1.2 Zelluläre Grundlagen des Hypokotylwachstums von Arabidopsis thaliana

GENDREAU et al. (1997) untersuchten die zellulären Grundlagen des Hypokotylwachstums von Arabidopsis thaliana. Nach diesen Untersuchungen handelt es sich dabei ausschließlich um Streckungswachstum. Es kommt zu keinen Zellteilungen. Meristematisch angelegte Zellen vergrößern sich durch ein Zusammenspiel von Turgoranstieg und Lockerung der Zellwand. Dabei kommt den Zellen der einschichtigen Epidermis die größte Bedeutung zu. Sie umschließen die inneren Zellen wie ein Kettenhemd und determinieren die äußere Form des Hypokotyls. Die dünnwandigen, turgiden inneren Zellen stellen die treibende Kraft des Organwachstums dar (KUTSCHERA, 2001). Die darunter liegenden Zellen folgen ihren Größenänderungen eher passiv. Die Zellen ändern dabei ihre Größe hauptsächlich in Längsrichtung des Hypokotyls. Anfangs besitzen sie eine nahezu kubische Form. Im Verlauf des Wachstums nehmen sie eine lange, schlauchförmige Gestalt an. Die Durchmesser der Epidermiszellen und damit auch des Hypokotyls bleiben nahezu unverändert. Während des Hypokotylwachstums strecken sich zunächst die untersten Zellen. Nacheinander verlängern sich dann auch die darüber liegenden Zellen. Im Hypokotyl von Arabidopsis thaliana [1] sind 18 bis 20 Epidermiszellen übereinander angelegt, was genetisch festgelegt zu sein scheint (GENDREAU et al., 1997). Die Hypokotyllänge von im Licht und im Dunkeln gezogenen Keimlingen lag bei durchschnittlich 1,8 mm bzw. 18 mm. Im Dunkeln gezogene Keimlingen wurden also etwa 10 mal länger.

Die Zellen von im Licht und im Dunkeln gezogenen Keimlingen zeigen unterschiedliche Differenzierungsmuster: Im Licht erreichen die Zellen der Epidermis eine Länge von durchschnittlich 105 µm und haben einen etwas stärkeren Dickenzuwachs als im Dunkeln. Querschnitte durch im Licht gezogene Hypokotyle besitzen eine einfache zelluläre Organisation, die der der Wurzel ähnelt (DOLAN et al., 1993). Das diarche zentrale Leitbündel und das Perikambium ist von dem der Wurzel nicht zu unterscheiden. Um den Zentralzylinder liegt die Endodermis und zwei Schichten von kortikalen Zellen, die von der Epidermis umgeben sind. Die Anzahl der Zellen in den einzelnen Schichten variiert nur wenig.

Die epidermalen Zellen im Dunkeln gehaltener Keimlinge sind extrem verlängert und erreichen eine Länge von bis zu einem Millimeter, was einem hundertfachen Längenzuwachs im Vergleich zum Embryo entspricht. Die meisten transversalen Zellwände der Epidermis verlaufen schräg, was bei im Licht gezogenen Keimlingen und im Embryo nicht zu beobachten ist. Querschnitte durch das Hypokotyl ähneln den im Licht angezogenen Keimlingen. Die Zellzahl in den verschiedenen Schichten ist vergleichbar, die Form der Zellen jedoch abweichend: Die Zellen der Epidermis haben einen geringeren Durchmesser und eine stärker ausgebildete Kutikula. Die kortikalen Zellen enthalten keine differenzierten Chloroplasten. Der Durchmesser des im Dunkeln gezogenen Hypokotyls war mit durchschnittlich 219 µm etwas geringer als bei im Licht gehaltenen Keimlingen (249 µm).

Keimlinge, die zunächst im Dunkeln und später im Licht angezogen wurden, besaßen im unteren Hypokotylteil eine für im Dunkeln gehaltene Keimlinge typische Zellorganisation. Diese blieb erhalten, nachdem die Keimlinge dem Licht ausgesetzt worden waren. Der später unter dem Einfluss von Licht gewachsene obere Hypokotylteil hatte das typische Differenzierungsmuster von im Licht gewachsenen Keimlingen. Zellen, die zunächst im Dunkeln gehalten wurden, können sich also weiterhin zum Licht-Typ differenzieren.
Nach dem Ende des Streckungswachstums setzt unter Starklichtbedingungen ein sekundäres Dickenwachstum ein. Die epidermalen, kortikalen und endodermalen Zellschichten lösen sich allmählich auf. Durch Zellteilungen im Zentralzylinder entsteht ein sekundäres Xylem, Phloem und Leitgefäßbündel. Die äußeren Zellen scheinen nur während der frühen Entwicklungsphase des Keimlings, möglicherweise während der Elongation des Hypokotyls, eine Funktion zu besitzen und werden nach Ende des Wachstums aufgelöst.


[1] Ökotyp Columbia


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