, frontbreite Intervalle gelassen. Die Manipel des 2. Treffens decken die Intervalle des 1. Treffens und die Manipel des 3. Treffens die Intervalle des 2. Treffens.

Durch diese Querteilung hat die Phalanx sozusagen Scharniere erhalten, in denen sich die Manipel drehen können. Der Centurio der jeweils 1. Centurie kommandiert, am rechten Flügel stehend, den Manipel. In seiner Nähe steht der Feldzeichenträger (signifer) mit dem Manipelfeldzeichen (signum), das zur optischen Befehlsübermittlung dient. Der Centurio der jeweils 2. Centurie ist, am linken Flügel stehend, stellvertretender Manipelkommandant.




Manipularlegion nach Polybios


Die Entwicklung zur Manipularlegion ist zu Anfang des 3.Jh. v. Chr. mit dem Krieg gegen Pyrrhos (280 bis 275 v. Chr.) abgeschlossen. Gliederung und Bewaffnung der Manipularlegion des 2.Jh. v. Chr. beschreibt Polybios (geb. ca. 201 v. Chr.):


1200 Hastati = 10 Manipel zu je 120 Mann

= 20 Centurien zu je 60 Mann

1200 Principes = 10 Manipel zu je 120 Mann

= 20 Centurien zu je 60 Mann

600 Triarii = 10 Manipel zu je 60 Mann

= 20 Centurien zu je 30 Mann

1200 Velites (Leichtbewaffnete). Ihre Gliederung ist unbekannt.






Kohortenlegion

Eine grundlegende Neuerung ist die Aufstellung der Kohortenlegion. Diese Heeresreform wird allgemein Marius (156—86 v. Chr.) zugeschrieben, aber in der Überlieferung wird dies nicht ausdrücklich erwähnt. Es wird lediglich berichtet, daß Marius der Legion den Adler (aquila) als Feldzeichen gab, eine technische Verbesserung am Pilum durchführen und das Marschgepäck der Soldaten reformieren ließ.

Die Kohorte ist seitdem die taktische Einheit der Legion. Die gleichnumerierten, hintereinander stehenden Manipel aller 3 Treffen werden nun zu einem einheitlich geschlossenen Kampfkörper, der Kohorte, zusammengefaßt. Die 10 Kohorten der Legion stehen nebeneinander, jede Kohorte in 3 Treffen gegliedert. Die Kohorten werden von rechts nach links von 1 bis 10 durchnumeriert. Die 1. Kohorte hat das größte Ansehen, das sich bis zur 10. Kohorte staffelt. Diese graduellen Unterschiede spielen beim Avancement der Centurionen eine Rolle (s. o.).



Sollstärke der Kohortenlegion


Die Manipel werden als Hastaten-, Principes- oder Triariermanipel der 1. bis 10. Kohorte, die Centurien als 1. bzw. 2. Centurie dieses oder jenes Manipels bezeichnet. Die Sollstärke der Legion beträgt 6400 Mann. Die Mannschaftsstärke der 1. Kohorte ist umstritten - möglicherweise hat sie 800 Mann, die 2. bis 10. Kohorte jeweils 480 Mann, die Centurie 80 Mann. Zu jeder Kohorte gehört ein kleiner Stab und Artillerie. Hinzu kommen 120 Legionsreiter.




Abb.36 Taktische Entwicklung des römischen Heeres. Aavancement der Centurionen in der Kohortenlegion.



Kohortenlegion


60 Centurien à 80 Mann 4800 Mann
Legionsreiter 120 Reiter
Handwerker, Magazinarbeiter im Lager 300 Mann
Handwerker,die außerhalb des Lagers arbeiten 100 Mann

Lazarettangehörige und Veterinärpersonal 50 Mann
9 oder 10 Stäbe der Legion 260 Mann
Abkommandierte zum Statthalter und
Procurator der eigenen Provinz 210 Mann
Abkommandierte zum Statthalter und
Procurator anderer Provinzen 210 Mann
Abkommandierte zu Straßen-, Zoll-,
Steuerstationen 200 Mann
Sonstige Immunes und Abkommandierte 150 Mann
6 400 Mann



Offiziere

Von den 6 Stabsoffizieren (Tribuni militum) ist der Tribunus laticlavius Stellvertreter des Legionskommandeurs. Er gehört dem Senatorenstand an, während die übrigen fünf Tribunen Ritter (equites) sind. Jede Kohorte hat sechs Centurionen (Hauptleute), einen Prior und Posterior der Hastati, Principes und Triarii. Das Kommando der Kohorte führt der Centurio prior des Triariermanipels. Der Kommandant der ersten Kohorte, Primus pilus, ist der ranghöchste Centurio der Legion.



Feldzeichen


Jede Centurie und jeder Manipel, wahrscheionlich auch jede Kohorte, hat ihr eigenes Stangenfeldzeichen (signum). Die Befehle der Centurionen werden von dem Feldzeichenträger (signifer) visuell und von dem Hornisten (Cornicen, tubicen, bucinator) akustisch an die Truppe weitergegeben (Ab.37).




Bezeichnung der Legionen


Die Legionen sind durchnumeriert von 1 bis 30 und führen Beinamen, nach der Herkunft der Truppe (Pontica, Germanica, Cilicia), nach dem Namen des Gründers (Flavia, Traiana), nach Namen von Göttern (Apollinaris, Minervia, Martia), als Auszeichnung, für Tapferkeit (victrix, felix, fortis), für zuverlässiges Verhalten im Bürgerkrieg (pia fidelis, pia constans), Spitznamen (Alaudae, rapax) etc.




Lit.: E. Ritterling, „Legio“, in: Pauly-Wissowa, Realencyclopädie der klassischen Altertumswissenschaft Band 12 Sp. 1211ff. —J. Kromayer und G. Veith, Heerwesen und Kriegführung der Griechen und Römer, in: Handbuch der Altertumswissenschaft Abt. 4, Teil 3, Band 2 (München 1928), Nachdruck 1963. — J. Marquardt, Römische Staatsverwaltung Bd. 2~ (1881), Nachdruck 1957. — A. v. Domaszewski, Die Rangordnung des römischen Heeres. 2. durchgesehene Auflage von B. Dobson, in: Beihefte der BonnerJahrbücher Bd. 14 (Köln—Graz 1967). — D. Breeze, The Organisation of the Legion: The Erst Cohort and the equites legionis, in: Journ. Roman Stud. 59, 1969, 50ff.


Abb.37 Stangenfeldzeichen (signum) und Reiterfahne (vexillum)





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