3 ERGEBNISSE

3.1 Makroskopische und mikroskopische Beobachtungen

3.1.1 Ergebnisse von Vorversuchen

Da Cardaminopsis arenosa nicht sehr einheitlich keimte, wurde auf Grund von Vorschlägen der Arabidopsis-Newsgroup [1] Vorversuche durchgeführt, um eine gleichmäßige Keimung zu erreichen. Versuche, die Keimung der Samen durch Vorbehandlung mit Rotlicht zu verbessern, hatten keinen Erfolg. Da das ursprünglich verwendete Saatgut bereit mehrere Jahre alt war, wurde Samen nachgezogen. Diese keimten zwar etwas schneller, aber weiterhin wenig synchron. Auch die Vorbehandlung der Samen mit GA3 oder KNO3 führte zu keiner homogeneren Keimung. Da die chemischen Substanzen die Versuchsergebnisse unerwünscht beeinflussen könnten, wurden diese Versuche abgebrochen.

Geringe Variationen des Photonenflusses im Bereich um 2 µmol m-2 s-1 beeinflussten die Häufigkeit, mit der Circumnutationen auftraten, nicht signifikant. Erhöhte man den Photonenfluss auf 15 bis 20 µmol m-2 s-1, verringerte sich das Hypokotylwachstum und die Kotyledonen wuchsen stärker. Circumnutationen traten dann wesentlich seltener auf und beschränkten sich auf wenige langperiodische Schwingungsschübe pro Tag.

Die Luftfeuchtigkeit in den Klimakammern während der Versuche spielte eine entscheidende Rolle. Bei der Anzucht wuchsen die Keimlinge unter einer transparenten Kunststoffhaube bei hoher Luftfeuchtigkeit heran. Im eigentlichen Versuch musste diese Haube jedoch aufgrund störender Lichtreflexe bei der Registrierung entfernt werden. Leider besaßen die Klimakammern keine Möglichkeit, die relative Feuchte konstant zu halten oder zu regulieren. Bei den meisten Kammern konnte auch das Verhältnis von Umluft zu Frischluft nicht beeinflusst werden. Damit war die Wirkung von in der Kammer aufgestellten Luftbefeuchtern sehr begrenzt. Wenn im Winter trockene, kalte Außenluft auf Kammertemperatur erwärmt werden musste, war die Luftfeuchtigkeit in den Kammern oft sehr niedrig (unter 30% rel. Feuchte) und die Pflanzen wuchsen schlecht. Wurden Keimlinge aus dem Anzuchtgefäß auf die Versuchsanordnung bei niedriger Luftfeuchte übertragen, stellten manche das Wachstum ganz oder teilweise ein. Deshalb wurde schon bei der Anzucht eine geringere Luftfeuchtigkeit verwendet, in dem die Kunststoffhaube über den Keimlingen etwas offen gelassen wurde. So angezogene Keimlinge waren weniger empfindlich.

3.1.2 Wachstum von Hypokotylen im schwachen Weißlicht

Die Wachstumsphase der Hypokotyle von Cardaminopsis arenosa im schwachen Weißlicht [2] dauerte etwa 5 bis 7 Tage. In dieser Zeit erreichten die Pflänzchen eine Höhe von 3 bis 6 cm, die sie danach über viele Tage unverändert beibehielten. Eine Entwicklung von Primärblättern oder ein Dickenwachstum war bei diesen Beleuchtungsverhältnissen innerhalb von 3 bis 4 Wochen nicht zu beobachten. Die Endgröße der Individuen variierte bei gleichen Wachstumsbedingungen sehr stark. Inhomogenes Samenmaterial sowie das relativ hohe Alter der Samen, die zum Versuchszeitpunkt bereits 4 bis 5 Jahre alt waren, wurden als Ursache dafür vermutet. Bei Arabidopsis thaliana dauert die Wachstumsphase im schwachen Weißlicht nur etwa 4 bis 5 Tage und die Hypokotyle erreichen eine Höhe von nur ca. 1 bis 2 cm.

Mikroskopische Untersuchung der Hypokotyle verschieden alter Keimlinge von Cardaminopsis arenosa zeigten, dass sich zunächst die untersten Zellen im Hypokotyl strecken. Die Epidermis bestand im unteren Teil des Hypokotyls aus langen, schlauchförmigen Zellen. Im oberen Teil, kurz unterhalb der Kotyledonen, waren die Zellen wesentlich kürzer. Mit zunehmendem Alter der Keimlinge waren immer mehr der unteren Zellen verlängert. Diese Beobachtung entspricht den Ergebnissen von GENDREAU et al. (1997) bei Arabidopsis thaliana

Sowohl Arabidopsis thaliana als auch Cardaminopsis arenosa entwickelten im schwachen Weißlicht oder in der Dunkelheit etwa zehn mal längere Hypokotyle als im starken Weißlicht. Wurden junge Keimlinge beider Arten, die im schwachen Weißlicht gehalten wurden, einem Starklichtpuls ausgesetzt, reduzierte dies ihre künftige Wachstumsrate deutlich.

Zwei Tage alte Keimlinge von Cardaminopsis arenosa, die im Schwachlicht [3] angezogen worden waren und zu diesem Zeitpunkt etwa 1 cm hoch waren, wurden für ca. eine Stunde mit Starklicht [4] behandelt und danach weiter im Schwachlicht gehalten. Nach dem Lichtpuls wuchsen sie kaum weiter, während die Kontrolle eine Höhe von 2 - 4 cm erreichte.

3.1.3 Gravitrope und phototrope Reaktionen der Hypokotyle

Die gravitrope und phototrope Reaktion von Hypokotylen basiert auf Wachstumsvorgängen und möglicherweise auch auf elastischen Formveränderungen durch lokale Turgorunterschiede. Entsprechende Reize führen zu unterschiedlichen Wachstumsgeschwindigkeiten und Turgorzuständen an gegenüberliegenden Seiten des Hypokotyls, wodurch sich das Organ in die entsprechende Richtung krümmt.

Hypokotyle von Cardaminopsis arenosa und Arabidopsis thaliana, die maximal elongiert sind und nicht mehr wachsen, sind nicht mehr in der Lage, gravitrop oder phototrop zu reagieren. Dies konnte durch folgende Versuche gezeigt werden:

· Ältere Keimlinge beider Arten [5] wurden um 45 Grad aus der Senkrechten gekippt und in dieser Stellung belassen. Sie behielten ihre neue Lage für mehrere Tage bei und richteten sich nicht auf.

· Senkrecht gewachsene, maximal elongierte Keimlinge wurden mit einer punktförmigen Lichtquelle von schräg oben oder von der Seite beleuchtet. Sie krümmten sich nicht zur Lichtquelle.

Die gleichen Versuche wurden auch mit vier Tage alten Keimlingen von Cardaminopsis arenosa durchgeführt. Sie wurden am vierten Tag oder später für drei Tage gekippt oder seitlich beleuchtet. Es zeigte sich, dass sich die gravitrope und phototrope Reaktion der Hypokotyle auf die Wachstumszone beschränkte. Nur der obere Teil der Pflänzchen reagierte mit einer entsprechenden Wachstumsbewegung, während der untere Teil seine ursprüngliche Orientierung beibehielt. Die voll ausgewachsenen Pflänzchen wiesen dann einen Knick im oberen Drittel auf. Der Habitus änderte sich nicht mehr, wenn die Beleuchtung oder die räumliche Lage nach dem Ende der Wachstumsphase geändert wurde.

Seitliche Applikation von Auxin am Hypokotyl [6] führte zu einer kräftigen, mehrere Stunden anhaltenden Wachstumssteigerung an und unterhalb der Applikationsstelle. Die Pflänzchen krümmten sich deutlich zur Seite. Der obere Teil des Hypokotyls orientierte sich jedoch später wieder gravitrop und phototrop. Nach Ende der Wachstumsphase besaßen manche Keimlinge einen deutlichen Knick unterhalb der Applikationsstelle, der hier erhalten blieb.


Abbildung 3-1: Cardaminopsis arenosa. Anzucht im schwachen Dauer-Weißlicht. Nach Applikation von IES an den Kotyledonen krümmte sich das Hypokotyl stark zur Seite. Im unteren Bereich blieb nach Ende der Wachstumsphase ein Knick erhalten.


[1] http://genome-www.stanford.edu/cgi-bin/AtDB/biosci_Arabidopsis

[2] ca. 1 – 4 µmol m-2 s-1

[3] 2 µmol m-2 s-1, Dauerlicht

[4] ca. 100 µmol m-2 s-1

[5] älter als 7 Tage bei Cardaminopsis arenosa und älter als 5 Tage bei Arabidopsis thaliana

[6] in wässriger Lösung


© copyright Andreas Neugebauer 2002

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