3.3 Ergebnisse der
PC-Versuche
3.3.1 Versuche
mit Atari PCs
Eine Reihe von Versuchen und Vorversuchen
wurden mit dem von SCHUSTER (1990) entwickelten System OXALIS mit
Atari PCs durchgeführt, bevor die neue Verfahreinheit fertiggestellt
war. Wurden die Keimlinge von oben registriert, war es nicht nötig,
Originalaufnahmen der Pflanzen zu machen. Auch einfachere Aufnahmen
von der Seite unter Verwendung von Markierungen konnten mit diesem
System durchgeführt werden.
3.3.1.1 Registrierung
von oben mit Atari PCs
3.3.1.1.1 Wie ändern
sich die Periodenlängen der Circumnutationen im Laufe des Wachstums
der Keimlinge?
Im Rahmen von Versuchen zur lokalen Applikation
von Expansin wurde auch die Entwicklung der Periodenlängen
der Circumnutation bei Cardaminopsis
arenosa untersucht. Dabei zeigte
sich eine einheitliche Tendenz zur Verlängerung der Schwingungsperioden
mit zunehmendem Alter der Keimlinge.
Abbildung 3-2:
Cardaminopsis arenosa: Entwicklung
der Periodenlängen. Registrierung im schwachen Dauer-Weißlicht
(2 µmol m-2 s-1) Im Versuchszeitraum von 3 Tagen und 9 Stunden
verlängerten sich die durchschnittlichen Schwingungsperioden
(farbiges Band in der Mitte der y-Achse) von 32 Minuten auf 48 Minuten.
Die Circumnutationen traten häufig in
tagesperiodischen Schüben auf. Hierbei wurden die mittleren
Schwingungsperioden von Schub zu Schub länger.
Abbildung 3-3:
Cardaminopsis arenosa:
Veränderung der Periodenlängen. Registrierung im schwachen
Dauer-Weißlicht (2 µmol m-2 s-1). Drei circadiane Schwingungsschübe
mit 36 min., 39 min., 51 min. durchschnittlicher Periodenlänge.
Bei stärkerer Beleuchtung war die mittlere
Periodenlänge meist größer als im Schwachlicht.
Die Pflanzen wuchsen wesentlich langsamer und Circumnutationen konnten
über einen längeren Zeitraum beobachtet werden. Die tagesperiodischen
Schübe waren wesentlich deutlicher ausgeprägt als im Schwachlicht.
Abbildung 3-4:
Cardaminopsis arenosa:
Veränderung der Periodenlängen. Registrierung im Dauer-Weißlicht
(20 µmol m-2 s-1). Sechs circadiane Schwingungsschübe
mit 42 min., 48 min., 51 min., 54 min., 60 min., 68 min. durchschnittlicher
Periodenlänge.
Häufig fanden sich bei diesen Lichtbedingungen
Schwingungen mit Periodenlängen im Bereich von zwei bis drei
Stunden. Sie wurden von SCHUSTER (1996) als LPN2 klassifiziert.
Abbildung 3-5:
Cardaminopsis arenosa: Veränderung
der Periodenlängen. Registrierung im Dauer-Weißlicht
(20 µmol m-2 s-1). Sechs circadiane Schwingungsschübe
mit 160 min. bis 190 min. durchschnittlicher Periodenlänge.
3.3.1.1.2
Hat lokal am Hypokotyl applizierte Expansinlösung eine Wirkung
auf Circumnutationen?
Tröpfchen wässriger Lösungen
von Expansin und Referenzlösungen wurden wie in 2.2.1 beschrieben
an den Hypokotylen von Cardaminopsis
arenosa appliziert. Soweit in den
Abbildungen nicht anders angegeben, war die applizierte Menge 1
µl.
Die Keimlinge waren im schwachen weißen
Dauerlicht[1] bei 23 °C angezogen
und mit einem Atari PC von oben registriert worden.
Die Reaktion wurde in drei Gruppen klassifiziert:
· Erlöschen der Schwingung kurz nach der Applikation.
· Dämpfen der Schwingung kurz nach der Applikation.
· Keine Reaktion, die Schwingungen gehen unbeeinflusst weiter.
Abbildung 3-6: Wirkung von Expansin,
Elektrolytlösungen, Leitungswasser und destilliertem Wasser
auf Circumnutationen von Cardaminopsis
arenosa.
Die Applikation von Expansin am Hypokotyl von
schwingenden Keimlingen löschte in den meisten Fällen
die Schwingungen überraschenderweise innerhalb weniger Minuten
aus. Es ist bekannt, dass Expansin bei einem pH von 4,5 ein Optimum
besitzt. Die verwendete wässrige Lösung von Expansin lag
in einem 50 mM Natriumacetatpuffer mit pH 4,5 vor. Deshalb wurden
Kontrollversuche mit reinem 50 mM Natriumacetatpuffer pH 4,5 durchgeführt.
Die Applikation dieser Pufferlösung zeigte die gleiche Wirkung
wie Expansin.
Um zu prüfen, ob die Applikation von reinen
Flüssigkeitströpfchen bereits die Circumnutationen beeinflusst,
wurden destilliertes Wasser und Leitungswasser appliziert. Destilliertes
Wasser bewirkte keine Reaktion. Leitungswasser führte in einigen
Fällen zu einer Dämpfung. Meistens schwangen die Keimlinge
jedoch auch nach Applikation von Leitungswasser weiter.
Auch andere Pufferlösungen wurden appliziert,
um die Wirkung verschiedener Ionen und pH-Werte auf die Circumnutation
prüfen zu können. Alle applizierten Puffer- und Elektrolytlösungen
zeigten eine deutlich hemmende oder dämpfende Wirkung.
Eine pufferfreie Expansinlösung hingegen
wirkte kaum.
Die Wirkung hing von der Menge der applizierten
Substanz ab. Wurden statt 1 µl nur 0,1 µl große
Tröpfchen pufferhaltiger Expansinlösung oder Kaliumacetatpuffer
pH 4,5 appliziert, wurde in den meisten Fällen die Circumnutation
nicht gehemmt.
Es wurde auch geprüft, ob nicht schwingende
Keimlinge durch Applikation verschiedener Lösungen wieder zum
Schwingen gebracht werden können. In wenigen Fällen kam
es tatsächlich kurz nach der Applikation von Expansin, Elektrolytlösungen,
Leitungswasser und destilliertem Wasser zu Schwingungen. Es war
jedoch nicht zu entscheiden, ob ein ursächlicher Zusammenhang
zwischen Auftreten von Schwingungen und Applikation bestand. Es
könnte sich auch lediglich um ein spontanes Einsetzen von Schwingungen
zeitnah zur Applikation gehandelt haben.
3.3.1.1.3 Haben an
bestimmten Hypokotylstellen applizierte Lösungen von Auxinen,
Gibberellinen, Auxintransporthemmern und Jasmonsäure eine Wirkung
auf Circumnutationen?
Tröpfchen wässriger Lösungen
von Indolessigsäure, GA3, TIBA und Jasmonsäure[2]
wurden wie in 3.3.1.1.4. an Hypokotylen von Cardaminopsis arenosa
appliziert.
Abbildung 3-7: Wirkung
von Indolessigsäure (IES), GA3, TIBA und Jasmonsäure auf
Circumnutationen von Cardaminopsis
arenosa.
Applikation von 0,1%iger wässriger Lösung
von IES ließ in allen Fällen die Schwingungen sofort
erlöschen. Auch eine 0,001%ige Lösung wirkte regelmäßig
dämpfend oder hemmend. Wurden die Tröpfchen nach 3 bis
10 Minuten durch Abtupfen mit einem Filterpapierstreifen wieder
entfernt, fiel die Wirkung schwächer aus.
Ähnliche Ergebnisse wurden bei Applikation
von IES-haltigem Lanolin auf Kunststoffkügelchen erzielt.
Abbildung 3-8:
Applikation eines mit IES-haltigem Lanolin (0,01%) beschichteten
Kunststoffkügelchens (D = 200 µm) am oberen Hypokotyl
von Cardaminopsis arenosa.
Dargestellter Zeitraum: 60 Stunden. Kurz nach der Applikation (im
Kurvenverlauf rot markiert) begann sich das Hypokotyl zur Seite
zu bewegen: Auch dann waren noch schwache Schwingungen zu beobachten.
GA3 zeigte bei Konzentrationen von 0,5% bis
0,01% kaum eine Wirkung auf die Circumnutationen.
Konzentrierte TIBA Lösungen unterdrückten oder hemmten
die Schwingungen fast immer. Erst in einer Verdünnung von 1:600
bis 1:800 zeigte die Substanz keine Wirkung mehr.
400 µM Jasmonsäurelösung unterdrückte
oder hemmte in manchen Fällen die Schwingungen.
3.3.1.2 Registrierung
von der Seite mit Atari PCs und Beads
SCHUSTER (1996) hatte beschrieben, dass das
Wachstum sowie das Auftretens von Circumnutationen beim Hypokotyl
von Cardaminopsis arenosa
circadian moduliert ist. Dabei betrachtete er jedoch nur den Längenzuwachs
der ganzen Pflanze.
Mit Hilfe von kleinen Kunststoff-Kügelchen
(Beads), die in regelmäßigen Abständen auf dem Hypokotyl
angebracht waren, sollte nun die Lage der Wachstumsschübe auf
dem Hypokotyl lokalisiert werden.
Abbildung 3-9: Cardaminopsis
arenosa, markiert mit kleinen
Kügelchen. Schwaches Dauer-Weißlicht (2 µmol m-2
s-1). Aufnahme von der Seite. Abstand der Messpunkte vom Boden in
Pixel.
In Abbildung 3-9 wurde der Abstand vom Boden
für jedes Kügelchen sowie für die Kotyledonen über
die Zeit aufgetragen. Zu Beginn der Registrierung war bei allen
Kügelchen eine deutliche Bewegung nach oben zu erkennen. Etwa
12 Stunden nach Versuchsbeginn hörte das Wachstum bei den beiden
untersten Kügelchen nahezu vollständig auf. Auch bei den
weiter oben liegenden flachte sich zu dieser Zeit die Wachstumskurve
ab. Einige Stunden später nahm bei den oberen Kügelchen
das Wachstum wieder zu. Bei den beiden untersten Kügelchen
fand jedoch kein Wachstum mehr statt.
Das Abflachen und Wiederansteigen der Wachstumsgeschwindigkeit
im Zeitabstand von etwa 24 Stunden entsprach der bereits von SCHUSTER
(1996) beschriebenen circadianen Modulation des Wachstums.
Bei den Kotyledonen, (Kügelchen 1) und
ansatzweise bei Kügelchen 2 waren außerdem in den Phasen
stärkeren Wachstums kurzperiodische Circumnutationen mit einer
Periodenlänge von etwa einer Stunde zu erkennen. Circumnutationen
stellen bei der Aufnahme von der Seite eine Bewegung des Messpunkts
in der x-Richtung und z-Richtung dar. Da die Pflanze an der Basis
fest verankert ist, resultiert aus einer solchen Bewegung auch stets
eine geringe Bewegung in der y-Richtung. Aus geometrischen Gründen
ist die resultierende y-Komponente umso ausgeprägter, je weiter
oben der Messpunkt liegt.
Bei der in Abbildung 3-8 gewählten Form
der Darstellung entspricht der Kurvenverlauf der einzelnen Punkte
jeweils dem Wachstum des gesamten darunter liegenden Hypokotylbereichs.
Um das lokale Wachstum darzustellen, wurde in der nachfolgenden
Abbildung jeweils der Abstand zwischen zwei Messpunkten im gleichen
Versuch dargestellt.
Abbildung 3-10:
Cardaminopsis arenosa, markiert
mit Kügelchen (Beads). Schwaches Dauer-Weißlicht (2 µmol
m-2 s-1). Aufnahme von der Seite. Abstand zwischen zwei Messpunkten
in Pixel.
Der Abstand zwischen dem obersten Bead und
den Kotyledonen änderte sich über die gesamte Aufnahmedauer
nur sehr wenig. Das oberste Bead war nur wenige Millimeter unterhalb
des Apex angebracht worden. Diese Region kurz unterhalb des Apex
streckte sich im Versuchszeitraum also kaum. Das stärkste Wachstum
fand zwischen Bead 1 und 2 und zwischen Bead 2 und 3 statt. Auch
zwischen Bead 3 und 4 war fast über die gesamte Versuchsdauer
ein deutliches Wachstum zu verzeichnen, das jedoch schwächer
ausgeprägt war als bei den beiden darüber liegenden Hypokotylabschnitten.
Etwa 12 Stunden und 36 Stunden nach Versuchsbeginn ging in allen
drei Regionen die Wachstumsrate zurück. Zwischen Bead 3 und
4 fand Wachstum nur in der ersten Hälfte des Versuchs statt.
Danach kam es zum Erliegen.
Bei einem weiteren Versuch konnte das lokale
Wachstum von Cardaminopsis arenosa
über sechs Tage hinweg verfolgt werden. Diese Pflanze wurde
unter identischen Bedingungen gehalten. Trotzdem war das circadiane
Wachstums nur wenig moduliert. Auch Circumnutationen fanden so gut
wie keine statt.
Abbildung 3-11:
Cardaminopsis arenosa,
markiert mit Kügelchen. Schwaches Dauer-Weißlicht (2
µmol m-2 s-1) von oben. Aufnahme von der Seite. Abstand der
Messpunkte vom Boden in Pixel.
Um das lokale Wachstum darzustellen, wurden
bei diesem Versuch die Abstände zwischen je zwei Messpunkten
in einem einzigen Diagramm dargestellt. Für eine bessere Übersicht
wurden die einzelnen Datenreihen jeweils um einen festen Betrag
nach oben verschoben. Die Verschiebung entsprach dem y-Wert des
unteren Punktes des jeweiligen Punktepaares zu Versuchsbeginn. Die
unterste Datenreihe wurde nicht verschoben, da dem unteren Referenzpunkt
(der Hypokotylbasis) der y-Wert Null zugeordnet war.
Abbildung 3-12:
Cardaminopsis arenosa, mit Kügelchen
markiert. Schwaches Dauer-Weißlicht (2 µmol m-2 s-1)
von oben. Aufnahme von der Seite. Abstand zwischen zwei Messpunkten
in Pixel.
In den ersten 12 Stunden wuchs die Pflanze
kaum. Danach war zwischen den meisten Messpunkten ein deutliches
Wachstum zu erkennen. Nur die Region zwischen oberstem Kügelchen
und den Kotyledonen vergrößerte sich auch bei dieser
Pflanze über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg fast
nicht. Das leichte Ansteigen und Absinken des Abstands beruhte auf
einer Bewegung der Kotyledonen. Tagesperiodische oder circadiane
Kotyledonenbewegungen waren bei Cardaminopsis
und Arabidopsis häufig
zu beobachten. Je nach Höhe der Messintervalle auf dem Hypokotyl
hielt das Wachstum unterschiedlich lange an. Im untersten Intervall
zwischen Bead 5 und der Hypokotylbasis war bereits nach 48 Stunden
kaum noch Wachstum zu verzeichnen. In den darüber liegenden
Abschnitten hielt es länger an, und zwar mit steigender Höhe
am Hypokotyl für immer längere Zeit. Im Intervall zwischen
Bead 1 und Bead 2 war selbst nach sechs Tagen noch ein deutliches
Wachstum zu erkennen.
Insgesamt wurden etwa zwanzig Hypokotyle mit
Beads markiert und registriert. Der Versuchsaufbau und die Durchführung
erwiesen sich als sehr mühsam und problematisch. In einigen
Fällen fielen Beads während der Registrierung ab oder
verrutschten. Außerdem veränderten sich beim Wachstum
häufig die Beleuchtungsverhältnisse der Beads. Dadurch
verrutschen die Trackingfelder. Da gleichzeitig eine Anlage entwickelt
wurde, mit der "natürliche Markierungen" registriert
werden konnten, wurden die Versuche mit dem OXALIS-System schließlich
eingestellt.
3.3.2 Registrierung mit
der eindimensionalen Verfahreinheit
Die Registrierung von Keimlingen mit der eindimensionalen
Verfahreinheit lieferte trotz eher geringer Qualität der Kameras
dank Mittelung vieler Einzelbilder gute Ergebnisse. Mit Hilfe des
Videoplayers konnte die Entwicklung vom Samen zum Keimling beobachtet
werden. Dunkler und heller gefärbte Bereiche des Hypokotyls,
die als "natürliche Markierungen" dienen können,
waren deutlich zu erkennen. Wachstum und Circumnutationen konnten
genau beobachtet werden.
Um die Animation
zu starten klicken Sie bitte auf das Player-Symbol der gewünschten
Version
(Durch Klick auf einen der Links können Sie den entsprechenden
Media-Player herunterladen)
Abbildung 3-13:
Arabidopsis thaliana,
Mutante pin. Zeitrafferaufnahme des Keimens, der Streckung und der
Circumnutationen des Hypokotyls. Registrierung im schwachen Dauer-Weißlicht
(1,2 µmol m-2 s-1). Versuchstemperatur 23 °C. Versuch Pin990918_8
Im Zeitverlaufsbild des Wachstums waren die
"natürlichen Markierungen" als farbige Streifen gut
zu verfolgen. Durch sie konnten Bereiche des Hypokotyls, in denen
Wachstum stattfand, von nicht wachsenden Bereichen unterschieden
werden.
Abbildung 3-14:
Zeitverlaufsbilder von Arabidopsis
thaliana, Mutante pin.
Darstellung des Wachstums. Parallele Streifen zur x-Achse im unteren
Bereich des Zeitverlaufsbildes geben Hypokotylstellen wieder, die
sich nicht mehr strecken. Auseinanderstrebende Linien entsprechen
Regionen mit Streckungswachstum. Der stufenförmige Anstieg
gibt die circadiane Modulation des Streckens wieder. Versuch Pin990918_8
Der untere Bereich des Zeitverlaufsbilds ist
von blauen und violetten Linien geprägt. Wo diese Linien völlig
parallel zueinander und horizontal verlaufen, findet kein Wachstum
statt. Regionen in denen Wachstum stattfindet, sind dadurch gekennzeichnet,
dass die Linien auseinanderstreben.
In den Zeitverlaufsbildern des Wachstums war
die circadiane Modulation der Wachstumsgeschwindigkeit gut zu erkennen.
Die mit den Krümmungsalgorithmen ausgewerteten
Zeitverlaufsbilder (Abbildung 3-15) ähnelten den Zeitverlaufsbildern
des in "Material und Methoden" beschriebenen, auf einen
Wecker montierten Drahts.
Algorithmus 4 |
Algorithmus 5 |
Algorithmus 6 |
Algorithmus 7 |
Algorithmus 8 |
Algorithmus 9 |
Abbildung 3-15:
Zeitverlaufsbilder von
Arabidopsis thaliana, Mutante
pin,
mit den verschiedenen Krümmungsalgorithmen ausgewertet. Versuch
Pin990918_8
In den mit Algorithmus 4 bis 6 ausgewerteten
Bildern war ebenfalls noch recht viel Rauschen enthalten. Die höheren
Algorithmen, die eine Mittlung über größere Stängelbereiche
beinhalteten, lieferten brauchbare Ergebnisse. Anders als der gebogene
Draht besaßen die Keimlinge keine starken lokalen Krümmungen
oder Knicke. Somit ließen sich bei der Auswertung von Hypokotylen
auch Algorithmus 8 und 9 sinnvoll einsetzten.
Abbildung 3-16: Zeitverlaufsbilder
von Arabidopsis thaliana,
Mutante pin,
mit dem Verschiebungsalgorithmus ausgewertet. Versuch Pin990918_8
Der Verschiebungsalgorithmus lieferte ebenfalls
gute Ergebnisse (Abbildung 3-16). Er war besonders geeignet, den
Zeitverlauf von Circumnutationen und Reaktionen auf Reize, beispielsweise
seitliche Lichtpulse oder Applikation von Substanzen, zu verfolgen.
Horizontales Filtern der Bilder in Verbindung mit einem Tiefpass
mit hoher Grenzfrequenz, beispielsweise 1/ 1h lieferte meist übersichtlichere
Ergebnisse als die ungefilterten Bilder (Abbildung 3-17).
Abbildung 3-17:
Zeitverlaufsbilder von Arabidopsis
thaliana, Mutante pin,
mit Krümmungsalgorithmus 8 ausgewertet und horizontal mit einer
Grenzfrequenz von 1 / 1h gefiltert. Versuch Pin990918_8
Solches Filtern bewirkte, dass langperiodische
Bildanteile, beispielsweise ortskonstante Krümmungen der Pflanzen,
die sich in den Originalbildern als horizontale, gefärbte Bänder
zeigten, in den Hintergrund traten.
Wurde ein Tiefpass mit niedrigerer Grenzfrequenz
gewählt, beispielsweise 1/ 4h, konnten auch höherfrequente
Bildanteile unterdrückt werden (Abbildung 3-18).
Abbildung 3-18:
Zeitverlaufsbilder von Arabidopsis
thaliana, Mutante pin,
mit Krümmungsalgorithmus 8 ausgewertet und horizontal mit einer
Grenzfrequenz von 1 / 4h gefiltert. Versuch Pin990918_8
In Abbildung 3-17 sind in den ersten zwei Versuchstagen
ausgeprägte Circumnutationen mit einer Periodenlänge von
durchschnittlich etwa 80 Minuten zu erkennen. In Abbildung 3-18,
wo die Grenzfrequenz des Tiefpasses bei 1 / 4h lag, erscheinen diese
Schwingungen nicht mehr. Dafür treten niederfrequentere Ereignisse
zu Tage, beispielsweise die Schwingung zischen 6:00 und 9:00 Uhr
am zweiten Versuchstag.
3.3.2.1 Circadiane
Modulation der phototropen Reaktion
Das Wachstum der Hypokotyle von Cardaminopsis
arenosa erfolgt in mehr oder weniger deutlichen tagesperiodischen
Schüben. Während dieser Schübe treten häufig
Circumnutationen auf. Die Schwingungsphasen wiederholen sich in
einem circadianen Rhythmus. Ob die Stärke der phototropen Reaktion
der Hypokotyle von Arabidopsis thaliana
und Cardaminopsis arenosa ebenfalls
einem tagesperiodischen Rhythmus unterliegt, war bislang nicht untersucht
worden. Deshalb wurden Keimlinge von Arabidopsis
thaliana und Cardaminopsis
arenosa mit der eindimensionalen Verfahreinheit von der Seite
im schwachen Dauerlicht aufgenommen. In regelmäßigen
Zeitabständen wurden die Keimlinge seitlich mit Blaulichtpulsen
belichtet. Die Keimlinge waren im Licht-Dunkel-Wechsel angezogen
worden, um die Phasenlage des circadianen Wachstums zu synchronisieren.
In Abbildung 3-19 ist der Zeitverlauf des Wachstums
von Arabidopsis thaliana,
C24 dargestellt. Die Registrierung fand im schwachen Dauer-Weißlicht
(1,2 µmol m-2 s-1) statt. Die Versuchstemperatur war 23 °C.
Seitliche Blaulichtpulse[3] (0,6
µmol m-2 s-1, Dauer 1 h) wurden alle 6 Stunden gegeben. Die
Keimlinge waren im LD (Lichtperiode von 08:00-20:00 Uhr) angezogen
worden.
Abbildung 3-19:
Zeitverlaufsbild des Wachstums
von Arabidopsis thaliana
C24. Die Lage (alle 6 Stunden) und Dauer (1 Stunde) der Blaulichtpulse
(0,6 µmol m-2 s-1, Dauer 1 h) ist im Balken unter der Zeitskala
weiß markiert. Schwaches Dauer-Weißlicht (1,2 µmol
m-2 s-1, 23 °C). Versuch At990830_d
Das Streckungswachstum war circadian moduliert.
Nach einem mittelstarken Wachstum am Anfang stieg die Wachstumsgeschwindigkeit
zwischen 9:00 und 15:00 Uhr des zweiten Tages deutlich, um gegen
21:00 wieder stark abzusinken. Zwischen 21:00 und 15:00 Uhr des
dritten Tages war die Wachstumsrate sehr gering. Ein zweiter schwacher
Wachstumsschub fand zwischen 15:00 und 18:00 Uhr des dritten Tages
statt. Sobald die Pflanzen sich zu krümmen begannen, änderten
sich die Beleuchtungsverhältnisse, was sich in einer dunkleren
Farbe des Zeitverlaufsbildes äußerte.
Die phototrope Reaktion setzte mit einer Zeitverzögerung
ein (siehe die vergrößerte Darstellung in Abbildung 3-20).
Abbildung 3-20: Ausschnitt
aus Abbildung 3-19 zeigt die Zeitverzögerung der phototropen
Reaktion zum Blaulichtpuls.
Deutlicher als bei den Zeitverlaufsbildern
des Wachstums war die phototrope Reaktion bei den Zeitverlaufsbildern
der Verschiebung (Algorithmus 2) zu erkennen. Die kräftig blau
gefärbten Zonen in Abbildung 3-21 entsprechen einer Neigung
des Hypokotyls zur blauen Lichtquelle.
Abbildung 3-21:
Zeitverlaufsbild der Verschiebung
(Algorithmus 2) der phototropen Reaktion. Die kräftig blau
gefärbten Zonen entsprechen einer Neigung des Hypokotyls zur
blauen Lichtquelle. Ausschnitt aus Abbildung 3-20. Versuch At990830_d
Die phototrope Reaktionszeit, d.h. die Zeit
von Blaulicht-Beginn bis zum Beginn der phototropen Reaktion, beträgt
etwa 24 Minuten.
Die Stärke der phototropen Reaktion korreliert
mit der Wachstumsgeschwindigkeit des Hypokotyls (Abbildung 3-22).
Die deutlichsten Krümmungen wurden durch die Lichtpulse um
9:00 und 15:00 Uhr am zweiten Tag hervorgerufen.
Abbildung 3-22:
Arabidopsis thaliana,
C24, Zeitverlaufsbild, Verschiebungsalgorithmus. Die Stärke
der phototropen Reaktion korreliert mit der Wachstumsgeschwindigkeit
des Hypokotyls. Deutliche Krümmungen durch die Lichtpulse um
9:00 und 15:00 Uhr am zweiten Tag, weitere deutliche Reaktion nach
dem Puls um 15:00 Uhr des dritten Tages. In der Zeit dazwischen
geringes Wachstum und schwach ausgeprägte gravitrope Reaktion.
Versuch At990830_d
Eine weitere deutliche Krümmungsreaktion
wurde nach dem Puls um 15:00 Uhr des dritten Tages registriert.
In der Zeit zwischen 21:00 Uhr des zweiten Tages und 15:00 Uhr des
dritten Tages mit geringem Wachstum war auch die gravitrope Reaktion
nur schwach ausgeprägt. Nach 20:00 Uhr des dritten Tages konnte
kein Wachstum mehr beobachtet werden. Eine gravitrope Reaktion war
nach diesem Zeitpunkt ebenfalls nicht mehr zu beobachten.
Weitere Versuche lieferten vergleichbare Ergebnisse.
Die Abbildungen 3-23 bis 3-25 zeigen die Zeitverlaufsbilder von
Versuchen mit Arabidopsis thaliana,
C24 bei Auswertung mit dem Wachstums- und Verschiebungsalgorithmus.
Die Versuchsbedingungen waren identisch mit denen in Abbildung 3-19.
Blaulichtpulse erfolgten hier jedoch erst vom Abend des zweiten
Versuchstages an.
Abbildung 3-23:
Arabidopsis thaliana,
C24, Zeitverlaufsbild des Wachstums. Wie in Abbildung 3-22 zeigt
sich auch hier eine circadiane Modulation der phototropen Reaktion.
Sie lässt sich aber über einen längeren Zeitraum
verfolgen. Versuch At990904_9
Im Zeitverlaufsbilds des Wachstums konnten
5 Wachstumsschübe beobachtet werden:
1. Tag - Versuchsbeginn bis 00:00
2. Tag - 09:00 bis 03:00
3. Tag - 09:00 bis 00:00
4. Tag - 15:00 bis 00:00
5. Tag - 18:00 bis 00:00
Der Längenzuwachs des Hypokotyls während
der Wachstumsschübe wurde von Schub zu Schub geringer. Der
letzte Schub war nur noch andeutungsweise zu erkennen. Auch die
Länge der Schübe nahm nach und nach ab.
Abbildung 3-24:
Arabidopsis thaliana,
C24, wie Abbildung 3-23, aber
Zeitverlaufsbild mit Verschiebungsalgorithmus. Versuch At990904_9
Bei diesem Versuch waren anfangs noch keine
seitlichen Lichtpulse gegeben worden. Die ersten beiden Pulse erfolgten
gegen Ende des zweiten Wachstumsschubs. Die Reaktion auf diese Pulse
war mittelstark. In der Zeit zwischen dem zweiten und dritten Wachstumsschub
reagierte die Pflanze nur schwach auf das seitliche Störlicht.
Das gleiche galt für die Zeiten geringen Wachstums zwischen
dem dritten und vierten sowie dem vierten und fünften Wachstumsschub.
Eine stärkere Reaktion war jeweils um 18:00 und 21:00 Uhr am
dritten, vierten und fünften Tag zu beobachten. Danach fanden
weder Wachstum noch Krümmungsreaktionen statt.
Die Periodenlänge der circadianen Rhythmik
lässt sich bei Wachstumsversuchen mit Arabidopsis
thaliana nur ungefähr bestimmen. Beginn und Ende der
Wachstumsschübe sind nur schwer festzulegen. Außerdem
variiert die Dauer der einzelnen Schübe. Es treten zudem nur
vier bis fünf deutliche Schübe auf.
Bei dem in den Abbildungen 3-23 und 3-24 dargestellten
Versuch (At990904_9) waren die stärksten Reaktionen auf die
seitlichen Störlichter stets um 15:00 und 21:00 Uhr aufgetreten,
was auf eine Periodenlänge von etwa 24 Stunden schließen
lässt.
Beim Versuch At990904_a in Abbildung 3-25 traten
die stärksten Reaktionen am dritten Tag um 15:00 und 21:00
Uhr und am vierten Tag um 21:00 und 03:00 Uhr auf, wobei die erste
Reaktion am vierten Tag stärker ausfiel als die zweite. Am
fünften Tag war um 21:00 Uhr überhaupt keine Krümmung
zu verzeichnen. Erst bei dem Puls um 03:00 Uhr erfolgte wieder eine
schwache Reaktion. Diese Beobachtungen lassen vermuten, dass die
hier gemessene Pflanze eine circadiane Periodenlänge der phototropen
Reaktion von deutlich über 24 Stunden besaß.
Abbildung 3-25: Zeitverlaufsbild
des Verschiebungsalgorithmus bei
Arabidopsis thaliana, C24. Stärkste
Reaktionen am dritten Tag um 15:00 und 21:00 Uhr und am vierten
Tag um 21:00 und 03:00 Uhr. Am fünften Tag war um 21:00 Uhr
keine Krümmung, erst um 03:00 Uhr wieder schwache Reaktion.
Periodenlänge der phototropen Reaktion daher länger als
24 Stunden. Versuch At990904_a
3.3.2.2 Basiert
die phototrope Reaktion auf Wachstum oder auf elastischen Vorgängen?
Zur Fragestellung, ob es sich bei der phototropen
Reaktion um elastische Vorgänge oder um Streckungswachstum
oder um eine Kombination aus beidem handelt, lieferten die oben
abgebildeten Zeitverlaufsbilder unterschiedliche Hinweise.
Die ersten beiden Blaulichtpulse in Abbildung
3-23 (Versuch At990904_9) führten zu einem deutlichen Längenzuwachs
des Hypokotyls im Verlauf des Pulses. Man erkennt einen vertikalen
Versatz der farbigen Linienscharen im oberen Hypokotylbereich vor
und nach dem Puls. Bei den späteren Pulsen war dieser Versatz
jedoch wesentlich schwächer ausgeprägt.
In Abbildung 3-26 (Versuch At990904_8) war
trotz kräftiger Reaktionen auf die seitlichen Lichtpulse nur
beim dritten Puls ein Linienversatz zu beobachten. Bei allen anderen
Pulsen fand keine stärkere Verlängerung statt als die,
die anhand des Kurvenverlaufs ohnehin zu erwarten gewesen wäre.
Abbildung 3-26:
Zeitverlaufsbild des Wachstums
von Arabidopsis thaliana,
C24. Trotz kräftiger Reaktionen auf die seitlichen Lichtpulse
nur beim dritten Puls ein Linienversatz. Bei allen anderen Pulsen
keine stärkere Verlängerung. Versuch At990904_8
In Abbildung 3-27 (Versuch At990904_a) hatten
manche Pulse eine verlängernde Wirkung auf das Hypokotyl, andere
jedoch nicht.
Abbildung 3-27:
Zeitverlaufsbild des Wachstums
von Arabidopsis thaliana,
C24. Manche Pulse verstärken das Hypokotylwachstum, andere
nicht. Versuch At990904_a
Eine genauere Analyse von durch phototrope
Reaktionen und Circumnutationen verursachten Krümmungen und
den daraus resultierenden Längenänderungen des Hypokotyls
steht noch aus.
3.3.2.3. Einfluss seitlicher
Lichtpulse auf die Circumnutation
Die Frage, ob es sich bei Circumnutationen
um endogene Vorgänge oder um Regelvorgänge wie bei der
gravitropen Rückkopplung handelt, ist noch nicht endgültig
geklärt. Vieles spricht jedoch dafür, dass die Schwingungen
endogener Natur sind (SCHUSTER 1996). Die Reaktion circumnutierender
Keimlinge auf laterale Lichtpulse könnte hier weitere Hinweise
liefern.
Das gravitrope Feedback-Modell beschreibt,
wie die Hypokotyle ihre gravitrope Orientierung durch einen Regelkreis
aufrecht erhalten. Gerät das Hypokotyl aus der Senkrechten,
setzt nach einer Latenzzeit eine Wachstumsreaktion ein, die die
Abweichung korrigiert. Dies kann zu Schwingungen führen.
Durch seitliches Störlicht krümmt
sich der Keimling zur Lichtquelle. Wird einem circumnutierenden
Keimling ein seitlicher Lichtpuls gegeben, würde man im Falle
von gravitropem Feedback erwarten, dass die Circumnutation durch
den Puls deutlich gestört wird. Sind die Schwingungen jedoch
endogener Natur, würden sie auch während der Krümmungsreaktion
mehr oder weniger unverändert ablaufen.
Abbildung 3-28 bis 3-31 zeigen Zeitverlaufsbilder
von Arabidopsis thaliana,
C24. Die Registrierung fand im schwachen Dauer-Weißlicht (1
µmol m-2 s-1) statt. Seitliche Blaulichtpulse (0,6 µmol
m-2 s-1, Dauer 2 h) wurden alle sechs Stunden gegeben. Die Versuchstemperatur
war 23 °C.
Abbildung 3-28:
Zeitverlaufsbilder mit Verschiebungsalgorithmus
und Krümmungsalgorithmus 9 von Arabidopsis
thaliana, C24. Registrierung
im schwachen Dauer-Weißlicht (1 µmol m-2 s-1). Seitliche
Blaulichtpulse (0,6 µmol m-2 s-1, Dauer 2 h) alle 6 Stunden.
Temperatur 23 °C. Versuch At990927_7.
Die Pflanze befand sich in einem Zustand kräftigen
Wachstums. Dabei fanden Circumnutationen mit einer durchschnittlichen
Periodenlänge von 67 Minuten statt. Die Schwingungen hielten
während der phototropen Reaktionen an. Weder Phasenlage noch
Periodenlänge der Circumnutationen wurden durch die phototrope
Reaktion massiv gestört. Auch bei dieser Pflanze sowie bei
der in Abbildung 3-30 gezeigten hielten die Schwingungen während
der Pulse an.
Abbildung 3-29:
Zeitverlaufsbilder mit Verschiebungsalgorithmus
und Krümmungsalgorithmen 8 & 9 bei Arabidopsis
thaliana, C24. Weiteres Beispiel
für Unabhängigkeit der Circumnutation von der phototropen
Reizung. Versuch At990927_6.
Abbildung 3-30:
Versuch At990927_b_x2: Arabidopsis
thaliana, C24 Zeitverlaufsbild,
Verschiebungsalgorithmus.
Abbildung 3-31:
Zeitverlaufsbild mit Krümmungsalgorithmus 9 von Arabidopsis
thaliana, C24. Circumnutationen
während phototroper Reizung kaum beeinflusst. Versuch At990927_b.
Im folgenden animierten Bild kann das Wachstum
dieser Pflanze anhand einer Originalaufnahme verfolgt werden. (nur
in der Online-Version verfügbar)
Um die Animation
zu starten klicken Sie bitte auf das Player-Symbol der gewünschten
Version
(Durch Klick auf einen der Links können Sie den entsprechenden
Media-Player herunterladen)
Abbildung 3-32: Zeitrafferaufnahme
von Wachstum und Circumnutationen des Hypokotyls von Arabidopsis
thaliana, C24 bei Blaulichtpulsen
von der Seite. Versuch At990927_b.
Die phototropen Krümmungen finden prinzipiell
in der gleichen Region des Hypokotyls statt wie die Circumnutationen.
Die folgenden Abbildungen zeigen Zeitverlaufsbilder
von Cardaminopsis arenosa.
Bei diesem Versuch wurden seitliche Lichtpulse in kürzerem
Zeitabstand (alle 3 Stunden) und von geringerer Intensität
(0,3 µmol m-2 s-1, Dauer 30 min.) als in den vorhergehenden
Versuchen gegeben. Die Registrierung fand im schwachen Dauer-Weißlicht
(1 µmol m-2 s-1) statt. Die Versuchstemperatur war 23 °C.
Die Keimlinge waren im Dauerlicht angezogen worden.
Abbildung 3-33:
Zeitverlaufsbild mit Krümmungsalgorithmus 8 von Cardaminopsis
arenosa. Seitliche Lichtpulse
(0,3 µmol m-2 s-1, Dauer 30 min.) alle 3 Stunden. Registrierung
im schwachen Dauer-Weißlicht (1 µmol m-2 s-1). Versuchstemperatur
23 °C. Keimlinge im Dauerlicht angezogen. Versuch Ct010131_2.
Der rasch wachsende Keimling zeigt deutliche
Circumnutationen mit einer Periodenlänge von etwa 90 Minuten.
Eine phototrope Reaktion auf die schwachen seitlichen Blaulichtpulse
ist in dieser Darstellung nicht zu erkennen.
Die nächste Abbildung zeigt das gleiche
Zeitverlaufsbild, das horizontal mit einer Grenzfrequenz von 1 /
3h gefiltert wurde. Dadurch wurden alle Frequenzanteile mit einer
Periodenlänge unter 3 h abgesenkt. Im gefilterten Bild werden
nun die Reaktionen auf die seitlichen Blaulichtpulse deutlich sichtbar.
Abbildung 3-34:
Zeitverlaufsbild mit Krümmungsalgorithmus
8 von Cardaminopsis arenosa,
horizontal gefiltert mit Grenzfrequenz 1 / 3h Dadurch wurden alle
Frequenzanteile mit einer Periodenlänge unter 3 h abgesenkt.
Im gefilterten Bild Reaktionen auf die seitlichen Blaulichtpulse
jetzt deutlich sichtbar. Versuch Ct010131_2_x8.
3.3.2.4 Applikationsversuche
3.3.2.4.1 Versuche
zur Applikation von Indol-3-essigsäure
Indol-3-essigsäure (IES) spielt eine zentrale
Rolle bei Wachstumsvorgängen, phototropen und gravitropen Reaktionen
und vermutlich auch bei Circumnutationen. Mit der eindimensionalen
Verfahreinheit wurde deshalb die Wirkung von lokal am Hypokotyl
applizierter IES untersucht.
Tröpfchen einer 5 µM IES-Lösung
mit einem Volumen von 1 bis 2 µl wurden am obere Hypokotyl
oder den Kotyledonen von wachsenden Hypokotylen angebracht. Dies
führte nach einer Latenzzeit stets zu einem Wachstumsschub.
Abbildung 3-35: Cardaminopsis
arenosa. Zeitverlaufsbild
des Wachstums. Die Registrierung fand im schwachen Dauer-Weißlicht
(1,75 µmol m-2 s-1) statt. Der Zeitpunkt der Auxinapplikation
(1 µl 5 µM) ist durch die senkrechte schwarze Linie
markiert, die von einem Datenausfall herrührt. Eine senkrechte,
rötliche Struktur im oberen Bildteil kurz nach der schwarzen
Linie stammt von einer zweiten Applikation (selbe Menge, selbe Konzentration).
Versuch Ct990417_1
Vor der Applikation waren regelmäßige
Circumnutationen mit einer Periodenlänge von etwa einer Stunde
zu beobachten. Nach der Applikation von 5 µM IES-Lösung
kamen diese Schwingungen zum Erliegen. Auch bei allen anderen Applikationsversuchen
mit 5 µM IES-Lösung wurden langperiodische Schwingungen
ausgelöscht. Etwa 20 Minuten nach der Applikation begann dann
ein Wachstumsschub, der hier etwa eine Stunde anhielt.
Bei dem in Abbildung 3-35 dargestellten Versuch
war 20 Minuten nach der ersten Applikation ein zweiter Tropfen angebracht
worden. Die zweite Applikation steigerte die Wachstumsgeschwindigkeit
jedoch nicht weiter.
Neben Wachstumsschüben führte die
Applikation von IES-Lösung meist auch dazu, dass sich das Hypokotyl
von der Applikationsseite weg krümmte.
Abbildung 3-36: Cardaminopsis
arenosa. Zeitverlaufsbild des
Wachstums. Die Registrierung fand zunächst im LD und danach
im Dauer-Weißlicht (15 µmol m-2 s-1) statt. 2 µl
einer 5 µM IES-Lösung wurden um 17:24 Uhr am fünften
Versuchstag appliziert (durch Strich markiert). Dunklere Färbung
nach Einsetzen der Krümmung. Versuch MT_LL1_5
Bei dem Versuch in Abbildung 3-36 ist 20 Minuten
nach der Applikation der Beginn eines Wachstumsschubs zu erkennen.
Danach beginnt eine Krümmungsreaktion, die sich im Zeitverlaufsbild
aufgrund veränderter Beleuchtungsverhältnisse in einer
dunkleren Färbung äußert.
In der folgenden Zeitrafferaufnahme können
Applikation und Krümmungsreaktion verfolgt werden.
Um die Animation
zu starten klicken Sie bitte auf das Player-Symbol der gewünschten
Version
(Durch Klick auf einen der Links können Sie den entsprechenden
Media-Player herunterladen)
Abbildung 3-37: Cardaminopsis
arenosa. Zeitrafferaufnahme der
Applikation eines Tropfens 5 µM IES-Lösung und der Krümmungsreaktion
des Hypokotyls. Versuch MT_LL1_5
Die Krümmung beginnt in der Umgebung der
Applikationsstelle. Im Laufe der Zeit erfasst sie immer weiter unten
liegende Bereiche des Hypokotyls. Das Herabwandern der Krümmungszone
wird auch im Zeitverlaufsbild der Krümmung deutlich.
Abbildung 3-38:
Cardaminopsis arenosa.
Zeitverlaufsbild, Krümmungsalgorithmus
9. Blaue Krümmungszone nach Applikation von IES-Lösung
(durch Strich markiert), wandert das Hypokotyl hinab. Versuch MT_LL1_5
In Abbildung 3-38 tritt etwa 90 Minuten nach
der Applikation im oberen Bildbereich eine intensive Blaufärbung
auf. Im Laufe der Zeit werden weiter unten liegende Bildteile von
der Blaufärbung erfasst. In den oberen Bildtteilen treten dann
wieder rote und grüne Banden auf, die von Circumnutationen
herrühren. Die Pflanze zeigte im gekrümmten Zustand deutliche
Schwingungen. Am Ende des Zeitverlaufsbildes beschränkt sich
die blaue Zone auf ein Band im unteren Drittel: Die Pflanze wies
hier einen kräftigen Knick auf, während die darunter und
darüber liegenden Hypokotylteile fast gerade verliefen.
Mit Hilfe der Zeitverlaufsbilder des Wachstums
konnte die Reaktionszeit nach Auxinapplikation bestimmt werden.
Dazu wurden Bildausschnitte um den Applikationszeitpunkt horizontal
stark vergrößert. Dadurch traten einzelne "scans"
deutlich als vertikale Balken in Erscheinung.
Abbildung 3-39
Zeitverlaufsbild des Wachstums
von Cardaminopsis arenosa.
Ausschnitt um den Applikationszeitpunkt, horizontal stark vergrößert.
Der Abstand zwischen zwei "scans" beträgt 4 Minuten.
Die Applikation des Tropfens ist durch die deutlich veränderte
Struktur zweier scans am Ende des ersten Viertels der Abbildung
zu erkennen. Die Veränderung wird durch Lichtrefflektion und
Brechung am Tropfen hervorgerufen. Sie verschwindet wieder, nachdem
der Tropfen verdunstet ist. Der Wachstumsschub beginnt im sechsten
scan nach der Applikation.
Um die Reaktionszeit nach Auxinapplikation
genau zu bestimmen, wurden "scans" im Ein-Minuten-Abstand
durchgeführt. Die Reaktionszeit betrug 18,9 Minuten. (Schwaches
Dauer-Weißlicht (1,75 µmol m-2 s-1), Applikation von
1 µl einer 5µM IES-Lösung. Durchschnitt aus 7 Pflanzen).
Die Applikation einer 0,5 µM IES-Lösung
führte in den meisten Fällen zu einer Wachstumssteigerung.
Auf eine 0,05 µM IES-Lösung reagierten nur noch manche
der Keimlinge mit einem Wachstumsschub. Auch bei den niedrigeren
Auxinkonzentrationen dauerte es durchschnittlich 20 Minuten, bis
die Pflanzen auf die Applikation reagierten. Bei stärkerer
Beleuchtung (15 µmol m-2 s-1) änderte sich die Reaktionszeit
ebenfalls nicht.
Bei Applikation einer 0,05 µM IES-Lösung
kam es vor, dass lediglich eine Krümmungsreaktion und kein
Wachstumsschub auftrat. Anders als bei der höher konzentrierten
Lösung war die Krümmung jedoch von vorübergehender
Natur und es entwickelte sich kein Knick im unteren Hypokotylbereich.
Die IES-induzierte Krümmung wurde gelegentlich von Circumnutationen
überlagert. In der folgenden Zeitrafferaufnahme können
Applikation einer 0,05 µM IES-Lösung und Krümmungsreaktion
verfolgt werden. Zugehörige Zeitverlaufsbilder und Beschreibung
siehe Abbildung 3-41.
Um die Animation
zu starten klicken Sie bitte auf das Player-Symbol der gewünschten
Version
(Durch Klick auf einen der Links können Sie den entsprechenden
Media-Player herunterladen)
Abbildung 3-40:
Cardaminopsis arenosa.Zeitrafferaufnahme
von Applikation eines Tropfens 0,05 µM IES-Lösung und Krümmungsreaktion
des Hypokotyls. Versuch Ct990428_1min_5
Abbildung 3-41Links:
Cardaminopsis arenosa. Zeitverlaufsbild,
Krümmungsalgorithmus 9. Applikation von 1 µl 0,05 µM
IES-Lösung um 12:16 Uhr. Nach der Reaktionszeit beginnt die Krümmung,
erkennbar an der violetten Färbung. Man sieht am schrägen
Verlauf der violetten Färbung, dass die Krümmungszone den
Stängel hinabwandert. Mitte:
Ausschnitt, horizontal gefiltert mit einer Grenzfrequenz von 1/1h.
Herablaufen der Krümmung (kräftig grüne Färbung;
durch das horizontale Filtern und Differenzieren kehrt sich die Farbe
der Darstellung um) in zwei Schüben. Schon vor der Applikation
traten schwache Circumnutationen auf, die die Krümmungsreaktion
anscheinend überlagern. Nach der Krümmung in Richtung "Grün"
erfolgt eine Krümmung in Gegenrichtung (rot), die ebenfalls im
oberen Teil des Hypokotyls einsetzt und sich nach unten ausbreitet.
Rechts:
Farbkreis zur Orientierung. Versuch
Ct990428_1min_5
Während auxininduzierter Wachstumsschübe
traten gelegentlich sehr schwache Schwingungen mit einer Periodenlänge
von 10 bis 20 Minuten auf. Wegen der sehr kleinen Amplitude sind
diese Schwingungen in den Zeitverlaufsbildern kaum zu erkennen.
Um die Animation
zu starten klicken Sie bitte auf das Player-Symbol der gewünschten
Version
(Durch Klick auf einen der Links können Sie den entsprechenden
Media-Player herunterladen)
Abbildung 3-42:
Cardaminopsis arenosa.
Zeitrafferaufnahme. Schwingungen mit einer Periodenlänge um 15
Minuten treten nach der Applikation des zweiten Tropfen auf. Versuch
Ct990417_1
3.3.2.4.2
Versuche zur Applikation von NPA
Mit der eindimensionalen Verfahreinheit
wurden die Wirkungen von lokal am Hypokotyl appliziertem NPA bei
Arabidopsis thaliana
und Cardaminopsis arenosa
untersucht. Tröpfchen von NPA-Lösung wurden am oberen
Hypokotyl oder den Kotyledonen von wachsenden Hypokotylen angebracht.
Die Pflanzen wurden dabei von der Seite registriert.
Applikation von 1 µl 5 µM
NPA-Lösung hemmte im mittleren Weißlicht (Photonenstrom
15 µmol m-2 s-1) das Wachstum von Cardaminopsis
arenosa nur leicht (4 Pflanzen
wurden registriert). Bei schwächerer Beleuchtung (1,75 µmol
m-2 s-1) wurde das Wachstum von
Cardaminopsis arenosa durch 1-2
µl 5 µM und 50 µM NPA nicht gehemmt (4 Pflanzen).
Abbildung 3-43:
Wirkung von NPA auf Cardaminopsis
arenosa. Zeitverlaufsbild des
Wachstums. Registrierung für zwei Tage im Licht-Dunkel-Wechsel
und danach im Dauer-Weißlicht (15 µmol m-2 s-1). 12stündige
Dunkelperioden schwarz markiert. 2 µl einer 5 µM NPA-Lösung
um 17:24 Uhr am fünften Versuchstag appliziert (unter der Zeitskala
mit Strich gekennzeichnet). Wachstum durch Applikation leicht gehemmt.
Versuch MT_LL1_6
Bei Arabidopsis
thaliana wurde das Wachstum im Schwachlicht (1,75 µmol
m-2 s-1) durch Applikation von 1-2 µl 1,5 und 5 µM NPA-Lösung
bei etwa 40% der Pflanzen deutlich gehemmt. Die restlichen Pflanzen
wuchsen unbeeinflusst weiter.
Der in Abbildung 3-44 dargestellte Versuch
zeigt, dass die Circumnutationen oberhalb der Applikationsstelle
weiter gehen. In anderen Versuchen wurden die Circumnutationen durch
Applikation von NPA in der Mitte des Hypokotyls jedoch vollständig
unterbunden. Leider konnten nur wenige Versuche durchgeführt
werden.
Abbildung 3-44: Cardaminopsis
arenosa, Zeitverlaufsbild der
Verschiebung. Die Registrierung fand im schwachen Dauer-Weißlicht
(1,75 µmol m-2 s-1) statt. 2 µl einer 5 µM NPA-Lösung
wurden in der Mitte des Hypokotyls appliziert. Der Applikationszeitpunkt
ist im Balken unter der Zeitskala gekennzeichnet. Die Circumnutation
ging oberhalb der Applikationsstelle (etwa auf halber Pflanzenhöhe)
weiter. Versuch Ct990430_2
Um die Wirkung von NPA auf die phototrope Reaktion
von Arabidopsis thaliana
zu untersuchen, wurden je 2 µl NPA-Lösung verschiedener
Konzentration sowie destilliertes Wasser als Kontrolle am oberen
Hypokotyl und an den Kotyledonen appliziert. Die Registrierung fand
im schwachen Dauer-Weißlicht (1,75 µmol m-2 s-1) statt.
Zwei seitliche Blaulichtpulse (0,6 µmol m-2 s-1) wurden gegeben.
Das Weißlicht war während der Blaulichtpulse ausgeschaltet.
Abbildung 3-45:
Phototrope Reaktion von Arabidopsis
thaliana, Stamm C24. Zeitverlaufsbild
der Verschiebung. Registrierung im schwachen Dauer-Weißlicht
(1,75 µmol m-2 s-1). Zwei seitliche Blaulichtpulse (0,6 µmol
m-2 s-1, zweiter Versuchstag von 11:36 Uhr bis 15:44 Uhr und dritter
Versuchstag von 14:20 Uhr bis 15:20 Uhr) zur schwarz markierten
Zeit. Weißlicht während der Blaulichtpulse ausgeschaltet.
Etwa eine Stunde vor dem ersten Blaulichtpuls (10:24 Uhr, im Balken
unter der Zeitskala mit Strich gekennzeichnet) 2 µl einer
1, 5 µM NPA-Lösung am oberen Hypokotyl appliziert. Pflanze
reagiert nur schwach auf den ersten Blaulichtpuls. Versuch At990803_3.
Die phototrope Reaktion der mit NPA vorbehandelten
Pflanzen war in konzentrationsabhängiger Weise schwächer
als die der unbehandelten Kontrollgruppe. Bei der Auswertung wurde
nur die Reaktion auf den ersten Blaulichtpuls berücksichtigt,
da beim zweiten Puls viele Pflanzen bereits nicht mehr wuchsen.
Abbildung 3-46: Phototrope
Reaktion von Arabidopsis
thaliana, Stamm C24, nach Behandlung
mit NPA. 2 µl einer 0, 5 bis 5 µM NPA-Lösung am
oberen Hypokotyl und an Kotyledonen appliziert. Kontrollgruppe 2
µl destilliertes Wasser. 75 Minuten nach Applikation Beleuchtung
von oben (1,75 µmol m-2 s-1) ausgeschaltet und Blaulichtpuls
(0,6 µmol m-2 s-1, Dauer 4 h) von Seite gegeben. Stärke
der phototropen Reaktion mit den Zeitverlaufsbildern der Verschiebung
ermittelt (siehe 3.2.2.1). Versuch At990803
An fünf nicht behandelten Kontrollpflanzen
wurde nochmals der zeitliche Verlauf der phototropen Reaktion untersucht[4]:
Nach einer Latenzzeit von durchschnittlich 28 Minuten begannen die
Pflanzen, sich zur Blaulichtquelle hin zu krümmen. Dabei krümmte
sich zunächst der oberste Teil des Hypokotyls, danach auch
weiter unten liegende Hypokotylteile. 144 Minuten nach Beginn des
Blaulichtpulses begannen die oberen Hypokotylteile, sich wieder
ein wenig aufzurichten. Diese Aufwärtsbewegung hielt bis 232
Minuten nach Blaulichtbeginn an. Danach begannen die Pflanzen, sich
wieder etwas stärker auf die Lichtquelle hin auszurichten.
Nach 244 Minuten endete der Blaulichtpuls und die Beleuchtung von
oben wurde wieder eingeschaltet. Zu diesem Zeitpunkt waren die Keimlinge
noch dabei, sich wieder stärker auf die Blaulichtquelle auszurichten.
Bereits 16 Minuten nach Ende des Blaulichtpulses begannen die Pflanzen,
sich wieder aufzurichten. Es dauerte durchschnittlich 72 Minuten,
bis sich die Keimlinge wieder vollständig aufgerichtet hatten.
In Abbildung 3-47 wird die starke Reaktion
einer Kontrollpflanze auf den ersten Blaulichtpuls dargestellt.
Abbildung 3-47: Phototrope
Reaktion von Arabidopsis
thaliana, Stamm C24. Zeitverlaufsbild
der Verschiebung. Versuchsbedingungen wie in Abbildung 3-45, aber
Kontrolle mit 2 µl destilliertem Wasser am oberen Hypokotyl
appliziert. Pflanze reagiert stark auf den ersten Blaulichtpuls.
Versuch At990803_c
Im Zeitverlaufsbild der Verschiebung wird rasch
eine Sättigung der blauen Markierfarbe erreicht, so dass die
Stärke der Krümmung anhand der Färbung nicht mehr
abgeschätzt werden kann. Eine Eigenschaft der Auswertesoftware
besteht jedoch darin, bei Krümmungen oder Verschiebungen, die
einen gewissen Wert überschreiten, die Stängelerkennung
abzuschalten. Dadurch werden mit fortschreitender Krümmung
nach Beginn des ersten Blaulichtpulses die obersten Teile der scans
schwarz dargestellt. Der blaue Bereich bekommt eine Delle. Ab dem
Zeitpunkt, von dem an sich die Pflanze wieder ein wenig aufrichtet
bzw. die Krümmung etwas nachlässt, steigt der blaue Bereich
auch wieder nach oben. Diese Schwelle reagiert sehr empfindlich
und wurde neben der Betrachtung der Originalaufnahmen für die
Analyse des zeitlichen Verlaufs der phototropen Reaktion benutzt.
In Abbildung 3-48 wird der typische Verlauf der phototropen Reaktion
von Arabidopsis thaliana,
Stamm C24 bei fünf Versuchspflanzen dargestellt.
Abbildung 3-48:
Typischer Verlauf der phototropen
Reaktion von Arabidopsis
thaliana, Stamm C24 bei fünf
Versuchspflanzen. Ausschnitte aus den Zeitverlaufsbildern der Verschiebung.
Versuchsbedingungen wie in Abbildung 3-47. Der blaue Bereich bekommt
mit fortschreitender Krümmung eine Delle, wird nach einiger
Zeit wieder etwas höher um dann erneut abzusinken. Nach Ende
des Blaulichtpulses steigt der blaue Bereich wieder an und die Krümmung
verschwindet. Versuch At990803
3.3.2.4.3
Versuche zur Applikation von Cycloheximid
Das Wachstum von Arabidopsis
thaliana und Cardaminopsis
arenosa verläuft im Licht-Dunkel-Wechsel
in tagesperiodischen Schüben (Abbildung 3-49).
Abbildung 3-49: Tagesperiodisches
Wachstum von Arabidopsis
thaliana, C24. Zeitverlaufsbild
des Wachstums. Registrierung im LD (1,75 µmol m-2 s-1). 8stündige
Dunkelperioden schwarz markiert.
Abbildung 3-50:
Tagesperiodisches Wachstum von
Cardaminopsis arenosa.
Zeitverlaufsbild des Wachstums. Registrierung im LD (1,75 µmol
m-2 s-1). 8stündige Dunkelperioden schwarz markiert.
Die diurnalen Wachstumsschübe von Arabidopsis
thaliana sind deutlicher abgegrenzt als bei Cardaminopsis
arenosa. Bei Arabidopsis
thaliana wechseln sich Wachstumsphasen, in denen meist auch
Circumnutationen auftreten, mit Phasen fast ohne Wachstum und ohne
Schwingungen ab. Cardaminopsis arenosa
zeigt in der Regel keine völlig wachstumsfreien Phasen. Hier
folgen Zeiten mit hoher Wachstumsgeschwindigkeit auf Zeiten geringen
Wachstums. Circumnutationen können sowohl bei starkem als auch
bei geringerem Wachstum beobachtet werden, treten jedoch in Phasen
starken Wachstums vermehrt auf. Im LD beginnen die Wachstumsschübe
von Arabidopsis thaliana
beziehungsweise die Phasen stärkeren Wachstums von Cardaminopsis
arenosa meist mit dem Beginn der Lichtphase. Bei sehr jungen
Keimlingen von Cardaminopsis arenosa
steigt die Wachstumsgeschwindigkeit häufig schon einige
Stunden vor Lichtbeginn an.
Die Applikation von 1 bis 2 µl einer
100 µM bis 1 mM Cycloheximidlösung am oberen Hypokotyl
von Cardaminopsis arenosa
führte innerhalb von 30 bis 60 Minuten meist zu einem völligen
Wachstumsstop, der einige Stunden bis zu einem Tag dauerte. Nach
Applikation am unteren Hypokotyl in der nicht mehr wachsenden Region
ging das Wachstum im oberen Teil weiter. Auch wenn der Tropfen an
den Kotyledonen angebracht wurde, wuchsen die Keimlinge meist weiter.
1 µl einer 10 µM Cycloheximidlösung hatte bei Applikation
am oberen Hypokotyl keinen wahrnehmbaren Effekt auf das Wachstum.
Abbildung 3-51 zeigt einen Versuch mit
Cardaminopsis arenosa im Licht-Dunkel-Wechsel (Dunkelperioden
von 24:00 Uhr bis 8:00 Uhr). Der erste Wachstumsschub begann gegen
6:00 Uhr am zweiten Versuchstag. Das Wachstum war mit dem LD synchronisiert.
Applikation von 1 µl einer 1 mM CHX-Lösung um 15:28 Uhr
am zweiten Versuchstag führte nach einer Stunde zu einem 12stündigen
Wachstumsstop. Die folgenden drei Wachstumsschübe begannen
nicht synchron mit dem Licht-Dunkel-Wechsel. Erst am fünften
Versuchstag war das Wachstum anscheinend wieder mit dem LD synchronisiert.
Abbildung 3-51: Wirkung
von CHX auf Cardaminopsis
arenosa. Zeitverlaufsbild des
Wachstums. Registrierung im LD (1,75 µmol m-2 s-1). 8stündige
Dunkelperioden schwarz markiert. Erster Wachstumsschub gegen 6:00
Uhr am zweiten Tag. 1 µl 1 mM CHX-Lösung wurde um 15:28
Uhr am zweiten Versuchstag appliziert (unter der Zeitskala mit Strich
gekennzeichnet). 12stündiger Wachstumsstop ab 16:30 Uhr am
zweiten Tag. Beginn von Wachstumsschüben gegen 4:30 Uhr am
dritten Tag, 19:30 Uhr am dritten Tag, 18:00 Uhr am vierten Tag
(schwach) und 9:00 Uhr am fünften Tag (durch Störungen
im Auswerteprogramm schlecht zu erkennen). Versuch Ct990527_3
Um die Wirkung von Cycloheximid auf die Phasenlage
der Wachstumsschübe zu untersuchen, wurden je 1µl einer
100µM CHX-Lösung am oberen Hypokotyl von Cardaminopsis
arenosa Keimlingen appliziert. Keimung und Anzucht war im
LD erfolgt (Lichtperiode von 08:00 Uhr bis 24:00 Uhr), mit dem das
Wachstum der Pflanzen synchronisiert war. Während des Versuchs
wurden sie im schwachen Dauerlicht gehalten. Der Versuch wurde mit
Cardaminopsis arenosa durchgeführt, da hier Wachstumsschübe
über längere Zeit zu beobachten sind als bei Arabidopsis
thaliana. Um das Wachstum möglichst lange beobachten
zu können, wurden die Pflanzen, als sie aus dem Bild herauszuwachsen
begannen, einige Millimeter tiefer gesetzt. Danach wurde die Registrierung
neu gestartet und der obere, wachsende Teil der Pflanzen wurde weiter
aufgenommen. Die beiden Zeitverlaufsbilder wurden anschließend
am Bildschirm zusammengesetzt.
Abbildung 3-52: Wirkung
von CHX auf Cardaminopsis
arenosa. Zusammengesetzte Zeitverlaufsbilder
des Wachstums. Registrierung im LL (1,75 µmol m-2 s-1). 1µl
einer 100µM CHX-Lösung wurden am ersten Versuchstag um
19:30 appliziert. Wachstumsstop bis 16:30 Uhr am zweiten Versuchstag.
Danach mehrere circadiane Wachstumsschübe. Versuch Ct990616_8
In Abbildung 3-53 werden die Zeitpunkte der
CHX-Applikation und der Beginn der circadianen Wachstumsschübe
nach der Applikation bei sechs Versuchspflanzen dargestellt.
Abbildung 3-53: Cycloheximidwirkung
auf die circadianen Wachstumsschübe von Cardaminopsis
arenosa. Die Rechtecke geben
den Zeitpunkt der Zugabe wieder (x-Achse: 0-24 Tageszeit, nächster
Tag 24, übernächster Tag 48 etc. Stunden abziehen, um
die Tageszeit zu erhalten). Die Kreise stellen den Beginn der circadianen
Wachstumsschübe nach der Cycloheximid-Applikation dar. Unterste
Zeile zeigt Zeitpunkte aller Pflanzen. Beachte die starke Streuung.
In Abbildung 3-54 wird der Beginn der circadianen
Wachstumsschübe (markiert durch Dreiecke) auf den Beginn der
Cycloheximid-Zugabe bezogen.
Abbildung 3-54: Wie
Abbildung 3-53, aber Beginn der Cycloheximid-Zugabe als Bezugspunkt
(Linie durch 0 auf x-Achse). Die Streuung der Zeitpunkte aller Pflanzen
in der untersten Zeile ist noch groß, aber geringer als in
Abbildung 3-53.
Abbildung 3-55 zeigt den Beginn der circadianen
Wachstumsschübe, bezogen auf das Ende der Cycloheximid-Zugabe.
Abbildung 3-55:
Wie Abbildung 3-54, aber Ende des Wachstumsstops durch Cycloheximid
als Bezugspunkt. Die Streuung der Zeitpunkte aller Pflanzen in der
untersten Zeile ist geringer als in den vorherigen Abbildungen.
Diese Darstellung lässt vermuten, dass
die Phasenlage der circadianen Wachstumsschübe nach Cycloheximidbehandlung
durch das Ende der CHX-Wirkung bestimmt wird.
Die Dauer der CHX-Wirkung ist möglicherweise vom Applikationszeitpunkt
abhängig. Abbildung 3-56 zeigt die Dauer des Wachstumsstops
als Funktion des Zeitpunkts der Cycloheximid-Zugabe.
Abbildung 3-56:
Die Dauer des Wachstumsstops
als Funktion des Zeitpunkts der Cycloheximid-Zugabe. Mittags ist
die Wirkungsdauer geringer als am Abend.
[1]
1,75 2 µmol m-2 s-1
[2] Zubereitung
der Lösungen siehe 2.3
[3] Osram,
L18 W/25 universal white Leuchtstoffröhre mit Röhm und Haas Blaulichtfilter
[4] Vergleiche
3.3.2.1 Circadiane Modulation der phototropen Reaktion
|