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Interpretatio Romana –
Gleichsetzen römischer Götter mit einheimischen Göttern
Die Römer tolerieren die Götter der von Ihnen unterworfenen Völker. Sie sind der Meinung, die Götter der fremden Länder seien den römischen Göttern wesensgleich und führten lediglich andere Namen. Daher glauben die Römer aufgrund von Ähnlichkeiten des Gottesdienstes oder der Auffassung in den fremden Gottheiten ihre eigenen wiedererkennen zu dürfen und geben diesen die Namen der eigenen Götter (Interpretatio Romana). Die Inschriften nennen gelegentlich sowohl den römischen als auch den einheimischen Namen des Gottes - wobei der Name des römischen Gottes dem des einheimischen Gottes vorangestellt wird:
Apollo Grannus - Heilgott an Heilquellen
An Heilquellen stellt man Apollo Grannus und den Nymphen Altäre auf. An der oberen Donau häufen sich die Fundorte der Apollo Grannus-Denkmäler. Der Apollo Grannus-Tempel in Faimingen ist eine Art Wallfahrtsort für Rätien. Wahrscheinlich war Kaiser Caracalla bei seinem Besuch in Rätien 213 n. Chr. auch in dem Tempel in Faimingen, um Apollo Grannus um Linderung seiner Leiden anzurufen (Vitrine 1. Brunnennymphe OG 21).
Mars Caturix — von den Helvetiern verehrt
Die Beinamen des Mars lassen den Volksstamm erkennen, dem der Gott angehört. Der nur von den Helvetiern verehrte Mars Caturix ist wahrscheinlich als Stammgott der Caturiger anzusprechen. So ist Mars Lenus offenbar der Hauptgott der Treverer.
Diana Abnoba - Quell-, Heil-, Waldgöttin
Plinius und Tacitus nennen den Schwarzwald Abnoba. Die Inschriften erwähnen Abnoba als Schutzgöttin dieses Gebirges. Als Quell-, Heil- und Waldgöttin wird Abnoba auch mit Diana kombiniert zu Diana Abnoba.
Mercur Visucius — in Ostgallien beheimatet
Der keltische Beiname Visucius ist bis jetzt noch nicht zu deuten. Bei den Germanen wird Mercur mit Wodan gleichgesetzt: dies Mercuri - Wednesday - Mercredi -Mittwoch. Die Heimat des Mercur Visucius ist Ostgallien zwischen Mosel und Rhein.
Soldaten bringen die römischen Götter in die Provinz
Soldaten, Beamte und Kaufleute bringen den Kult der romischen Staatsgottheiten in alle Teile des Imperiums. Es ist nicht verwunderlich, wenn der römische Soldat und Kaufmann - erster Pionier der römischen Kultur in den neu hinzugewonnenen Provinzen - neben dem höchsten Himmelsgotte Jupiter in erster Linie die Götter seines Berufes: Mars und Mercur in den fremden Göttern glaubt erkennen zu dürfen — eine Deutungsmöglichkeit für die zahlreichen Denkmäler von Mars und Mercur in den Provinzen.
Mars - Kriegsgott,
Beschützer von Fluren und Feldern in Kriegsnot. Begleiter des Kaisers (Comes Augusti). Bewahrer und Mehrer des Reiches (Propugnator, Conservator imperii). Rächer erlittener Schmach (Mars Ultor).
Der Wurfspeer personifiziert Mars. In einer Kapelle der Königsburg (Regia) in Rom, Sitz des Oberpriesters (Pontifex maximus), werden die heiligenWurfspeere des Mars (hastae Martis) und die Schilde (ancilia) des Mars aufbewahrt. Vor dem Feldzug begibt sich der Heerführer in die Regia und bewegt diese Waffen mit dem Ruf: ‚Mars vigila!‘ ‚Mars wache auf!‘ Der erste Monat des alten römischen Kalenders, in dem die Feldzüge beginnen, ist nach Mars benannt: Martius mensis — März (Vitrine 14. Steindenkmäler: 2.19.23.43).
Mercur
Gott des Handels und Verkehrs, des Reichtums und Gewinns.
Die Zahl der Mercurdenkmäler ist von allen Provinzen des Reiches in den gallisch-germanischen Provinzen am häufigsten. Das inschriftlich im Rhein-Moselgebiet belegte Paar Mercurius-Maja ist nicht das Götterpaar des römischen Staatskultes (Maja als Mutter des Merkur), sondern das einheimische Götterpaar Mercur - Rosmerta. Aus dieser Zusammenstellung schließt man auf die Funktion von Rosmerta als keltische Segens- und Fruchtbarkeitsgöttin, Göttin des Handels und Gewinns. Vom Mittelrhein und der mittleren Mosel‚ breitet sich der Kult in das Neckargebiet und nach Mittelgallien aus. (Vitrine 18.19. Steindenkmäler: 23.29.43.44) (Abb. 87).
Die Soldaten verehren:
Iupiter optimus maximus
den obersten Himmelsgott als den Beschützer des Staates und des Heeres (Vitrinen 18. 20. - Steindenkmäler: 19. 23. 25. 26. 43. 53. 54.56.57).
Minerva
als die Schutzgöttin Roms (custos urbis).
Im Heer ist sie die Patronin der Spielleute, Schmiede, Militärschreiber,Exerziermeister. (Vitrine 18. - Steindenkmäler: 23. 44).
Abb. 87 Mercurrelief, Sandstein. H. 54 cm. - FO: Bondorf, Kr. Böblingen. | |
Abb. 88 Genius alae, Schutzgeist der Ala. Die Mauerkrone ist Attribut der Gottheit des Lagers. FO: Principia Aalen |
Vesta
als die Hüterin des Staatsherdes, dessen ewig brennendes Feuer den dauernden Bestand der römischen Gemeinde verbürgt (23 Jupitergigantensäule).
Victoria
bitten sie um den Sieg. Victoria ist das Symbol des allzeit siegreichen Kaisers (Victoria Augusti. — Steindenkmäler: 4. 23. 40).
Fortuna respiciens
rufen die Soldaten als Glücksgöttin im Krieg an (Vitrine 18. - Steindenkmäler: 14. 23. 27. 28. 54).
Hercules
ist der Beschützer des Verkehrs, des Handelsverkehrs. Er beschützt die Soldaten. Der siegreiche Feldherr opfert Hercules in Rom an der Ara maxima den Zehnten der Kriegsbeute. Hercules ist Beschützer des Kaisers. Die Kaiser Nero, Domitian, Commodus, Maximianus lassen sich als Hercules feiern - als unbesiegbare Uberwinder aller Gefahren (Vitrine 18. — Steindenkmäler: 19. 23. 44. 46).
Vulcanus
dem Feuergott zu Ehren werden nach der Schlacht die erbeuteten Waffen verbrannt (Steindenkmäler: 19. 23).
Honos und Virtus
gelten als Personifikation der Ehre und Tapferkeit.
Genius alae - Genius loci - Wegegötter
Im römischen Lager hat der Genius (Schutzgott der Soldaten) zusammen mit dem Adler (aquila) der Legion, den Feldzeichen (signa) der Centurien, Manipel, Kohorten, Alen, Turmen sowie den Lagergottheiten (Di militares) seine Kultstätte im Fahnenheiligtum (aedes) des Stabsgebäudes (principia). Vom Fahnenheiligtum aus beseelt der Genius alle Soldaten im Lager. Es gibt den Genius Legionis, alae, cohortis, numeri, centuriae, turmae etc. (Abb. 88).
Dem Genius loci (Schutzgeist des Ortes) und dem Genius stationis (Schutzgeist der Straßenstation) vertraut sich der Beneficiarius consularis (Kommandant der Straßenstation) mit seiner Familie an und setzt ihm aus Dankbarkeit für den guten Verlauf seines Stationsdienstes einen Weihestein, bevor er in die Garnisonen an Rhein und Donau zurückkehrt - in die Legionslager Mainz/Mogontiacum, Straßburg/Argentorate, Regensburg/Castra Regina.
Die Biviae, Triviae und Quadriviae
ruft man zum Schutze der Straßenkreuzungen an und weiht ihnen Votivsteine an Zwei-, Drei- und Vierwegekreuzungen (Steindenkmäler: 54—57).
Auxiliarsoldaten behalten ihre Stammesgötter
Die Hilfstruppen (auxilia) bewahren außer ihrer nationalen Zusammensetzung auch ihre einheimischen Schutzgötter. Einheimische, keltische, germanische Götter sind: Campestres, Di Casses, Epona, Herecura, Matres, Nymphen, Sirona, Sucellus, Taranucnus.
Campestres
Die Matronae campestres werden als Beschützerinnen des Exerzierplatzes im römischen Heer, hauptsächlich von den Auxiliarreitern verehrt. In den Neckarkastellen Benningen und Heilbronn-Böckingen haben die Kommmandeure der Garnisonen den Campestres Weihesteine aufstellen lassen.
Di Casses
Bedeutung und Geschlecht der Di Casses ist noch unbekannt. Möglicherweise handelt es sich um Wegegötter nach Art der Biviae, Triviae, Quadriviae. Für diese Deutungsmöglichkeit spricht eventuell ein im Neckar bei Marbach gefundener, den Boni Casses aus Dank für die Errettung von einem Schiffsunglück aufgestellter Weihealtar. Inschriften der Di Casses wurden links und rechts des Rheins gefunden. Worms ist ungefähr Mittelpunkt des Verbreitungsgebietes.
Epona
Epona ist wie der Name besagt (kelt. Epos = Pferd), eine keltische Stall- und Pferdegöttin. Ihre Heimat ist die Gallia Belgica - das Gebiet der Mediomatriker und Treverer um Metz und Trier. Von hier breitet sich der Epona-Kult über den Rhein in das Limesgebiet und nach Westen bis zur Loire aus. Pferde-, Maultiertreiber, Kutscher und vor allem die Reitertruppe verehren Epona als Schutzgöttin der Pferde und Maultiere. Durch das Heer kommt die Epona-Verehrung bis nach Rom.
In der bildlichen Darstellung unterscheidet man:
1. einen ‚Reichstypus‘: Epona, auf einem Throne sitzend, wird von Pferden flankiert und hält einen Früchtekorb im Schoße. –
2. einen ‚ostgallisch - rheinischen‘ Typus: Epona im Damensitz reitend, hält einen
Früchtekorb im Schoße. –
3. einen ‚mittelgallischen‘ Typus: Epona mit Füllhorn und Opferschale (Vitrine 19. — Steinrelief 45).
Herecura oder Aerecura
Herecura ist Göttin der Toten. Im Gräberfeld in Cannstatt gefundene Reliefs zeigen Herecura nach Art der Matrones mit unter der Brust gegürtetem Unterkleid und Obergewand sitzend, einen Korb mit Früchten im Schoß. Herecura wird auch als Bringerin des Wohlstandes, der Fruchtbarkeit und des Wachstums der Fluren angerufen.
Herecura ist keine keltische Göttin. Ihre Heimat ist das Nordufer der Adria. Inschriften in Aquileia nennen Herecura - ihr Name ist in Aerecura (= Geldbeschafferin) umgewandelt - zusammen mit Dis pater, dem reichen Vater, Gott der Unterwelt, der zusammen mit seiner Gemahlin Proserpina über die Toten herrscht (Vitrine 19).
Matres, Matrae, Matronae
Die Matronae sind mütterliche Schutzgottheiten, die dem Soldaten, Bauern, der Sippe, der Ortschaft und ganzen Stämmen Segen spenden. Sie sind Schützerinnen der Feldflur und ihrer Erzeugnisse.
Gewöhnlich werden drei Frauen mit langem Unter - und Obergewand nebeneinander sitzend oder stehend dargestellt. Meist tragen die beiden äußeren Matronen mächtige Hauben auf dem Kopfe. Als Attribute des Segens und der Fülle haben sie Fruchtkörbe, Obst, Schalen, Füllhörner, Ähren auf dem Schoße oder in den Händen und führen von Orten oder Sippen abgeleitete Beinamen. Die bisher ausgegrabenen Tempel der Matronen zeigen den Typ des gallischen Vierecktempels.
Die Matronendenkmäler sind über das ganze romanisierte Keltengebiet verbreitet und häufen sich besonders am Niederrhein, in Oberitalien und im unteren Rhonegebiet. In Obergermanien ist der Kult nur vereinzelt anzutreffen.
Nymphen
Die Nymphen werden vor allem von dem Militär an Quellen im ganzen römischen Reich angerufen, besonders an Heilquellen, wo sie zusammen mit dem Heilgott Apollo erscheinen. Sie werden unbekleidet, von Schilf umgeben dargestellt (Brunnennyrnphe 21).
Sirona
Sirona ist eine Heilgottheit und Schützerin der Gesundheit. Sie dürfte ursprünglich eine Wassergottheit gewesen sein.Nach ihren Attributen - Ähre und Weintraube - wird Sirona auch als Fruchtbarkeitsgöttin, als Erntesegen spendende Göttin verehrt.
Als Gefährtin des Heilgottes Apollo Grannus trifft man sie in Heilbädern, an Heilquellen und auch an anderen Quellen. Das Verbreitungsgebiet der Sirona-Denkmäler liegt im Mittelrhein- und Moselgebiet, von wo die Denkmäler in das Limesgebiet ausstrahlen.
Sucellus
Sucellus, der Hammergott, ist der Beschützer des Weinbaus und Gerstentrankes. Die Steinbildwerke zeigen Sucellus mit einem Doppelhammer oder Schlägel als oberen Abschluß eines langen Herrscherstabes in der Linken und mit einem henkellosen Becher (olla) in der Rechten. Sucellus wird gewöhnlich sitzend dargestellt, daneben ein Faß - oder aber er ist in Begleitung eines Hundes oder Wolfes. Er ist fast stets bärtig und trägt einen kurzen Ärmelrock, zuweilen auch ein Wolfsfell über Kopf und Rücken.
Die Römer haben den in Gallien angetroffenen ‚Harmmergott Sucellus‘ mit Silvanus gleichgesetzt. Gelegentlich hält Sucellus auch ein Winzermesser in der Hand. Becher, Faß, Amphore lassen Sucellus als speziellen Beschützer des Weinbaus oder auch des Gerstentrankes erkennen.
Die Heimat des Sucellus ist wohl das Rhone - Saone-Gebiet. Sucellus-Darstellungen gibt es im ganzen östlichen Gallien, in der Belgica und in Obergermanien.
Lares Beschützer der Felder
Lares militares leisten Beistand im Kriege. Ihnen opfern die Fratres Arvales.
Die Laren werden als gute Geister des Anwesens draußen auf dem Felde in einer Larenkapelle (compitum) verehrt. Sie sind die Beschützer der Felder.
Die Lares militares leisten Beistand im Kriege: Im Jahre 213 n. Chr. opfern die Fratres Arvales (Arvalbrüder) - die fratres Arvales ‚Ackerbrüder‘, werden auf die 12 Söhne der Acca Larentia, der Amme des Romulus, zurückgeführt - den Lares militares ‚ob salutem victoriamque‘ (wegen des Heiles und des Sieges) des Kaisers Caracalla, als er am 11. August 213 n. Chr. aus dem Bereitstellungsraum Aalen mit einem großen Heer ‚per limitem Raetiae‘ (durch den rätischen Limes) sehr wahrscheinlich durch das Limestor bei Dalkingen gegen die Alamannen zu Felde zieht (s. o.).
Als Beschützer der römischen Feldmark (Lares praestites) werden die Laren nach Art der Dioscuren dargetellt: als speertragende Jünglinge, mit Hundefellen bekleidet und von einem Hunde, dem steten Gefährten des Flurhüters begleitet (hierzu EG 12. Vitrine 18).
Castor und Pollux
beschützen die römische Gemeinde, helfen in der Not und greifen in dieSchlacht ein. Sie sind die Schutzpatrone der Ritter (equites)
Der Kult der Dioscuren Castor und Pollux kommt von den unteritalischen Griechenstädten nach Mittelitalien und von Tusculum nach Rom. Der Dioscurentempel, die aedes Castoris (aedes Castorum) ist einer der ältesten Tempel am Forum Romanum: angeblich in der Schlacht gegen die Latiner am See Regillus 499 v. Chr. gelobt und 484 v. Chr. eingeweiht.
Castor und Pollux tragen auf dem Kopfe die Filzmütze (pileus) und über der Schulter ein Mäntelchen (Chlamys). Sie halten ihr Pferd am Zügel und stützen sich auf ihre Lanze (hierzu EG 12).
Im Jahre 1895 wurde im Keller unter dem Fahnenheiligtum (aedes) des Stabsgebäudes (principia) im Kastell Aalen ein vergoldetes Bronzeblech gefunden, auf dem Jupiter Dolichenus auf einem nach rechts schreitenden Stier stehend dargestellt ist (hierzu Vitrine 12.18. — Inschriftbasis 13).
Jupiter Dolichenus - Baal von Doliche in Syrien
Jupiter Dolichenus nennen die Römer den von den Bewohnern der Stadt Doliche in Syrien (Comagene) verehrten Baal (= westsemitische Gottesbezeichnung). Als das Königreich Comagene unter Vespasian im Jahre 71 n. Chr. dem römischen Reich einverleibt wurde, brachten die orientalischen Truppen den Kult des Jupiter Dolichenus in die Garnisonen der westlichen Provinzen, wo Jupiter Dolichenus im 2. und 3.Jhd. n. Chr. als Himmels-, Kriegs- und Erlösergott unter den Soldaten zahlreiche Verehrer fand.
Die Träger des Dolichenus-Kultes scheinen zunächst die unter den Flaviern errichteten cohortes Commagenorum gewesen zu sein. In dem Kult bedarf der Laie der Führung durch den Priester. Wir kennen einen sacerdos et pater candidatorum; auf den Inschriften erscheinen candidati. Es sind wohl ‚Anwärter‘, die erst nach einer Probezeit vollwertige Mitglieder der Gemeinde werden. Leider fehlt es fast an jeder Kenntnis von dem Inhalt des Gottesdienstes.
Im 3.Jh. n. Chr. wird Jupiter Dolichenus unter den Dii militares des Lagers vor allem in den Donauprovinzen verehrt: in Moesien, Dacien, Dalmatien, Pannonien, Noricum, Raetien - und im Kastell Aalen. Die Soldaten brachten den Kult von der Donau an den Rhein, nach Gallien und Britannien.
Jupiter Dolichenus mit Doppelbeil und Blitzbündel auf Stier stehend -
Juno regina - auf Kuh, Hindin oder Löwin stehend
Jupiter Dolichenus wird in der Regel auf einem nach rechts schreitenden Stier stehend dargestellt - eine im alten Orient geläufige Darstellungsweise der Gottheiten. Er ist wie Mars bewaffnet, trägt allerdings oft statt des Helmes eine phrygische Mütze. In der linken Hand hält er ein Blitzbündel und in der erhobenen Rechten ein Doppelbeil (bipennis,).
Abb.89 Jupiter Dolichenus im Soldatenpanzer auf dem Stier stehend. Marmor. H. 61 cm. — FO: Hafen von Marseille. |
Seine Begleiterin ist eine in den Inschriften als Juno regina und Juno sancta Hera bezeichnete Göttin, die ihm gegenüber auf einer Kuh, einer Hindin oder einer Löwin steht. Mit beiden Gottheiten können vergesellschaftet sein: Sol, Luna, Minerva, Mars, Victoria, Hercules.
Bei Bauarbeiten wurde 1973 in den Fundamenten der St. Johanniskirche vor dem Ausfallstor (porta paetoria) des Kastells Aalen ein 30 Zentner schwerer Inschriftenstein für Jupiter Dolichenus gefunden und ins Limesmuseum gebracht. Der Stein ist die Basis für eine Statue des Iupiter Dolichenus, geweiht von Titus Vitalius Adventus, Rittmeister (decurio) der Ala II Flavia milliaria,der das Bildnis des Gottes in einem vor dem Ausfallstor des Kastells zu vermutenden Dolichenustempel hat aufstellen lassen.
Die genaue Lage des Ausfallstores des Aalener Kastells ist seit der Ausgrabung von Rüdiger Krause 1997 gesichert.
Brunnen neben den Dolichenustempeln im Lagerdorf
Wasser - der fons perennis, die immer fließende Quelle- scheint für die kultische Handlung bei den Dolichenustempeln wie bei den Mithräen notwendig gewesen zu sein: Ein 14 m tiefer Brunnen liegt 4 m neben der Ostseite des etwa 5 x 10 m großen Dolichenustempels nördlich des Ausfallstores (porta praetoria) des Kastells Zugmantel im Taunus.
Ein Brunnen mit einer sehr ergiebigen Quelle wurde unmittelbar vor dem 30,5 x 8,6 m großen, W-O orientierten Dolichenustempel südöstlich des linken Lagertores (porta principalis sinistra) des Kastells Saalburg ausgegraben — etwa 40 m vor den Lagergräben.
Eine 3,5 m tiefe Zisterne gehört zu dem 21 x 18 m großen, W-O orientierten Dolichenustempel vor der Nordostecke des Kastells Pfünz. Der Tempel liegt südöstlich der aus dem rückwärtigen Lagertor (porta decumana) führenden Straße, etwa 50 m vor der Lagermauer.
Karte: Fundstellen von Denkmälern des Dolichenuskultes
Vor allem die Soldaten sind Anhänger des Jupiter Dolichenus. Die meisten Inschriften, Denkmäler, Tempel werden daher immer wieder in den Kastellen und Lagerdörfern gefunden. Die Fundorte häufen sich an den Militärgrenzen (limites) des Reiches: in Britannien, an Rhein und Donau, Syrien, Nordafrika.
Abb. 90 Epona, Relief, Stubensandstein. - FO: Mittelstadt, Kr. Reutlingen. |
Vitrine 18
Religion
1. Jupiter Dolichenus. — Marmor. — H. 0,61 m; Br.0,35 m. - Inv.1.56 Antikensammlung. - FO: Hafen von Marseille.
Jupiter Dolichenus steht im Soldatenpanzer auf dem Stier, an den sich in der Mitte ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen auf einer Basis sitzend, anlehnt. Auf der Basis steht die Inschrift:
DEO / DOLICHENO / OCT(avius) PATERNVS
EX IVSSV EIVS PRO SALVTE SVA ET SVORVM
Jupiter Dolichenus (hat) Octavius Paternus auf dessen Geheiß für sein und der Seinen Heil (die Inschrift mit dem Bildnis des Gottes aufstellen lassen).
Lit.: E. Esperandieu, Recueil General des Bas-Relievs de la Gaule Romaine 1 (Paris 1907) 56 Nr. 36.
Bronzestatuetten der Antikensammlung des WLM
2. Jupiter, oberster Himmelsgott, Schützer von Recht und Gerechtigkeit, Wettergott, Gewittergott, Beschützer des Kaisers. Attribute: Blitzbündel, Zepter. – H 13,5 cm. — Inv. 243.
3. Juno, Beschützerin von Haus, Ehe, Sitte, Familie. Schützerin der Stadt Rom. Attribute: Zepter, Opferschale, Weihrauchkästchen, Pfau. - 1-1. 10 cm. - Inv. 247.
4. Venus, Göttin der Anmut und Schönheit. Schützerin der Gärten. Attribute: Spiegel, Zepter. - H. 10,7 cm. — Inv. 265.
5. Amor, Liebesgott, Sohn der Aphrodite und des Ares. Attribute: Schale, Speer. H. 7,1 cm. — Inv.270.
6. Minerva, Beschützerin der Handwerker und Gewerbetreibenden, Beschützerin der Stadt Rom. Attribute: Helm, Schild, Lanze, Eule. -H 8,9 cm. - Inv. 277.
7. Mercur, Gott des Handels und Verkehrs, des Reichtums und Gewinns. Geleiter der Seelen in das Jenseits. Attribute: Schlangenstab, Beutel, Ziegenbock, Hahn, Schlange. — H 11,5 cm. — Inv. 296.
8. Fortuna, Glücksgöttin. Attribute: Steuerruder, Füllhorn, Kugel, Modius, Schiffsschnabel. H 9,7 cm. Inv. 315.
9. Diana, Mondgöttin, Jägerin, Herrin des Waldes. Attribute: Pfeil und Bogen, Köcher, Jagdhund, Waldtiere. H. 8,5 cm. — Inv. 255.
10. Ceres, Beschützerin des pflanzlichen Wachstums. Attribute: Ährenkranz, Ährenbündel,Mohn, Früchte, Blumen, mystische Ciste. — L. 9,1 cm. Inv. 251.b
11. Hercules, Beschützer der Straßen, des Verkehrs, des Handelsverkehrs. Begleiter und Beschützer des Kaisers. Uberwinder aller Gefahren. Attribute: Keule, Gefäß mit den Äpfeln der Hesperiden, Löwenfell. – H 8,7 cm. — Inv. 335.
12. Lar, Beschützer der Felder und der Familie. Beschützer der Wege und der Reisenden. Beschützer im Kriege. Attribute: Speer, Hundefell, Hund, Opferschale, Trinkhom. — H 9 cm. —Inv. 325
13. Jupiter Pantheos, allumfassend mit Attributen anderer Gottheiten: Flügel des Arnor; Köcher des Apollon; Beinschienen des Mars; Strahlenkranz des Sol; ägyptische Götterkrone, Füllhorn der Fortuna; Vogel; Adler. — H. 11,3 cm. — Inv. 246.
Lit.: G. Hafner, Die Bronzen der Sammlung Dr. Heinrich Scheufelen in Oberlenningen (Mainz 1958) 30ff. - H. Menzel, Die römischen Bronzen aus Deutschland, hrsg. vom Röm.-Germ. Zentralmuseum Mainz. I (Speyer) und Il (Trier). - A. N. Zadoks-Josephus Jitta, Roman Bronze statuettes from the Netherlands. 2 Bde. (1967. 1969).— Dies., The Figural Bronzes (1973).— E. Esperandieu, Recueil general des bas-reliefs statues et bustes de la Gaule romaine. 15 Bde. (1907—1966) und Recueil general des bas-reliefs, statues et bustes de la Germanie romaine (1931). - Corpus Signorum imperii Romani: G. Gamer, A. Rüsch, G. Ulbert, Raetia und Noricum Bd. I. 1 (Bonn 1973). - E. Künzl, Germania superior. Bad. II. 1. Alzey (Bonn 1975). - G. Bauchhenß, Germania inferior. Bd. III 1.2. Bonn und Umgebung (Bonn 1978/79). - G. Faider-Feytmans, Les bronzes romains de Belgique. Academie royale des Sciences, des Letres et des Beaux-Arts de Belgique et Römisch-Germanisches Zentralmuseum zu Mainz (Mainz 1979). - M. P. Speidel, Jupiter Dolichenus - Der Himmelsgott auf dem Stier. Limesmuseum Aalen 24 (Stuttgart 1980). — Ph. Filtzinger, Hic saxa loquuntur — Hier reden die Steine. Limesmuseum Aalen 25 (Stuttgart 1980). - J. Wagner, Neue Denkmäler aus Doliche. Ergebnisse einer archäologischen Landesaufnahme im Ursprungsgebiet des Iupiter Dolichenus, in: Bonner Jahrb. 182, 1982, 133ff.
Vitrine 19
Religion
1. Mercurrelief.-Sandstein-H 52cm.-Inv.RL 79,281. FO: Langenbrettach-Langenbeutingen-Neudeck, Kr. Heilbronn. Mercur mit Mäntelchen über der linken Schulter hält in der Linken den Schlangenstab und in der Rechten den Beutel. Kopf, Brust und rechter Arm sind beschädigt. Unter dem Beutel Hahn und Bock (Köpfe abgebrochen).
Lit.: E. Böhr-Olshausen, Zu einem Merkurkopf in Tübingen und zwei neugefundenen Merkurreliefs. in: Fundber. aus Baden-Württemberg 6. 1981 387ff.
2. Mercurrelief. - Sandstein. - H. 54 cm. - Inv. R L 70,22.- FO: Bondorf, Kr. Böblingen.
Mercur mit Flügelhut, Mäntelchen, Schlangenstab und Beutel (Abb. 87).
Lit: Ph Filtzinger, D. Planck. B. Cämmerer, Die Römer in Baden-Württemberg (Stuttgart 1976) Taf. 58 und 181ff.
3. Epona-Relief. - Stubensandstein. - H 37 cm. -Inv. R L 22. - FO: Stuttgart-Bad Cannstatt
Epona, im Damensitz reitend, hält Früchtekorb im Schoß. Es sind noch Reste weißer Bemalung zu erkennen (Abb. 90, siehe EG 45).
Lit.: Fundber. aus Schwaben NF. 3. 1926. 52 Abb. 45.
4. Herecurarelief. - Muschelkalkdolomit. - H 35 cm. - Inv. R L 18. - FO: Stuttgart-Bad-Cannstatt. Herecura (Kopf abgebrochen), Göttin der Unterwelt, sitzt in einem Lehnstuhl und hält einen Korb mit drei großen Äpfeln auf dem Schoße. Sie ist mit einem langen, kurzärmeligen Untergewand und Obergewand bekleidet. Rechts neben ihr ist in viel kleinerem Maßstab eine männliche Gestalt mit turbanartiger Kopfbedeckung dargestellt. Möglicherweise handelt es sich um Mercur, der als Diener der Unterweltsherrscherin die Seelen der Verstorbenen Herecura zuführt.
Lit.: Haug-Sixt 1914, 394 Nr. 274.— Ph. Filtzinger. Hic saxa loquuntur — Hier reden die Steine. Limesmuseum Aalen 25 (Stuttgart 1982) 219.- B. Cämmerer. Die Römer in Baden-Württemberg, (Stuttgart 1976) 190.
19 Säulentrommel mit Gigantenkampfszenen
Jupiter, Mars, Vulcan und Hercules im Kampf mit den schlangenfüßigen Giganten. - Schilfsandstein (N). - H. 61,5 cm. Dm. ca. 64 cm. - Inv. R L 65,14.8. - Fo:Hausen a. d. Zaber, Kr. Heilbronn.
Jupiter, nackt, schleudert mit der erhobenen Rechten den Blitz auf den vor ihm knienden Giganten mit Schlangenfüßen. Der untere Teil des Blitzes und das Gesicht Jupiters sind zerstört. Der Gigant hält in der erhobenen, durch ein herabhängendes Tuch verdeckten Hand einen dünnen, mehrfach verästelten Zweig oder Schilfstengel und in der gesenkten Rechten einen dicken Ast.
Mars kämpft mit Helm, Schild und Schwert nach links gegen einen vor ihm knienden, schlangenfüßigen Giganten, dessen hoch erhobene linke Hand von einem Mäntelchen verhüllt ist. Mit der Rechten macht er eine erschreckt abwehrende Geste vor der Brust (Abb. 91).
Vulcan, bärtig, mit knielangem, gegürtetem Gewand, das die rechte Schulter frei läßt - dem Arbeitsrock des Handwerkers - auf dem Kopfe eine halbkugelige Kappe, aus der eine Flamme emporzüngelt, blendet mit einer Fackel einen vor ihm rückwärts umgesunkenen, schlangenfüßigen Giganten, der mit der rechten Hand sein Gesicht verdeckt, um es vor den Flammen der Fackel zu schützen.
Hercules, bärtig, über dem linken Unterarm ein Mäntelchen, schwingt mit der Rechten die Keule auf einen, ihm den Rücken zukehrenden, den Kopf nach ihm wendenden, schlangenfüßigen Giganten, der in beiden Händen einen Ast hält. Der rechte Fuß des Giganten und der linke Fuß des Hercules sind verloren.
Die Säulentrommel gehört zu einer etwa 9 m hohen Jupitergigantensäule. Das Relief reicht
9 cm über die Säulentrommel hinaus. Die oberen Teile der Götterfiguren waren auf der darüber sitzenden Trommel dargestellt. Diese Trommel ist noch nicht gefunden. Die reliefierten Partien, in einzelnen Stücken abgeschlagen sind erhalten.
Es kann nicht gesagt werden, wie der Säulenschaft gestaltet war. Vielleicht war er glatt oder mit einem Schuppenmuster verziert. Möglicherweise waren aber auch weitere Gigantenkampfszenen mit anderen Gottheiten dargestellt.
Lit.: H. Klumbach, Der römische Skulpturenfund von Hausen a d. Zaber, in: Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg 5 (Stuttgart 1973).
20 Mithrasrelief.
- Sandstein (N). - H 1,76 m. Br. 1,70 m, T.0,19 m. - FO: Osterburken, Odenwaldkreis. - AO: Badisches Landesmuseum Karlsruhe.
Mithras tötet den Stier
Mithras mit phrygischer Mütze trägt über dem Chiton (Untergewand) einen nach rückwärts flatternden Mantel. Er hat den Stier in eine Grotte geschleift und ist auf den Stier gesprungen, den er mit der Linken an den Nüstern packt. Mit der Rechten stößt er ihm den Dolch in die Seite. Sein Begleiter, der Hund, springt am Stier empor und leckt gierig das aus der Wunde hervorquellende Blut.
Nach mithrischer Lehre entsteht aus dem getöteten Stier die gesamte Schöpfung - die Pflanzen- und Tierwelt: aus dem Schweif des Stieres wachsen Ähren hervor - damit soll das Entstehen der Pflanzenwelt angedeutet werden.
Abb. 91 Mars kämpft mit Helm, Schild und Schwert gegen einen Giganten. Schilfsandstein. H 61,5 cm. - FO: Hausen a.d. Zaber. |
Ein Skorpion, das schädliche Tier Ährimans (= das Prinzip des Bösen) packt die Hoden des Stieres.
Links oberhalb der Grotte sitzt ein Rabe. Er überbringt als Bote Ahuramazdas (= Geist des Guten) Mithras den Befehl, den Stier zu töten.
Unter dem Stier ist ein mit Wasser gefüllter Krater (Gefäß zum Mischen von Wasser und Wein) dargestellt, in den eine Schlange den Kopf taucht. Daneben setzt ein Löwe zum Sprung an. Löwe, Schlange, Krater symbolisieren die drei Elemente: Feuer, Erde, Wasser. Rechts und links von dem Stier stehen Cautes mit erhobener und Cautopates mit gesenkter Fackel — Licht und Finsternis, Tag und Nacht symbolisierend
Den grottenartig gewölbten Rand des Hauptbildes säumt ein schmaler Bildstreifen mit den Tierkreiszeichen im Relief: Widder - Stier - Zwilling - Krebs -Löwe - Jungfrau - Waage — Skorpion — Schütze - Steinbock - Wassermann - Fische.
Scheitelbild: Götterversammlung.
In der vorderen Reihe von links nach rechts: Venus, Minerva, Juno, Jupiter, Apollo, Mars, Hercules. In der zweiten Reihe: Victoria, Neptunus, Proserpina, Pluto, Diana.
Linkes Eckbild: Sol in der Quadriga, über ihm Phosphorus mit Fackel in Erotengestalt. In der linken Ecke der Kopf eines blasenden Windgottes, rechts von ihm eine winzige Büste. Hinter Sol ein Baum, aus dessen Wipfel Mithras emporwächst. Vor dem Baum steht ebenfalls Mithras und schneidet eine Frucht ab. Hinter dem Raben: Felsgeburt des Mithras.
Rechtes Eckbild:
Luna im absteigenden Ochsenzweigespann. Hinter Luna stürzt Hesperus hinab. Unter ihm schreitet der Stier. Über Lunas Rücken erscheint der stiertragende Mithras. In der rechten Ecke der Kopf eines blasenden Windgottes. Unter Luna: Mithras, stehend, schießt mit dem Bogen auf einen Felsen (Wasserwunder). Links von ihm zwei kniende Orientalen, die das aus dem Felsen sprudelnde Wasser auffangen.
Linke Seitenbilder (von oben nach unten):
1. Liegender bärtiger Mann (Oceanus).
2. Jupiter im Kampf mit dem Giganten.
3. Saturn überreicht Jupiter über einem Altar das Blitzbündel.
4. Drei Frauen (Parzen) in langen Gewändern mit Attributen.
5. Liegende Frau (Terra = ‚Erde‘) und Büste des Atlas, der den Globus trägt.
6. Kopf in wolkigem Kreis (Chaos).
Rechte Seitenbilder (von oben nach unten):
1. Mithras wird vom Stier davongeschleift.
2. Mithras fährt mit Sol in der Quadriga.
3. Mithras hält eine phrygische Mütze über dem knienden Sol.
4. Mithras und Sol schütteln einander die Hände über einem Altar.
5. Mithras als reitender Bogenschütze, hinter ihm ein Mann in onentalischer Tracht. Unter dem
Pferd ein Löwe.
6. Mithras (rechts) und Sol beim heiligen Mahl hinter einem Tisch mit dem Fell des getöteten Stiers.
Inschrift auf dem untersten Rand des Blockes:
D(eo) S(oli) I(nvicto) M(ithrae) M[ER]CATORIVS CASTRENSIS IN SVO CONST(ituit)
Übersetzung
Mercatorius Castrensis hat (dieses Altarbild) auf seinem Grundstück errichten lassen.
Lit.: M. J. Vermaseren, Corpus inscriptionum et Monumentorum Religionis Mithriacae I.II (Den Haag 1956-1960). - M J. Vermaseren. C. C. van Essen, The Excavations in the Mithraeum of the Church of Santa Prisca (Leiden 1965). - M. J. Vermaseren. Mithras, Geschichte eines Kultes (Stuttgart 1965). - Fr. Cumont, Textes et Monuments flgures relatifs aux Mysteres de Mithra I.II (Bruxelles 1896-1898). - Ders., Die Mysterien des Mithra (3. Ausgabe von K. Latte) Leipzig 1923. - M. J. Vermaseren. Der Kult des Mithras im römischen Germanien. Lirmesmuseum Aalen 10 (Stuttgart 1974).
Abb.92 Mithrasrelief, Sandstein. H. 1,76 m. – FO: Osterburken, Odenwaldkreis. – AO: Badisches Landesmuseum Karlsruhe. |
Karte: Ausbreitung der mithrischen Religion in Obergermanien und Rätien
Maarten J. Vermaseren hat alle bisher bekannt gewordenen Denkmäler der mithrischen Religion im römischen Imperium zusammengestellt. Es sind Tempel (Speläen - Grotten), Inschriften und Bildwerke, deren Fundorte in Obergermanien, in der östlichen Belgica südlich der Mosel und in Rätien in einer Karte gezeigt werden.
Soldaten verehren Mithras als Gott der Gerechtigkeit
Der unbesiegbare Sonnengott Mithras (sol invictus) wird vor allem von den Soldaten verehrt. Er verspricht wirksame Hilfe in der Schlacht. Er unterstützt die Verteidiger von Wahrheit und Gerechtigkeit im Kampfe gegen die Bosheit der Dämonen und die höllischen Mächte. Nach F. Cumont wird der Mithriacismus von der seit den 70er Jahren des 1.Jh. n. Chr. in Straßburg/Argentorate stationierten Legio VIII Augusta von Mösien, wo diese Legion zuvor lagert, nach Obergermanien mitgebracht (hierzu OG 7,2). Von Straßburg aus in das rechtsrheinische Limesgebiet als Kastellkommandanten abkommandierte Legionscenturionen (Hauptleute der 8. Legion) werden den mazdäischen Glauben — als ‚Missionare‘ — in die Garnisonen am Limes gebracht haben. ‚Gerade die Centurionen sind für die Ausbreitung des Mithriacismus von wesentlicher Bedeutung, denn schon ihre Stellung allein sichert diesen Subalternoffizieren einen beträchtlichen moralischen Einfluß auf die Rekruten, mit deren Ausbildung sie betraut sind‘.
Vor allem die Militärgrenzen (limites) in Obergermanien, Niedergermanien, England, Dacien, Mösien, am Euphrat und in Afrika bieten einen fruchtbaren Boden für die Ausbreitung der Mithrasreligion: ‚Wo die Feldzeichen in den Castra aufgepflanzt werden, folgt Mithras - mit Sicherheit vom 2.Jh. n. Chr. an — auf dem Fuße‘.
Lit.: Fr. Behn, Das Mithrasheiligtum zu Dieburg. RGF 1 (Berlin 1928).- Fr. Drexel, Das Kastell Stockstadt. ORL B 33 (1910).— Ders., Die Götterverehrung im römischen Germanien, in: BRGK 14, 1922, 1ff.- H. Birkner, Denkmäler des Mithraskultes vom Kastell Rückingen, in: Gernania 30. 1952. 349ff. - G. Ristow, Götter und Kulte in den Rheinlanden, in: Römer am Rhein Ausstellung Kunsthalle (Köln 1967). - Ders., Mithras-Denkmäler in Köln (EPRO - Etudes preliminaires aux religions orientales dans l‘empire romain 42) Leiden 1974. - E. Schwertheim, Die Denkmäler der orientalisch-syrischen Kulte zur Römerzeit in Deutschland (EPRO 40) Leiden 1974.-
21 Brunnennymphe.
Sandstein. (N). - H 84 cm. Br. 80 cm. - FO: 1894 bei Abbruch des Kastellbades Schirenhof bei Schwäbisch Gmünd von dem Hofbauer im Schutt gefunden. - AO: Museum Schwäbisch Gmünd (Prediger) (Abb. Umschlagrückseite).
Die Nymphe
sitzt auf einem Felsen und stützt sich mit dem linken Arm auf eine 9 cm starke Röhre. Den abgebrochenen rechten Arm hatte sie ausgestreckt. Das Gewand ist über den Rücken gezogen und bedeckt den linken Oberarm und die Beine bis zu den Knöcheln. Die mit dem Relief zusammen gefundenen Bleiröhren passen in die 9 cm im Lichten weite Röhre. Es handelt sich demnach um den Abschluß einer Röhrenleitung, d.h. einen mit der Nymphe verzierten Brunnen. Kopf der Nymphe ergänzt von Karl Natter.
Lit.: Haug-Sixt 1914, 132 Nr. 73.
22 Brunnentrog
Stubensandstein. -H 92 cm. Br. 42 cm. Dm. 36 cm. - Inv.R L 170.- FO: Rottenburg. Kr. Tübingen.
Vier mit Reliefs verzierte Steine wurden in Rottenburg in einem Acker im Bereich des Sülcher Tores ausgegraben und sodann am ‚Sülcher Tor‘ unter einem Vordach des Torwächterhäuschens aufgestellt.Von dort holte ein Nagelschmied einen Stein und höhlte ihn zu einem Löschtrog aus: Es ist dies der hier ausgestellte Brunnentrog, der 1862 mit dem Nachlaß Jaumanns in das Lapidarium des Württembergischen Landesmuseums nach Stuttgart kam.
Die drei anderen Steine schenkte Bischof Reiser 1896 ebenfalls dem Württembergischen Landesmuseum. Von diesen drei Steinen ist der Stein mit ‚Weinernterelief‘ im EG 42 ebenfalls ausgestellt.
Die vier in Rottenburg ausgegrabenen, reliefverzierten Steine könnten Teile von Pfeilern in der Halle eines öffentlichen Gebäudes, eventuell eines Theaters gewesen sein. Sie könnten auch zu einem Grabmal gehört haben.
Reliefs auf den vier Seiten des Brunnentroges:
1. Rankenornament mit Trauben und Rebenlaub.
2. Jetzt ausgehöhlt. Nach Jaumann soll ursprünglich eine Muse mit Ober- und Untergewand, ein Kästchen mit beiden Händen in die Höhe haltend, dargestellt gewesen sein. Jaumann glaubt in ihr ‚Klio‘, die Muse der Geschichte, erkannt zu haben - mit dem Kästchen in der Hand, das die Urkunde der Geschichte enthält.
3. Rankenornament mit Eichenlaub.
4. Zwei Szenen aus der Feldarbeit: Im oberen Abschnitt männliche Gestalt in halb liegender Stellung, die Linke aufgestützt, die Rechte auf das rechte Knie gelegt. Im Hintergrund Bäume. Im unteren Abschnitt: ein Joch Stiere nach links schreitend.
Lit.: Haug-Sixt 1914, 254 Nr. 142..
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