5 ZUSAMMENFASSUNG

Zwei Registrieranlagen wurden entwickelt, um Streckungswachstum und Circumnutationen des Hypokotyls von Arabidopsis-Pflanzen und verwandten Arten zu untersuchen. Die Anlagen ermöglichten es, zwei Videokameras (für Stereoaufnahmen) eindimensional oder in drei Dimensionen zu verfahren und so eine größere Zahl von Keimlingen gleichzeitig zu registrieren. Die dreidimensionale Verfahreinheit gestattete es zusätzlich, Keimlinge in übereinanderliegenden Abschnitten in größeren Maßstäben aufzunehmen. Mit eigens entwickelten Bildanalyse-Verfahren konnte die zeitliche und räumliche Entwicklung der Keimlinge sichtbar gemacht und mit verschiedenen Algorithmen analysiert werden.

Mit den Anlagen wurde das tagesperiodische Wachstum von Arabidopsis und Cardaminopsis im schwachen Weißlicht (um 2 µmol m-2 s-1) untersucht. Die Wachstumsschübe von Arabidopsis thaliana waren deutlich von Phasen fast ohne Wachstum und ohne Schwingungen abgegrenzt. Bei Cardaminopsis arenosa folgten Zeitabschnitte mit hoher Wachstumsgeschwindigkeit auf solche geringeren Wachstums. Circumnutationen traten in Phasen starken Wachstums vermehrt auf und waren mit der Wachstumsrhythmik korreliert. Die Wachstumszone befand sich bei beiden Arten am oberen Hypokotyl. Hier war auch der Ursprung der Circumnutationen.

Um den Mechanismus der Wachstumsvorgänge und Circumnutationen zu verstehen, wurden verschiedene Substanzen in wässriger Lösung lokal am Hypokotyl appliziert. Auxin bewirkte bei Cardaminopsis arenosa nach einer Latenzzeit von 19 Minuten einen Wachstumsschub. Größere Mengen Auxin löschten Circumnutationen aus. Wurden geringere Mengen appliziert, gingen die Schwingungen während der resultierenden Krümmungsreaktion weiter. Das Phytotropin NPA und der Auxintransportinhibitor TIBA hemmten Circumnutationen kräftig. Diese Ergebnisse unterstützen die These, dass Auxin an Circumnutationen beteiligt ist. Gibberrelinsäure GA3 zeigte im Schwachlicht keine Wirkung auf Circumnutationen und Wachstum. Eine Beteiligung von Expansin an Circumnutationen konnte nicht gefunden werden. Jedoch wirkten verschiedene anorganische Pufferlösungen deutlich hemmend auf die Schwingungen.

Die phototrope Reaktion auf seitliches Licht war circadian moduliert. Arabidopsis-Keimlinge reagierten zu Zeiten stärksten Wachstums auch am stärksten auf phototrope Reize. Die phototrope Reaktionsfähigkeit der Hypokotyle wurde durch lokal appliziertes NPA verringert. Die phototrope Reaktionszeit von Arabidopsis thaliana wurde bestimmt. Sie lag bei etwa 24 Minuten. Phototrope Reaktionszeit, gravitrope Reaktionszeit und die Latenzzeit nach Auxinapplikation betrugen etwa 20 Minuten. Es wird daher vermutet, dass Auxin an der Signalkette beider Tropismen beteiligt ist.

Mit lokal am Hypokotyl appliziertem Cycloheximid (100 µM bis 1mM, 1-2 µl) konnte eine Phasenverschiebung des circadianen Rhythmus von Cardaminopsis arenosa bewirkt werden. Die neue Phasenlage wurde vermutlich durch das Ende der CHX-Wirkung bestimmt.

Um die Funktion der Auswertesoftware zu prüfen, wurden virtuelle Pflanzen generiert. Sie halfen, mögliche Artefakte bei den Krümmungsalgorithmen zu erkennen, die durch Glättungsverfahren zustande kamen. Simulationen wurden durchgeführt, um Hypothese zu prüfen, wie Auxin an Wachstum und Circumnutation beteiligt sein könnte. Modellpflanzen mit kreisförmig modulierten, basipetalen Auxinflüssen verhielten sich beim Circumnutieren ähnlich wie echte Pflanzen. Es zeigte sich aber, dass Circumnutationen nicht alleine durch eine Chiralität des Auxinflusses zustande kommen können.


© copyright Andreas Neugebauer 2002

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