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25. Alamannen besetzen das Limesgebiet


Alamanneneinfälle 242, 254 n. Chr.


Entweder waren es die Machtkämpfe der Thronprätendenten im Innern oder die Einfälle der Perser im Osten des Reiches, die regelmäßig der Rhein- und Donauarmee Kampfverbände abverlangten und damit die Verteidigung des Grenzheeres erheblich schwächten. Die Germanen wußten diese Gelegenheiten jedesmal für Überfälle in die Provinz zu nutzen, so auch als Gordian III gegen die 241 n. Chr. in Mesopotamien eingefallenen Perser kämpfte: Vermudich 242 n. Chr. durchbrachen die Alamannen den rätischen Limes im Osten Bayerns - worauf Münzschatzfunde hinweisen - und zerstörten die Kastelle Gunzenhausen, Kösching und Künzing.

Ein Bewohner der Nachfolgesiedlung des Lagerdorfes Köngen / Vicus Grinario versteckte 246/247 n. Chr. einen Topf mit 555 Denaren und Antoninianen (Turmvitrine der Ausstellung „Die Römer in Württemberg“ im Württembergischen Landesmuseum Stuttgart).


Als P. Licinius Valerianus (253-260 n. Chr.) mit Truppen aus Rätien und Noricum nach Italien zieht, um seinen Machtanspruch durchzusetzen, überfallen die Alamannen wahrscheinlich im Frühjahr 254 n. Chr. die durch den Truppenabzug in ihrer Verteidigungskraft geschwächte Provinz. Der Hauptstoß dürfte, nach den Münzschatzfunden zu schließen, das nordwestliche Rätien und die Nordschweiz getroffen haben. Kaiser Valerian beauftragte seinen Sohn Gallienus (253-268 n.Chr.) mit der Verteidigung des Westens, während er selbst die Sicherung und Verwaltung des Ostens übernimmt.

Gallienus holt zur Verstärkung der Rheinarmee Vexillationen (Abteilungen) des britannischen Heeres über den Kanal und besiegt 255 n. Chr. die angreifenden Germanen. Den Münzumschriften zufolge hat Gallienus bis zum Jahre 260 n. Chr. wenigstens fünfmal die angreifenden Germanen zurückgeschlagen.




Das Limesgebiet geht 259/260 n. Chr. verloren


Im Jahre 258 n. Chr. erheben die pannonischen Legionen den Ingenuus auf den Schild. Gallienus muß gegen Ingenuus Truppen vom Rhein in Marsch setzen, denen er später nachfolgt. Der Abmarsch der römischen Truppen vom Rhein nach Pannonien ist für die Germanen erneut das Signal zum Aufbruch: Franken und Alamannen fegen 259/60 n. Chr. die römischen Grenzwachen hinweg und stoßen über Rhein und Donau weit nach Westen und Süden vor. Von diesem großen Germaneneinfall berichten die literarischen Quellen.

Der obergermanisch-rätische Grenzschutz bricht zusammen - das Limesgebiet geht verloren. Zerstörungen und von der erschreckten Bevölkerung versteckte Münzschätze markieren den Vormarschweg der Alamannen 259/60 n. Chr. Das Ziel der Invasoren ist diesmal der Süden: Italien. Sie zerstören u. a. Kempten / Cambodunum, Avenches / Aventicum und gelangen über den Mont Genèvre, den Großen St. Bernhard und Simplon nach Oberitalien und - bis vor Rom.



Goten, Quaden und Sarmaten stoßen nach Italien vor


Den Vormarschweg der Goten, Quaden und Sarmaten über die Donau durch Pannonien nach Oberitalien spiegeln 26 Münzschätze wider, die im Jahre 259 n.Chr. etwa in der Linie Budapest—Triest vergraben wurden. Wohl besiegt Kaiser Gallienus mit den rheinischen und rätischen Truppen die Alamannen 260/61 n. Chr. bei Mailand, aber die in Jahrhunderten aufgebaute Grenzschutzorganisation zwischen Rhein und Donau ist zerschlagen






Karte: Alamanneneinfälle. Römische Münzschatzfunde aus dem Jahr 233 n.Chr. Römische Schatzfunde aus der Zeit der Alamanneneinfälle 233-260 n.Chr. — Römische Münzschatzfunde aus der Zeit der Alamanneneinfälle 259/260 n.Chr.






Hilfstruppen des Limesgebietes

verschwinden aus der Überlieferung


Alle Hilfstruppen des Limesgebietes verschwinden nach 260 n. Chr. aus der Überlieferung, mit Ausnahme der auf dem rechten Donauufer stationierten Einheiten:

Cohors III Britannorum equitata in Eining/Abusina; Legio III Italica in Regensburg/Castra Regina und der Cohors IX Batavorum equitata milliaria exploratorum in dem nach dieser Truppe benannten Passau/Batavis. Diese Einheiten werden wieder erwähnt in der Notitia dignitatum (Occidentis XXXV, 25; XXXV, 24), einem Staatshandbuch, das die zivilen und militärischen Ämter sowie die Truppenformationen in der östlichen und westlichen Reichshälfte um 400 n. Chr. aufführt.

Die Grenzorganisation (Stützpunkte, Befestigungen, Verbindungsstraßen) der Jahre nach 260 Chr. muß noch durch Ausgrabungen erforscht werden; literarische Quellen fehlen. Münzfunde des 3./4.Jhds. n.Chr. im ehemaligen Limesgebiet - zum Beispiel in Heidenheim, Aalen etc. — sprechen dafür, daß im Grenzgebiet auch nach 260 mi. Chr. das Leben weiterging.




83 Büste des Kaisers Gallienus (259-268 n. Chr.)


Marmor (N). – H. 85 cm. - Sammlungen Klass. Bildwerke München.


260 n. Chr. besetzen die Alamannen das Limesgebiet.




Die Kunstmarmornachbildungen im Limesmuseum wurden von Bildhauer Silvano Bertolin, München, ausgeführt.





Erneute Alamannen- und Frankeneinfälle


Juthungen und Alamannen stoßen 270 n. Chr. nach Italien vor und bedrohen Rom. Damals läßt Kaiser Aurelian (270—275 n. Chr.) die Stadt Rom durch eine 16 m hohe und 4 m breite Mauer schützen (Aurelianische Mauer).

275 n. Chr. fallen Franken und Alamannen in Gallien ein. Kaiser Probus (276-282 n. Chr.) vertreibt 277-278 mi. Chr. Franken und Alamannen aus Gallien sowie Burgunder, Goten und Vandalen aus Rätien und stellt die Rhein-Donau-Grenze wieder her.

Aber erst unter Kaiser Diocletian (284-305 n. Chr.) wird auf der Kaiserkonferenz 288/289 n. Chr. an unbekanntem Ort oder 290/291 n. Chr. in Mailand beschlossen, die Rhein- und Donaugrenze wieder zu befestigen.

Die Befestigungsanlagen des Donau - Iller – Rhein - Limes müssen noch durch Ausgrabungen erforscht werden, bevor über die Kastelle, Wachttürme und die sie verbindenden Straßen exakte Aussagen gemacht werden können. Von Baden-Württemberg gehörte jetzt nur noch das Gebiet um Isny/Vemania und das Inselkastell Breisach/Brisiacum zum römischen Reich. Die Landesgrenze von Baden-Württemberg deckt sich im Westen, Süden und Südosten ungefähr mit der spätrömischen Reichsgrenze.




Aus der Limeszeit übriggebliebene Einheiten


In der Notitia dignitatum, die den Zustand um 400 n. Chr. (in Rätien wahrscheinlich die Zeit Valentinians I. 364-375 n. Chr.) widerspiegelt, werden die Kastellbesatzungen am Donau-Iller-Rhein-Limes aufgeführt. Von den Einheiten der Limeszeit sind, wie bereits erwähnt, nur noch übriggeblieben: die Cohors IX Batavorum in Passau/Batava und die Cohors III Britannorum in Eining/Abusina sowie die nominell 6000 Mann starke Legio III Italica. Donau, Iller und Rhein bleiben bis um die Mitte des 5.Jhds. n. Chr. römische Reichsgrenze.





Karte: Der spätrömische Donau-Iller-Rhein-Limes und alamannische Funde des 3.-5.Jhds. n. Chr.




Lit.: J. Vogt, Der Niedergang Roms (Zürich 1965). - J. Garbsch, Der spätrömische Donau-lller-Rhein-Limes. Limesmuseum Aalen 6 (Stuttgart 1972).- H.-J. Kellner, Die Römer in Bayern (München 1971) 136ff.- F.-R. Herrmann,Die Ausgrabungen in dem Kastell Künzing/ Quintana. Limesmuseum Aalen 8 (Stuttgart 1972). - Ph.Filtzinger, D. Planck. B. Cämmerer, Die Römer in Baden-Württemberg (Stuttgart 1976) 87ff.- D. Baatz, F.-R Herrmann. Die Römer in Hessen (Stuttgart 1982) 212 tf.











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philipp.filtzinger@uni-tuebingen.de