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12. Römische Straßenstationen
Meilensteine — Leugensteine
Die von Kaiser Augustus (31 v. Chr. bis 14 n. Chr.) eingerichtete kaiserliche Post (cursus publicus) hat entlang der Reichsstraßen Stationen (stationes, mansiones, mutationes, stabula), die den Amtspersonen als Unterkunft dienen. Nach Procopius (6.Jh.n. Chr.) schaffen die schnellen Kuriere des Kaisers an einem Tage mit Pferdewechsel an 5 bis 8 Umspannstationen (mutationes) 71 bis 88 km von Mansio zu Mansio, von Raststation zu Raststation.
Den Reisenden oder Kurier informieren an den Straßen aufgestellte Meilensteine oder Leugensteine als Wegeschilder mit Entfernungsangaben, wie weit er noch bis zur nächsten Siedlung oder Station hat. 1 römische Meile = 1478 m. 1 keltische Leuge = 2220 m. Unter Septimius Severus (193—211 n. Chr.) wird die Leugenrechnung in den drei gallischen und in den beiden germanischen Provinzen allgemein gültig.
Militär und Straßenpolizei überwachen das Straßennetz. Die bisher im Limesgebiet gefundenen 53 Beneflciarierinschriften sprechen für mindestens 14 Militärstationen an den Straßen rechts des Rheines - wahrscheinlich waren es bedeutend mehr.
Foto: Einachsiger Wagen mit Zugtier und Kutscher vor einem Meilenstein. Relief in Trier. H 63 cm.
Karte: Römisches Straßennetz in Südwestdeutschland mit Meilensteinen und Straßenstationen. Historischer Atlas von Baden-Württemberg III 3 (Stuttgart 1979).
Grabungsfoto: Skelett eines römischen Pferdes. Im Kastell Aalen wurde 1979 im Bereich einer Mannschaftsbaracke in einer Grube ein fast vollständig erhaltenes Pferdeskelett ausgegraben.
50 Meilenstein von Vemania/Isny aus dem Jahre 201 n.Chr.
Kalkstein (N). — H. 192 cm. Umfang oben 141 cm, unten 150 cm mit rechteckigem Sockel. Inv. R L 411. - FO: Isny, Kr. Ravensburg, im Weinkeller des Abtes.
Inschrift
IMP(erator) CAESAR / L(ucius) SEPTIMIVS SEVERVS PIVS / PERTINAX AVG(ustus) ARABICVS / ADIAB(enicus) PARTHICVS MAXIMVS / PONTIF(ex) MAX(imus) TRIB(unicia) POT(estate) VIIII / IMP(erator) XII CO(n)S(ul) II P(ater) P(atriae) PROCO(n)S(ul) ET / IMP(erator) CAESAR MARCVS AVREL(ius) / ANTONINVS PIVS AVG(ustus) TRIB(unicia) / POT(estate) IIII PROCO(n)S(ul) ET / [[P(ublius) SEPTIMIVS GETA ANTONINVS]] / VIAS ET PONTES REST(ituerunt) / A CAMB(oduno) M(ilia) P(assuum) / Xl
Übersetzung
Der Imperator Caesar Lucius Septimius Severus Pius Pertinax Augustus, der Arabische, Adiabenische, der größte Parthische, Oberpriester, im 9. Jahr seiner tribunicischen Gewalt, Imperator zum 12. Mal, Konsul zum 2. Mal, Vater des Vaterlandes, Proconsul, und der Imperator Caesar Marcus Aurelius Antoninus Pius Augustus, im 4. Jahr seiner tribunicischen Gewalt, Proconsul, und der Imperator Publius Septimius Geta Antoninus haben die Straßen und Brücken wiederherstellen lassen. Von Kempten 11 000 Doppelschritte (=16 265 m). 1 römische Meile (milia passuum) = 1478 m.
Alpenrandstraße
Der Meilenstein stand an der Alpenrandstraße: Bregenz/Brigantium - Kempten/Cambodunum – Epfachl/Abodiacum - Gauting/Bratananium - Salzburg/Iuvavum. Diese Straße wird erwähnt in der Tabula Peutingeriana und im Itinerarium Antonini (s. u.).
Kaiser Lucius Septimius Severus 193—211 n. Chr.
Der Kaiser führt die Beinamen: Arabicus seit 195 n. Chr., nach seinem Sieg über die Araber. - Adiabenicus seit 195 n. Chr., nach seinem Sieg über die Adiabener (= Assyrer). - Parthicus maximus seit 198 n. Chr., nach seinem Sieg über die Parther.
Lucius Septimius Severus war Pontifex maximus (Oberpriester) seit 193 n. Chr. Er hatte die tribunizische Gewalt (tribunicia potestas) zum 9. Male inne: vom 10. Dezember 200 n. Chr. bis zum 9. Dezember 201 n. Chr. - Er war wahrscheinlich im Jahre 198 n. Chr.(?) Imperator zum 12. Male. Der Titel Imperator bezieht sich auf die erfochtenen Siege.
Im Jahre 194 n. Chr. war er Consul zum 2. Male. Vater des Vaterlandes (Pater patriae) war er seit 194 n. Chr. und Proconsul seit 200 n. Chr. Der Titel Proconsul bezeichnet die Gewalt über das Heer und die Provinzen.
Marcus Aurelius Antoninus
= Caracalla 211-217 n. Chr.
Caracalla (Spitzname, abgeleitet von der keltischen Bezeichnung für ein Gewand - Kapuzenmantel, das er in Rom einführte), Sohn des L. Septimius Severus und der Julia Domna, regierte zusammen mit seinem Vater von 198—211 n. Chr. und zusammen mit seinem Bruder Geta vom 4. Februar 211 n. Chr. bis zum 26. Februar 212 n. Chr. Er ermordete seinen Bruder Geta 212 n. Chr. und war von 212 n. Chr. bis 217 n. Chr. Alleinherrscher. Caracalla hatte die tribunizische Gewalt (tribunicia potestas) zum 4. Mal inne: vom 10. Dezember 200 n. Chr. bis zum 9. Dezember 201 n. Chr.
Publius Septimius Geta 209-211 n. Chr.
Geta, Sohn des Lucius Septimius Severus und der Julia Domna, regierte mit seinem Vater und seinem Bruder Caracalla von 209-211 n. Chr. und nach dem Tode des Vaters mit seinem Bruder Caracalla vom 4. Februar 211 n. Chr. bis 26. Februar 212 n. Chr. Er war seit 198 n. Chr. Caesar. Geta wurde 212 n. Chr. von seinem Bruder Caracalla ermordet und verfiel der Damnatio memoriae, das heißt sein Name wurde auf allen Inschriften des Reiches ausgemeißelt, so auch auf dem Meilenstein in Vemania/Isny.
Der Meilenstein ist nach der tribunizischen Gewalt des Lucius Septimius Severus und seines Sohnes Caracalla in das Jahr 201 n. Chr. datiert. Kaiser Septimius Severus hat das rätische Straßennetz ausbauen lassen.
Lit.: Haug-Sixt 1914, 28 Nr. 2. - F. Vollmer, Inscriptiones Baivariae Romanae (München 1915)145 Nr. 472. - CIL 3, 5987. - G. Walser. Die römischen Straßen und Meilensteine in Raetien. Limesmuseum Aalen 29, Stuttgart 1983.
51 Leugenstein
an der römischen Straße Cannstatt - Pforzheim/Portus aus dem Jahre 245 n.Chr.
Buntsandstein (N). – H. 1,80 m. - Inv. R L 365. - FO: Friolzheim, Enzkreis. Am 21. November 1934 beim Pflügen 200 m WNW des Gehöfts Raubrunnen imSüdteil der Ackerparzelle 1911, Gewann Haslach, gefunden.
Inschrift
IMP(eratori) M(arco) IVL(io) PH/ILIPPO PIO FEL(ici) / AVG(usto) P(ontifici) M(aximo) TRIB(unicia) / POT(estate) CO(n)S(uli) P(atri) P(atriae) ET / M(arco) IVL(io) PHILI/PPO CAES(ari) / A PORT(u) L(eugae) V
Übersetzung
Dem Kaiser Marcus Julius Philippus, dem frommen, glücklichen, erhabenen, Oberpriester, mit tribunizischer Gewalt, dem Konsul, dem Vater des Vaterlandes und dem Cäsar Marcus Julius Philippus. Von Pforzheim/Portus (sind es) 5 Leugen (= 11,1 km).
Kaiser Marcus Julius Philippus 244-249 n. Chr.
Kaiser Philippus Arabs wurde 198 n. Chr. als Sohn eines Araberscheichs in der Trachonitis, östlich des Golan-Gebirges geboren. Er war im Jahre 245 n. Chr. zum ersten Male Consul. Er hatte vom 10. Dezember 244 n. Chr. bis zum 9. Dezember 245 n. Chr. die tribunizische Gewalt zum 2. Male inne, was auf dem Leugenstein nicht vermerkt ist. Es müßte heißen:
TRIB(unicia) POT(estate) II. Der Sohn des Kaisers, Marcus Julius Philippus, war seit 244 n. Chr. Caesar. Demnach ist der Leugenstein in das Jahr 245 n. Chr. datiert.
Leuga
Die Leuga ist ein keltisches Entfernungsmaß. 1 Leuga = 2,22 km. Die Entfernung von 5 Leugen entspricht ungefähr der Strecke von der Fundstelle des Leugensteines bei Friolzheim bis zum Enzübergang der römischen Straße bei Pforzheim.
Seit der Zeit des Septimius Severus (193—211 n. Chr.) wurden die Entfernungen auf den Meilensteinen in den gallischen und germanischen Provinzen in Leugen angegeben.
Lit.: Fundber. a. Schwaben N. F. 8, 1933—1935, 101ff.— 27. Ber. RGK 1937, 121 Nr. 263. – Ph. Filtzinger, Die militärische Besitznahme durch die Römer. Historischer Atlas von Baden-Württemberg III 3 (Stuttgart 1979) 17ff.
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