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Religion (23-29)
Die Jupitergigantensäule von Walheim, Kr.Ludwigsburg (23) leitet über zu der Ausstellung im Erdgeschoß:
1. Weiheinschriften am Neckarlimes (24-27)
Altäre für Apollo, Jupiter, Fortuna - aufgestellt von Soldaten der Legio VIII Augusta, der Ala Vallensium, der Brittones Murrensium, Statue der Fortuna balnearis (28) in Heilbronn-Böckingen, Weinsberg, Rottenburg.
Inschriftbasis für eine Statue des Mercur aus dem Lagerdorf des Kastells Rainau-Buch (29)
2. Freilichtmuseum Rainau-Buch
3. Ausgrabungen in Rainau, Buch, Dalkingen, Welzheim, Waiblingen, Bondorf, Lauffen
4. Straßen, Straßenstationen, Verkehr, Meilensteine, Leugensteine, Währung, Gräber, Alamanneneinfälle.
5. Brunnenfunde von Rainau-Buch
Abb. 93 Jupitergigantensäule von Walheim, Kr.Ludwigsburg. Stubensandstein, H etwa 6,50 m. |
23 Jupitergigantensäule von Walheim, Kr.Ludwigsburg
Stubensandstein. - H. etwa 6,50 m. - Inv. R L 68, 160. - FO: Walheim, Kr. Ludwigsburg. — 2./3.Jh. n. Chr. (Abb. 93).
Viergötterstein
Auf einer Basisplatte (I) steht der zweiteilige Viergötterstein (II) mit Reliefs in Nischen mit Doppelbogen:
Juno in langem Untergewand (chiton) und Mantel (himation), mit Schleier (und Diadem?) hält in der erhobenen Linken das Zepter und opfert mit der Rechten auf einem rechteckigen Altärchen.
Hercules bärtig, hält in der Rechten die Keule und in der Linken die Hesperidenäpfel. Über den linken Unterarm hängt das Löwenfell tief herab.
Minerva mit Helm, Schild und Lanze in langem Chiton, Himation und Brustpanzer (aegis). Neben ihrer linken Schulter die Eule.
Mercur mit Flügelhut, Schlangenstab und Beutel. Links neben ihm der Bock, rechts der Hahn.
Siebengötterstein
Auf dem Viergötterstein liegt eine Abdeckplatte (III). Darauf steht ein zweiteiliger Zwischensockel (IV), in den acht Nischen mit einfachen oder Doppelbögen eingearbeitet sind, die auf Säulen mit würfelförmigen Kapitellen aufsitzen. Uber den Nischen ist im Relief je ein Giebel mit First- und Seitenakroteren und einer Rosette in der Mitte aus dem Stein herausgearbeitet. In den Nischen sind im Relief dargestellt:
1. Geflügelte Victoria n. r., den linken Fuß auf einer Kugel schreibt mit der Rechten auf einen ovalen Schild. Das herabgleitende Gewand bedeckt nur die Hüften.
2. Mars mit Helm, Panzer, Schild und Lanze.
3. Vesta (?) in langem Chiton und Himation.
4. Vulcan mit Filzmütze (pilos), im Arbeitsrock (exomis) hält in der Rechten einen Hammer, mit dem er sich auf den Amboß stützt. In der Linken hält er wohl eine Zange.
5. Juno mit Chiton und Himation hält in der Linken eine Büchse (pyxis).
6. Apollo stützt sich auf die neben ihm stehende Leier. Das von der Schulter herabfallende Gewand bedeckt sein linkes Knie.
7. Jupiter, thronend, bärtig, mit gelocktem Haar und entblößtem Oberkörper ist das Gewand über die Knie gelegt. Er hält in der Linken das Blitzbündel und legt die Rechte auf das Knie.
8. Fortuna, in Chiton und Himation, hält im linken Arm das Füllhorn und in der ausgestreckten Rechten das Steuerruder.
Säule
Die Säule (V) mit Basis und Kopfkapitell besteht aus zwei Trommeln. Die untere Säulentrommel ist in ihrem unteren Teil mit abwärts weisenden Schuppen verziert, die nach oben von einem Doppelblattfries begrenzt werden. Darüber beginnt das Relief.
Die obere Säulentrommel ist mit Weinranken verziert, die aus drei Rebstöcken hervorwachsen. Schlangen winden sich in den Reben. Eroten machen Jagd auf Vierfüßler (Siebenschläfer?, Füchse?) und ganze Vogelschwärme, die in den Weinberg eingefallen sind. Sieben nackte Personen lagern im Grase und ruhen sich im Weinberg aus oder beteiligen sich an der Jagd.
Das Relief wird unten von einem umlaufenden fischgrätenartigen Blattfries mit ausgeprägtem Stengel begrenzt.
Kapitell
Das Kapitell (VI) ist mit Akanthusblättern verziert. In der Mitte von zwei Kapitellseiten sind im Relief noch erhalten:
1. ein bärtiger Kopf mit langen Haaren.
2. ein Frauenkapf mit langen Haaren.
Die Köpfe der 3. und 4. Seite hat der Bagger zerstört.
Die an dem Kapitell der Jupitergigantensäulen dargestellten Köpfe werden als die vier Jahreszeiten: Frühling (ver), Sommer (aestas), Herbst (autumnus) und Winter (hiems) oder die vier Tageszeiten: Morgen (matutinus), Mittag (meridies), Abend (vespera), Nacht (nox) gedeutet.
Jupitergigantengruppe
Die Jupitergigantengruppe und der zur Säule gehörende Inschriftenstein sind bis jetzt in Walheim noch nicht gefunden worden. Die Jupitergigantengruppe auf dem Kapitell ist nach einem in Pforzheim/Portus gefundenen Jupitergigantenreiter, den Dr. Bernhard Cämmerer vom Badischen Landesmuseum Karlsruhe zur Verfügung stellte, nachgebildet.
Deutung des Reliefs auf dem Säulenschaft
Die Details des auf dem Säulenschaft im Relief entworfenen Weinberges weisen auf die Dionysos- und Mithrasmysterien: Die übergroße Traube symbolisiert Dionysos/Bacchus, den Gott des Weines. Sie wird die „heilige Traube“ (sacra vitis) und die Mystische Traube“ (mystica vitis) genannt. Die an den Trauben pickenden Vögel erinnern den Mysten, daß ihn im Jenseits ein seliges Geschick erwartet.
Der fruchtgefüllte Korb ist das Symbol der verschwenderischen Fruchtbarkeit und des wunderbaren Überflusses der Natur.Die Seligen sind im Jenseits mit der Weinlese beschäftigt. Sie schneiden die Trauben und füllen die Körbe. Sie keltern die Trauben und trinken den neuen Most. Sie frönen dem Vogelfang und der erholsamen Jagd.
Selige Mysten
Sieben Figuren des Reliefs sind weder als Eroten mit Flügeln, noch als Satyrn, noch als Mänaden gekennzeichnet. Sie sind nackt dargestellt. Das Ablegen der Kleider bezeichnet die Reinigung des Mysten und bedeutet für den Eingeweihten die Verneinung alles Irdischen. In der Nacktheit manifestieren sich die Reinheit der Seele und ihre Verbindung zum Göttlichen. Die sieben nackten Personen des Reliefs können als selige Mysten verstanden werden, die sich durch die Weihe ihrer Körperlast entledigt haben und nun in der Gemeinschaft mit ihrem Gotte leben.
Dionysos kämpft in der Gestalt eines Löwen
Sollte der vor Weinstock 1 sitzende Mann tatsächlich eine Löwenmaske tragen, so könnte diese Darstellung Bezug darauf haben, daß Dionysos seinen Feinden als Löwe entgegentritt. Dionysos kämpft in der Gestalt eines Löwen gegen die Giganten. Um sich mit Dionysos zu identifizieren, streifen sich die Mysten Löwenfelle über.
Der Fuchs hat besondere Vorliebe für die Trauben. Er wird, wie dionysische Darstellungen zeigen, von Satyrn und Silenen gejagt und an der Lunte gepackt. Schlangen sind auf dionysischen Darstellungen unbekannt.
Auf mithrischen Denkmälern ist die Schlange als Symbol der Erde geläufig, so daß der möglicherweise mit Löwenmaske vor Weinstock 1 Sitzende auch als Mithrasmyste, als Löwe (Leo) gedeutet werden kann. Die dem 4. Weihegrad angehörenden Mithriasten (leones) tragen bei der Kultfeier Löwenmasken.
Es ist zu fragen, ob der vor Weinstock 2 mit Henkelkorb Sitzende eventuell eine Zipfelmütze (phrygische Mütze) auf dem Kopf hat, in die eine von oben herabhängende Schlange beißt. Der 5. Weihegrad der Mithriasten, der Perses, wird mit einer Zipfelmütze bildlich dargestellt.
Daraus geht hervor, daß die Darstellungen auf der Walheimer Säule teils auf dionysischen, teils auf mithrischen Denkmälern zu belegen sind. Sie sprechen - als Kontamination (Vermischung) der Dionysos- und Mithrasmysterien - für eine Zugehörigkeit der Jupitergigantensäule zu einem Mysterienheiligtum, am ehesten zu einem Mithräum. Seit dem Fund eines Aion (= unendliche Zeit. Torso aus Sandstein. H. noch 0.73 m) im Jahre 1892 auf der „Burg“ bei Walheim, etwa 500 m NW der Säulenfundstelle, sucht man in der Umgebung des Kastells Walheim nach dem Mithrastempel (spelaeum), in dem dieser Aion aufgestellt war. Die heute im Rathaus in Besigheim aufbewahrten Reliefs eines Mithrasbildes gehören wahrscheinlich ebenfalls zu dem gesuchten Walheimer Mithrastempel.
Lit.: F Haug, Die Wochengöttersteine, in: Westdeutsche Zeitschr. 9, 1890, 17ff – Ders., Die Viergöttersteine, in: Westdeutsche Zeitschr 10,1891,9ff.-Fr. Hertlein, Die Jupitergigantensäulen (1910). - H. Klumbach, Der römischeSkulpturenfund von Hausen an der Zaber (Stuttgart 1973).- Ph. Flltzinger,Die Jupitergigantensäule von Walheim, in: Fundber. aus Baden-Württemberg 1, 1974. 437ff.- E. Künzl, Der Steindenkmälerfund von Benningen, in: Fundber. aus Baden-Württemberg 3,1977, 286ff.— G. Bauchhenß, Jupitergigantensäulen. Limesmuseum Aalen 14,1976. - Ders., und P. Noelke, Die Jupitersäulen in den germanischen Provinzen (Köln 1981).
Mithrastempel in Riegel am Kaiserstuhl
Von den an zahlreichen Orten in Baden-Württemberg zu vermutenden Mithrastempeln ist bis jetzt nur ein Spelaeum (= Höhle, Grotte) des 2./3.Jh. n. Chr. von Bernhard Cämmerer bei Riegel am Kaiserstuhl ausgegraben worden. Das LDA hat die Mauern des Mithrastempels restauriert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Neue Spelaeen wurden in Güglingen (Kreis Heilbronn) ausgegraben.
Man betritt das O-W orientierte Heiligtum von Osten her durch eine hölzerne, 2,50 m tiefe Vorhalle. Das in die Erde eingetiefte Spelaeum ist 9,10 X 6,40 m groß und hat eine 1,80 X 1,00 m große Nische auf der Westseite, in der das Kultbild steht. Der Kultraum hat einen vertieften Mittelgang und seitliche Podien, auf denen die Gläubigen während der Kultzeremonie lagern.
Im Tempelraum und in der Vorhalle wurden gefunden:
Lampen, Räucherkelche, Kannen, Teller, Reibschalen, Trinkbecher und ein in der Mitte durch einen halbkreisförmigen Bügel unterbrochenes Schwert, das wohl als Zeremonialschwert zu deuten ist.
Lit.: W. Schleiermacher, Ein Mithräum in Riegel, in: Bad Fundber 3,1933, 69ff.- B. Cämmerer, Römer in Baden-Württemberg 1976, 464ff.- J. Marquardt, G. Wissowa, Römische Staatsverwaltung. Bd. 3. Nachdruck der 2. Auflage von 1883 (Darmstadt 1957).— G. Wissowa, Religion und Kultus der Römer. Nachdruck der 2. Auflage 1912, in: Handbuch der Klassischen Altertumswissenschaft Abt. 4. Bd. 5 (München 1971).- H. G. Horn, Mysteriensymbolik auf dem Kölner Dionysosmosaik, in: Beihefte Bonner Jahrb. 33 (1972).
Jupitergigantensäulen
Die Deutung der Jupitergigantensäulen basiert auf der Interpretation der Funde (Skulpturen, Reliefs, Weihealtäre, Inschriften), deren Lage im Gelände sowie deren Zugehörigkeit zu einer Siedlungsform (Gutshof, Dorf, Stadt) oder einem Heiligtum. Eine literarische Quelle fehlt.
Die allgemein als Vorform der Jupitergigantensäulen angesehene Mainzer Jupitersäule hat einen historischen Hintergrund. Sie ist von den Mainzer Canabarii aus Dankbarkeit für die Aufdeckung der Verschwörung Agrippinas (19. 3. 59 n. Chr.) Jupiter geweiht worden. Die Inschriften für Jupiter Optimus Maximus und Iuno Regina auf den Jupitergigantensäulen und den zu ihnen gehörenden Weihealtären sowie das bisweilen in der Hand des Reiters gefundene Blitzbündel legt nahe, den Reiter mit Jupiter zu identifizieren. Da aber der römische Jupiter weder reitet noch in der Kunst im Offizierspanzer dargestellt wird, ist an eine keltische oder germanische Gottesvorstellung zu denken, die sich in Jupiter manifestiert.
Irminsul - Wettergott - Lichtgott
F. Hertlein deutet die Götter des Viergöttersteines als die vier Jahreszeiten, die Götter des Zwischensockels als Wochengötter und die Darstellungen am Kapitel als die vier Tageszeiten. Seiner Meinung nach symbolisiert Jupiter zusammen mit dem die Erde verkörpernden Giganten das ganze Weltall. Er interpretiert die Jupitergigantensäulen als germanische Irminsul, als Weltsäule. H. Lehner und G. Behrens identifizieren den reitenden Jupiter mit dem literarisch und inschriftlich erwähnten keltischen Gott Taranis/Taranucnus (kelt. taran = donnern), der bildlich mit den Attributen „Blitz“ und „Rad“ dargestellt wird Es ist nach J.J. Hatt der Wettergott, der mit seinem Blitz den Regen hervorruft, vor Hagel schützt und die Fruchtbarkeit der Felder gewährleistet.
Es finden sich Deutungen der Reitergruppe als Symbol für den Sieg des Lichtes über die Finsternis, des Guten über das Böse, des Lebens über den Tod. Thevenot sieht u. a. in dem Reiter den Licht- und Himmelsgott und glaubt, wegen der Gleichzeitigkeit und dem gleichen Verbreitungsgebiet Beziehungen zu Mlthras erkennen zu dürfen.
Verbreitungsgebiet
Das Hauptverbreitungsgebiet der Jupitergigantensäulen ist das nördliche Obergermanien, das heißt das Gebiet südlich von Taunus und Hunsrück bis etwa Rottenburg und südlich Straßburg sowie die östliche Belgica. In Raetien sind bis jetzt Teile von nur drei Säulen gefunden.
Viergötterstein
Der Walheimer Viergötterstein gehört zu den wenigen Ausnahmen dieser Denkmälergruppe, die aus zwei Teilen bestehen. Meist sind es quaderförmige Blöcke, wie zum Beispiel in Hausen an der Zaber.
Die in flachen Nischen mit halbkreisförmigem Abschluß stehenden Götterreliefs in Walheim halten sich an das starre Normalschema: 1. Juno auf der Vorderseite. -2. Hercules auf der Rückseite. -3. Minerva auf der rechten und 4. Mercur auf der linken Seite.
Die Seitenorientierung kennt man durch die mit Inschrift versehenen Viergöttersteine. Die Inschrift markiert die Vorderseite. Sie steht entweder auf dem über Juno befindlichen Gesims oder dem darüber angearbeiteten Zwischensockel. In Walheim fehlt die Inschrift. Sie ist noch nicht gefunden.
Der Auswahl der vier Götter liegen zweifellos römische Vorstellungen zugrunde. Juno, Gemahlin Jupiters und Minerva beschützen den römischen Staat sowie Haus, Ehe, Handel und Gewerbe. Hercules bekämpft das Böse zum Wohle der Menschheit. Mercur beschert als Gott des Handels und Verkehrs den Reichtum.
Zwischensockel
Die Zwischensockel können rund, viereckig, sechseckig oder achteckig sein. Fiir den Bildhauer war es einfacher, einen runden Sockel in acht Bildfelder aufzuteilen als in sieben - das heißt ein Achteck zu konstruieren als ein Siebeneck. So ist es zu verstehen, daß bei der Darstellung der sieben Wochengötter ein achtes Feld übrig bleibt, auf dem dann entweder die Weihinschrift oder ein Götterrelief angebracht wird: in Walheim ist es Victoria. Die Reihenfolge kann links oder rechts herum gehen.
Die auf dem Zwischensockel dargestellten Götter sind keinem festen Schema unterworfen. Die ausgewählten Gottheiten spiegeln die religiösen Vorstellungen des Bestellers der Säule wider. Auf dem Viergötterstein dargestellte Götter können durchaus auf dem Zwischensockel wiederholt werden. Unter diesen Gesichtspunkten sind die Götterbildnisse auf dem Walheimer Zwischensockel zu verstehen:
1. Mars — Kriegs- und Siegesgott. — 2. Vesta (?) — Herdgöttin; oder Venus (?)- Göttin der Liebe und Schönheit. Als Aphrodite -Venus u. a. mit Dionysos verbunden. — 3. Vulcan, Feuer- und Herdgott. — 4. Juno (s. o.). — 5. Apollo, Vegetations-, Heil-, Gesundheitsgott. - 6. Jupiter, höchster Himmelsgott. -7. Fortuna, Göttin des Glücks und Erfolgs. - 8. Victoria, Siegesgöttin.
Säulenschaft
Der auf dem Zwischensockel stehende Säulenschaft fast aller Jupitergigantensäulen in Obergermanien ist - so auch in Walheim - mit Schuppen verziert. Von dieser Norm abweichend zeigt der obere Teil des Walheimer Säulenschaftes im Relief: Weinranken, Eroten, sieben unbekleidete Figuren, Vögel, Schlangen und Vierfüßler.
Kapitell
Die Köpfe und Büsten an den Kapitellen der inschriftlich von 170 n. Chr. bis 242 n. Chr. datierten Jupitergigantensäulen in Germanien, Gallien und der Belgica sind oft durch die Flüchtigkeit der Steinmetzarbeit und den schlechten Erhaltungszustand nicht als Männer- oder Frauenköpfe zu identifizieren. Sie werden als die vier Jahreszeiten (ver, aestas, autumnus, hiems) oder die vier Tageszeiten (matutinus, meridies, vespera, nox) gedeutet.
Bei den qualitätvolleren Jupitergigantensäulen sind jedenfalls die Personifikationen der vier Jahreszeiten dargestellt: Es sind weibliche, jugendliche Köpfe, die durch Blüten, Ähren, Früchte und ein um den Kopf geschlungenes, wärmendes Tuch als Frühling, Sommer, Herbst und Winter gekennzeichnet sind. Die Eckvoluten können auch durch vier Giganten ersetzt werden.
Jupitergigantengruppe
Reiter
Die Jupitergigantensäulen in Obergermanien haben in der Regel als Bekrönung einen Reiter, der über einen Giganten hinweggaloppiert. Durch eine große Anzahl von Inschriften ist der Reiter als Jupiter gekennzeichnet. Er ist mit dem Soldatenpanzer oder einem tunicaartigen Rock und einem nach rückwärts flatternden Mantel bekleidet. In der erhobenen Rechten hält er den Blitz (aus Bronze- und Eisenblech) und faßt mit der Linken die Zügel des Pferdes oder die Speichen eines Rades, das er wie einen Schild am linken Arm trägt. In einigen Fällen scheint er im Sattel zu sitzen. Häufiger ist eine den Sattel ersetzende Decke zu erkennen. Gelegentlich fährt Jupiter auch in einem von zwei Pferden gezogenen zweirädrigen Wagen über den Giganten hinweg.
Gigant
Der Gigant, Sohn der Göttin Gaia (der Erde), ist als Wesen mit menschlichem Oberkörper und Schlangenbeinen dargestellt. Die Schlangenköpfe beißen nach dem Fuß des Reiters oder in die Beine des Pferdes. Der oft bartlose Gigant reißt schreiend den Mund auf und hält gewöhnlich einen Dolch oder eine Keule in den Händen.
Taranis — Taranucnus — Radgott
Das von dem Reiter schildartig getragene Rad ist im keltischen Siedlungsgebiet das Symbol der Sonne und des rollenden Donners. Lucanus berichtet im 1. Jh n. Chr. von einem Keltengott Taranis, der inschriftlich als Taranucnus, Taranus und Taranucus belegt ist. Der Name ist von dem keltischen taran — „donnern“ abzuleiten. Das erklärt die Gleichsetzung von Taranucnus mit Jupiter. Der Reiter ist durch seine Attribute als einheimisch-keltischer Himmelsgott zu bestimmen, der auch die Funktion des Lichtgottes hat. In den Vorstellungen der Kelten reitet der Sonnengott auf einem Pferd über den Himmel - wie er bei den Griechen und Römern in einem Wagen über den Himmel fährt.
In der antiken Mythologie sind Giganten Söhne der Erde. Jupiter ist Himmelsgott. Daher wird die Gruppe als Symbol der ganzen Welt aufgefaßt: als Symbol des Sieges des Lichtes über die Dunkelheit — als Sieg des Guten über das Böse.
Lit.: G. Bauchhenß und P. Noelke, Die Jupitersäulen in den germanischen Provinzen (Köln—Bonn 1981).
24 Altar für Apollo Pythius
geweiht von Nasellius Proclianus, Hauptmann der 8. Legion,
148 n.Chr. in Heilbronn-Böckingen
Inschrift
APOLLINI / PYTHIO SACR(um) / NASELLIVS /
PROCLIANVS / C(enturio) LEG(ionis) VIII
AVG(ustae) / TORQVATO / ET IVLIANO
CO(n)S(ulibus) / V(otum) S(olvit) L(aetus) L(ibens)
M(erito)
Ubersetzung
Dem pythischen Apollo geweiht. Nasellius Proclianus, Hauptmann der 8. Augusteischen Legion, hat im Konsulatsjahr des Torquatus und Julianus (148 n. Chr,) sein Gelübde eingelöst froh und freudig nach Gebühr.
Schilfsandstein - H. 78 cm, Br. am Gesims 45 cm, T.31 cm; H. des Mittelstücks 40 cm, Br. 34 cm, T.26 cm. - Inv. R L 192. - FO: Heilbronn-Böckingen. - Altar mit Sockel und Gesims. Zwischen zwei Randwülsten mit sternförmiger Verzierung in der Mitte ein Dreieck mit Halbmond.
Apollo Pythius
Apollo Pythius heißt Apollo als Sieger über den bei Delphi hausenden Drachen Python. Die Reste des Python sollen in dem Dreifuß in Delphi oder unter demselben aufbewahrt worden sein.
Apollo salutaris
In Rom ist Apollo in ältester Zeit Heilgott (Apollo salutaris et medicus) - wie der keltische Apollo Grannus und seine Genossin Sirona Heilgottheiten sind.
Der griechische Apollo ist der Wahrheitsverkünder, der die Menschen zur Erkenntnis führt. Er ist auch der übelabwehrende und heilbringende Gott, der Heilgott, der Krankheiten verursacht, sie aber auch abwehren kann.
Apollo ist auch Gott der Musen, der Musik, der Harmonie, der Ordnung. Seit dem 5.Jh. v. Chr. wird Apollo mit dem Sonnengott Helios gleichgesetzt
Apollo - Beschützer des Kaisers Augustus
Augustus verehrte Apollo als seinen Beschützer. Nach der Schlacht bei Actium (31 v. Chr.) läßt er Apollo auf dem Boden des kaiserlichen Palastes (in solo privato) auf dem Palatin 28 v. Chr. einen Tempel bauen (Apollo Palatinus) und die bis dahin in den Kellern des Jupitertempels auf dem Capitol lagernden Sibyllinischen Bücher in diesen Tempel überführen. Die Sibyllinischen Bücher - Weissagungen - soll König Tarquinius Superbus von einem alten Weib (Sibylle von Cumae) erworben haben. Anfangs von zwei, später von 15 Priestern behütet, wurden die Sibyllinischen Bücher noch in der Kaiserzeit konsultiert.
Nasellius Proclianus - Centurio und Praepositus
Publius Nasellius Proclianus - wir kennen seinen Namen aus drei Weihealtären, die er in Heilbronn-Böckingen aufstellen ließ - wird als Centurio (Hauptmann) der in Straßburg/Argentorate stationierten Legio VIII Augusta zum Praepositus (außerordentlichen Befehlshaber) der in Heilbronn-Böckingen lagernden Cohors I Helvetiorum abkommandiert.
Die wohl erst zur Zeit des Kaisers Hadrian (117-138 Chr.) aufgestellte, aus Bewohnern der Schweiz bestehende Cohors I Helvetiorum löste im Kastell Heilbronn-Böckingen die Cohors V Dalmatarum ab, eine Einheit, die sich aus Bewohnern des Balkans rekrutierte.
Von Böckingen nach Öhringen
Als um die Mitte des 2.Jh. n. Chr. der Limes vom Neckar in die Linie Miltenberg—Lorch vorverlegt wird, kommt die Cohors I Helvetiorum von Heilbronn-Böckingen nach Öhringen in das dortige Ostkastell (Rendelkastell), wo sie wahrscheinlich bis 260 n. Chr. bleibt.
In Öhringen wird die Cohors I Helvetiorum mit den zum Numerus (Brittonum) Aurelianensium vereinigten Brittones CaL ... und Brittones Murrenses um das Jahr 178 n. Chr. wiederum von einem von Straßburg/Argentorate abkommandierten Centurio (Hauptmann) der Legio VIII Augusta befehligt. Hierzu OG 7.
Lit.: Haug-Sixt 1914, 527 Nr. 369. — Ritterling — Stein 1932, 193 f., 187. —Römer in Baden-Württemberg 1976, 437ff.
25 Altar für Jupiter
in Rottenburg geweiht von der Ala Vallensium,
einer im Wallis rekrutierten Reitereinheit
Inschrift
I(ovi) O(ptimo) M(aximo) / AL(a) VALLE/NSIVM /
POSVE/RVNT / EX VOTO / L(aeti) L(ibentes)
M(erito)
Ubersetzung
Jupiter dem besten und größten hat das Reiterregiment der Walliser (den Altar) aufstellen lassen nach einem Gelübde froh und freudig nach Gebühr.
Stubensandstein. — H. 124 cm, Br. 52 cm, T. 39 cm; Mittelstück: H. 61 cm, Br. 46 cm, T. 32 cm. - Inv. R L 161. - FO: Rottenburg, Kr. Tübingen. - Altar mit Sockel und Gesims: Dreieck zwischen zwei Randwülsten. Oberseite verstümmelt.
Ala Vallensium
Wahrscheinlich war Rottenburg/Sumelocenna in domitianischer Zeit eine Zeitlang militärisch besetzt. Möglicherweise lag damals in Rottenburg die AIa Vallensium, die sich aus Bewohnern des Wallis rekrutierte. Die Vallenses, die „Talleute“, die 4 Keltenstämme des Wallis, werden 15 v. Chr. römisch und gehören zur Provinz Rätien (Provincia Raetia et Vindelicia et Vallis Poenina). Unter Claudius wird das Wallis von Rätien getrennt und mit der neuen Provincia Alpes Graiae et Poeninae vereinigt.
Der Hauptort der keltischen Veragri wird wegen seiner Schlüsselstellung am Fuße des Großen St. Bernhards unter Claudius (41-54 n. Chr.) in den Rang einer kaiserlichen Marktstadt mit dem Namen Forum Claudii Vallensium erhoben.
Iupiter
Von den zahlreichen Funktionen und Namen des obersten Hlmmelsgottes seien hier die wichtigsten genannt:
Iupiter Lucetius - Himmelsgott
Iupiter Latiaris - Beschützer Latiums
Jupiter wird als Himmelsgott, Iupiter Lucetius (Lichtbringer), in ganz Italien verehrt. Sein Priester ist der Flamen Dialis und seine Diener sind die Auguren und Fetialen: die Auguren erkunden den göttlichen Willen auf grund der Himmelserscheinungen. Die Fetialen müssen bestimmte Riten vor der Kriegserklärung und vor dem Friedensschluß erfüllen.
Dius Fidius - Schützer von Recht und Treue
Iupiter Terminus - Schützer der Grenzen
Iupiter Farreus - Schützer des Ehebündnises
Iupiter Iuventus - Beschützer der Jugend
Iupiter Fulgur und Iupiter Pistor - Wettergott
Iupiter Feretrius - schickt Blitz und Donner
Iupiter Pluvialis - schickt Sonnenschein und Regen
Iupiter Lapis - schleudert Feuersteine auf die Erde
Iupiter Dapalis und Iupiter Epulo - Beschützer der Aussaat
Iupiter Liber - Gott der schöpferischen Fülle
Weinfeste zu Ehren Jupiters
Jupiter gehören die drei Feiern der Weinlese:
1. Das Fest der Vinalia rustica am 19. August draußen in den Weinbergen gilt der Fürbitte für das Gedeihen der Weinstöcke und für das Fernbleiben aller Schädigungen.
2. Mit dem Feste der Meditrinalia am 11. Oktober wird die Weinlese beendet und der junge Most zum ersten Male gekostet.
3. Am Feste der Vinalia prora am 23. April wird der nun trinkbar gewordene vorjährige Wein zum ersten Male ausgeschenkt.
Iupiter Stator - verleiht Standhaftigkeit
Iupiter Victor - verleiht den Sieg
Iupiter Stator gibt dem Heer Standhaftigkeit und Widerstandskraft. Der römische Feldherr weiht die dem Führer der Feinde abgenommenen Waffen (spolia optima) als Dankopfer im Jupitertempel.
Iupiter Optimus Maximus - Capitolinischer Jupiter
Sein Tempel auf dem Capitol (aedes Iovis Optimi Maximi) existiert seit Beginn der Republik. Als Tempelgenossinnen werden neben ihm verehrt: Iuno Regina und Minerva. Der in die Provinz zum Heer gehende Magistrat opfert Jupiter. Kehrt er als Sieger zurück, dann weiht er auf dem Capitol Jupiter den Siegeskranz und einen Teil der Siegesbeute: Am Tage seines Triumphes fährt der siegreiche Feldherr als menschliches Abbild des Iupiter Optimus Maximus, unter dessen Schutz er den Sieg erfochten und dem nun die Ehre des Sieges gebührt, auf der Jupiter zukommenden Quadriga (Viergespann) vom Marsfeld zum Forum Romanum über die Via sacra zum Capitol. Am Altar des Jupiter opfert er weiße Stiere und legt Jupiter seinen Lorbeerkranz in den Schoß.
Iupiter Custos, Conservator, Depulsor - Beschützer des Kaisers
Iupiter Optimus Maximus ist der erste Schützer des Kaisers (Iupiter Custos, Conservator, Depulsor). In zahlreichen Städten des römischen Reiches ließen die Stadtväter an hervorragender Stelle ein Capitolium, einen Tempel für Iupiter Optimus Maximus, Juno und Minerva bauen. Soldaten, Offiziere, Beamte und Privatpersonen haben Iupiter Optimus Maximus in der obergermanischen Provinz und in Rätien zahlreiche Altäre aufstellen lassen.
Lit.: Haug-Sixt 1914, 232 Nr. 121. — RitterIing-Stein 1932, 156. — G. Wissowa, Religion 1971, 113ff. — Römer in Baden-Württemberg 1976, 475ff.
26 Altar für Jupiter
geweiht von Quintus Volusinus (?) und den Tempelgenossen an der Erms (confanenses Armisenses)
Inschrift
I(ovi) O(ptimo) M(aximo) / Q(uintus) VOLV(sinus?)
Übersetzung
Jupiter dem besten und größten hat Quintus Volusinus
(den Altar aufstellen lassen - ? ...)
Die Lesung der Inschrift ist noch nicht gelungen. In Zeile 2 wird IVNONI REGIN(ae), in Zeile 3 GENIO und in Zeile 4 ARMISSES vermutet
Stubensandstein. —H.. 117 cm, Br. an der Krönung 68 cm, T. 50 cm; H. und Br. des Mittelstückes je 50 cm, T. 40 cm. - Inv. R L 158. - FO: Metzingen, Kr. Reutlingen. Im Flußbett der Erms 1789 mit anderen römischen Steindenkmälern gefunden (s. u.). - Altar mit Sockel und Gesims: Dreieck zwischen zwei Randwülsten. Auf der Oberseite eine flache, runde Vertiefung. Reliefs: auf der linken Nebenseite: Adler mit aufgehobenen Schwingen hält einen Kranz oder Ring im Schnabel und steht auf einer Säule (?). Auf der rechten Nebenseite: Opfergeräte: Krug, Messer, langstielige Opferschale, Beil.
Confanenses Armisenses
Tempelgenossen an der Erms
Im Jahre 1789 wurden im Flußbett der Erms mit diesem Jupiteraltar gefunden: ein Siebengötterstein, wahrscheinlich ein Viergötterstein, zwei Statuen und ein Altar für Jupiter, den die Tempelgenossen an der Erms, die Confanenses Armisenses, Jupiter, dem besten und größten haben aufstellen lassen. Für das Flüßchen Erms ist zweifelsohne der keltische Name Armisa anzunehmen.
Heilige Orte — Loca sacra
Die für den römischen öffentlichen Gottesdienst bestimmten Orte sind heilig (loca sacra). Es sind geweihte Plätze (Fana, -orum n.) auf denen ein Gebäude stehen kann. Als Fana gelten: Haine (nemora), Lichtungen im Walde (luci); Heiligtümer (sacella), d. h. Altäre (arae); Plätze mit fließendem Wasser zur Reinigung der Opfernden vor dem Zutritt zum Heiligtum (delubra); Tempel (templum), der von dem Augur mit seinem Stabe am Himmel und auf der Erde zur Beobachtung des Vogelfluges abgegrenzte Beobachtungsraum.
Lit.: Haug-Sixt 1914, 291 Nr. 173
27 Altar für Fortuna
geweiht von Cassius Troianus, Hauptmann (centurio) der Brittones Murrenses für seine Kameraden (Abb. 94)
Inschrift
PRO SALVTE COMMILI(tonum) / FORTVN(ae) /
SACRVM / [C]ASSIV[S] / TROIANVS /
C(enturio) BRIT(tonum) MV[RR] (ensium) / V(otum) S(olvit) L(aetus) L(ibens) M(erito)
Übersetzung
Für das Wohl seiner Kameraden hat Cassius Troianus, Hauptmann der Brittonen an der Murr (diesen Altar) der Fortuna geweiht und damit sein Gelübde eingelöst froh und freudig nach Gebühr.
Schilfsandstein. - H. 88 cm, Br. noch 34 cm, Dm. 23 cm; H des Mittelstücks 42 cm, Br. noch 32 cm, Dm. 21 cm. - Inv. R L 189. - FO: Heilbronn-Böckingen. Altar mit Sockel und Gesims. Von den beiden Randwülsten ist nur der linke mit sternförmiger Verzierung erhalten. Zwischen den Randwülsten eine beinahe geschlossene Mondsichel. Auf der Oberseite runde Schale. Auf der linken Schmalseite ein Krug im Relief.
Abb. 94 Statue der Fortuna balnearis und Altar für Fortuna von Weinsberg und Heilbronn-Böckingen. |
Brittones - Britannier
In Britannien ausgehobene Soldaten dienen in den römischen Hllfstruppen (auxilia), vornehmlich in den Numeri, Aufklärungs- und Beobachtungsabteilungen von etwa 130 Mann (s. o.). Sie haben die Aufgabe, die Alen und Kohorten in ihrem Wachtdienst am Limes, vor allem in schwer zugänglichen Waldgegenden (Taunus, Odenwald) zu entlasten. Die Numeri Brittonum führen verschiedene Beinamen, die sich auf ihre Standorte beziehen: Numerus Brittonum Aurelianensium - benannt nach Vicus Aurelianus/Öhringen; Numerus Brittonum Elantiensium - benannt nach dem rechtsneckarischen Nebenflüßchen Elz; Numerus Brittonum Murrensium - benannt nach der Murr, Nebenfluß des Neckar. Der offenbar bei Benningen, am Einfluß der Murr in den Neckar - wo die Vicani Murrenses wohnen - formierte Numerus Brittonum Murrensium wird später von Heilbronn-Böckingen nach Öhringen an den Limes vorverlegt, wo er der Cohors I Helvetiorwn unterstellt wird.
Die in kleinerer Schrift ausgeführte Zeile: Pro salute commilitonum ist wahrscheinlich nachträglich eingemeißelt.
Fortuna
Fortuna muliebris - spendet Kindersegen
Fortuna populi Romani- läßt Unternehmungen gelingen.
In alter Zeit verehren die Landleute, deren Arbeit von der Witterung und dem Wachstum abhängig ist, die Göttin Fortuna. Fortuna populi Romani sorgt für das glückliche Gelingen der Unternehmungen des römischen Volkes.
Fortuna respiciens - Glücksgöttin
Fortuna Redux - sorgt für glückliche Rückkehr
Fortuna balnearis - beschützt die Badeanlagen
Fortuna salutaris - bewahrt vor Krankheit
Fortuna ist im allgemeinen die Glücksgöttin, die man im Frieden und im Krieg anruft. Der Kult der Fortuna Redux erlangt seit der glücklichen Rückkehr des Kaisers Augustus aus dem Orient 19 v. Chr. eine allgemeine Bedeutung. Seitdem gibt es zahlreiche Weihungen an diese Göttin: pro salute et reditu imperatoris; ob salutem victoriamque — wenn der Kaiser ins Feld zieht (s. o.) Salus et Fortuna ist eine geläufige Verbindung (s. o.).
In der Kaiserzeit haben Truppenteile und Collegia ihre besondere Fortuna. Auch wird Fortuna wie Genius mit Örtlichkeiten verbunden: Fortuna balnearis (balneum - das Bad) beschützt die Badeanlagen und die Badenden. Hierzu Nr. 28.
Lit.: Haug-Sixt 1914, 536 Nr. 376.— Ritterling-Stein 1932, 253.— G. Wissowa, Religion und Kultus 1971, 256ff.
28 Statue der Fortuna balnearis oder salutaris
Beschützerin der Badeanlagen und Bewahrerin vor Krankheit. Schilfsandstein (N). - H. noch 63 cm. - Inv. R L 396. -FO: Weinsberg, Kr. Heilbronn. Gefunden bei der Ausgrabung des Bades, wo sie wahrscheinlich in einer Nische oberhalb des Wasserlaufes stand. - 2./3.Jh.n.Chr.
Die Göttin trägt ein langes Untergewand (Chiton) und einen Mantel (Himation), der unter der Brust mit starkem Wulst über den linken Unterarm gezogen ist. Sie hält in der linken Hand das Füllhorn. Kopf und rechter Unterarm sind abgeschlagen. In der rechten Hand hielt die Göttin das Steuerruder, neben dem ein sechsspeichiges Rad angelehnt ist. Hierzu Nr. 27.
Lit.: Haug-Sixt 1914, 547 Nr. 589. — Esperandieu 1931, 433 Nr. 687.
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